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Mannheimer Abendzeitung — 1848

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No. 235 - No. 260 (1. Oktober - 31. Oktober)
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Die weiteren Beſtellungen für das mit dem Iten Oktober begonnene
Vierteljahr der täglich mit Ausnahme des Montags erſcheinenden

Mannheimer Abendzeitung
und ihres wöchentlich brei Mal erſcheinenden Unterhaltungsblattes, der

„Rheiniſchen Blätter“

bitfen wir des vollſtändigen Bezuges wegen möglichſt bald zu machen. Die
Blätter vom 1, Oftober an werden nachgeliefert.

Man abonnirt in Mannheim bei vder Expedition Lit. E 6 Nro. 3, aus-
Wärts bei allen verehrlichen Poſtanſtalten; für Frankreich bei Hın, Alerandre
in Straßburg.

S> 3Zu amtlichen und nichtamtlichen Auzeigen aller Art empftehlt ſich die
Zeitung ihrer ausgedehnten Verbreitung wegen noch befonders.

Für die Verhandlungen der conſtituirenden „National-Verſammlung“
in Frankfurt und des ba diſchen Landtages haben wir aufs Neue eigene
Berichterſtatter beſtellt.




121 Wien. Ungarn. Die Freiheit.

Wir haben kürzlich in unſerem Blatte von den erſchütternden Wirkungen
geprochen, welche die Erhebung der Ungarn auf das öſterreichiſche Volk zur
Foge haben müſſe. Rafcher, als wir’s ahnen konnten, beginnen unfere Bor-
heifagungen einzutreten. Der Freiheitsruf der Ungarn hat in Wien feinen Wie-
dehall gefunden das Volt iſt aufgeſtanden, es hat geſiegt; die Volksherrſchaft
iſt errungen. Dieſer herrliche Zug erſtarkten Volksbewußiſeins, den das Wie-
nr, und wir dürfen wohl ſagen, das geſammte öſterreichiſche Volk in ſeiner


Ingarn geliefert hat, iſt der beſte und ſichetſte Beweis, daß es mit vder alten
gZeit zu Ende geht, daß die Herrlichkeit der Fürſtenherrſchaft ihr Ziel erreicht
hatı Das öſterreichiſche Volk hat ſich nicht berücen und um ſeine Freiheit be-
trügen laſſen durch den ihm vorgeworfenen Köder von dem Glanze eines großen
mächtigen Geſammtreiches; es hat die Widernatürlichkeit einer gezwungenen
Vereinigung verſchiedener Nationalitäten eingeſehen, es hat die Unperträglichkeit
einer ſolchen Verdindung mit der Erhaltung der Freiheit erkannt; es hat fich
abgewendet von dem Puͤppenſpiele, womit his dahin die Könige die Einfalt
der Völker unterhalten haben, es hat die alte Kinderei, die alte Narrheit von
ſich gewieſen, es hat ausgeſprochen, daß nicht mehr die Politik, daß nur die
Freiheit das einigende Band ver' Voltet ſein ſolle. Dieſe Anſchauung hat Wur-
zel gefaßt, dieſe Anſchauung wird ſich ausbreiten über die ganze Denkart, über
die 5 Intereſſen des Volfes; wir werden bald bie Freiheit Italiens
erlehen, —-

Und die deutſche Centralgewalt? Sollte ſie ſich wirklich unterſtehen, auch


Griff“ ſein, den ſie verfucht hat. Es iſt eine andere Sache, über eine un
terdrückte Revolution Gericht zu halten, eine andere eine ſiegreiche Re-
volution bekämpfen zu wollen.

Ein feindlicher Entſchluß der Centralgewalt müßte den Reichstag zu dem
letzten Schritte treiben, die Republik in Orſtexreich fofort zu verkünden, eine
neue Staategewalt aufzuſtellen, welche die Kräfte der geſtirzten Monarchie an
ſich zieht und zu ihrer Vertheidigung verwendet. Das Andringen preußiſcher
Heere gegen Wien wäre nicht mehr eine Kriegserklärung gegen die Revolution,
wäre eine Kriegeerklaͤrung gegen den öſterreichiſchen Staat, 1lnd iſt vollends
das Schickſal Jellachich's entfchieden, daͤnn wird ſich die ganze ungariſche Be-
wegung auf die Unterſtützung und Vertheidigung der neuen Wiener Revolution
hinwenden; und wie ſich einft hegeiſtert die Ungarn für ihre unterdrückte Königin
erhohen, ſo werden ſie jetzt in der Begeiſterung für die Freiheit mit dem öſter-
reichiſchen Volke zuſammenſtehen und die Unterdrücker zu Boden ſchmettern.
Alſo, nur voran, deutſche Centralgewalt! voran zum Krieg gegen das Volk;
es wird vielleicht der letzie Krieg ſein, ein blutiger, ein wüthender Krieg; ent
ſetzlich wird ſein das Krachen und das Donnern, das über die Laͤnder hinrollt,
grell und ſcharf werden die Blitze in das ſchaurige Bild der Zerſtörung hinein?
zucken; aber ſo herrlicher, um fo prächtiger wird aus dem fürchterlichen Gewit-
ter die prangende Sonhe des Völkerfriedens und der Völkerfreiheit hervortreten.



DeutſchLand.

*Mannheim, 14. Oft. Das neueſte badiſche Regierungsblatt bringt
die Ernennung des Geh. Referendärs Frhrn. v. Stengel zum Staatsrath und
Präſidenten des Juſtizuiiniſteriums; Frhr. v. Stengel war ſeit langen Jahren
dem richterlichen Berufe gänzlich fremd und lediglich mit Adminiftration be-
ſchäftigt.

4 demſelben Regierungsblatt iſt die erledigte hieſige evang. Pfarrei an
der Concordiakirche dem Pfarrer Fr. Koch in Grötzingen, die erledigte Pfarrei
an der Trintatiskirche dem Stadtvicar S. Schellenderg in Freiburg übertragen.

*Nach dem /Schwaͤb. Merkur“ iſt in der Ludwigsburger Beſatzunz


lerie⸗ Regimentex auf 800 Mann herabgefetzi.

Frankffurt, I3. Oktober. In der heutigen Sitzung der National-
Derjammlung waͤrd der Eingang des Bexichts angezeigt, den die hierzu ernannte
Comniſſton über das Verlangen des hieſigen Eriminaͤlgerichts, die Genehmi-
gung zur Unterſuchung gegen die Abgeordneten Schlöffel, Zitz und Simon von



















No. 247. *





Trier, reſp. deren Vexhaftung zu ertheilen, erſtattet hatte. Der Antrag geht
dahin, daß die Einleitung der Unterſuchung zu genehmigen, die nur eventuell
verlangte Zuſtimmung zur Berhaftung, wenn ſie nach der Sachlage von dem
Gericht verhängt werden ſollte, jetztim Voraus abzıtlefen fet, — Daxauf ha-
gelte es Interpellationen über Interpellationen auf das Haupt des bedrängten
Schmerling. Zuerſt gab die energifhe Antwort, welche der Schweizer Borort
auf die Note der Centralgewalt gegeben hatte, Veranlaſſang, und Vogt fragte
Iſt an die ſchweizeriſche Eidgenoffenfchaft eine Note im Betreff des Struxeſſchen
Einfalls erlaſſen worden, welche der im ver Frankfurter Odexpyſtamts· Zeitung
an Form und Inhalt gleich iſt? Auf welche Weiſe konnte mit Berletzung alles
Herkommens die in engeren Beziehungen zu dem Miniſterium ſtehende Oberpoft
amtszeitung genaue Kuͤnde von dem Inhalt und dem Wortlaute einer Note er-
halten und dieſe woͤrtlich mittheilen, lange ehe dieſelbe auf amtlichem Wege
übergeben war? Welche Antwort ift auf die Note des Vororts vom 5. Oftbr.
ertheilt worden, und welche Schritte wird das Miniſterium thun, um die durch
ſeine Note zerſtörten freundnachbarlichen Verhältniſſe mit der Eigenoſſenſchaft
wieder herzuſtellen, und dieſer die Bürgſchaft zu geben, daß es der ſchweizert-
ſchen Repuͤblik ferner nicht in unangemeſſener Sprache und in yerletzenden Aus-
drücken Zumuthungen maͤche, die mit den Geſetzen der Humanität, mit der Ehre
und Würde eines felbftftändigen. Staats und Volkes im Widerſpruche ſtehen?
Dann fragte Wichmanya welche Bewandtniß es mit der Note vom 4, Oktbr.
habe? ob das 2— für die der Centralgewalt angethane Beleidtz
gung Genugthuung fordere? (Gelächter, oh! oh! und welche Folge es der
ganzen Sache geben werde? und Venedey, ob die in der Zeitung mitgetheilte
Antwort des Vororts authentiſch ſei? — Dann kommen die öſterreichiſchen Ver-
zältniſſe an die Reihe, und Vogt ſetzt abermals dem Minifter mit folgenden
Fragen hart zu:

1. Hat das Miniſterium offizielle Nachricht über die Vorfälle in Wien
und welcher Art ſind ſie? '

2, Welche Maßregeln hat das Miniſterium ſeither erlaſſen, um den ver-
rätheriſchen Umtrieben einer undeutſch geſinnten Partei in Oeſterreich entgegen
zu treten, und eben ſo kräftig der Reaktion in jenem großen Staate abzu-
wehren, als es dies hinſichtlich der Anarchie in einigen kleinen Staaten Deutſch-
lands gethan hat?

3. Hat das Reichsminiſterium Vorſorge getroffen, um Wien in Belage-
rungsſtand zu erklären! Reichstruppen naͤch Wien zu ſenden und einen Reichs-
konniſſär mit unbeſchraͤnkler Bollmacht zu ernennen, Maßregeln, die doch in
andern kleinen Staaten Deutſchlands bei weit geringern Auflöſungen der be-
ſtehenden Verhältniſſe und weit geringern Störungen der Ruhe und Orduung
beliebt wurden, und hier um ſo nöthiger erſcheinen pürften, als es gilt, ein
heldenmüthiges Volk und die Freiheit dieſes eblen deutſchen Volksſtammes gegen
weitere Verfuche der Unterdrückung zu unterſtützen?

Maneck verlangt zu wiſſen, ob es wahr fet, daß Reichoͤtruppen nach Wien
geſchickt werden follen, um Ddie deutſche Bewegung dort zu unterdrücken?
Schulze von Weilburg, ob das Miniſterium Maßregeln zum Schutze der Deut-
ſchen in der Moldau und Wallachei vor den Uebergriffen Rußlands ergriffen?


rung unterm 20. September die Zuſicherung gegeben habe, daß das konſtitu-
tionell-monarchiſche Princip für die Einzelnftaaten auf alle Zeiten hinaus ge-
ſichert ſei? und welches Recht es dazu zu haben vermeine, Da dieſe Zuſicherung
mit dem Geſetz über Centralgewalt im Widerſpruch ſtehe? Simon aus Trier
interpellirte unter ſcharfen Seitenhieben auf die ohne alle Urſach aus Sigma-
ringen geflüchtete hohenzollerufchẽ Regierung wegen des Standes der Wahlen
in Signiaringen und in Landau ın Rheinbgiern! Damit aber auch der Sache
ihre laͤcherliche Seite nicht fehle, ließ der alte Scherge Jahn in von Furcht und
Rache diktirten ſieben Fragen an das Miniſteriuni ſeine lächerliche Wuth gegen
die Wühler und Anarchiſten aus:
. 1. Iſt dem Minifterium bekannt, daß eine große Verſchwoͤrung der be-
rüchtigtſten Wühler wider den Verfaſſungs-Reichstag und die Reichsgewalt ein-
geleitet und im vollen Gange iſt?

2. Weiß das Reichsminiſterium, daß die Wühler mit mancherlei linkiſchen
Leuten noch am Ende dieſes Monats in Berlin eine große Meutererverſamm-
lung anberaumt baben, woraus überall Dder helle lichterlohe Aufruhr hervor-
gehen ſoll?

3. Hat das Reichsminiſterium bereits Schritte gethan, den Lauf der Ver-
ſchwörung zu hemmen und dem Ausbruch des offenen Aufruhrs zuvorzukommen?

2 — — erlaſſen?

5. Sind die einzelnch zregi i
— andesregierungen zum reichsgemäßen Aufſehen auf-

6. Sind die 8°8ENWÄrtig verſammelten einzelnen Landtage des deutſchen
Bundes aufgeforderk, ihren Mithliedern die Betheiligung an obiger Aufruͤhrer-
Verſammlunz zu verſagen?

7. Sind dieſelben Landtagsperſammlungen unterxichtet, daß gegen Antheil-
nehmer bei der Verſ wörung wie gegen Eine *
4 74 444 geg n verfahren werden muß, der auf

abrlidh, Derr Zahn iſt reif zum Tollhaus! — %. Schmerling verſpricht
Antwort auf Montag. Nun kommt der im 4 der 4 —
ligfeit, Philoſophie und Sentimentalität herumtaumelnde Apoſtat Jordan aus
Berlin, und fleht mit rührender Stimme, die Beileidsadreffen der Wähler des
Fürſten Lichnowoky und v, Auerswald vorzuleſen. Geſchieht durch den „fre-


Antrag da, einer von Venedey, das Miniſterium aufzufordern, die deutſchen
Intexeſſen in Oeſterreich kräftig zu ſchützen und dem Reichstag und der öſter-
reichiſchen Regierung Reichstruppen zur Verfügung zu ſtellen, falls Jellachich
mit ſeinen nichtdeutſchen Truppen das deutſche Gebiel angreifen und ſich in die
Angelegenheiten Oeſterreichs mifchen ſollte; da ſpringt Ruͤder feinem bedrohten


 
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