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Mannheimer Abendzeitung — 1848

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https://doi.org/10.11588/diglit.44565#1118

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undiſo ſtänden ſie hier in Amerika vor ihren zahllofen Freunden, deren freus
diger Empfang ihre kühnſte Erwartung, Überfteige, Aber im Augenblicke des
Lampfes, wo das Volk zur republikaniſchen That bexeit ſei, würden ſie mit
Freudigkeit zurückeilen zu dem Freiheitskriege in Deutſchland. Denn — be-
merkte der Redner weiler — ſeine feſte Ueberzeugung fei es, daß die beſſere
Zukunft unſres Vaterlandes nur mit dem Schwert errungen werden konne. —
Der Junge republikaniſche Kämpfer, in deſſen Weſen eine ſtimnt Enioleſle-
heit ausgeprägt iſt, ging dann auf die bisherige Bewegung über und ſagte,
daß nur die Jugend und die arbeitende Klaſſe zum Handeln entſchloſſen ſei,
und daß die Beſizenden, im Egoismus verſtockt und im Eigenthumsgefühl ver-
dummt, es zu ſpät einſehen würden, daß der Weg der Unterhandlung und Ver-
mittlung, oder gar der Reaktion ihr eigenes Grab ſei und daß ihre Zukunft
nur durch das Anſchließen an die kämpfende Republit geführt werden Fönne, —
Am Schluſſe forderte Hr. Schöninger die Deuiſchen der Ünion mit markigem
Nachdruck auf, im entſcheidenden Augenblicke nicht den Ruf des alten Vaterlan-
des zu überhören, ſondern mit lebendiger That helfend und mitfänipfend einzu-
chreiten.

Hr. Hecker ſtellte der Verſammlung ſeinen Schwager, Freund und Mit-
kämpfer Tiedemann vor, welcher folgende kernige Worte zu der Verſammlung
ſprach! „Ich bin kein Redner, aber wenn es zum Dreinſchlagen kommt, bin ich
dabei!“ Fur die Wahrheit derſelben bürgt — fein bisheriges Leben und ſeine
ganze Haltung — eine gedrungene Kraftgeſtalt!

Gen, Walbridge wurde noͤchmals zuln Reden aufgefordert, und ſprach von
der Verpflichtung Amexikas, durch wirkliche Sympathie für die Völker Curopas
eine Schuld der Daukbarkeit zuruͤckzuzahlen. Er ſprach von Luther, der die
Denkfreiheit waͤcker erfocht; von der Lifindung der Druckerpreſſe, jenes gewal-
tigen Hebels menſchlicher Freiheit — jenes großen Zerſtörers der Tyrannet und
Unterbrüdung; von den Dienſten der Zranzofen in ver Sache Amerikas.
den Völkern Europas keine andere Wabl gelaſſen ſei, als ihre Freiheit gewalt-
ſam zu erkämpfen, ſo ſollten die Amertfaner Alles aufbieten, um ihnen ihre
Sympathie und Unterſtützung angedeihen zu laffen.

Hr. Hecker ging in ſeinen Schlußworlen auf die ſociale Bewegung unſrer
Zeit ein; indem er von der Brüderlichkeit ſprach: er bezog ſich auf die trefflichen
Anſtalten, die er auf die Einladung und im Geleite der ſtädtiſchen Behörden an
demſelben Tage beſucht hatte, und woͤrin die Jugend zu ächten brüderiichen Re-
puͤblikanern gebildet werde. Mit einer berzlichen Dankſagung für die der deut-
ſchen Volksſaͤche bewieſene Sympathie ſchloß ek ſeine Rede, unter dem lange an-
haltenden Jubel der Menge, und die Verſammlung vertagte ſich.



Deutſch bhand.

Mainz, 26. Okt. In der geſtrigen Sitzung des Demokratiſchen Vereins
wurde eine, von der Volksverſammlung zu Nitderolm am legten Sonntage be-
ſchloſſene Adreſſe an den Juſtizminiſter Kilian auf ſofortige Aufhebung des heſ-
ſiſchen Strafgeſetzbuches und Wiedereinführung des Code pénal bis zur Vol-
endung einer allgemeinen deutſchen Geſetzgebung einſtimmig angenommen. Wir
vernehmen, daß nicht allein fämmtlich« demokratiſe Vereine von Rheinheſſen,
ſondern überhaupt die einzelnen Gemeinden die Wiedereinführung des franzö-
ſiſchen Strafgeſetzbuches beantragen werden, ſo daß alſo ſämmtliche Bürger
von Rhein effen über dieſe wichtige Frage einig ſind. (Mainz. 3.)
Altenburg, 16. Okt. Unfere Bauern haben große Luſt, die fremden
Soldaten, womit unfer ganzes Ländchen vollgepfropft iſt, rauszuſchmeißen.
Die Führer unfrer Demokraten haben ſie aber in einem Plakat gebeten, das
nur ja nicht zu thun, weil ſte dazu doch viel zu ſchwach wären, Und die ar-
men Soldaten auch nichts dafür könnten, daß man ſie ſo mißbrauchte! Sie
ſollten lieber, wie in der Stadt Altenburg, die Soldaten ganz freundlich auf-
Uehmen und gute Republikaner daraus machen; das ginge ganz leicht. Die
Bauern wollen das jetzt auch thun. (N. Köln. Zt.)

Großbritannien.

London, 21. Okt. Die „Times“ geht in ſich, da der Winter lommt;
ſie fühlt ein menſchliches Rühren bei der Vorſtellung des Elends, welches er in
ſeinem Gefolge haben könnte! ein menſchliches Rühren, das freilich allein durch
die Befürchtung hervorgerufen wird, daß der Geiſt der
untere nothleidende Menſchenſchichte Englands dringen könnte. Von der Moral
der Times iſt nicht zu exwarten, daß fie auf rein menſchlichen, uneigennützigen
Gründen beruhe. Bie Kaufmannſchaft der City und ihre getreue Vertreterin,
die Times, begehren von Regierung und Parlament das Allerunmöglichſte:
ſie ſollen helfen, retten, die Steuͤern erleichtern und doch zugleich die Finanzen
hehen, ſie ſollen den Armen Brod und Geld ſchaffen, ſie ſolen beſteuern was
und wen ſie wollen, nur auf die unexmeßlichen Reichthümer der Kaufherren
4 der Themſe, das Blut und Schweiß aller Länder, ſollen ſie keine Prozente
legen.

Ungarn.

Peſih 17. Oft. Ein aus Sarros hier eingefroffener Courier meldet
die wilde Flucht des Generals Simowitz, welcher aus Galizien her-
eingebrochen war. Er wartete nicht einmal die Ankunft der ungariſchen Trup-
pen ab, DMebhr als die Hälfte feiner Solbaten wurde auf der Flucht von den
Bauern erfhlogen, Dr. Taufenau aus Mien hat geſtern hier in einer
großen Bolfeverfammlung eine mit allgemeinem Beifall aufgenommene republi-
kaniſche Rede gehalten. Seit einigen Tagen erſcheinen hier au „republikani-














durch die tapfern Szekler faſt gaͤnzlich unterdrückt., der Haupträdelsfn
ban geflüchtet, drei hochgeſtellte Magnaten, auch ein Ö%i%?cbo%beéz%zbäeée%‚
Auch die aufſtändiſchen Raitzen wurden bei Neu⸗Beſce geſchlagen. /
Vom 21. Okt. 2 aller — ich Ihnen,
Armee gefiern wirtlich die öſterreichiſh? Gränze übe
hat, um 4 Wienern zu Hülfe zu kommen. — —
Wege zur ungariſchen Hauptarmck ſein; 2
von hier ſteht, weiß man von feinem Eintreffen duͤrchaus nichts —



Offener Brief. An meine Wähler, die Frankfurter —
Stadt Breslau. Wahlmänner von Brestau! * 4 2
Euec Mandat, welches Ihr mir gegeben habt, zurückzießt.

Al i mig um Cure Stimmen für den Sig in der Frankfurter Natib-
nalverſammlung bewarb, war die Sympatbie und der Aufſchwung der Nation
nit einer Verſammlung, welche das deutfſche Vaterland 3u einem freien Stagte
Ich erwartete, in Frankfurt mur Nänner zu finden en
ſchloſſen dieſen Zweck zu verfolgen und ihn mit estiſterung der Nation ein-
fach durchzuſetzen. Ich habe mich geirrt. Bie Berfammlung wäre durch ein
heroiſches Ergreifen ihker revolutionären Aufgabe allmächtig geiwefen; aber fie
beftand zum größten Theil aus Männern, welche weder die reelle Eiuͤhen noch
die demokratiſche Freiheit der Nalion woͤllen und am allerwenigſten für 4
Zweck an die Spihe einer großen ernſthaften Revolution zu treten eniſchloͤffen
waren.

Die Revolution in Deutſchland ging daher in allen einzelnen Staaten auf


worden, ja noch mehr, ſie haben eine Volksſtimmung gegen ſich aufgeregh der
ſie mit genauer Noth lebendig entronnen find. Seit dem Aufſtande in Frant
furt, der die extreine Unpopularität der Paulskirche aufs grellſte an den Tag
brachte, iſt die Centralgewalt und die Natipnalverſammlung offen alg ein con-
trexevolutionäres Inſtitut aufgetreten. Es iſt das gerade Gegentheif von dem
geſchehn, was der urſprüngliche Zweck war. Der alte Bundestag iſt nicht auf-
gehoben, er iſt, nur mit einer größern Maſchinerie, wieder hergeſtellt woͤrden
und xerfolgt nach wie vor die Yreffe, die Vereine, die Volksverſammlungen,
die Wühler, die Demokratie, mil einem Worte die Freiheit, und dieſe verfoͤlgt
er im Namen der alten Beſitzer der verſchiedenen deutſchen Staaten, die Feine
andere Einheit kennen, als die Polizeieinheit gegen die Nevolution von 1848.

Mithürger, ich beklage dieſe Wendung der Dinge. Wir müſſen ihr aßer
klar ins Geſicht ſehen. Der Frankfurter Plan iſt geſcheitert und die Konſtitui-
rung Deutſchlaͤnds auf dieſem Wege für immer unmöglich geworden. Die ein-
zelnen Stagien und namentlich Wien und Bellin ſind die Brennpunkte der Neus
bildung; und geſtehen wirs ung offen, dieſer Weg iſt naturgemäß und richtig,
der Frankfurtet Pian war nur im erſten Sturme möglich. —

3n dem Augenblide , wo ich diefen Brief an Euch richte, donnern die Ka-
nonen in Wien, in dieſem Augenblicke iſt ganz Berlin in Spannung. Dort
und vier wird die große Frage entſchieden, ob wir Deutfhe die Freiheit zu
behaupten wiſſen oder nicht. Und Frankfurt hat ſich ſehr überſchäßt, alg ?e
ung bie Unterdrücung der Revolutibn von 1848 ins Seficht warf. Frankfurt
iſt gerichtet. Die Gaͤchichte diefer Monate iſt ein Weltgericht.

Unter dieſen Uinſtänden pielt ich es nicht für meinen Deruf, Euch, meine
Mitbürger, länger an einem Orte 3u vertreten, Der ſich ſelbſt zu dein Kirch-
hofe aller unferer Hoͤffnungen gemacht und einen ſchönen Traum des leichtgläu/
bigen deutſchen Volkes in der Paulskirche getäuſcht hat. Ich habe den Herrn
von Gagern aufgefordert, meinen Stellvertreter einzuberufen. Vielleicht ſicht er
die Welt ſo an, wie der Herr von Gagern.

Unterdeſſen leg' ich es Euch an's Herz. Fragt Euch ernſtlich: I ſt es
nicht jegt die HödhHfe Zeit, Die Fr ankfurtex unmöglichkeit ein zu-
fepn und diefes Projekt aufzugeben? Der Bundestag brauͤcht
keine Nationalverſammlung

Ich trage daher daraͤuf an, daß Ihr in Erwägung des gänzlich verfchlten
Verxtreter zurückberuͤft und den übrigen Städ-
ten Deutſchlands mit dem Beiſpiele der Klarheit und Entſchiedenheit voran-
geht. Wendet alle Eure Hoffnung nach Berlin, Ihr wißt, daß Ihr hier eine
Stimme pabt, die in's Gewicht fällt und Ihr wißt eben ſo gut, daß nur unſre,
die demokratiſchen Prinzipien, Deutſchland eins, frei und groß machen werden.

Ich ergreife die Gelegenheit, den Wahlmännern Breslaus meine Hochaͤch-


Berlin, den 14. Okt. 8*
Arnold Ruge.

Vachſchrift. Soeben erhalte ich von dem ehemaligen Präfidenten der Nationalver-
ſammlung weicher den Titel angenommen hat: das Präftdium der NReichsverfamme
lung, folgenden Brief, der noch das Siegel trägt: „Kanzlei der fonftituirenden
Nationakverfammlung.“ — *

An ven Abgeordneten zur deutſchen Retchsverſammlung (ſoll hethen konftilui.
venden Nationalverfammiung) Herrn Arnold Ruge, dermalen in Berlin:

In Gemäßheit des Befchluffes der NReichsverfammlung in ihrer heutigen ghſten öffentli-
en Sigung fordern wir ©ie auf, entweder ſofort zurückzukehren over ein definitives Ent-
laffungsgeſuch einzureichen, Da — zufolge eines früheren Befchluffes ver Reichsverfammling
— eine zeitweife Bertretung eines Abgeordneten durch feinen Stellvertreter nicht gefrattelift.

Falls die Rückkehr oder jene Erkläruug nicht
ſoll Ihr Austritt als erklärt angenommen werden.

Frankfurt a. M., 13. October 1848,

Das Präſidium der Neichsverſammlung.
$. Gagern. Der Sgriftführet FiWEL
(Reform.)

innerhalb drei Wochen erfolgen würde,










2

Moritz —



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