Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Mannheimer Abendzeitung — 1848

DOI Kapitel:
No. 261 - No. 286 (1. November - 30. November)
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.44565#1195

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext


*

Simon v. Breslau verlangt zu einer perſönlichen Bemerkung das Wort,
Präſtdent läßt darüber abſtimmen, es wird ihm verfagt. 2
“ Müller aus Würzburg predigt die Bänke leer und ſpricht fih in einem
langen Vortrage für Annahme der Ausichußantrage aus, weil darin eine ſtill-
ſchweigende Verurtheilung der Berliner Verſammlung Nege. — ,

‚ y. Wydenbrugk erflärt, daß er ſeinen geſtrigen Antrag noch aufrecht er-
halten werde, eventuell aber für den Antrag H. Simons und den der Minori-
tät des Ausſchuſſes ſtimmen werde. Dann widerlegt er in längerer Rede ſchla-
gend die Behauptungen v. Vincke's. Nähme, man einmal das Recht der Krone
an, die Verſammlung zu vertagen,, dann könne ſie dieſe eben ſo gut auf 14
Monate und auf 14 Jahre, als auf 14 Tage vertagen, und nicht blos nach
Brandenburg verlegen, ſondern von einer Stadt zux andern durch das ganze
Königreich führen. Die ganze Maͤßregel, ſo wie die Entwaffnung der Bürger-
webr fei ein Staateſtreich, gegen den ſich die hieſige Verſammlung erklären
müffe, wenn ſie nicht ganz die Verhältniſſe vergeſſen hat, die ſie hierher führten.
Die Competenz der Verſammlung, hier einzuſchreiten, ſei nach dem Geſetz über
die Centralgewalt ganz ohne Zweifel, es dürfe die Verſammlung nicht dulden,


_ qoir die Macht dazu haben? Wir ſind nur dann ohnmächtig, wenn wir uns
felbſt dazu verdammen, wenn wir aber kräftig auftreten, ſo finden wir unſere
Sireiter überall, wo deutſche Herzen ſchlagen. Zum Schluß beſchwört er die
Verſammlung, einen ernſten nachdrücklichen Orduungsruf eriönen zu laſſen und
nicht zu vergeſſen, daß in dieſer bedeutungsvollen Stunde der Genius Deutſch-
laͤuds erwartungovoll ihrem Beſchluß entgegenſehe Geifall).

Neicheminifter v. Beckerath vertheidigt das Miniſterium gegen die von
Bincke ihin gemachten Vorwürfe und erklärt ſich für den Antrag der Majorität.
; Präfivent verliest einen indeſſen eingegangenen Autrag von Laſſaulr
zur einfachen Tagesordnung überzugehen. Eauter Unwillen.)

DenSchluß' der Verhandlung Morgen. Der Antrag von Hın, Si-
mon 2e. wird mit 287 gegen 150) der der Ausſchußminorität mit 241 gegen
198 Stimmen verworfen, dagegen jener der Ausſchußmehrheit (ſ. oben) mit
239 gegen 189 Stimmen angenommen.

Ein von vielen Mitglitdern unterzeichneter Antrag, das Reichsminiſtexium
ſolle, nachdem die Erfchiczung Robert Blum's nunmehr durch drei Briefe
beſtätigt wurde und ſich im Angeſichte des Reichsgeſetzes vom 10. Okt. als ein
Mord dargeſtellt, mit der Exmittlung der Urheder dieſer That beauftragt wer-
den, wurde! nachdem der Reichs-Juſtizminiſter erklärt hatte, die heute nach
Wien abgegangenen Mitglieber dex Nationalverſammlung, würden alle, zux Er-
hebung des Thatbeſtandes über dieſen unglücklichen Vorfall nöthigen Erkundi-
zungen einziehen, nicht zu ſofortiger Berathung zugelaſſen, vielmehr zur dring-
lichen Erledigung an den Ausſchuß für die öſterreichiſchen Angelegenheiten ver-
wieſen. Nächſte Sitzung: Donnerſtag 15. Nov. Tagesordnung: Fortſetzung
der Verfaſſungsberathung.

Die fſtandrechtliche Erſchießung Robert Blum's beſtaͤtigt ſich durch offi-

Mittheilungen an den Reichsverweſer.
Aus der Pfalz, 12. Nov. ſchreibt die „Republik:“ „Hoͤrt, welche
klägliche Rolle ein äußerſt verkemmenes Subjekt in unſerem Drama ſpielt.
Bor einem Vierteljahre kam ein Menſch mit frecher Stirne in eine xepublikani-
ſche Geſellſchaft dahier und gab ſich für einen Vertrauten und Freund von
Struve aus, Alg man aber feine ſogen Legitimationspapiexe näher beſah, ſtellte
ſich die plumpeſte Betrügerei heraus. Dieſe traurige Seele legte ein ganz un-
orihographiſch geſchriebenes Zeugniß vor, worin er Friedrich Zeiler aus
Labenburg und Hauptmann der Freiſchaar genannt ift, dem man in jeder Hin-
ſicht Unterſtützung zukommen laſſen ſolle. Unterzeichnet: „Guſtav v. Struve.“
Natürlih wurde dieſem elenden Berrüger einfach die Thüre gewieſen.“

„Im zweiten Akt ſpielt unſer ſauberer Held ſchon eine etwas feinere Rolle;
ein guler Soufleur (Ohrenbläſer) half ſie ihm vielleicht mitſpielen. Derſelbe
Zeilel, welcher ſich nun als aus Feudenheim ausgibt, ging in Mannheim zu
den Verwaͤnbien von Struve und verlangt von denſelben dieB evollmächtigung,
daß ihm in Rheinfelden die Effekten von Struͤve behändigt würden. Hier
ſchienen höhere Eingebungen die Handluͤggen unſeres ſchon gewandteren Büh-
nenkuuſtlers zu leiten. Die Struve'ſchen Verwandten witterien dieſen Gauner-
ſtreich, ſchrieben nach Rheinfelden und erhielten die Nachricht, daß dieſer ſcham-
lofe Ausmürfling ſchon mehreremal dieſen frechen Verſuch gewagt.“

Zielt dieſer unlautere Verſuch mehr auf den Werth der Effekten, oder
auf ben Inhalt der „grünen Mappe“ ab?! — Das Letztere iſt eher anzuneh-
men, wenn man unfern nun ausgemachten Intriguanten (Spizbuben) in einem
neuen Stück auftreten ſieht. Geraͤde derſelbe Zeiler iſt es auch, der zu dem
waͤckeren Sonnenwirth Thiebaut nach Ettlingen kam, ihm vorgab, er ſei von
ESiruve geſandt, um die Stimmung der Gegend zu erforſchen und dadurch in
einige Vertraulichkeiten eingeweiht wurde. Baͤld darauf wurde dieſes gefaͤhrliche
Indivibuum arretirt — Gevaukenſtrich — und gab in ſeinem Verhöre Bezüg-
Echkelien auf Thiebaut an. Jetzt war die erwünſchte Gelebenheit gegeben, den
allverehrien Vaterlandsfreund gefangen zu nehmen. Der Schurke Zeiler iſt
läͤngſt ſeiner Haft entlaſſen — Tyrebaut trauert in Kerkermauern.

Z Franzöſiſche Republik.,,

Paris, 12. Nev. (Mırtags,) Das Verfaſſungsfeſt iſt ruyig abgelau-
fen. Kein Attentat, keine Piſtolenſchüſſe, keine Hoͤllenmaſchine — kurz Nichts
Voͤn All dem iſt vorgefallen, was uns die Morgenblätter prophezeit hatten.

Hier ein Bericht in aller Kürze:

Uum 6 Uyr Morgens rief die Trommel die Pariſer Buͤrgerwehr nebſt
Bannmeile zuſammen. Es iſt eiskalt; ein ſtarkes Schneegeſtöber macht das
Wetter unerträglıch. ' SGegen 8 Uhr rüdt ein großer Theil der ſüdweſtlichen
Bannmeile längs der Seineufer ein und ſtellt ſich auf den Quais in Ordnung.
Um 8", Uhr wurde der ganze Konkordia- (nicht mehr Revolutions-) Platz von
Lintentruppen und Pariſer Bürgerwehr mit Abtheilungen der fremden Bürger-
wehr vermiſcht, beſetzt. Die Zimmerleute und Tapezirer, die zu den Vorberti-
tungen kaum drei Tage Zeit hatten, legen noch die letzte Hand an ihr Werk
inmitten des Aufmarſchirens. Rieſige Fahnen werden auf venetianiſche Säulen
gezoͤgen, reiche Drapperien in und vor der Kapelle ausgebreitet, vor welcher
Marrait die Verfaſſung verleſen und der Erzbiſchof dann die Meſſe nebſt Te-
deum ſingen foll. Die Fahnen waren meiſt die alten, vom früheren Feſte, ber,
nur auf dier koloffalen von neuen Stoffen prangten die Worte: „Verfaſſung
von 1848 Jetzt füllten ſich allmälig die beiden großen Schaubühnen, die
rechis und linfs von der Kapelle längs der Gartenmauer der Tuillerien errich-

zielle



tet waren. Das fürchterliche Schneegeſtöher hatte ſelbſt eint {
geſchreckt, dieſe Bühne zu ** BB DE E O * *

Um 9 Uhr verfündete ein allgemeinex Trommelwirbel die Annäherung der
Nationqlverſammlung, mit Marraft und Cavaignac an der Spitze. Alle Trups
pen präſentiren das Gewehr. Die Deputirten ſind aber kaum die Haͤlfte an
Zahl, alle tragen die xothe Roſe und Schärpe. Kaum berühren fie die Kon-
kordienbrücke, ſo erblicktman rechts den Erzbiſchof von Paris mit der gaͤnzen Kleriſei
in ſeinem Gefolge. Beide nähern fih dem Eſtraͤdengeluͤſte mit der Kapelle. Das
Weiter wird immer ungeſtümer. Der Erzbiſchof mit Müge und Stab ſchreitet
indeß rüſtig voran.

Marraſt, der auf einer Art Platform vor der Ka
beginnt hierauf, von den Quäſtoren umgeben, die Ver
Kaͤlte machte ſeine Stimme zittern.

Marraſt trug die unzertrennlichen Glacehandſchuhe — 7
für ihn, als für den — Louis Bonaparte —4— K
- Nachdem Marraſt die Verleſung geendet, hört man — Ta
ſchwache Stimmen ** Es — Republif! © 4 — 4

Der Erzbiſchof begann das Te Deum zu ſingen. Ste
cheſter —— — * E

Um 10'), Uhr iſt die religiöſe Feier vorüber, der Vorbein
pen beginnt. * 5* —

Um 12'], Uhr kehren die letzten Legionen in ihre Quartiere zurück.

Jtalieu.

Trieſt, 8. Nov. Mit der letzten oſtindiſchen Poſt langten Zeitungen aug
Bombay mit wichtigen Nachrichten an. Ganz Pendſchab, nebſt den angrenzens
den Ländern Multan, Hazareh, Kaſchmyr, Nurpur und Peſchauer haben ſich
gegen die britiſche Herrſchaft erhoben. In Folge des Abfalls einer Heeresab-
theilung von 5000 Mann unter dem Befchle des Scheir Sing, welche von
Multan nach Mulradſch übergingen, ſah ſich das engliſche Her unter General
Wiſh genöthigt, die Belagerung dieſer Stadt ſo lange aufzugeben, bis genügende
Verſtärkung angekommen. Der „Bombayer Courier- enthaͤlt eine Menge Ein-
zelnheiten über die an vielen Orten zugleich ausgebrochene Empörung und über
den Heldenmuth, mit dem ſich die Engländer gegen die Aufſtändiſchen verthei-
digen; beſonders ſoll ſich Majox Edwards in einem Kampfe, bei welchem die
Seinigen 100 Europäer und 180 Sipoyen, der Feind dagegen 500 Mann ver-
loren hat, hervorgethan haben. Der Maharadſchah des gebirgigen Theiles des
Pendſchah, der zuͤgleich Herr des Gebiets von Kaſchmyr iſt! Namens Gulab
Singh, hat ſich offen für die Auſſtändiſchen erklärt, deren Verſchwörung ſich
über ganz Lahur erſtrecken ſoll, ſo daß die engliſche Beſatzung dieſer letzteren
Stadf genöthigt war, den königlichen Palaſt zu deſetzen und militäriſche Maß-
regeln zur Unkerdrückung des Aufftandes zu ergreifen.

pelle Platz genommen,
faſſung vorzuleſen. Die



. % Von der Undig. Zur Vervollſtändigung des Artikels aus Ettene
heim glauben wir, den Leſern dieſer Zeitung die von dem Bürgermeiſter Gſchrey
bei der heute ſtattgehabten Gemeindeverſanimlung — wobei das Reſultat der
im Sinne der demſelben ſo verhaßten Fortſchkittspartei ausgefallenen Wahl
zweier Gemeinderäthe bekannt gemacht wurde — gehaltene Vertheidigungsrede
nicht vorenthalten zu dürfen. Bürgermeiſter Gſchrey betheuerte, was er zwar


ſeine Bürger mit dem Titel Lumpengeſindel zu bezeichnen, auch die Sache we-
gen dem NB. ſei unwahr. Von Beidem blieb er natürlich, wie ſein Vertheidi-
ger Apotheker und Holzhändler Kopp, den Beweis ſchuldig.

In der Berfammlung ging es überaus lebhaft zu, was auch einen gewiſſen
Seifenſieder veranlaßte, weil ihm das Wohl ſeiner Mitbrüder ſo ſehr am Her-
zen liegt, mit Executionstruppen zu drohen.

Nachdem Bürgermeiſter Gſchrey den Bürgern noch bemerklich gemacht hatte,
daß er bereits wegen des früher in dieſer Zeitung — Schmierblatt, wie er ſich
ausdrückte — erſchienenen Artikels einen Rechtsgelehrten zu Rathe gezogen, wel-
cher ihm demnächſt ein Gutachten abgeben wird ob er den Verfaſſer nicht etwa
wegen Ehrenkränkung, Preßvergehen oder am Ende gar wegen Hochverrath be-
langen fönnte, was er dann ſeinen Bürgern mittheilen werde, hob er ſichtlich
bewegt die Verſammlung auf.

Wir können uns daher auf eine weitere Abhandlung freuen.



Die Berliner Blätter veröffentlichen folgende Actenſtücke:

Bekanntmachung. Nachbenaͤnnte Bätter: 1) die „Neform“, 2) die „Zeitungss
halle“, 3) die „Cocomotive“, 4) die „Republik“, 5) die „VBolksblätter 6) die „ewige Lampe“,
7) ver „Krafeh:er , 8) Klaveradatich“ find während der Dauer des Belagerungszuftandes ,
fuͤspendirt. Berlin, den 13. November 1848. Der Oberbefehlshaber der Truppen in den
Marken, Genexal der Cavallerie v. Wrangel. x .

Bekanntmachung Die durch Befanntmachung vom geſtrigen Tage angeordnete
Ablieferung der Waffen Seitens der Lürgerwehr iſt an vielen Orten erfchwert und theil-
weiſe verhindert worden, indem man Vielen, welche der Aufforderung Folge leiſten wollten,
die Waffen auf dem Wege gewaltſam und unter Inſulten abnaͤhm, vder dieſelben doch an
der Ausführung ihres Boryabens hinderte. Es ſoll deßhalb der Termin zur Ablieferungder
Waffen bis auf morgen den 14. November, Nachmittags 5 Uhr, verlängert und zugleich
von heute ab durch fortdauernde Militärpatrouillen in den Straßen dafür geſorgt werden,
daß aͤhnliche Hinderniſſe nicht mehr eintreten können. Berlin, den 13. November 1848.
Das Polizeipräſidium. v. Bardeleben.

Eiuladung. —

— Für das nächſte Viertel Semeſter vom 16. Nov, dıs 3,
D ea Dezemher dieſes Jahres eröffnen wir hiermit ein neues
Abonnement für die Mannheimer Abendzeitung
und ibre „Nheiniſche Blätter“ Der Preis deſſelben iſt hier
A2 Kreuzer, wozu auswärts ein verhältnißmäßiger Poſt · Aufſchlag
kommt. *

Man abonnirt hier in dex Expedition der Abendzeitung Litt.
E 6 Nıro. Z und bei Buchbinder Oberdhan in der Paſſage
Roös, auswärts bei allen verehrlichen Poſtanſtalten.

Von den nächſten Tagen an wird die Naunh Abendztg. zum großen 72
unferer Lefer mit der erſten Nachmittagspoſt verſandt und auch fier um eine Stu
früher anusgegeben.










— N





















 
Annotationen