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Mannheimer Abendzeitung — 1848

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No. 287 - No. 313 (1. Dezember - 31. Dezember)
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— s 8 — — — 7? üü — 0



ter. — E8 ift daber mehr als waͤhrſcheinlich, daß der Ausſchuͤßbericht gegen Ga-
gern ausfallen wird.

m Sranffurt, 19. Dezember. In der heutigen Sitzung der National-
Berfammilung zeigte der Reichejuſtizminiſter Mohl ſeine und Dder @Icntr’atgcmalt
Schwaͤche wieder einmal im heilſten Lichte. Es iſt unbegreiflich, wie ein Nann
wie Mobl, ver nicht aufgewachſen iſt unter den Netzen diplomatiſchet. Ränke
und ſtadtsmänniſchen Ehrgeizes, eine freie geſicherte und unabhänge Stellung,
in welcder. er Ehre und Anſehen nte
Triumphwagen Schmerlings üder das zertretene,, ven Blut des Voltes ge-
tränfte Baterland zu ſchlebpen und dabei ſich felbft, ſeine Macht, ſeiner Ge-
ſchicklichkeit und ſeiner Ehre faͤſt allwöchentlich die ſchmählichſten Armuthezeug-
niſſe aus zuſtellen!

— 9och im October bei der erſten Nachricht von den Vorfällen in Wien hatte
er in hochtrabenden Worten der National-Verſammlung verkündet, daß das
Reichsininiſterium der Juſtiz ſeine Macht auch ühex die öſterreichiſchen Juſtiz-
Behoͤrden erſtrecken, und daͤß es dieſelben angewieſta, ſowohl wegen der Er-
morbung des Miniſters Latour, als wegen der von Auerspergs Soldaten per-
ubten Gräuel Unterſuchung einzuleiten; heute ſchämte er ſich nicht, zu geſtehen,
daß demfelben Miniſterium nicht einmal über die Frankfurter Gerichte eine Auf-
ſicht zuſtehe! Dies war ſeine Autwort auf die Interpellation Weſendoncks, die
Virzoͤgerung der Unterſuchung gegen die Abgeordneten Zig, Schlöffel, v. Simon
aus Erier betreffend, welchet er noch beifügte, daß das Miniſterium dieſer Un-
terfuchung vollig fremb geblieben. Db er mit diefer Verſicherung viel Glauben
im deutſchen Bolf finden wird, laſſen wir dahingeſtellt fein; der Widerſpruch,
in den er gleich darauf mit der Verſicherung gerieth, daß das Verhör-Amt er-
flärt habe, die Unterfuchung werde noch in dieſem Monat beendigt werden,
wird wenigftens nicht dazu bettragen! Wenn dem Jnſtiz Miniſtexium weder die
Aufficht über die hieſigen Gerichte zufteht, noch daſſelbe ſich in die Unterſuchung
jelbft gemifcht bat, fo Fonnte es auch feine derartige Erklärung von dem Ge-
richt fordern. Dadurdy, daß e& dieſelbe forderte, zeigt es, daß es ſich die
Aufſicht zuſchreibe, und miſcht ſich zugleich in die Unterſuchung ſelbſt. — Ar-
mer Mobhl, fehnuſt Da Dich nicht nach Deinem Lehrſtuhl in der freundlichen
Kuperto-Carolina zuruͤck, wenn Du ſolche Dinge von der Nednerbühne herab-
ſtammeln mußt, deren Erniedrigendes für Dich Dir unmöglich völlig fremd
bleiben kann? —

Auf eine andere Interpellation von Maifeld, den Widerſpruch betreffend,
in welchem eine Erklaͤrung des öſterreichiſchen Miniſters Stadion auf dem Reiche-
tag zu Kremſier mit der Verſicherung des Reichsjuſtizminiſterium ſteht, das Ge-
feß vom 29, Sepibr. ſei in Oeſterreich verkundigt, wagte Herr Mohl nichts zu
ſagen, alg daß das Geſetz dem öſterreichiſchen Bevollmächtigten bei der Cen-
traͤlgewalt zugeſtellt, und von dieſem eine Empfangsbekenntniß darübex extheilt
worden ſei. Weiter wiſſe ır nichts.
der Centralgewalt in ſeinen deutſchen Provinzen verkündigt, kümmert ſich der
Reichsjuſtizminiſter nicht; er begnügt ſich, dieſelbe dem Bevollmächtigten zu über-


Stuttgart, 15. Dez. Die Regierung hat den Ständen einen Geſetz-

ordnung, vorgelegt.
Es werden die Beſchränkungen der gemeindegenoſſenſchaftlichen Wahl- und


bekenntniß. Gewerbe, Privatdienſtherrſchaft enthlelt, aufgehoben. Außer den
Gemeindegenoſfen wird auch den nichtbürgerlichen Einvohnern einer Ge-
meinde, welche ſeit länger als zwei Jahren im Gemeindebezirk wohnen und
ein der Gemeindebeſteuerung unterworfenes Einkommen oder Vermögen beſttzen,
das Wahl- und Wählbarkeitsrecht zugeſtanden. Nicht bloß allen Würtember-
gern, ſondern allen deutſchen Staatsbürgern will der Eatwurf die
Moͤglichkeit eröffnen, in der Gemeinde, in welcher ſie ihren Wohnſig haben,
Antheil an den Gemeindeangelegenheiten zu nehmen, und dadurch eine Schranke
wegräumen, welche der Verwirklichung eines allgemeinen deutſchen Staatsbür-
gerrechts im Wege ſtand. Es ſoll nicht gewarter werden, bis erſt durch Ver-
zandlungen die Gegenſeitigkeit ver übrigen deutſchen Staaten zugeſichert iſt,
ſondern €g ſoll ſofort jeder Deutſche in Würtemberg ſeine Heimath finden, in
welcher er mitwirten darf an den öffentlichen Intereſſen des Orts, in welchem
er wohnt.

Als dringendes Bedürfniß wurde ferner die Abſchaffung der Lebensläͤng-
lichkeit der Gemeinzerathsmitglieder angeſehen.

Für die Wahl iſt die geheime Stimmgebung vorgeſchlagen, damit ver
Wähler ſeine politiſche Berechligung möglichſt unabhängig ausüben könne. Da-
bei iſt die Einrichtung getroffel, daß für das ganze Land die Gemeinderaths-
wahlen ungefähr in derfelben Zeit vorgenommea werden.

Die Seffentlichkiit der Gemeinderathsverhandlungen wird
eingeführt. Die Beitragspflichtigkeit der Capitalien und Beſoldungen zu der
Amtg- und Gemeindebefteuerung wird ausgeſprochen. Eine ſpätere vollſtändige
Reviſion der Gemeindeordnung! namentlich hinſichtlich der Beſtimmungen über
den Gemeindevorſteher, bleibt vorbehalten. *

München, 16. Dec. (Nürnb. Corr). Die Frage bezüglich des künſ-
tigen Retchſoberhauptes, wird dermalen hlec in vielen Kreiſen beſprochen.
Das preußiſche Kaiſerthum findet begreiflicher Weiſe hier wenig Anklang; man
beurtheilt hier das, was vor wie nach dem März in Preußen geſchah, nicht
ſo nachſichtig, wie dies dermalen in Frankfurt der Fall zu ſein ſcheint! Man
iſt hier überhaupt nicht für ein Kaiſerthum, am allerwenigſten für ein erbliches.

»Gotha/ 14, Dez Uner Finanzhaushalt befindet ſich in einem äußerſt
traurigen Zuſtande; trotz der reichen Einkünfte der letzten Jahre hat ſich eine
bedeutende Schuldenlaſt angehäuft; Beſchränkung der Ausgaben thut daher vor
allein Noth. Dies hält aber den Herzog durchaus nicht ab, die übertriebenſten
Anſpruͤche bezüglich der Eivilliſte zu machen Die Abgeordnetenverſammlung




hat. indeſſen die Abſicht hervortreten laſſen, die Geloſendungen nach Koburg einſt-
weilen zu ſiſtiren, bis die Verwaltung geordnet iſt. Der Koburger Landtag iſt



die Centralgewalt den theuern Juſtizminiſter?


der ſeine Unwiſſenheit und Ohnmacht geſtehen. Der Reichoͤkommiſſär hatte an-


ver Willen des Miniſters ihm entſchlüpſten Stoßfeufzer: „endlich“!) eine Ant-
wort von dem öſerreichiſchen Minifierium bekommen; — doch hat ſie der Mi-
niſter noch nicht erhalten.

zulcht erkffärte er auf Schoders Antrag, im Betreff der in Wien geſche-
henen Berhaftung L. Ravcaur — das Neichsminifterium könne nichts thun —
c& muͤffe alles von der Löſung der großen öſtererichiſchen Frage erwarten —


Damit verließ der Miniſter die Rednerbühne, gewiß mit anderen Gefühlen als
vie, die ihn erfüllten, wenn er ſonſt vom Katheder herabſtieg mit dem Bewußt-
ſein, den Saamen der Weisheit ausgeſtreut zu haben.
; Frommer Stab o hätt' ich nimmer
Mit dem Schwerte dich vertauſcht!
Nach dieſer miniſteriellen Blosſtellung wurden Grundrechte verhandelt,
ohne Distuſſion; und die $ 30, 31, 32, 33, 35. (Art. 25 — 28 alt.)
$. 30. Das Eigeuthum iſt unverleglidh.
Eine Enteignung kann nur aus Ruͤckſichten des gemeinen Beften, nur auf
Grund eines Gefetzes und gegen gerechte Entſchädigung vorgenommen werden.
(S. 26, Abſag 2.)


($. 25, Aofag 2.)


ſie zu verfügen, ſind für die todte Hand im Wege der Geſetzgebung aus Grün-
ven hes üffentlichen Wohls zuläſſig. (S. 26, Abſatz 1.)

$ 32.
auf.

S, 33, Ohne Entſchädigung ſind au gehoben:

1) Die Patrimonialgerichtsbarkeit, und die grundherrliche Polizei, ſammt
den aus dieſen Rechten fließenden Befugniſſen, Exemtionen und Abgaben.

2) Die aus dem guts- und ſchuͤtzherrlichen Verbande fließenden perſönli-
chen Abgaben und Leiſtungen.

Mit diefen Rechten faͤllen auch die Gegenleiſtungen und Laſten weg, welche
dem bisher Berechtigten dafür oblagen.
— 34 Alle auf Grund und Boden haftenden Abgaben und Leiſtungen,
inebeſondere die Zehnten, ſind ablösbar: ob nur auf Antrag des Belaſteten

Verſammlung der „Sonderintereſſen“ und drobt ſogar mit einer Abdankung.
* den letztern Fall wird übrigens das Volk ſich am allerleichteſten beruhigen
önnen. —

x Bernburg, 15. Dez. Friedrich Wilhelm hat ſeine Nachahmer gefun«
den ; der Herzog har nun wirklich den Gedanken, der ihn in den letzten Tagen
ſo ſtark beſchäfligte, in Ausführung gebracht. Heute iſt der Landtag durch
das Miniſterium aufgelöſt und eine oktrohirte Verfaſſung veröffentlicht worden.
Wir glauben unſer Herzvg wird nun baͤld nicht mehr der einzige ſein, der In
die Fußrapfen des großen Königs von Preußen trit Der gegenwärtige Zu-
ſtand von Deutfchland iſt für dergleichen fürſtliche Experimente außerordentlich
einladend. —

%*“ Düſſeldorf, 17. Dez. Stit geſtern verbreitet ſich die Sage, daß
General Drigaleki, der koͤnigt. preuß. „Bürzer und Communift,“ wie er ſich
felbſt nennt, von ſeiner Comandantenftelle fus pendirt ſei. Er hatte befannt-
lich die Preßfreihett fuspendirt, aber nachher wieder herſtellen müſſen und
dann die hieſige Zeitung mit Sus pendirung bedroht; es iſt darum nicht
übel, wenn er fuspendirt iſt. — So eben hören wir noch, daß Regierungs-
präſident Spiegel verſetzt wird.

@ Berlin, 17. Dezbr. Die Nachricht der „Neuen Preuß. Ztg.“ der






einzelnen Staaten überlaſſen.
Nach der neuen Faffung unperändert angenommen. Nur beis. 31 wurde der


Lebenden und von Todeswegen ganz oͤder theilweiſe veräußern.
ſtaaten bleibt es überlaſſen, die Durchführung des vorſtehend ausgeſprochenen
Grundgeſetzes der Theilbarkeit alles Grundeigenthums durch Uebergangogeſetze
zu vermitteln/ deſſen Weglaſſung die Majorität beantragt hatte, auf Verlaͤngen
der Minoritaͤt wieder aufgenommen auch nach dem Antrag nach 8. 34 ein be-
vndrer $: Es ſoll fortan kein Grundſtück mit einer unablösbaren Abgabe oder
Leiſtung belaſtet werden, eingeſchaltet. Alle übrigen Berbeſſerungs-Auträge der
Minorität des Verfaſſungs⸗Ausſchuſſes, und einzelner Mitglieder wie Trügfchler,


mensaufruf ahhelehnz ſo daß mit dieſem einigen Paragraphen die ganze Siz-
zung ausgefüllt wurde.


wir entfHieden alg unwaͤhr bezeichn:n, D'Eſter iſt freiwillig nach Eöthen ab-
gereiſt.

Als Nachtrag zur Geſchichte des 11. November theilen wir folgendes aug
zuverläffiger Quelie uns zugehende Facium mit. Am Nachinittag des 11. Nov,.
an deffen Abend bekannilich die Auflöſung der Bürgerweßr deeretirt wurde,
ließ Miniſter Manteuffel den Commandanten derſelben Herrn Rimpler zu fidh
kommen. Der Miniſter ſuchte ihn durch alle möglichen Gründe von der Noth-
wendigkeit der Auflöſung zu uͤberzeugen und naͤmentlich ſeine Mitwirkung zu
dieſer Maßregel zu erlangen. Rimpler lehnte dies ganz entſchieden von ſich
ab und ſchilderte dem Miniſter weitläufig die Stimmung der Bürgerwehr und
wie er, lediglich als ein voin Volksvertrauen getragener Führer, nicht bei einex
Handlung mitwirken könne, die ſo gänzlich den Voͤlkswillen zuwiderlaufe und
eine ſo durchaus ungerechtfertigte und ünrechtmäßige ſei. Nach Beendigung des
ſehr langen Geſpräches und alg Rimpler ſchon im Begriff ſtand den miniſteriel-
fen Salon zu verlaffen, trat plötzlich aus einer Portiere ein Beamter hervor

und hielt ihm ein Protocoll über den Inhalt der ganzen Unterhaltung mit dem
Miniſter zur Unterzeichnung hin. Rimpler lächelte verächtlich über dieſes klein-
liche und erbaͤrmliche Manover und unterztichnete das Protokoll mit der, einfa-
chen Bemerkung: „Als Offizier bin ich gewöhnt daran für das von mir Ge-
ſagte in jeder Weiſe einzuſtehen.“

@ Berlin, 17. Dezbr. Wir müſſen nochmals auf das vielbeſprochene
Wortſelbſtſtaͤndig⸗“ in Art. 67 dex Berf, zurückkommen. Iſt die von der heu-
tigen Spenerſchen Ztg. gegebene Ertläruns, „daß das Wort im juriſtiſchen
Simnne, diepofittonsfähtg, genommen wird, und daß alſo alle bishes
rige Wähler auch diesmal für die zweite Kammex wählen“ Ddie
wahre, nun was ſoll dann das Worf ſelbſtſtändig? Dispoſitionsfähig iſt ja
nach Allg. Land-Recht wie nach gem, Recht, jeder Majorenne infofern er nicht
gerichtlich für wahnſinnig oder für eineg Verſchwender erklärt iſt; dieſe heiden
Kategorien haben aber nicht mehr den Vollbeſitz der bürgerlichen Rechte, ſie fal-
len alfo ſchön unter eine andexe Beſtimmung des Art. 67.

Zweitens: Welche der beiden einandex widerſprechenden Beftimmungen über
die Eigenſchaften, welche ein Urwähler beſitzen muß iſt die giltige; Il es 2

‚ 67, der Selbftftändigfett und Vollendung des 24. Lebensſahres fordert *
ift c6 Act. 2 des Wahlgeſezes vom 6. Dezbr. für die zweite Kammer, 2*

* blos Selbſtſtaͤndigkeit ohne alle Beſtimmung des Alters gefordert WD *

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Praxis ſtellt ſich dieſe Frage dann folgendermaßen. Sind in den 44 —














 
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