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Mannheimer Abendzeitung — 1848

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No. 235 - No. 260 (1. Oktober - 31. Oktober)
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J ichstag 1 das Anſuchen geſtellt, daß die Erzberzoge Ludwig und
5 74 2 Geinahlin, Erzherzogin Soßhie (die Camarilla),
* zwei Jahre verbannt
Die Verwüſtungen durch
fein Fenſter mehr gang, D

den Kampf ſind ſchrecklich. An manchen Häuſern
ie Schaufenſter ganz zertrümmert, in den Straßen geht

Subr. So eben wird dad Zeughaus, nachdem die hin-
* — — ganz niedergebrannt ſind, übergeben., In einer
Stunde haͤben ſich 40,000 Menſchen bewaffnet: man ſieht Leute mit alten werth-
vollen, ſo wie ganz NCHCM Waffen umberlaufen. Nach einer Stunde wurde die
Waͤffenauetheilung auf Befehl des Reichstages aufgehoben. — Eine umlau-
fende Liſte gibt folgende Zahlen der Gefallenen und Berwundeten an:

am 6.- früh bei dem Abmarſch der Grenadiere 30 Todte, 140 Vexwun-
dete; Nachmittags beim Straßenkampf 60 Todte, 200 Verwundete; in der
Nacht beim Zeughauskampf 40 Todte, 80 Verwundete. Das Militär hat ſtark
gelitten. Unter dex Todten wird Fürſt Sulkowsfi genannt. (Vielleicht eine
Der Kaiſer iſt in Begleitung von 9000 Dragonern aus Schönbrunn abgereist.

Ungarn.

Peſth, 4. Oet. Geſtern Abend kamen der Kriegsminiſter General Lazar
Meſſaros und der General Ernyl Kis aus dem Lager an. Sie wurden vom
Volk angehalten und mußten vom Balkon des Gaſthofes zur Königin von Eng-
land herunterſprechen. Der Kriegsminiſter erzählte, daß Jelacic den von ihm
begehrten und von uns bewilligten dreitägigen Waffenſtillſtand gebrochen, indem
er während deſſelben mit dem größten Theile ſeiner Armee ſich auf die Flucht
begeben. Er werde aber nachdrücklich verfolgt und gewiß vernichtet werden.
Wenn er ſelbſt entkäme, ſo werde er ſein Leben lang daran denken, daß er in
Ungarn geweſen. Das Volk hörte ihn, ſowie auch den General Kis mit vielem
Beifall. Ein eben erſchienenes Plakat zeigte an, daß Jellacie „in ſchändlicher
Weiſe“ mit dem beſten Theil ſeiner Truppen während des Waffenſtillſtandes
über Moor gegen Raab ſich gezogen und jetzt „wahrſcheinlich“ in dieſer Stadt
ſchon eingetroffen ſei. Der Landſturm des raaber Comitats werde ihn aber wohl
aufhalten, bis unſere Axmee ihn erreicht. Eine allgemeine Mißbilligung ſpricht
ſich hier gegen unſere Generale deshalb aus, daß ſie den Jellacic entkommen

ließen.





kapituliren.
werden hier ſtündlich eingebracht. Die große Arniada,“ welche der Abſolutis-
mus gegen ein freiheitsliebendes Volk auͤsgerüſtet, hat jedenfalls ein ſchmähliches
Ende genommen und von hier aus wird ein wohlthätiger Windſtoß über Curopa
fahren und das finſtere Gewölk der Reaction zerreuen.

Nach 1Uhr Nachmittags! Die heutige Mittagsſitzung ward durch
einen Kurier unterbrochen, welcher aus dem Lager eintraf. Wir erfahren aber,
daß dieſer Kurier die erfreuliche Nachricht von der gänzlichen Niederlage des
feindlichen Heeres bei Stuhlweißenburg überbrachte. Heute werden 1500 Ge-

feindliche General Roth wird morgen in ſeinen Poſitionen angegriffen werden.
Franzsſiſche Republik.

S5 Paris 8. Okt. Die Nationalverfammlung ſcheint einem Präſiden-
ten der Republik, der»vom Volke kraft allgemeiner Abſtimmung erwählt ſei,
die Vollziehungsgewalt ühertragen zu wollen! Wenigſtens fiel Grevys Antrag,
der die Ernennung eines Miniſterpräſidenten durch Stimmenmehrheit in der
Verſammlung bezweckte, mit 643 gegen 158 Stimmen durch. Dupin und Ge-
noſſen ſind für eine Präſidentenwahl in zwei Stufen, in erſter durch's Volk,
in zweiter durch die Nationalverſammlung.

Bürger Proudhon will eine „Bank des Volkes“ gründen; es ſollen hier-
zu 4 Millionen durch Aktien von 1 bis 25 Fre. zuſammengebracht werden und
zwar aus dem Volke ſelbſt, von den Arbeitern und Handwerkern.

Bei Beſangon wurde die Poſt angegriffen und ſämmtlicher Briefſchaften
—— beräubt. Die Naͤchricht, daß Genua ſich zur Repuͤblik erklaͤlte, ift
alſch.

78 Paris, 7. Oet. Der kützlich zu Lyon ausgebrochene Aufftand ſteht
war vereinzelt und ohne Zufammenhang da, allein man kann darum nicht das
Vorhandenſein einer großen Mißſtimmuͤng gegen das jetzige Gouvernement in
Abrede ſtellen. Namentlich herrſcht über das die minder wohlhabende Klaſſe zu
ſtark beloſtende Steuerſyſtem eine allgemeine Unzufriedenheit, die insbeſondere
in den ſüdlichen Provinzen fortwährend eine äußerſt gereizte Stimmung unterhält. So
ſind in der Gegend von Clermont die Winzer aufgeſtanden, haben die Steucr-
beamten vertrieben und durchzichen mit der rothen Fahne in Maſſen Stadt
und Land. Allem Anſehen nach iſt der Aufſtand von Bedeutung; er ſcheint ſich
über die Auvexgne und die anſtoßenden Landestheile ausbreiten und den Charac-
ter einer Art Bauernkriegs annehmen zu wollen.

It alieu.
‚. Mom, 27, Sept. Der „Republicano“ von Teſſin will von der zukünf-
tigen Geſtaltung der Lombardet wiſſen, daß eine unter der Preſfe befindliche
oſterreichiſche Proklamtion Folgendes beſtimmt: Das lombardiſch-venetianiſche
Königreich iſt unabhängig von Oeſterreich; Ferdinand iſt fein conftitutioneller
König; es beſteht eine Nattonalverſammlüng; Fretheit der Preſſe; National-
garden; das Heer beſteht aus Italienern, im Vethaͤltniß zur Bevölkerung; die
öſterreichiſchen Truppen räumen das Land, und die Feſtungen kommen an die
italieniſchen Truppen. Die Verſammlung wählt von den Erzherzogen Ernſt
und Sigmund,, Söhnen von Rainer, einen zum Vicekönig, der 6 Monate in
Mailand und 6 in Benedig refidirtz 25 Millionen jähkliche Apanage; der
König iſt verpflichtet, jährlich ein Mal ſeine lombardiſchen Staaten zu Kfuͤchl;
wenn Oeſterreich Krieg hat, ſo ſtellt die Lombardei ein bewaffuetes — —
iſt ſie von einer fremden Invaſion bedroht, ſo ſtellt Oeſterreich 100,000 Mann
zu ihter Vertheidigung; Verwaltungen, Finanzen, Jurisdietion ſind gan; ita-
lieniſch, alle Aemter mit Italienern zu befegen.

Genug, 5. Okt. Die offtzielle Piemonteſer Zeitung veröffentlicht heute
ein königl. Decxet vom 23,.v. M., nach welchem wegen der gefegneten Ernte
dieſes Jahres die 1846 und 1847 gegebene Einfuhrerlaubniß für auswärtiges
Getreide, Reis, Kaſtanien, Kartoffeln u, f. w. gegen eine kleine Gebühr, dreißig
Tage nach der Bekanntmachung dieſer Verordnung wieder aufgehoben wird und
für die Ein⸗ wie für die Ausfuhr derſelben die allgemeinen Verfügungen des
Dekrets vom 6. Mai d. J. wieder in Kraft treten.

Turin, 4. Oktbr. Die „Concordia, enthält heute wieder einen überaus
heftigen Artikel über die franzöſiſche Regierung. Das Journal lobt Ledru Rollin
wegen der bekannten Aufforderung, die er in der National-Verſammlung wegen
Itaͤliens an General Cavaignac ſtellte. Die Antwort dieſes Letzteren kenne'es
zwar noch nicht, habe aber Grund zu glauben, ſie werde verjenigen ähnlich ſein,
welche in ähnlichen Fällen die Miniſter der gefallenen Monarchie gegeben hät-
ten. Die /Opinione⸗ von heute dringt in die Regierung, der gegenwärtigen
Lage der Dinge, die unerträglich geworden ſei, eine Ende zu machen. — Meh-

*


rere Ordenshäuſer werden hier proviſoriſch und zwar mit Einwilligung der


Miſſion nach Frankreich geſchickt worden war, wird demnächſt nach Deutſchland
abgehen, wo er abermals mit einer ſolchen betraut iſt. — Wenn ein franzöfßi-
ſcher General das Obercommando unſerer Armee erhalten ſollte, ſo wird Das-
ſelbe dem General Cubieres (!!) übertragen werden! (National Savoisien,) _



Der Soldat und ſein Beruf.

Veranlaßt durch die in Bruchſal am 24. September d. I, an Perſonen un
Gebäuden geſchehenen Gewaltthaten.

Nach den badiſchen Landesgeſetzen tritt der waffenfähige Jüngling mit dem
20. Lebensjahr, durch das Loos, 'aus ſeinem bisherigen Wirkungsfreife und


felbſt unter der Fahne eines Regiments zu dienen, wobei er nicht aufhört, Dür-
ger des Laydes und ſeiner Gemeinde. zu ſein, in die er nad abgelaufener
Dienſtzeit, mit wenigen Ausnahmen, wieder zurücktritt, um nach wie Dor CIn
ackerbauender, ein gewerbtreibender Bürger zu fein, oder auf eine andere Weife
ein nützliches Glied des Staates und einer Gemeinde zu werden. Der Staat
gibt dem Soldaten, alg ſolchem, die Waffen in die Hand und vertraut ihm da-
Furch den Schutz des Landes gegen auswärtige und innere Feinde, er Vertraut
ihm fomit die Vertheidigung des Bürgers, feines Lebens, ſeiner Sicherbeit und
ſeines Eigenthums, woͤdurch der Soldatenſtand zu einem Ehreyſtande erhoben
iſt, ohne jedöch höher oder uͤber dem Bürger zu ftehen. Der Staat, aus den
Steuern der Bürger, gibt ihm, ſo lange er dieſem Stande dient, Kleidung,
Brod und Sold. Je ehrenvoller aber ein Stand an und für ſich iſt, deſto
ehrenhafter müſſen ſich feine Glieder betragen, wenn ſie die öffentliche Achtung
für ſich gewinnen und ihre Pflicht nicht verletzen wollen. Der brave Soldat
geht auf'den Ruf ſeines Obetn dorthin, wo wirkliche Feinde dem Wterlande
Fröhen, wo das Eigenthum, wo diẽ Sicherheit und das Leben der Bürger in
Gefahr iſt, und kämpft für ihre Erhaltung bis zum letzten Blutstropfen, weil
es dem Vaͤterlande gilt, weil der Bürger ſein VBater, ſein Bruder, ein Freund,
ſein Nachbar, ſein Landsmann iſt, weil es ſo die Pfliht, die Epre von ihm
fordert. In der Vertheidigung des Schuß- und Wehrloſen fucht er ſeinen.
Ruhm; ja er ſchont den Feind, wenn er ihn ſchablos gemacht hat. So ehrt




darf und wird der ehrenhafte Soldat über die Bürger ſich erheben, aus deren
Staͤnd er hervorgegangen iſt; nie und nirgends wird er in bratalem Stolze
gegen die auftreten, die von ihm mit Recht Schutz erwarten, noch weniger ſich
gegen ſolche zu Privatrache blauchen laſſen; nie und nirgends darf er zum


ſolche führen, am wenigſten aber darf er den Bürger in ſeinem Eigenthum
überfallen, um ihn obne alles Weitere niederzumetzell; nie und nirgends Darf
ſich der Soldat das Recht anmaßen, Rächer und Beſchränker politiſcher Mei-
nungen ſeiner Mitbürger ſein zu wollen. In offener Schlacht, dem bewehrten
Feinde gegenüber, nuͤr zeigt er ſeinen Heldenmuth. Anders verkennt er ſeine
Stellung, verletzt Eid und Verfaſſung, macht ſeiner Fahne Schande und- ent“
ehrt ſeine Waffen. Deutſche Männer! die ihr dieſem Stande dienet, höret Dies -
und lernet daraus, was ihr zu thun habt, wenn ihr Euch Ehre und nicht
den Fluch des Vaterlandes zuziehen wollt!

An den Abgeordneten * 24 Nationalverſammlung
Ibr. Zi tz.

Geehrter Mitbürger! Als wir 8 zum Abgeordneten des Volkes
in's Parlament ſchickten, folgten ſie unſerem Aufrufe, an die Spitze des Volkes
zu treten. Sie ſind der damals übernommenen Pflicht treu geblieben, Sie ha-
ben muthig zur Sache des Volkes gehalten. Aber eben darum werden ſie heute
von den Feinden des Volkes verfolgt, denn dieſe ſind für einen Augenblick Sie-
ger. Hätten wir zweifeln könuen an Ihrem großen Sinn, an Ihrer Tüch-
tigkeit zur Vertheidigung der Freiheit, unſere Feinde müßten uns heute davon
überzeugen; denn nicht umſonſt werfen ſie ſich mit aller Macht ihrer ſchlechten
Mittel auf Sie; die Rache der Tyrannei, die Verläumdung nimmt die Maske
der Gerechtigkeit vor. Aber wie die Gewaltigen in Deutſchland jetzt dem Volke
beweiſen, daß Sie, Mttbürger, deſſen treueſter Freund ſind, ſo zeigen ſie durch
dieſelbe Verfolgung auch ſich ſelber im offenen Lichte ihrer Verworfenheit. Denn
welche kraſſere Verläumdung, welcher nichtigere Vorwand zu Verfolgungen iſt
denkbar, alg die gegen Sie erhobene Anklage der Aufreizung zu dem Straßen-
kampfe vom 18. September? Unſere Gegner können uns mit einiger Art noch
ſagen: wir hätten einen ſogenannten Ultraradikalen, einen Mann der ungedul-
digen Bewegung gewählt, aber daß ſie uns nun beweiſen wollen, wir haͤtten
einen hirnloſen, albernen Mann als unſeren Vertreter nach Frankfurt geſchickt,
das iſt ein Angriff auf unſeren eigenen Verſtand.

Mitbürger! Wir kennen Sie! wir wiſſen, daß Sie keines unüberlegten
Jugendſtreiches fähig ſind, wir wiſſen aber auch, daß Sie, um nicht entmuthigt
zu werden, keine Ermunterung bedürfen. Sie haben die größten Opfer gebracht,
Sie ſind der guten Sache vorangegangen, ohne einen Zuruf abzuwarten. Zu
unſerer eigenen Ehre, zur Ehre des Volkes laſſen Sie uns Ihnen zurufen, daß
wir Ihnen folgen, daß das Volk durch Verdächtigungen und Verfolgungen ſei-
ner Freunde nur bewogen wird, ſich ihnen enger anzuſchließen. Sie ſind unſer
Vertreter, Sie waren es nie mehr als heute, denn in der That ſind wir es,
das Volk, welches heute leidet,unddarum leiden Sie. Sie will
man einkerkern, weil man das Volkeinkerkern will.

Mitbürger! Darum treten wir, Ihre Wähler, heute an Ihre Seite und
ſagen vor gaͤnz Deutſchland: Sehet, die Reaktion Legt Hand an die
Vertreter des Volkes, ſie legt Hand an das Bolfk fjelber. Und
auf dieſer Hand ruhtder Fluchdes Boltes Sie wird verdorren!

Mainz, 8. Okt. 1818.
Der Mainzer Wahlbezirk.





Vorleſungen für Herren und Damen über Muemonik.

[2699]1 Br. Herrmaun Kothe wird auch in Mannheim einen Eyklus von vler
Vorleſungen über ſein Syftent der Mnemonik eröffnen. Nach Ablauf derſelben vermag Ze>
der das gedachte Syſtem felbſtſtändig anzuwenden; ein ſchon von Natur ſtarkes Gedächtniß
iſt zux Erlangung eines vortrefflichen Künſtgedächtniſſes durchaus nicht erforderlich.

Local: Lhceuinsſaal; — 3it! Samſtag! Dienſtag, Doynexſtag und Samftag, Abends
von 7 bis halkb 9 Uhr; — erfte Vorleſung! Samſtag den 4 October. *

Eintrittstarten , für alle vier Vorteſungen gültig, für Einzelne a& 2 fl., ſowie für jedes
einzuführende Familienmitglied à 1 ff., ſind in den Kunſthandlungen der Herren Zeiler,
Heckel und Frau Billke zu haben.


 
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