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Mannheimer Abendzeitung — 1848

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No. 287 - No. 313 (1. Dezember - 31. Dezember)
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die undankbare Mübe genommen, jenes Machwerk einer Widerlegung zu
würbigen. *) 15


nicht Unfere Lefer wiffen, was fie von den konſtitutionellen Bereinen und ihrer
heuchleriſchen Verſicherung, daß auch ſie die Freiheit und die Einheit des Vater“
Jandes wollen, zu halten haben. Wir geben daher nur den Schluß jener Wi-
derlegung. „Der vaterländiſche Verein behauptet, die konſtitutionellen Staaten
ſtuͤnden auf dem Boden des Vertrages, und Verträge dürfe man, ſchon des Bei-
ſpiels wegen, das die Fürſten daran nehmen, nicht wegwerfen. — Seviel wir
wiſſen, beſitzen die meiſten konſtitutionellen Staaten Deutſchland's octroyirte Ver-
faffungen. Würtemberg bildet freilich eine Ausnahme. Aber muß es nicht
ein Mittel geben, Verträge, welche den Verhältniſſen nicht mehr entſprechen, zu
verändern, zu verbeſſern? Und wem geſteht der vaterländiſche Verein zu ſolcher
Merderung das groͤßere Recht zu? Einer Familie oder den geſammten Angehö-
rigen? Soll es künftighin nur ein Mittel geben, dieſe Verträge, Verfaſſungen
genannt, zu verändern, nämlich das der gewaltſamen Revolution? Wir ſuchen
das Mittel, dieſe zu verhindern, in dieſe Verträge aufzunehmen, und der vater-
ländiſche Verein will es zurückweiſen, um über kurz oder lang nothwendig die
Gewalt hervorzurufen. — Das iſt wohl wahr, Vorträge brechen, ehe das letzte
Mittel der Verſtändigung verſucht iſt, führt zu gefährlichen Folgerungen, aber
wer hat denn den Boden der Vereinbarung verlaſſen, und ſich auf denjenigen
der einſeitigen Gewalt geſtellt? — War im März nicht der Vertrag geſchloſſen
worden, es ſolle in Preußen eine Verfaſſung vereinbaxt werden? Ein Wort nodh
über die materiellen Intereſſen, die der vaterländiſche Verein durch politiſche Agi-
tation, alſo auch duſch die des Märzvereines, gefährdet glaubt. — Die Un-
ſicherheit des politiſchen Zuſtandes lähmt Handel und Gewerbe, die weſentlich
auf gegenſeitigem Vertrauen beruhen. — Gut denn! So reicht uns alle die
Hände zum Bunde, helft Alle, die Rechte und Freiheiten, die im März errungen
waren, ſi er zu ſtellen, macht jede Verkümmerung derſelben unmöglich, wirkt
dahin, daß die Verträge, welche zwiſchen Fürſt und Volk geſchloſſen werden,
nicht einfeitig von erſterem aufgehoben werden, wie es geſchehen iſt, und Ihr
werdet gederbliche Zuſtände wicherkehren ſehen!
Frankfurt, 11. Dec. 1848. Vom Märzverein.





ſog „Neuen vaterländ, Berein“ in Mannheim zu thun.


und die Rechte des Bürgers zu achten verſteht; beweiſen die an die hieſige
Garniſon erlaſſenen Verbote, nach welchen den Soldaten der Beſuch gewiſſer
Wirthehaͤuſer und die Theilnahme an Geſellſchaften und Verſammlungen, in
denen öffentliche Angelegenheiten verhandelt werden, bei ſcharfer Straſe unter-
ſagt iſt. So ſoll kuͤrzlich ein Soldat wegen verbotnen Wirthshausbeſuchs mit
14 tägigem Caſernenarreſt beſtraft worden ſein. Die Monarchie wählt ihre
Mittel nach den Umſtänden; in den Tagen der Gefahr hat ſie durch momen-

den Intereffen der Zeit vollſtaͤndig zu tödten und zu willenloſen Werkzeugen
ihrer Launen heranzudreſſiren. Es knirſcht freilich mancher Soldat über
derartige Mißhandlungen, aber es iſt auch noch nicht aller Tage Abend.

Daruiſtadt, 20. Dezbr. In der heutigen Kammerſitzung kam das


Zweikammerfyſtem ausgeſprochen; die Minorität vexlangte eine eonſtituirende
Berfammlung, von mehreren Abgeordneten der Oppoſition, namentlich Elaubrech


dritte Band voll Adreſſen gegen ıdn Übergeben worden, deren jeder viertaufend
Unterſchriften zählt. In allen Bezirken treten die Entſchloſſenen gegen ihn auf.
Nun hat er aber Ausſicht, vorläufig vergeſſen zu werden. Der erfte Gerichts-
hof Preußens, das Geheime Ober Tribunal hat ihn an Servilismus übertrofe
fen. E% hat Waldeck den Wiedereintritt als Vieepräſident verweigert, weil die
Anſichten, welche er als Abgeordneter geäußert, mit ſeinen Grundfägen über
„Recht, Pflicht und Treue“ nicht übereinſtimmen. Der erſte Gerichtshof Preu-
ßens wagt es alfo, einem Abgeordneten ein Verbrechen daraus zu machen, daß
er das Recht des Volkes nach ſeiner Anſicht gewahrt hat und fritt ſelbſt alles
Recht mit Füßen, indem es daſſelbe unmittelbar zur Parteiſache macht. Müßte
es nicht mit kalter Ruhe und Beſonrenheit beide Anſichten hören, wenn ein
Prozeß darüber von ihm verhandelt würde, ob die Krone das Recht hatte, die


Recht der Steuerverweigerung Gebrauch machte? Das hohe Obertribunal ſtempelt
dieſes aber von vorn herein zum Verbrechen, denn es ſieht darin eine Verletzung des
Rechtes, der Pflicht und der Treue, Wohl, möge aber auch dafür die Preſſe nicht


than hat, unparteiiſch und unabhängig zu richten und daß ſeine Treue die des
Hundes iſt, der der Peitſche ſeines Gebieters gehorcht. Ein freier Mann kann
dieſen Gerichtshof fortan nur noch verachten. Sein würdiger Repräſeniant iſt
übrigens derſelbe Hetr Muhler, von dem man nach der Revolution entoeckte,
daß er außer ſeinem Präſidentengehalt von 6000 Th. auch noch andre 6000 T9.
Wer ſich dergleichen zu erſchwindeln weiß, hat
freilich Urſache, von „Treue gegen ſeiner Gebietex“ zu ſprechen, ein ſolcher ver-
dient es, daß hiernach „die Pflicht“ und „das Recht“ gemodelt werden.
Geſtern kam die Nachricht nach Berlin, daß der Ausſchuß des Frankfurter
Parlaments ſich jetzt wirklich dahin entſchieden habe, dem König von Preußen
die Kaiſerkrone anzubieten. Wir haben hier laut darüber lachen müſſen, aber
noch mehr Spaß würde es uns machen, wenn die Sache wirklich zu Stande
käme, wenn die Furcht vor Louis Napoleon's Wahl den König bewöge, ſich
nun wirklich an die Spitze Deutſchlands zu ſtellen, natürlich, nachdem die Ma-
joritaͤt der deutſchen Fürſten ſich aus der gleichen Furcht dafür erklärt. Welche


gehn! Welche Pflege der Reichsherrlichkeit, der Reichswehrhaftigkeit und vor
Allem der Reichskirche! — Doch auch die demokratiſche Partei könnte ſich dies
ruhig gefallen laſſen. Iſt doch dafür geſorgt, daß die Schrullen unfrer nicht
mehr Herr werden und ſobald ſie es verſuchten, könnten ſie nur in ihr Gegen-
theil umſchlagen. Der innigere Zuſammenhang aber, der dadurch zwiſchen
Süd⸗- und Norddeutſchland hervorgerufen würde, könnte zum größten Nutzen
für beide gereichen und die demokratiſche Partei gerade dadurch zu der Kraͤfti-
gung gelangen, der ſie bedarf, um ihre Zwecke gleichzeitig für ganz Deutſchland
erreichen zu können.

S& Berlin, 19. Dez. Zu welch kleinlichen Mitteln die Regierung, trotz
der ihr zu Gebote ſtebenden großen Kräfte, ihre Zuflucht nimmt um auf die
Wahlen im ganzen Lande Einfluß zu gewinnen, mag man aus folgender ver-
bürgten Thatſache erſehen. Die Untexorfiziere und Gemeine der hier garni-
ſonirenden Regimenter und waͤhrſcheinlich wohl auch der ganzen Arinee, wer-




Zweikammerſyſtem und der Cenſus bekaͤmpft; Herr Zöppritz dagegen, ein Darm-
faͤdier Bourgtois, erklärt es für eine Unbilligkeit wenn durch die Beſeitigung
des Cenſus die Beſitzenden dem Beſitzloſen das Recht der Verfügung über ihren
„Sact“ einräumen ſoͤllten, tritt alſo unumwunden und aufrichtig für. die Herr-
ſchaft des „Geldſacks“ in eigentlichem Sinne des Wortes in dit Schranken.
Schent entdeckt in dem Einkammerſyſtem Gefahren des allzuraſchen Fort-
ſchritts und Miniſter Jaup bricht endlich in der Extaſe ſeine eonſtitutionellen
Eifers in die enthuſiaſtiſche Phraſe aus:
zogthume noch ein Miniſter iſt der Jaup heißt, wirdes keine
donſiituirende Berſammlung und keine Republit erhalten.“
Die Kammer konnte dieſen hinreißenden Worten keinen Widerſtand leiſten; das
Reſultat war mit 28 gegen 16 Stimmen die Annahme des Zweikammerſyſtems.

München, 18. Dez. Heute Morgen wurde der Schneidergeſelle Nißler,
MRedakteur eines neuen, in der Deſchler'ſchen Oſfizin gedruckten republikaniſchen
Blatted; Es muß Tag werden! verhaftet und ein Criminalprozeß wegen
Verſuͤchs des Hoͤchberraihs gegen ihn anhängig gemacht; die Nummer 3 des
Blattes, welche den angeſchuldigten Aufſatz enthält, iſt eonfiscirt worden. Niß-
ler war Vorſtaͤnd des Mrbeitervereins geweſen.

— * Nürnberg, 16. Dezbr. Ronge iſt von München hier angefommen ;
man hat ihm dort unter. dem Vorwande, er habe die katholiſche Geiſtlichkeſt
angegrıffen und den Religionsfrieden geſtört, einen längern Aufenthalt verwei-
geri. So weit ſind wir dis jetzt in Baiern mit der Religionsfreiheit gelangt.

Bamiberg, 16. Dez. Nach 3wöchentlicher Unterſuchungshaft iſt eudlich


gericht durch Abhörung von 75 Zeugen erkleckliche Mühe gegeben hatte, einen


troffen.“ — Andererſeits laſſen es die der Negierung cutgegenſtehenden Parteicn
wenigſtens hier in Berlin, auch nicht an Thätigkeit fehlen. So ſchreitet Na
mentlich die Conſtituirung des Centraͤl⸗Wahl-Coulites tuchtig vorwärts. Von
den 21 Mitgliedern, aug denen es beſtehen ſoll, ſind 14 bereits ernannt und



Comite's eine rein demokratiſche iſt. Die demokratiſch conftitutionellen Partei
hat bei den Wahlen der Bezirke für dieſes Comite in der Perſon mehrexer ihrer
bedeutendſten Stimmführer eine bezeichnende Niederlage erlitten und ſcheint

Mit Bezugnahme auf unſere geſtrige Mittheilung, betreffs der von den
Eigenthümern der Zeitungshalle gethanen Schritte, ihr Blatt außerhalb des
Kreiſes der Wrangerſchen Gewaltmaßregeln zu verlegen, können wir nun auf
das Beſtimmteſte melden, daß binnen ſpäteſtens acht Tagen die Zeitungshalle
von Neuem erſcheinen wird. Gegenüber den nicht unbeträchtlichen Opfern,


dieſe aber bereitwillig bringeu, um das Organ der Partei zu erhalten,
wird es nun doppelt heilige Pflicht der Mitßlieder dieſer letzteren, ſich
möglichſt zahlreich auf das Blatt zu abonniren. — Gleichzeitig erwähnen wir
auch einer in dieſen Tagen von der Ruge'ſchen „Reform“ erlaſſenen Ankündi-
gung, worin zum Abonnement auf dieſes Blatt trotz ſeiner Suspenſion aufge-
fordert wird, da daſſelbe ſofort nach Aufhebung des Belagerungszuſtandes und
Wiederherſtellung der Preßfreiheit erſcheinen werde. Ruge hat vollkommen
recht, wenn er in diefer Ankündigung ſagt: „Nur die Nation iſt frei, in der






offentliche Meinung jetzt ſo aufgeflärt und vorangeſchritten, daß bei der zum
Sewußtſeyn gefommenen Volksſouveränctät ſie nur Beleidigung der Majeſtät
des Voltes und Hochverrgth gegen die Volksheheit ſeibſt ancrkennt. Hinter
unſern, vielmehr gegen unſere heutigen Juriſten ſteht daher ein ganz majeſtäts-
unglaͤubiges Volk, das in ſeiner großen Mehrzahl in den ſogenanten „politi-


ner gerechten Sache ſieht. —
Berlin, 19. Dezbr. Herr Baſſermann wird ſich freuen. Er bekommt
auch dei uys Kollegen. Auch bei uns giebt es liberale Schwaͤchlinge, die ſich
vor der radikalen Wendung, welche die Dinge haͤtten nehmen können, entſetzen

ꝛerfloſſenen Sommers ausgeſprochen, denn er freute ſich, an dieſem einen An-
halt für ſeine längſt gehegie Abſicht, vor der Krone zu ſchweifwedeln, um ſich
vor dem Volke zu retten, gefunden zu haben. Um dies zu können, ſchmähte



ſchen Freiheit ſichern, wie ſie unſere Nachbarn jenſeits des Rheins und des Ka-
nals genießen.“ —

Gegen Dr. Berend, Redakteur des Pommernvereins-Blatt, iſt eine
Vorunterſuchung wegen eines ſog. hochverrätheriſchen Artikels dieſer Tage ein«
geleitet worden. —

Das in Spandau ſtehende 10. Regiment hat geſtern Befehl erhalten, ſich
für den 1. Januar zum Abmarſch nach Hamburg bereit zu machen; ob dieſe
Truppen zum „Reichs⸗Aufſehen“ in Holſtein gegen daͤniſche Uebergriffe beſtimmt

den Verſammlung in Schach zu halten, läßt ſich für den Augenblick noch nicht
beſtimmen. — ;

Danzig, 15. Dez. Die Wahlumtriebe der reaktionaͤren Partei „nehmen
für Berlin Ihon wieder ihren Anfang. Zuerſt hat der vaterländiſche Berein
eine Proklamation verbreitet, in welcher er den Segen der von des Königs
Gnade uns gefchenkten Verfaſſung auseinanderſetzt und zugleich die guten Leute
auffordert, doch ja nicht wieder ſolche Taugenichtſe“ von Deputirten zu wäh-
len, wie ſie in der auſgelöſten Nat Verſ. ſaßen. Dergleichen ſchnieichelhafte


* Wien, 16. Det. Die Finanzezmmiſſion des Reichstages beantragt fn
ihrem Bericht die Genebmigung eines Eredits von 50 Millionen, der durd)

verzineliche Staatsſchuldſcheine gedeckt werden ſoll, um hierdurch, wie * 2
BA S
en Ziel in

Betreff der ungariſchen Angelegenheiten zu unterſtützen.














 
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