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Mannheimer Abendzeitung — 1848

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No. 287 - No. 313 (1. Dezember - 31. Dezember)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44565#1311

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großen Aufgabe. — Zwar ift die Errichtung des Verfaſſungewerkes von der
MWirkfamfeit d _ ) * * C
mit die vollendete Berfaffung in Wirkfamkeit treten könne, thätig zu ſein, wie vor-
augzufehenden Hinderniſſen vorgebeugt werden kann, und etwa eintretende zu







Centraͤlgewalt erſcheint in fo hohem Grade als Bedingung der allgemeinen




Reichsminiſterium die Pflicht auf, der Nationalverſammlung, deren Aufwerk-


lage zu machen.
Das Programm des
ſpricht aus:

1) daß alle öſterreichiſchen Lande in ſtaatlicher Einheit verbun den bleiben

A o Men;

2) daß die Beziehungen Oeſterreich's zu Deutſchland dann erſt ſtaatlich ge-
ordnet werden koͤnnten, wenn beide Staatencomplexe zu neuen und fe-
ſten Formen gelangt ſein, das heißt, ihre innere Geſtaltung vollendet
haben würden.





ſammlung über den Verfaſſungsentwurf: „Capitel vom Reich und der Reichs-
gewalt,“ namentlich in den 55 1 bis 3 enthalten, an Oeſterreich geſtellt wor-


Centralgewalt zu Oeſterreich von folgenden Sätzen ausgehen zu müſſen.

1) Bei der Natur der Verbindung Oeſterreich's mit unſeren deutſchen Län-

doern beſchränkt ſich für jetzt und während des Proviſoriums die Pflicht
der Reichsgewalt darauf, das beſtehende Bundesverhältniß Oeſterreichs
zu Deutſchland im Allgemeinen zu erhalten. Es iſt aber das Son-
derverhältniß Oeſterreichs anzuerkennen, wornach es anſpricht, in den
zu errichtenden deutſchen Bundesſtaat unter Bedingungen, die die ſtaat-
liche Verbindung der deutſchen mit den nichtdeutſchen öſterreichiſchen

Landestheilen alteriren, nicht einzutreten.

2) Oeſterreich wird alſo nach den bis jetzt durch die Nationalverſammlung
gefaßten Beſchlüſſen, wodurch die Natur des Bundesſtaates beſtimmt
worden iſt, als in den zu errichtenden dentſchen Bundesſtaat nicht ein-
tretend zu betrachten ſein.

3) Oeſterreichs Unionsverhältniß zu Deutſchland mittelſt einer beſonderen
Unionsacte zu ordnen, und darin alle die verwandtſchaftlichen geiſti-
gen, politiſchen und materiellen Bedürfniſſe nach Möglichkeit zu befrie-
digen, welche Deutſchland und Oeſterreich von jeher verbunden haben,


kunft vorbehalten.


ten Deutſchland zwar in einem unauflöslichen Bunde ſteht, in den


und Rechte auf gefandtſchaftlichem Wege einzuleiten und zu untet-
Halten 3 5 2*
5) Die Verfaſſung des deutſchen Bundesſtaates, deren ſchleunige Beendi-


ſtand der Unterhandlung mit Oeſterreich ſein. *

Indem ich dieſe Säge der Prüfung der Nationalverſammlung übergebe,
ſuche ich für das Reichsminiſterium um die Ermächtigung an, die geſandtſchaft-
liche Verbindung mit der Regierung des öſterreichiſchen Kaiſerreichs, wodurch
den erörterten Verhältniſſen entſprochen wird, Namens der Centralgewalt an-
knüpfen zu dürfen, Ich erlaube mir, darau die Bitte zu fnüpfen, daß dieſe
Vorlage zwar nach ihrer Wichtigkeit an einen Ausſchuß zur Begutachtung über-
wieſen die Verhandlung der Sache aber möglichſt beſchleunigt werden möge.“
Eo wie heute ward Gagern noch nie aufgenommen. Kein einziger ſeiner
Verehrer wagte ein Zeichen des Beifalls; vielfeitiges Pfui! erſcholl bei den 5
einzeinen Purkten; der Schluß ward von der Linken und einem Theil des Cen-
trums beziſcht. Venedey — ſonſt immer ein ſchwärmeriſcher Anbeter des „Ed-
len“, erflärte, es ſei ein Verbrechen über dieſen Antrag zu verhandeln und
ſchlug vor, ſofort zur unmotivirten Tagesordnung überzuͤgehen. In ähnlicher
Weiſe erklärten ſich Reitter aus Prag und Weſendonck, die jeboch für Verwei-
ſung an einen Ausſchuß ſich erklärten; darauf entſpann ſich eine unendliche De-
batte darüber, an welchen Ausſchuß er kommen ſollte, Vicepraͤſident war für den
Biedermann'ſchen, Andere für den Verfaſſungsausſchuß, wieder Andere für beide
gemeinſchaftlich; für den öſterreichiſchen oder gemeinſam für den letzteren und
den Verfaſſungsaueſchuß.

Löwe aus Kalbe ſchlug die Wahl eines neuen Ausſchuſſes vor, und der
ward endlich, nachdem alle übrigen Anträge verworfen worden, (bei dim Bie-
dermann'ſchen und dem Verfaſſungsausſchuß mußte mit Zetteln abgeſtimmt wer-
den) genehmigt. ; . *
Damit war die ganze Sitzung hingegangen. Noch erhob ſich ein Streit,
ob morgen Verfaſſung oder Grundrechte berathen werden ſollten. Die Ver-
ſammlung entſchied ſich für letzteres, nachdem Schoder bemerkt, daß man bis
Weihnachten doch nicht mit der Verfaſſung, wohl aber mit den Grundrechten
fertig werden könne. Fertig werden freilich, aber wie??!!

* Koͤthen, 11. Dejör.. Die Landſtäande haben ſich heute bis zum 2.
Jan. Lertagt.

Weimar, 12. Dezbr.
Geſchwornengericht zuſammentreten, um über eine Reihe zum Theil ſehr
ſchwerer poluiſcher,Verbrechen“ zu urtheilen. Die Geſchwornenliſte für das
Croßberzogthum iſt bereits veröffentlicht. Von den im October in Jena und
Weimar verhafteten republikaniſchen Führern ſind einige einſtweilen ihrer Haft
entlaſſen worden. Die öffentlichen Verhandlungen ſollen ſehr intereſfaͤnte Auf-
ſchlüuͤſſe in Ausſicht ſrellen.
XX Berlin, 16. Dez. Der Antrag, welcher neulich bei dem Kriminal-
gericht geſtellt wurde, die Prozeſſe, für welche die Vexrfaſſung Geſchwornenge-
richte vorſchreibt, ſo lange zu ſiſtiren, bis folche ins Leben gerufen feinen‘, i
von den Richtern abgtwielen worden, und ſo haben wir denn auch jetzt wieder
das barbariſche Schauſpiel gehabt, politiſche Vergehen nach dem alten verrot-




4







Lanbrechts verurtheilen zu ſehen. Naͤch DreisAat

Verhaͤndlungen wurde geftern der @omiat’f@äflpmöeé 4 44
wiat nebft einem Handlungsbiener Müler wegen Crregung von Aufruhr zu
ſechsjahriger Gtfängnißſtrafe verurtheilt. Noch andern Cheilnehmern „aus dem
Volte“ wird fogar Strafarbeit zuerkannt. Ihre Schuld beſtand darin, daß
ſie Herrn Kühlwetter und Hanſemann in Auerswald's Hotel einen Befuch abz

Als darauf die Conſtabler auf das Volk einhieben, waren freilich Hr. v. Auers-
wald die Fenſter eingeworfen und die Namze ſeines Haufes zerſtört worden,
dies lag jedoch nicht in dem Plane der Führer. Nichtsdeſtoweniger müſſen ſie

\ Dowiat hatte auf dem Spern-
plag durch eine Rede, dazu aufgefordert, alſo war er der Rädvelsführer. —

geſtiftet zu haben. Er ift hiex wie überall als Abenteurer auͤfgetreten und hat
gemeint, durch ſeine ſchönen Redeu auf der Stelle eine, Revolulioͤn hervorbringen
zu fönnen. Dowiat iſt auch kein lautrer Character, denn es laſtel auf ihm die
ſchwere Verdächtigung, welche Tiſſopsky gegen ihn ausgeſprochen und Heinzen
in der Mannheimer Abendzeitung vekannt gemacht hat und die leider nur zu
ſehr mit Vorwürfen übereinſtimmt, die ihm über ſeinen früheren Lebenswaͤndel
alg deutſch⸗katholiſcher Prediger gemacht werden, die demokratiſche Yarter hatte
daͤher nur zu viel Grund, mit ſeiner Agitation unzufrieden zu ſein und jene
Emente zu verdammen, dies hindert jedoch nicht, daß ſie ſich jtgt ſeinex geaen
die Barbarei des Geri tes annimmt. Dieſe politiſchen Prozeſſe, welchẽ frit
der Märzrevolution geführt worden ſind, ſind eine Schande für uns und die
Richter, welche ſich dazu hergegeben, haben ſelbſt ein Verbrechen gegen das Bolf
begangen. Es iſt unvernünftig, jetzt noch Vergehen mit ſchweren Strafen bela-
ſten zu wollen, die in den Augen des Volkes keine mehr ſind. Man wird da-
her auch ſpäter keinen Anſtand nehmen dürfen, dieſe Richter ihrerſeits deßhalb
zur Rechenſchaft zu ziehen. —

Das Miniſterium hat neuerdings wieder ſeine Wuth gegen die Preſſe kund
gegeben. Ruge iſt die Erlaubniß die Reform wievererſcheinen zu laſſen ver-
weigert , und die Zeitungshalle zum zweiten Male verboten worden, weil ſie
einen Artikel von Jung aufgenommen hat. Das iſt alſo die wahre Frucht des
Belagerungszuſtandes, daß man die radikalen Zeitungen zu Grunde zu richten
trachtet. Denn ſie müſſen zu Grunde gerichtet werden, wenn man ihnen ver-
wehrt, zuNeujohr wieder zu erſcheinen.! Dann ſind ihre Abonnenten genöthigt,
ſich anderen Zeitungen zuzuwenden. Ein äußerſt würdiges Verfahren, wenn
man bedenkt, daß gleichzeitig die neue Preußiſche Zeitung das Recht hat, die


verfolgen. — Wahrlich mit elenderen Waffen hat noch nie ein Minifterium ge«
fämpft, als dieſes. Gegen die Herrn Brandenburg, Manteuffel u. ſ. w. ſind
ſelbſt Bodelſchwingh und Eichhorn noch Heroen. — Doch es wird ja auch der
Tag der Abrechnung mit ihnen kommen. Völlig maͤchtlos ſind ſie ſchon jetzt
gegen die Aſſociationsfreibeit. Ueberall werden bereits Vorverſammluͤngen fuͤr
die Wahlen gehalten und mehrere Bezirke haben Wrangel angekündigt, daß ſie
das Recht zu dieſen fordern. — Die Wahl Louis Napoͤleon's in Paris, welche
geſtern bekannt wurde, iſt natürlich mit ſehr verſchiedenen Gefühlen aufgenom-
men worden. Die Einen ſehen darin eine Unmündigkeitoerklärung des franz.
Volks, Andere ſind dagegen der Meinung, daß Louis Napoleon den verſchie-
denen Parteien nur zum Deckmantel ihrer Pläne dient, und daß man daher


verurtheilt.
lich für Italien erhebe, damit der öſterreichiſchen Barbarei ein Ende gemacht


ſen dieſem Bunde beitreten, dann wird es ſich zeigen, ob die alte Trugpolitik
der Fürſten noch die Welt beherrſchen darf oder ob bie Völker das Recht ha-
ben, die Politik zu beſtimmen. Ehe nicht dieſer Konflikt erfolgt und ebe nicht
Rußlands Maͤcht gebrochen iſt, können wir nicht ſagen, daß wir frei ſind,
denn Rußland wird die Freiheit Drutſchlands ewig ſo bedrohen und zu ver-
nichten traͤchten, wie Preußen und Oeſterreich die der erſten franzöſiſchen Re-
publik vernichteten.
E Verlin 16. Dezember. Die Deutſche Reform veröffentlicht heute
Morgen in Folge einer böchſt auffallenden amtlichen Indiseretion, den Wort-
laut zweier Schreiben ves General Wrangel in Sachen des abermaligen Ver-
botes der Zeitunge-Halle. In dem erften iſt von einem „Gelöbniß“
die Rede, das die Kedaktion gegeben haben ſoll, nur Thatfachen auf-
zunehmen. Wir können dagegen verſichern, daß es der Redaktion nie
eingefallen, ein ſolches Gelöoniß zu geben. In einem Geſpräche zwiſchen
einem der Eigenthümer des Blattes, Hın. Julius Vater und dem Polizei-
praͤſidenten mag von Zugeſtändniſſen der erwähnten Art vielleicht die Rede ge-
weſen ſein; der Redaktion aber ward von den Eigenthümern nur witgetheilt,
es müßte in der Aufnahme von Thatſachen die ſtrengſte Sichtung und kritiſche
Prüfung vorgenommen werden, damit nur ganz unumſtößlich wahre ihren Weg
ins Publikum fänden. Daß dieſe Bedingung gewiſſenhaft erfüllt worden, da⸗—
für zeugt am Beſten der Umſtand, daß General Wrangel in ſeinem Schreiben
teine der in den fünf erſchienenen Nummern veröffentlichten Thatſachen beſtrei-
tet. Jedenfalls kann der Redaktion weder Seitens der demokratiſchen Partei
eine politiſche Schwäche, noch Seitens der Eigenthümer des Blattes oder der


— Vor Kurzem gaben wir die Mittheilung, daß General Wrangel die
Verſammlungen des Maſchinenbauer-Vereins erlaubte und demſelben ſogar ein
Geſchenk von 10 Friedrichsdors machle, indem er ſich alg Mitglied des Vereins
aufnehmen ließ Eine große Minorität protſſtirte bekanntlich dagegen. Wir



Vereines, unter Andern auch der bekannte Socialiſt, Mitglied der National-
Eſenbeck, aug dem Verein ausgeſchieden und





Obgleich durch den Belagerungszuſtand alle größere Verſammlungen Be-
hufs Vorbereitung zu den Waͤhlen unmöglich gemacht ſind, ſo wird deſto er-
folgreicher bereits in engern Kreiſen agitirt. Außer dem Central-Wabl-Comite


gliedern unſerer Bezirksvercine beſtehen. In mehrereu Bezirksvereinen hat man
die Mitglieder zu diefen Wahl-Comites gewählt, und wit Genugthuung fönnen
wir die freudige Mittheilung machen, daß die Candidaten der demokratiſchen

4 S i
mann aus Fallersleben, der am 11. Dez. ın —
nad dem Dolie
Hier erhielt er, nachdem er, über den Zweck ſine *

ihm kürzlich

— Profeſſor Hoff

zeipräſidium gefuͤhrt.




















 
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