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Mannheimer Abendzeitung — 1848

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No. 209 - No. 234 (1. September - 30. September)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44565#0904

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von Shreckenſtein, der Kriegsminiſter, und mit ihm das ganze
44 daß es überhaußt diefen Beſchluß gar nicht
werde.

Mit Recht erwiderte hierauf der Abgeordnete Waldeck:
„daß die Abgeordneten
der Nationalverſammlungfitzen könnten, wenn der Beſchluß
vom 9. Auguſt xicht zur Ausführung käuie?

Mitbürger! Erhebt Cure Sitmme mit der unſrigen zur Ehrenrettung Eurer
Vertreter, zur Sicherung Eurer Freiheit! Die Beſchlußfähigkeit dieſer Kammer
habt Ihr mit Eurem Blute erkäinpft,
Laßt jenes heilige Blut nicht vergebens vergoſſen ſein, laßt Euch die Früchte

Staatsminiſte-

des Sieges nicht durch jeſuitiſche Intriguen aug den Händen winden! Wenn
Ihr diesmal einen Schritt zuruͤckwantt! ſo werdet Ihr niemals eine freie Ver-

faſſung erreichen. Ein Miniſterium, welchts die Volksvertreter ins Geſicht
ſchlägt, welches weder die Stimme des Voͤlkes, noch die ſeiner Vertreter hören
will/ muß fallen oder die Freiheit iſt gefallen! Berlin, 4, Sept. 1848.

Berlin, 4, Sept. Abends ſpät. Das Miniſterium hat in einer heute
Abend abgehaltenen Sitzung beſchloſſen, am Donnerſtaͤg zurückzutreten, im Fall
ibm vicht mit großer Majoͤrität völlig freie Hand m Bezug auf den Sttin-
Schulze'ſchen Antrag gelaſſen wird; e& will auf eine Transaction und ſelbſt
eine vexmittelnde mötivirte Tagesordnung nicht eingehen.

** Gießen, 5. Sepibr! Die Bureaukratie begiunt auch wieder auf
ihre eigenſte Weiſe die Preffe zu verfolgen: Wer aus ihren Kreiſen in öffent-
lichen Blättern ſich tadelnd vernehmen läßt, foll der „Ungnade“ verfallen. Der

- Äüngfte Tag bringt heute einen ſtillen amtlichen Erlaß, der dieß auf's Deut-
lichſte zeigt. Der hieſige Hr. Ohereinnehmer Hoffmann ärgert ſich, daß ein
Chauſſeegelderheber unter Mitwirkung eines Geometers das übele Treiben von
Bemeindevorſtehern und einem Geiſtlichen rügt. Flugs fordert er den Hrn.
Diſtrikteinnehmer auf, zu „berichten“ über Alles, was der Chauſſeegelder-

beber thut, über ſein dienſtliches und außerdienſtliches Berhalten, ja
er läßt dieſem empfehlen, ſich ruhig zu verhalten, denn ſonſt werde er auf
ſeine Entlaſſung antragen. Man ſieht, der Hr. Finanzbeamte verſteht alle
Kniffe der Polizei und weiß auch die Einſchüchterungsmittel ſo gut anzuwenden,
als man es von einem Juͤnger des Du Thilſſchen Syſtems verlangt; er be-
nuszt ganz keck ſeine Unterbeaͤmten, die ihm doch am Wenigſten zu politiſchen
Spionen beigegeben ſind, zu ſolch' nichtswürdigen Zwecken. Die Hrn. Unter-
beamten werden ſich hoffentlich dergleichen Zumuthungen nicht weiter gefallen
Uſſen, ſie werden ſich nicht mehr unter das alte verhaßte Joch fügen, um als

Denuneiations- und Verfolgungswerkzeuge in jedes Bürgers Auge dazuſtehen;
was aber wird der edle Miniſter Jaup thun? Er felbft ward einſt daͤs Opfer
jenes Syſtems, hat er auch dieß berelts vergeſſen, ſo weit daß er die Beamtenknech-
tung nun bei ſeinen Unt ergebenen begünftigt oder doch zur Geltung kommenl äßt??

Aus Schlesivig: Holftein. Man fürdhtete für Montag den 4.
Sept, Unruhen in Kiel und hat deßwegen die däniſchen Gefangenen in Stade
noch zurückgehalten, um durch ihren Anblick die Gährung nicht zu vermehren.
Faſt unglaublich klingt es, daß auch in Lauenburg die alte Regierung wieder ein-
geſetzt werden ſoll. Anfaͤnglich ſoll nemlich Preußen nicht haben darein willi-
gen wollen, bis man ſich dahin vereinigte, daß Dänemaͤrk' ein Regierungsmit-
glied, Preußen ein zweites deſigniren und beide ſich über ein drittes verein-
varen ſollten. So berichtet die/Weſer-Ztg.“

Altona, 3. Sept. Unter einzelnen Truppencorps, namentlich den
Preußen, Badenſern und Würtembergern ſoll große Mißſtimmung über den
durch den Waffenſtillſtand veranlaßten bevorſtehenden Rückmarſch herrſchen.
Es heißt, daß ſämmtliche deſignirte neue Regierungsmitglieder, mit alleiniger
Ausnahme des Grafen Moltke! die ihnen zugedachten Poͤſten abgelehnt hätten.
Auch anderweitig wird uns verſichert, daß ſich kaum irgend welche notable
Perſonen zur Uebernahme der Regierungs-Funclionen geneigt und bereit finden
laſſen würden.
ein demokratiſcher Verein zum paſſiven und activen



Widerſtande gegen jede


ſchloſſen ſich ſofort 150 Perſonen an, die ſich bewaffnen werden. ©& &)
_ Kiel, 4. Sept. Die Landesverſammlung wird heute wahrſcheinlich be-
ſchließen, ſich nicht auflöſen zu laſſen, keine neue Regierung, die ohne ihre Be-
Willigung eingeſetzt iſt, anzuerkennen, nicht zu Dulden, daß ein Geſetz ohne ihre
Bewilligung geändert oder aufgehoben werde u. ſ. w. Dieſe Anträge werden
geſtellt und ihre Annahme iſt nicht zu bezweifeln. — &s wird geſagt, daß die
Waffenſtillſtandsbedingungen keine geheimen Artikel entyielteu, es iſt aber
gewiß, daß ſie wenigſtens Einen enthalten, der die Verbannung der Auguſten-
burger Fürſten ausſpricht. Daß die verlangte Trennung der! ſchleswig'ſchen
und holſteiniſchen Soldaten die völlige Aufloͤſung unſerer Armee mit ſich füh-
xen würde, iſ ſehr klar. — Geſtern wollte die Corvette „Galatheg“ ohne
Parlamentärflagge in den Hafen einlaufen, wurde aber wegen dieſer Frechheit
mit ſcharfen Schüſſen übel begrüßt; ſie brachle Briefe über Aufhebung der Blo-
‘ fade. Unſere gefangenen Landsleute ſind noch immer nicht da, obwohl die
kriegsgefangenen Dänen frei im Lande umherlaufen. — —

Liegnitz / 1. Sept Der Buchdruckereibeſitzer Harry d'Oench iſt von dem
Bolke gewaltſam befreit worden. Geſtern Vormittag wurde er verhoͤrt und ſo-
fort wieder entlaſſen. Die Auftegung über das Verfahren iſt groß. Man hat
in Erfahrung gebracht, daß verkleidete Polizeibeamte herumſchleichen und ſich
Aeußexungen notiren, In einer Volksverſaminlung wurve eine Kommiſſion zur
Unterſuchung des Sachverhältniſſes gewählt.

T.Wien, 2. Septbr. In Foͤlge der blutigen Vorgänge am 23. v. M.
haben bereits mehrere tauſend Nationalgardiſten ihren Austritt angezeigt. Bei
künftigen Axbeiteraufſtänden ſoll Militär verwandt' werden.

Unſer Miniſterium tritt immer ſichtbarer in die Fußtapfen der Reaktion. Be-
reits wagt man den Verſuch, der konſtitutirendeh Verſammlung ihre Macht-
Lollkommenheit zu beſtreiten. In ihrer letzten Sitzung wurde der Antrag ge-
ſtellt, wegen verſchiedener in dexſelben, gefaßter Beſchlüſſe eine VYroclamation an
das Volk zu erlaſſen, worauf Miniſter Bach erklärte: die Verſammlung ſei
zwar konſtituirend, abex die von ihr zu entwerfende Conſtitution ſei mit der
Krone zu „vereinbaren;“ ſie ſei zwar geſetzgebend, allein ihre Geſetze erhielten
erſt durch die kaiſerliche Sanktion ihre Gültigkeit; erſt wenn diefe erfolgt ſei,












den Staat zu vermittelnden Entſchädigung für die aufgehobenen Laſten theltuc-
men ſolle. Dalmatien kenne Feine dergleichen Laſten; dort gebe es keine *
ven;” fein Bolf habe ſich mit feinem Blute die Unabhängigfeit erfämpf{u‚lg /
alg freies Volk ſich der venettaniſchen Republik angeſchloffen. Es werde 11


zutragen, und im Nothfall Gewalt mit Hewalt zu vertreiben wiſſen.

—— 2. Sept, Die „Algemeine Öfterreichiiche Zeitung“, — u—
rere heftige Artikel gegen Ungarn uͤnd gegen Koſſuth enthielt, hat ſich von 2
des ungariſchen Miniſteriums einen Preßprozeß zugezogen. Ein Aufruf an 4
Straßenecken zur Betheiligung an der Bildung eines Freicorps,
garn zu Hülfe ziehen foll, wird heute geleſen? Das ungariſche Staatsburſ!
vecht, nebft anderen Voxtheilen, iſt denjenigen, die in diefes Freicorps eintreie L
zugeſagt. Eine Abtheilung der akademiſchen Legion, die ſogenannte nonl!
Colonne“, hat ſich bereits mit dem ungariſchen Miniſterium in dieſer Belichil
in Unterhandlung geſetzt. / }

Wien, 2. Sepi. (F. J.) Der Präſtdent des demofratiſchen Bereing
in Berlin, Or. Julius Froͤdel, der ſeit einigen Tagen ſich hier befindet, beabs
ſichtigt den Anſchluß des hieſigen demokratiſchen Vereins an die Centralvereint Deutf-
lands zu erwirken. — Aus Agram laufen Nachrichten ein, die Schilderun:
gen der Uneinigkeiten untereinander liefern. Dit Zwietracht beginnt unter 2
Croaten eine für ſie höchſt gefährliche

das den Il



Wendung zu nehmen, und vi

davon können ſchrecklicher werden, als alle die 2 Angriffe 6
ren, Die Serben im Banate ſind exbittert, daß Jellachich ihnen nicht 4
Hülfstruppen ſchickt, damit ſie den Krieg gegen die Magyaren zweckmähiger

fortführen können. Die unmenfchliche Grauſainkeit der Serben /

Z , ® , S i S 4 en di *
fangenen Ungarn Überſteigt alles bisher Gehörte, Sie ſinnen 4 *

über Folter und Qualen nach, die ſie den Unglücklichen bereiten. Hände und
Füße werden dem Gefangenen gebunden, mit Stroh umwickelt und Derfelbe danı
ins Feuer geworfen. —

Wien, 2. Sept. Schaudererregend ſind die Nachrichten von den Gräud
welche die Grenzer mit den Serben und Bulgaren bei dein Ueberfalle von Ma
Alles Lebende wurde vernichtet, alleg Beſtehendt
Bergwerksanſtalten, welche dem Staate ea Ma
110,000 Gulden an Metallwerth Lieferten, gingen dabei zu Grunde, Agramer '
Kaufleute, welche gegen die Gewaltregierung des Jellachich ſind, erzählen, daß
ſich in den Staͤdten und auf dem Lande ein Aufſtand gegen den Banus und
deſſen Erpreſſungen vorbereite, welcher in dem Momenfe zum Ausbruche kom-
men werde, als die ungariſche Armee die Drau überſchreiten würde. Das
„Manifeſt der freien Söhne der eroatiſch-ſlavoniſchen Nation“, welches heute
am Reichstag in mehreren hundert Exemplaren vertheilt wurde, zeigt übrigens,

vaß eine Partei gegen Jellachich ſich erhebt, und nicht ohne Energie ihr Wal-
ten beginnt.

zu Schutt gemacht.

Illyrien. ‚
Fiume, 30, Aug, Heute früh ſind hier 800 Mann von der Milttät-
gränze, Darunter viele Szerezaner und die Bürgerwehr von Buccart eingetrof-
fen. Ulm louhr langte guch' der Graf Lon Bugenwatz mit drei anderen Banal-
Fommiffären an, welche den ungarifchen Gouverneur Grafen Erdödy aufforder-
ten, Fiume zu verlaſſen. Auf feine Einwendung, daß er ſich nur eigem höheren
Befehle fügen könne, wurde ihm bedeutet, daß man Gewaͤtt aebrauchen müßte,
welcher die Stadt keinen Widerſtand zu leiſten vermöge. Es am zu Unterz-
handlungen, die bis jetzt, beim Abgang der Poft, noch nicht beendet ſind
Mittlerweile erließ der Gouverneur eine Aufforderung an die Fiumaner, ſich
friedlich zu verhalten und jeder Unordnung zü begegnen. — Die hieſigen fran-
zöſiſchen und engliſchen Viceconſulate haben fich wegen Herſendung von Kriegs-
ſchiffen zum Schutze der betreffenden Unterthanen naͤch Trieſt gewendet. (A. 3)
— 31. Aug. Heute ſind tauſend Graͤnzer und Rothmäntel eingerückt, und
haben die Stadt beſetzt im Namen des Kaiſeks, oder vielmehr „des Königs von
Croatien.“

2— — — —⏑ — — NN a

Freie Schweiz.

St. Gallen, 3. September. Die neue Bundesverfaſſung, wie ſie aus
den Berathungen der Tagſatzung hervorgegangen und wie ſie bkreits, von der
Mehrheit- der Bevölkerung angenommen ijt, findet großen Anklang im Voͤlte.
Als Beleg hierzu mag der Umftand dienen, daß die Abſtimmung der Stadt-
gemeinde St. Gallens gegen 1040 Annehmende und nur einen Verwerfenden
ergab. 2

Italien. - Ö

Verona, 29. Auguſt, Die ſardiniſche Flotte, 14 Segel ſtark, weldt
im Hafen von Venedig bei Malamocco ftand, foll die dortigen Landtrupyn
ihres Königs und der Alliirten an Bord genommen, und geſtern, wie hier die
allgemeine Sage geht, in Hefolgung des Befehls des Marine- und riego
niſters, von doͤrt abgeſegelt ſein. So wäre nun die Vertheidigung dieſer Staxt
und ihrer Inſeln den Venezianern allein überlaſſen, welchẽ jedoch dadurch uicht
einge[üchtert ſind, viemehr eine Conſeription anbefohlen hHaben, vermöge wel-
cher alle Männer von 18 bis 40 Jahren unter die Waffen gerufen werben,
wenn fie nicht ſchon vorher dem Vertheidigungsfiande alg mobile oder nichtmo-
bile Nationalgarde, Cavallerie-, Artillerie- oder Marinecorps angehören.

Die Genueſer und Florentiner * ſind voll flammender Aufrufe an
anz Italien zum Kampf gegen Oeſterreich. * *—
4 Ein 2 des * Miniſteriums Alfieri an den 744
ten der früheren lombardiſchen Confulta, Grafen Laſati, fordert. jene 54
auf, ihren Sitz in Turin aufzuſchlagen, indem Sardinien nicht Wilzs
auf die Lombardej zu verzichten. Der Waffenſtillſtand mit 7— 4 ni

— Es ſind Genueſer Blätter vom 1. Sept. eingegangen. Der Corrl
ſpricht von 44 ungewiſſen Gerücht, wonach dex Waffenſtiliſtand um
verlängert worden wäre. Auch heiße es, der Herzog von Genua habe
doch die ſiciliſche Krone angenommen. -

Franzöſiſche Republik.

i berte liebt
aris, 4 Sept. In dem Lyoner Blatte „Liberte“ vom 3. Sept. HM
** eben 8* man die für gffiziell ausgegebene Nachricht, *
telegraphiſche Depeſche dem oberſten Chef des dortigen Genieeorps die 4
fung überbracht habe, binnen 48 Stunden nach Marfeille abzureifen; au 4
ten ſofort 800,000 Patronen nach Toulon geſchafft werden; es ſei, WiE M \ .
verſichere, die Rede davon, Venedig oder Ancona zu beſetzen. srgn -
Nach dex „Partie“ iſt Herr voͤn Talnay zum SGefandten der franzöß
Republik in Frankfurt ernannt worden.


 
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