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Mannheimer Abendzeitung — 1848

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No. 235 - No. 260 (1. Oktober - 31. Oktober)
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fer;)éüativnen auf der Tagesordnung ſtehe. Schneer viederholte, feinen Autrag
und der Freche, der ſo gewaltig gegen die Linke thut, vernechte nicht einmal die
ſer parlamentariſchen Imbecilität zu widerſtehen, und ſchloß die Reihe der noch


Genoffen beantragte Unterſuchung deren Reſultat ſchon berichtet iſt. Dex Antrag
des Ausſchuſſes ward am leidlichſten von Langenfeld vertheidigt, ganz elend von
Ptathner und Edel, am jämmerlichſten von Baſſermann, der nichts alg die
nichtẽwürdigſten Verdächtigungeu mit den erbärmlichſten Verſtößen gegen allen
geſunden Menſchenverſtand vorbrachte. Wahrlich, es ſcheint, als ruhte der
Fluch des Himmels auf dieſen Apoſtaten, ſie werden einer nach dem andern




wurde im beſten Fluß ſeiner Rede durch Sr. freche Unparteilichkeit unterbrochen,
die zwar viertelſtundenlange Reden gegen die ſchlechte Preſſe mit Wolluſt an-
hört aber kein Wort gegen Jahn's Schwanenrede, die Flugblätter aus der Na-
tionalverſammlung u. ſ. w. zuläßt.

Vogt und Schaffrath ſprachen mit gewohnter treffender Schärfe und über-
zeugender Beredtſamkeit.
der Faulskixche? Nach dieſen 6 Rednern ward die Verhandlung geſchloſſen,
die 3 Angeſchuldigten erhielten das Wort. Zitz hob den Standpunkt hervor, den
die Nationalverſammlung hier feſtzuſtellen habe, wenn ſie ihre Würde behaupten





deren geringes Gewicht, ihre Widerſprüche, ihre Abſichtlichkeit und Unglaublich-
keit er, oft vom Gelächter der Verſammlung unterbrochen, ins klarſte Licht ſtellte.
Am glänzendſten ſprach Simon.
der Verſammlung ein Sündenregiſter vor, daß ſo Mancher innerlich erbebte, er



gewalt ſeien, die das Volk zu blutigen Schilderhebungen gewaltſam drängten.
Dabei kam denn auch unter Anderm zur Sprache, daß der Abgeordnete Sepp
aus München den Denuncianten gemacht und ſeine Ausſagen über die Scenen
auf der Pfingſtweide freiwillig zu Protoll gegeben habe. Dabei hatte er aber
nicht gewagt, bei ſeiner erſten gehäfſigſten Erzählung ſtehen zu bleiben, er hat
ſie zuxückgenommen, geändert, dann nochmals geändert, und endlich um gänz-
liche Caſſation derſelben 44544 aus Furcht, er könne ſeine politiſche Stellung
compromittiren oder ein allgemeines Odium (Haß) auf ſich laden. Ein allge-
meines Pfui! erſcholl in der Verſammlung und Simon erklärte ihn vor der
ganzen Vexſammlung für einen niedrigen Verläumder. Ob der Mann wohl
in der Verſammlung bleibt? Auch von dem Herrn Reichsminiſter Schmerling
ward ein ſauberes Stücklein aufgetiſcht: Er hat neulich, als Schmidt aus Lö-
wenberg die Tribune beſtieg, geäußert, „das iſt auch ſo eine Canaille,
die wir fortſchaffen müſſen! Die Stenographen hätten es vernommen,
erſt mit in die Mittheiluagen aufnehmen wollen, dann aber, da dies unterdrückt
worden war, weiter erzählt. Schlöffel und Simon geißelten ihn dafür unbarm-
herzig und wenn dieſer feine Diplomat einen Funken von Ehrgefühl beſitzt,
muß er abdanken, wofern er nicht glänzend von dieſer Beſchuldigung ſich zu
rechtfertigen vermag. Ergötzlich war das Jammergeſicht des „Frechen“ wäh-
rend diefer Rede anzuſchauen. So manches Wort, gegen das er ſonſt einge-
ſchritten ſein würde, fiel mit der ganzen Schwere der Wahrheit ſo zerſchmetternd
nieder, daß er es nicht vermochte, die Schelle zu ergreifen. Doch erholte er
ſich während Langenfeld's Schlußwort, ließ darüber aͤbſtimmen, ob der Aus-
ſchuß-Antrag auf ein oder auf zwei Mal zur Abſtimmung zu bringen ſei, wäh-
rend er doch der geſunden Vernunft gemäß nur Letzteres zuͤlaſſen durfte, wor-
auf ſich eine Maſorität von 5 Stimmen für Erſteres entſchied. Das Reſultat
iſt, wie erwähnt, ſchon gemeldet. —
Frankfurt a. M., 17. Okt. Das Protocoli über die geſtrige Siz-
zung der Nationalverſammlung enthielt die von Schlöffel eitirten Worte des
Reichaminiſter Schmerling über den Abgeordneten Schmidt: „das iſt auch ſo
eine Canaille, die wir hinausbringen müſſen“ — nicht, was Schlöffel heut
veranlaßte, gegen das Protokoll zu reclamiren. Secretär Biedermann wider-
ſetzte ſich der Aufnahme dieſer Worte und ward darin von Baſſermann u. A.
unterſtützt. Bicepräſident Simſon, der den Vorſitz führte, wollte darüber ab-
ſtimmen laſſen, allein Schlöffel zog ſeinen Antrag zurück. Der Bericht über
den Antrag auf ſofortige Abſchaffung der Prügelſtrafe bei den Reichstruppen
ward vorgetragen; er enthält den Antrag — zur Tagesordnung überzu-
gehen! Mit dieſer Tagesorbnung wird ein wahrer Mißbrauch getrieben, es
ſcheint, als hätte die Verſammlung nicht einmal ſo viel Kraft, einen Ausſchuß-
antrag direet abzulehnen. Dann kam der ſchon vor einigen Tagen eingebrachte,
aber dann eigentlich auf geſtern verſchobene Antrag Venedey's zur Sprache:
das Reichsminiſterium aufzufordern, 1) „alle bei den gegenwärtigen Zuſtänden in
Frage geſtellte deutſche Intereſſen mit allen Kräften in Schutz zu nebmen und
2) Sorge dafür zu tragen, daß alle Truppen öſterreichiſch-deutſcher Länder nur
den geſehlichen Behörden, d.i. dem conſtituirenden Reichstag und den conſtitutio-
nellen Miniſtern zur Verfügung geſtellt werden; und endlich 3) die Ausführung
und Verwirklichung dieſer Beſchlüſſe den nach Wien geſandten Reichscommiſſä-
ren zu übextragen. Zell hatte hiexzu das Amendement geſtellt, dieſen Ausſchuß
an eine beſonders gewählte Commiſſion zur ſchleunigen Berichterſtattung zu ver-
weiſen. Venedep's Antrag ward nicht für dringlich anerkannt, wohl aber der
Zellis, über den die Discuſſion dann ſofort eröffnet wurde. v. Bincke beſtritt
zunächſt der Berſammlung die Competenz, ſich in dieſe Angelegenheiten einzuͤmi-
ſchen, worurch das fonſtitutionelle Princip verletzt werde, wurde aber von dem
Miniſter v. Beckerath halb widerlegt, der der Verſammlung das Recht nicht
abſtreiten laſſen wollte, Kenntniß von ſchwebenden Verhandlungen zu nehmen.
Man ſagt, das Miniſterium ſei mit der Majorität bereits überein gekommen,
den Zell'ſchen Antrag zu unterſtützen, um von dem im Sinne der Majorität zu
wählenden Ausſchuß ein neues Bertrauens: Votum zu ergattern. Die Gelegen-
heit, ſich über die öſterxeichiſchen Verhältniſſe auszuſprechen, nachdem alle bis he-
rigen dahin zielenden Anträge in der Geburt erſtickt worden, war da die Dis-
cuſſion eröffnet und noch zum Ueberfluß ein Amendement von Nauwerck geſtellt,
des Inhalts, den Reichstag und die Sicherheitsbehörden Wiens für jetzt als
die einzige geſetzliche Gewalt in Oeſtexreich anzuerkennen, und denfelben durch
die Eentralgewalt gegen äußere und innere Feinde den nachdrücklichen Beiſtand
‚ gu leiſten, da pernichiete eben ſo muthwilliger als unbegreiflicher Weiſe Venedey
ſein Werk wieder durch den Antrag, über die Sache ſelbſt jetzt nicht zu discu-
tiren, der natürlich angenommen wurde. Der Zell'ſche Antrag ward eben-
falle angenommen. Hierauf kam man zur Tayesordnung und ging zuerſt über
eine Petition ver Kaufmannnſchaft zu Stettin, Stolp und MWismar, einen
Longreß Sachverſtändiger zu Schifffahrts-, Handels- und Induſtrie-Angelegen-
heiten beir,, zur weiteren Tagesordnung über. Dann folgte der Bericht des Priori-
täts⸗ und Petitions-Ausſchuſſes über den Antrag Bresgen's, daß Abgeordnete,
die ein Staatsamt übernehmen, ſich einer Neuwahl unterwerfen ſollen. Der







Ausſchuß hatte folgendes Geſetz heantragt: Jeder Abgeordnete zur National-
Verſammlung, welcher nach dem Zeitpunkte ſeinex Wahl ein beſoldetes Staats-
Amt oder eine Amtsbeförderung im deutſchen Reiche oder in einem ein
Staate des Reiches annimmt, muß ſich einer neuen Wahl unterwerfen, und
ſcheidet aus, inſofern er nicht widergewählt wird. — Anfangs ſchien es, alg
wollten die Herren Miniſter, Unterftaatsfeeretäre und ſonſtige Beaniten fich gar
nicht um die Sache kümmern — denn Rösler, Kolb und Eiſenmann traten hin-
tereinander für das Geſetz auf, da kam Biedermann abermals mit dem Antrag
auf Tagesordnung, und nachdem ihn Vogt tüchtig zufammengefeßt, Baffermann
mit einer oratio pro domo, Die von, den elendeften Berdrehungen und Verdäch-
tigungen ſtrotzte und auf die erbärmlichſten Gründe geſtützt waͤr.

Im Laufe der Debatte wurde aud) die Frage erwähnt, zunächſt von Bie-
dermann, welcher den Grundſatz aufftellte, er werde qustreten, wenn er das
Vertrauen ſeiner Wähler verloren hätte, und mehreren Abgeordneten der Linken
fälſchlich vorwarf, ſie wären trotz exhaltener Mißtrauensadkeffen geblieben. Baſ-
fermann widerſprach, Siemens wollte es nux dann thun, wenn die Wähler
eine legale Ferm zur Erklärung ihres Willens auffinden (ollten, d. h. gar
nicht. Der Bice-Präfident thut nichts, um dieſe lefd;meifungen yon der Sache
u hindern.
4 Biedermannſche Antrag ward ſchließlich durch namenttiche Abſtimimung
mit 217 gegen 156 Stimmen angenommen. Die Herren v. Schmerling, Mohl,
Baſſermann, Fallati, u. ſ. w. hatten gut operixt und wiegen ſich nur im Ge-
fühl der Sicherheit auf ihren dem getäuſchten Volk zum Trog neu vefeftiglen
Sitzen. — Ein Antrag auf Abänderung der Abſtimmung ward nach kurzer De-
batte angenommen, verſchiedne Adreſſen, welche in Betreff einzelner Beſchluͤſfe
der Verſammlung eingegangen, wurden ſtillſchweigend zu den Akten gelegt, und




Petitionen nach dem Antrage Grävells dem Reichsjuſtizminiſterium zur Wah-
rung der Rechte der Betheiligten überwieſen. Noch rügte Scharne, den Bieder-


ein Mißtrauens-Votum von ihren Wählern erhalten, das Verfahren des Vice-
Präſidenten, der ihm zur Widerlegung dieſer Unwahrheit das Wort nicht er-
theilt hatte; die Majorität aber erklärt das Verfahren des Vicepräſidenten für
gerechtfertigt.

Brandenburg a. d. H., 11. Oktober. Das Loſte (Berliner) Regiment
ſoll von hier nach Küſtrin verlegt werden. Die Soldaten hatten eine Deputa-
tion von 4 Mann zum General Hannecke geſchickt, um die Freilaſſung eines
Unteroffiziers zu verlangen, der mit Arreſt beſtraft war, weil ein Mann aus
ſeiner Korporalſchaft die Zündhuttaſche vergeſſen hatte. Zu den vier Mann, die
als Deputation bei General Hannecke waren und deshalb bereits verhört ſind,
ſagte der Hauptmann beim Appell, ſie würden ſich unglücklich machen. Da er-
hob die ganze Kompagnie ein furchtbares Geſchrei und erklärte, wenn man ihre
Kameraden arretire, würden ſie dieſelben befreien. Es wurde nun auf Montag
Abend vom Militär eine allgemeine Verſammlung feſtgeſetzt. Um halb 8
Uhr verſammelte man ſich vor dem Hauſe des Obriſtlieutenants von Schmidt.
Derſelbe war im Theater. Jetzt erhob ſich ein Geſchrei und man forderte,
daß er gerufen werde. Ein Offizier, der um Ruhe bat, wurde ausgelacht und
ausgepfiffen. Endlich kam dex Oberſtlieutenant mit mehreren Offizieren! Er fragte,
was man verlange. Drei Mann gingen mit ihm hinauf. Als ſie nach einer
Stunde mit dem Kommandeur wieder herunter kamen, forderte diefer zum Auss
einandergehen auf. Die Antwort war aber eine Katzenmuſik. Während dies
geſchah, wurden auf einem Tanzboden die reaktionären Küraſſiere von den Zwan-
zigern und den Bürgern geprügelt. Geſtern Abend ſollten alle Soldaten um
8 Ubhr zu Hauje ſein. Staͤtt deſſen marſchirten ſie in Sektionen, 500 — 600
Mann ſtark, von einer ungeheuren Volksmenge begleitet, durch die Stadt zum
Oberſtlieutenant uud brachten ihm eine Katzenmuſik. (Reform.)

Halle, 11. Oft. In Haardorf bei Oſterfeld war vorigen Sonn-
tag große Volksverſammlung. Th. Held, Präſident des Oſterfelder demokra-
tifchen Vereins (und nicht zu verwechſeln mit dem Berliner Held! leitete die
Verſammlung. Zwei Mitglieder der Wiener akademiſchen Legion, die von der
Wartburg kamen, Falke und Sengſchmitt, traten auf, mit lautem Jubel
begrüßt. Die Kunde von der neuen Revolution zu Wien war noch nicht da.
Sie ſprachen von Wien, von den Fürſten und von der Republik. „Geht, ihr
Fürſten“, rief Sengſchmitt, „wir wollen Republik! So nur wird euch und
uns geholfen. Und du, Nationalverſammlung, du Sammelplatz der Hochver-
räther, weiche dem Willen des Volkes!! Nachdem noch mehrere einheimiſche
Redner geſprochen, ſtellte Th. Held den Antrag, es ſolle die neue Nationalver-
ſammlung den Verfaſſungsentwurf der Entſcheidung des Volks vorlegen. „Wie
kommen wir zur Einheit und Freiheit des Volks?“ fragte Ehrlich aus Halle;
„die Nationalverſammlung kann ſie uns nicht geben. Sie hat das Vertrauen
des Volks verloren. Folglich muß ſie auseinandergehen und wir müſſen neue,
allgemeine und direkte Wahlen haben. Und nur Eine Nationalverſammlung,
ein Konvent kann uns helfen. Der ſoll ſeinen Sitz haben in Berlin. Das iſt
nicht bloß möglich, ſondern nothwendig. Und wenn das ganze Volk das er-
kannt, dann wird es auch ſo.“ (Bravo! Bravo!) Unter Abſingung des
Heckerliedes ſchied am Abende dieſe republikaniſche Verſammlung,

Breslau, 13. Okt. Das Geſetz der Nationalverſammlung zu Frank-
furt a. M. zu ihrem Schutze bringt mehr Lachen und Verachtung als Entrü-
ſtung hervor. Die „Oderzeitung? ein entſchieden demokratiſches Journal, gibt
folgende Erklärung: „Die Redaͤkteure dieſer Zeitung werden von heut ab keine
Berichte über die Geſellſchaft in der Paulskirche mehr mittheilen. Eine Ver-
ſammlung, welche im Bewußtfein ihrer verlornen Ehre ſich
durch Strafgeſetze vor der Kritik ſicher ſtellen muß, ift mora-
liſch todt. Ihr gegenüber hat die Preſſe nur noch eine Waffe — Verachtung
und Schweigen.“

Die demokratiſche Partei macht bei uns jede Anſtrengung, den Willen des
geſammten Volkes in der Verfaſſungsfrage, zur Geltung zu bringen. Der de-
moͤkraͤtifche Provinzial⸗Ausſchuß für Schleſien hat an alle demokratiſchen Ber
reine der Provinz Rundſchreiben geſchickt, worin die Mittel zur Erreichung die
fes Zweckes angegeben werden. Es wird darin zu einer Monſtrepetition M
die Nationalverſammlung aufgefordert, daß in der Verfaſſung: 1. beſtimmt
werde, daß jeder Deputirte, der ein von der Mehrzahl ſeiner Wähler ausge“
hendes Mißtrauensvotum erhält, ſofort ſein Mandat niederlegen
müſſe; 2. das die Verfaſſung vier Wochen nach ihrer Annahme in der Natio-
nalverfammlung an ein und demſelben Tage jeder Gemeinde des Landes zur
Abſtimmung durch ja oder nein vorgelegt werden müſſe, weil nur auf dieſe
Weife der Wille der Majorität des Volks zu erkennen ſei. An dieſes Schret




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