Lehfeldt, Paul: Die Bau- und Kunstdenkmäler der Rheinprovinz (Band 1): Die Bau- und Kunstdenkmäler des Regierungsbezirks Coblenz (Düsseldorf, 1886)

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Gondorf,

Der Südflügel ist der „neue Bau", 1550 von Kurfürst
Johann errichtet. Er schliesst auf beiden Ecken mit
runden Thürmen; dazwischen, etwas aus der Mitte nach
Westen gerückt, ist ein runder Treppenthurm. Dieser und
der Westthurm, welche beide in ihrer Flucht gegen die
östliche Parthie und ihren Eckthurm zurücktreten, sind in
ihren unteren Theilen älteren Ursprungs, dem 14. Jahr-
hundert angehörend. Der westliche Eckthurm, in seinem
Unterbau glatt, hat in dem auf Rundbogen vorgekragten
obersten Geschoss später und schlecht durchgebrochene
Fenster. Der Mittelthurm, in dem wohl der alte Berg-
fried zu suchen ist, ist schlank und hoch (ca. 16 m), hat
in allen Geschossen moderne Fensterdurchbrechungen, das
oberste Geschoss auf Kleeblattbogen vorgekragt und
einen Zinnenkranz. Zwischen beiden Thürmen ist der
Zwischenbau im Erdgeschoss von Stein. Darin die Durch-
fahrt, mit spätgothischem spitzbogigem Eingangsthor und
einer von der Durchfahrt zum Treppenthurm führenden
Thür in guter Renaissance mit geometrischen Ornamenten.
Der Zwischenbau ist in den Obergeschossen über der
Durchfahrt 1814 in geschmackloser Neugothik aufgeführt;
drei Geschosse in Holzfachwerk, mit missverstanden spitz-
bogigen Fenstern (die unteren gehen durch beide Geschosse
glatt durch). Die Ostparthie des Südflügels, sowohl der
dreigeschossige Zwischenbau, als der Eckthurm sind ein-
heitlich, und entsprechen mit ihren rechteckigen Kreuz-
stockfenstern aus Niedermendiger Basalt, von denen die
im Thurm antikisirende Giebelbekrönungen haben, der
zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts.
Der Südflügel gehört der Eisenbahnverwaltung, mit
Ausnahme des in der östlichen Ecke nach dem Hofe zu
vortretenden Bautheils, welcher Gemeindebesitz und Pfarr-
haus ist. [Südlich von dieser Hauptburg standen noch
mehrere bei dem Eisenbahnbau ganz oder theilweise abge-
rissene Bautheile, von denen ein runder Thurm, in
seiner Architektur dem linken Eckthurm des Südflügels
entsprechend, mit diesem in Verbindung stand. Ein anderer
stand westlich davon, wo jetzt die neue Terrassenmauer
der Kirche aufgeführt ist.]
Westlich von dem Eisenbahndamm ist der früher so-
genannte Tempelhof, die stark auf Vertheidigung ein-
gerichtete Vorburg, ebenfalls aus Theilen verschiedener
Bauzeiten bestehend; unregelmässig und von complicirter
Anlage dadurch, dass das Terrain von Osten nach Westen
bedeutend ansteigt. Es sind zwei Flügel, die in stumpfem