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Mannheimer Abendzeitung — 1848

DOI Kapitel:
No. 235 - No. 260 (1. Oktober - 31. Oktober)
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9

Gerichtshöfe hinweiſen könnten; allein die wenigen Freiſprechungen, von denen

wir in ben letzten Monaten erzählen können, 44 —— — 4
A Qj?angei—fan I %'Dbrpa%begggllbgf?iä%rm&eémineaigetid)t dagegen aus-
Schuld des Angeklagten, währen 7 OS E
äre%{fmgieb%„?2%%„?;? b?;;z‚rargteee%f?g‘?grffi? * * 44 Verhält-
8— * 2 2 *
* auf das Entſchiedenſte heſtreitet. Unſeren Richtern * * *
nicht eingefallen, daß durch die Ereigniſſe der neueſten Zei 5 2
Geſetzhücher ein Riß gekonmen iſt; ſie halten mit — — 4
an den geſchriebenen Paragraphen und Beſtimmungen feſt 4 —* **
— Anftand, täglich in ihren Entſcheidungen einen Berftoß gegen den Verſtand der
Zeit, eine moraliſche Veruxtheilung ihres eigenen Urtheils *
s Yanuheim, 11. Okt. Die reaktionären Blätter und ihre 5 7
a Ia Mannbeimer Journal erzählten neulich in — ; er 7
mißglückten Aufſtand, daß Struve's Frau vei dem Einzuge der 244 *
Staufen mit beſondrem Glanze in einem Vierſpänner exſchienen ſei. 5
heit iſt, daß Die wadere Frau in einem einfpännigen Vigelchen fuhr, dem de
beſchwerlichen Weges halbex ein zweites Pferd beigeſpannt war, —— *
*6 Seidelberg, 11. Oct. Geſtern erhielt der Redaeteur des. 5 jour-
nals ein Paket aus Frankfurt, welches mit dem großen 4444 4
iegel verſchloſſen war. Zitternd und zagend um, das 4 — hiex nich
zu verletzen, öffuete er das Paket und fand darin? — Einige 1 —
Eyemplare der Flugblätter laus der „deutſchen — *
welchen bie Antwort deutſcher Bürger, auf die Anſprache dex Linken an das
deutſche Bolf“ enthalten iſt, und ein kleines verbindliches rielei eines hoben
Beamten des Neichsminiſteriums, eines Mannheimers, welches die Bitte enthielt,
obige Flugblätter zum Nutzen und Frommen der Majoritãt, und zum abſchre-
denden Beiſpiele vor der geſtnnungsloſen u. ſ. w. Mindrität der „deutfchen
Natibnalverſammlung“ alg Beilage des hieſigen Journals zu verbreiten.

Da man nun gerade im Zuge iſt, ſich der ſogen. Centralgewalt zu 4
werfen, fogar Sr. Majeſtät⸗ der König von Preußen, letztexer gwar Kur in Sa-
en ber niedern Polizei, und da unſexm ſonſt ſehr „freiſinnigen Redacteur die
Bitte faſt wie ein Befehl vorkam, nach dem letzten — zopen
s vı Deutfchen National Verſammlung unſer braver Landsmann die Nicht-Erfül-
lung ſeiner Bitte für eine Beleidigung anfehen konnte, Veleidigungen gegen
die Herrn Beamten aber (leider nur) mit Gefängnißſtrafe bis zu 2 Jahren ge-
ahndet werden, ſo wurde die Bitte des braven Mannes in Frankfurt erfüllt.
Unfere Herrn Hofräthe, Profeſſoren und Conſoxten haben einen fröhlichen Tag
gehabt und wir wir auch, und da wir nun höflicher Natur ſind, ſo bedanken
wir uns freundlich für den herrlichen Leſe- und papiergenoß und bitten verehr-
liche Mannheimer Reichsexcellenz um baldige Wiederholung. *

Stuttgart, 7. Olt. In unſerer Kammer werden gegenwärtig nur po-
litiſche Glaubensbekenntuiſſe abgelegt. Der Prälqt Mehring hat mit, ſeinem:
Biſier herunter! das Signal zu einer allgemeinen Beichte gegeben., Die Repu-
bliE Bat viele Anhänger, wie es ſcheint die meiſten. Aber es ſind hlaue, es ſind
weale Republikaner. Indeſſen befteht doch inſofern eine poſitive Diffexenz zwi-
ſchen dem Miniſterium, und, wie ſich heute gezeigt at/ der Mehrzahl d Kan
ner alg dieſe eine konſtituirende Verſammlung will, um frei, ohne Rückſicht
auf die Eentralgewalt, dem Lande eine Verfaſſung zu geben, R ömer —

‚bet dieſer Gelegenheit, daß in Deutſchland zunächſt die Einheit, nicht die 7
heit verwirklicht werden müſſe. Auch der burſchenſchaftliche Traum des 7
Gagern! Mit 34 Fürſten eine Einheit! Gipt es einen koloſſaleren Unſinn?
Der große Heide D. Strauß löst ſich in einen allerdingslehr klaxen mini-
feriellen Doktrinär auf. Er ſtimmt mit den Prälaten und Rittern, d. h. mit
der Rechten, die 28. Stimmen zählt, gegen ungefähr 50. Wenn ich oben ſagte,
es ſeien nur blaue Republikaner in der Kammer, ſo muß ich dieß jetzt beſdren-
fn Einer Forſter, erklärte ſich für, einen „Republikanex durch und durch“,
und meinte, die ſociale Frage werde den Ausſchlag geben. Dieſer Anſicht ſcheint
auch der Beobachter zu ſein, indem er das Budget für 184849 beſpricht, das
eine ſehr beträchtliche Steuererhöhung nöthig macht.

ſtaͤndes der deutſchen Lande aber ſcheint uns das beredteſte Prophetenwort zu



©erücht mit, es ſei vom Reichsminiſterium die Anfrage an den ehemgligen Mi-
niſter Schlayer ergangen, ob er nicht die Stelle eines Reichslommiſſärs üeer
nehmen würde, Waͤrum nicht? Wir ſind darauf gefaßt, daß nächſtens dem
Fürſten Metternich wenigſtens ein Reichsgeſandtſchaftspoſten angetragen wird. —


Vereins wurde folgende Adreſſe an die Nalionalverſammlung deſchloſſen: Hohe
Nationalverſammlung! Wir ſprechen nur aus, was das ganze deutſche Volk
fühlt, wenn wir Euch ſagen, daß Ihr in Eurer Meyrheit das Ver-
irauen des Bolfes nicht mehr; befigt. Euch ſelbſt hat ſich dieſe
Ueberzeugung längſt aufdringen müſſen. Wagt es nicht, dennoch auf Euren
Vläben zu beharren, der öffentlichen Meinung zu trotzen.

mag, um, bie Ereigniſſe vom 18. Sept. auf Koſten der Freiheit und des Vol-


eigniffe in der unverantwortlichen Berachtung des laut ausge-
Procheuen Bettswittens lag. Die Nation hat Euch gewählt, als ſie
Tanım erft die Feſſeln einer langen Knechtſchaft abgeworfen haͤtte. Ihr politi-
ſches Bewußtſein war noch unentwickelt. Durch die Art der Wahlen, durch
Einflüſſe und Einwirkungen allex Art wurde überdies der Ausdruck der dama-
ligen Bolksmeinung gefälſcht. Seitdem ſind Monate hingegangen und in die-
ſen Monaten hat das Volk, durch die freie Rede und Preſſe über ſeine Rechte
und Intereſſen aufgeklärt, ſeine politiſche Anſchauung in weſentlichen Punkten
geläutert und geändert. Jetzt vollends iſt die Nationalverſammlung in ihrer
großen Mehrheit nicht mehr der Ausdruck der Volksmeinung. Eine Verfaſſung
für bag deutſche Bolf aber, feſtgeſetzt von Maͤnnern, welche nicht, den Willen
bes Volkes ausdrücken, wäre einem Gebäude gleich, dem die Grundlage fehlt.
Wähnt nicht, den Volksgeiſt durch Eure Bajoͤnettẽ bändigen zu können; das
Säbelregiment, welches Euer Miniſterium über ganz Deutſchland zu organiſiren
wagt, ſteigert nur die allgemeine Verſtimmung; das Volk erblickt darkn nur Die
bewaffnete Reaktion? Das Volk hat Euch zu ſeinem Organ, nicht zu ſeinem
Vormund beſtellt. Wenn es vielleicht damals! als es Euch wählte, noch nicht
mündig geweſen ſein ſollte, ſo iſt es doch ſicherlich jetzt mündig, da es Euch
abberuft! Verzichtet darauf, diefem gerechten Verlangen des Volks Euch zu
widerſetzen. In Namen von Taufenden fordern wir Euch im Anfchluß an den
Abgeordneten Rühl aus Hanau auf, ſofort neue Parlamentswahlen durch ganz
Deutſchland mit direkter Wahlart und ohne Cenſus anzuordnen.








6

in welchem der demokratiſch
ſammlung angenommene Bii

T1 Berlin, 8. Okt. Das Plakat,
wehrverein gegen das von der Nationalver
geſetz ſeine energiſche Proteſtation ausgeſprochen,
in Bewegung gebracht, Aufforderung zum Aufr
Nattonalberſammlung heißt das Veroͤrechen;
bereits gegen den Bürgerwehr-Verein in Anſpruch genommen, die Vorunter-
ſuchung gegen den Präſidenten des Vereins eingeleitet! —

Ein neuer Akt des Zeughaus⸗Orama's iſt geſtern mit der Appellations⸗Ver-
handlung gegen den Thierarzt Urban und Genoſſen zu Ende geſpielt worden
Die Freiſprechung Urban's und des Kaufmannes Lövinſon, welche in *
Inſtanz zu 1 und 2 Jahren Feſtungsſtrafe derurtheilt waren, wurde unter den
lebhafteſten Freudenbezeugungen der zahlreichen. Zuhörerſchaft nach 8Uhr Abends
verfündet, Die Strafe des Kaufmannes Korn wurde von 7 auf 2 Jahre, die
des Naſchinenbaucrs Sigriſt von 7 auf 4 Jahre ermäßigt.“

ASien, 7, Oftober, Bormittags. Neihstag am 6, Einzelne Depuz
tirte hatten ſich bei dem wachſenden Lärm in den Straßen in den Neichsta
begeben, um Sitzung zu halten. Strobach war nichl'da. Man ſchickte *
ihm. Er meinte; die Sache wäre nicht ſo dringend, um eine Sitzung aͤnzuord-
nen. Doch rief ihn ein Brief der Miniſter in den Minjſtexrath. Hier forderte
man ihn auf, ein Sitzung anzuordnen. Aber mit der Exklärung ſeine Perſon
fet bedroht, verließ er das Haus, und ſeitdem wurde er nicht Wwieder geſehen. An
des Präſidenten Stelle übernimmt der Vizepräſident Smo lkaden Vorſg ——
gen 2 Uhr wird die Sitzung eröffnet. Die Parteiführer der Tſchechen, Kießch
Palazky und alle galiziſche Bauern fehlen. Die Rathloſigkeil iſt groß 1Br
der Straße knallt Gewehrfeuer und Kanonenſchüſſe machen die Stadt erbeben
Um 6 Uhr berichtet man den Tod des Kriegsminiſters. Kraus und Hornborfil
ſind allein von den Miniſtern anweſend, Weſſenberg und Bach ſind entflohen.
Eine Kommiſſion wird ernannt unter dem Titel: Kommiſſion zur Waßy-
runs der Sicherheit der Stadt;“ Füſter, Fiſchhof, Goldmark, Brefil,
Violand, Klaudi, Borroſch u. A. ſind Mitglieder davon und laſſen ihre Ver-

unterzeichnen um den legaͤlen Weg

fügungen vom Miniſter Hornboſtl oder Kraus

nıcht zu verloſſen. Eine Deputation verfügt ſich nach Schönbrunn, um dem
Kaiſer eine Adreſſe zu übergeben, worin um Berufung eines neuen solfsthüm-
lichen Miniſteriums und Ruͤcknahme des Kaiſerlichen Manifeſtes an die Ungarn
gebeten wird. Mitternacht am 6, Dieſe Deputation Fommt endlich von Schön-
brunn zurück. Pillersvorf als Mitglied derſelben ſtattet Bericht ab, welcher ge-
nehmigend lautet. Vor dem Zeughauſe dauerte indeſſen die Schlacht ununter-
brochen mit größter Erbitterung fort, ein Parlamentär war ſchon voͤn der Be-
ſatzung aus den Fenſtern des Hauſes niedergeſtreckt worden. Da gelang es
Breſtl und Kudlich, als Deputirte des Reichstags Eintritt ins Zeughaus zu
krlangen, und gegen ihr Verſprechen, die Nationalgarde und atademi-
ihe Legion. werde das Zeughaus beſetzen und das Verſchleppen der
Waffen hindern, übergab die Beſatzung das Haus. Doch kaum war ffe
abgezogen, ſo ſtrömte das Volk hinein und alle Gattungen Waffen wurden
Lrausgeommen. Von 1 Uhr nach Mitternacht brannte der rücwärts liegend
Theil des Zeughauſes in hellen Flammen. Noch jetzt iſtdas Feuer nicht ganz gelöſchte

Vom 7. Okt., Mittags. Präſident Srobach iſt ſeit geftern nicht wie-
der geſehen worden. Smolka präſidirt Um 10 Uhr füllt ſich der Saal; der
Finanzminiſter Kraus: Er habe eine Depeſche von Schönbrunn erhalten, und
daneben wäre ein kleiner Zettel gelegen des Inhalts: Der Kaiſer wünſche, daß
beiliegendes Manifeſt, vom Miniſter Kraus unterzeichnet, wofern dieß aber nicht
gienge, vom kommandirenden General Auersperg publizirt werde. Die Unter
ſchrift des Zettels nicht zu entziffern. Das Manifeſt ſchließt:

„Eine geringe Anzahl Irkegeführter bedroht die Hoffuͤungen jedes Vater-
landsfreundes mit Vernichtuͤng, die Anarchie hat ihr Aeußerſtes vollbracht.
Wien iſt, mit Brand und Mord erfüllt, mein Kriegsminiſter, den ſchon fein
Hreiſenalter hätte ſchirmen ſollen, hat unter den Händen meuchelmörderiſcher
Rotten geendet. Ich vertraue auf Gott und mein Recht, verlaſſe die Nähe
meiner Hauptſtadt, um Mittel zu finden, dem unterjochten Volke Hülfe zu
pringen. Wer Oeſterreich, wer die Freiheit liebt, ſchaare ſich um ſeinen Kaͤi—
%. 96 Serdinan D4 ‚

Lautlos hörte die Kammer die Verleſung des Manifeſtes an. Miniſter
Kraus fährt fort: Ich habe, nachdem ich vergebens die Miniſter Weſſenberg
und Bach geſucht habe, mit Miniſter Hornboſtl Rückſprache gekommeu. Ich
kann dieſes Manifeſt nicht unterzeichnen (allgemeines Bravo), 5denn ich hätte
niemals zu deſſen Abfaſſung rathen koͤnnen. Ferner lege ich hier die Aklen des
Kriegsminiſteriums auf den Tiſch des Hauſes nieder, die Korreſpondenz mit
Erdatien, betreffend, welche die hohe Kammer gefordert hat, und die vom
Kriegsminiſter leider nicht mehr übergeben werden kann. — Sofort beſchließt
man, eine Kommiſſion, je zwei aus jeder Provinz niederzuſetzen, welche über
die Art, wie dieſes Manifeſt zu publiziren ſei, berathen follen. Die Sitzung
a) daß die Miniſter Doblhoff, Kraus

wird ſuspendirt.
fortan verſehen und ſich durch Zuziehung

Der Bericht der Kommiſſion lautet:
und Hornbofil die betreffenden Nemter

mit dem Kaiſer und dem Reichstage in -
b) man möge eine Denkſchrift an Se.

neuer Kräfte verſtärken, daſſelbe ferner

fortgefeßter legaler Verbindung bleiben;

Majeſtät und leine Proklamatibn an die Provinzen erlaſſen. Wird einſtimmig
angenhmnen und Schuſelka mit der Redaktion beauftragt.

Aus einem Vriwatſchreihen aus Wien vom 7. Okt. entnehmen wır ferner
Folgendes: Ein Bataillon deutſcher Grenadiere, das nach Ungarn marſchiren
ſollte, wurde die ganze Nacht bewirthet; an der Brücke kehrte?es wieder um
und vereinigte ſich mit den es begleitenden Studenten und Nationalgarden. .4
Bei dem Kampf an der Stephanskirche wurde ein Hauptmann der National-
garde von andern Nationalgardiſten am Altar erſtochen.... Nach 2 Uhr zog
das Regiment Naſſau, ein Bataillon Jäger und ein Bataillon Pionniere in
die Stadt, und nun begann ein ſchauderhafter Kampf, tauſend und aber taus
ſend Schüſſe fielen in allen Straßen, es wurde mit Kartätſchen geſchoſſen, und
doch gab es hier im Ganzen blos 20 Todte und 100 Verwundete; aber in
manchen Straßen ſigd alle Fenſter zertrümmert. Das Milirär ſoll meiſt hoch
geſchoſſen haben. Nach einel Stunde war ſämmtliches Militär aus der Stadt
getrieben, und es trat eine Pauſe ein. In dieſer wurde der Kriegsminiſter
Latour gräulich ermordet, mit einem Hammer todtgeſchlagen, dann der Klei-
der beraubt und an einen Laternenpfaht aufgehängt. Der Kampf entbrannte
von Neuem am Zeughauſe: der Reichstag befahl, daß es den Studenten und“
Natjonalgaxden zur Bewaffnung übergeben werde, aber zwei Bataillone Gre-
nadiere und zwei Compagnien Nationalgarde, die darin“ſtanden, wollten es
nicht übergeben. Das Voͤlk ſtürmte, und es wird ſeit 4 ein halb Uhr Nach-
nittags bis dieſen Augenblick, 4 Uhr Morgens, unaufhörlich mit Kanonen und
Kleingewehr heraus und hinein geſchoſſen. Dazu läutet es ſeit 14 Stunden
in Einem fort Sturm.

e Bürger-
genomt ürgerwehr-
hat die hieſige Polizel bereitg
uhr gegen die Majorität der
die Hülfe des Staatsanwaͤlls if

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