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Heidelberger Journal (64): Heidelberger Journal — 1870

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Nr. 1-25 (1. Januar 1870 - 30. Januar 1870)
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https://doi.org/10.11588/diglit.25213#0037

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JS 9.

Jlbonnemtotiprei* fl. l. 3 1. in £rib«lbfrß,
• t-utdj nt fl- 1. 16 fr. oimrlja&rtß.

12. ^aimat.

|U)ciflfn 3 fr. Die 'JJetitjeife, Iti 2luöfonftö-
frtbcilunß 4 fr.

1870.

B.C. Sie Scrtretmtg bet ultraraontanen
gartet in ber II. Bad If «fte« Kammer.

(©ßlufe.)

Man mag t>oit bcr ©ejßtcfUßfvit einzelner
fatbolifßet Agitatoren in ber 3BüI)Icrct noß fo
hoß benfen, — für ben Scnfenben unb mit bem
politifcben ©pftcm fowte bcr ©efßißtc beb Ultra*
nwntantdmud oertrauten ^Beobachter ftnb boß alle
biefe Anrufungen ted SemofratidmuS lebtgltß nur
SBeweife bafür, bafe bie firßliße fßolittt in ber 2.
babifßen Kammer »on 9Ieultngcn unb Silrttanten
oertreten ift. SfBer in ben 3«hrgängen bed IBabifßtn
Stobaßterd um 8—9 Satire rücfrcärtb blättert,
wirb mit einiger Aßtung erfüllt werben für bie
nüchterne unb ehrbare Sorrectficit ber alten fatf)o-
lifeben Süreaufratfc, welche bauialb ihre ©ßmer*
jtndrttfe in’b 8anb fenbete, bah ber 8amct)fße 8t-
beralibmub p ben ©rfßntterungcn oon 1848 p-
rüeffühven werbe, aub benen boß nur bie äierbitt*
bung ader conferoatiocn Elemente mit ber Auto*
rität ber tKirdje bie Monarßie unb bie ©taatdorb*
nung retten fonnte. 2Sie müffen btefe aufrichtig
fird)licben ißoltttfer frfßrecfen über ihre SRaßfol*
ger, welche bie 8ibcraien in offener Kantmerftfeung
barüber pr Siebe fieUen, bah utan ihnen wtber*
rechtlich bie f|3läfee auf ber äufeerften 8infen bed
#aufed oorenthalte.

©ßltmmer ald biefe 3nc°rrrctbeiten ifi bie ool
lifle SRathloftgfeit, mit welcher bie ultramontanen
gührer bad tteffte 8ebendb«bürfnife febed beutfe^en
©taated ber ©egenwart — bad nattonale ßiel —
mit leeren ^Srotefleu befämpfen. ©te rechnen auf
bie äßiebergeburt bed altfatholifßen Defterreiß unb
feine Sefuitenpolitif unb wollen mit beffen £)ülfc
bad Sahr 1866 „umarbeiten." fjferin wetteifern
fte mit bcr atitfpreufeifßen Semofratie in ber @r*
jeugung oon Mtfegebutteit, benen fein SSerftäubiger
ben Slawen eined Politiken ©ebanfend per*
fennen wirb.

©o befindet ftß bie fatholifße Solfdpartei trofe
aller drfolge, ju ber ihr bie ernftge SBühleret in
Per Seoolferung geholfen ftat, ln einer audftßtd*
lofen 8age. Schwere Prüfungen hatte alletbtngö
ber beutfße Krieg unb ber ©ieg ißreufeend gebracht.
Afletn immerhin würbe ein fßarf(tätiger unb mit
leibenfßaftdlofer SJtuhe bie Sage überblicfenbcr
gührer auß in tiefer ftloth ber 3eft noch beffern
SRath gefunden haben, ald unfre fehroarjen 5ßfeu-
bobemofraten, @r würbe fich pr Aufgabe gefefet
haben, in conferoatioem ©eifte bie fitt*
liehe Äraft'ber Äirehe unb ihrer Setftungen

für ben ft a a 11 i ß c n Drbnungdftnit bed
Solfed p bewähren unb oor Allem würbe er
feine etfrigfte ^Bemühung babitt gerichtet haben,
inmitten bcr unaufhaltfamcn ^Bewegung bed natto*
nalen ©ebanfend auß ben fatholifchen Sntereffeu
im neuen Scntfßlanb eine £>etmath ju li -
ehern. SBcn allen biefenSbeen bet unfern faßo*
lifd)en SSolfdmännern feine ©pur. Sin ©teile
einer fingen Anbequemung an bie ernflen gorber*
nngen ber ßeit finben wir bödiftend ein träum*
bafted 33erfuufen|ein in bie ©rohe unb fierrltß*
feit ber fatholifchen Ktrße unb in bie ©efeetm*
niffc ber ftvcngften Sfechtgläubigfeit, wicbeUBaum*
ftarf, ober bie gewöhnliche Mittelniäfelgfeit bed
Sioutinterd bei ber Mehrjahl feiner grennbe. Sei*
bed ift für bie politifche Aufgabe gleich fßlimm.
Ser Äatholtcidmud h«t wohl in Saun ftarf
einen SJtann gewonnen, ber mit ber glühenden
©rregung eined fanntifchen ©läubigen 'iihanlaf,e
unb ©emüth mit beu Sttbern bed fird)lichen 8e*
bend erfüllt hat- @d ifl im ßrengften ©inne ber
Seibeigene bed fatholifeben ©ebanfjiud geworben,
wie einfl die gtnerföpfe, welche ben 3efnitcnorben
grünbeten, um ber Äivche bie 3ßelt p erobern.
Sldein die politifche Partei ber babifeben Ultra*
montanen h<it an ihm wenig mehr ald einen cif-
rigen SCnbänger gewonnen, ©etne gefühldfelige
Slatur eignet fid) namentlich nicht für bic nüchterne
Sebatte einer mobemm SSolfdfammer. ..©eine oft
wunbevtichen unb oon bipvrcn SReligiondf^wär*
mereten getragenen Siudlajfungen taugen mehr für
bad fülle Kämmerlein einfamer ^Betrachtung, ald
für bie laute Deffentlichfelt bcr politifd)en fftebner*
bühne. 9Kag er, eine urfprünglich wahrhaftige
Statur, aud) unter feinen gceutiDen in oortheti*
haftefter UBeife hetoorragen, — feine natürlichen
gähigfeiten unb fein ernjier ©hotctUrr Werben ftd)
ahnu^en in ben frummen SBegen ber twltlofcn
SPolitif feiner Partei, ©ehr bald wirb bie 3”*
erfcheinen,, in ber feine eignen fßartetgenojfen, frü*
her ald oiele Slnbere erflären werben, baü die
©tgenartigfeit -grabe btefrd S^araJtcrö ih« untaug*
lid) mache, ber politifche Setter bed babifeben Ul*
tramontanidmud p fein.

3n bem Slhgeorbneten 8enber ijü ber habt*
fchen Kammer bie jmetfelhafte SBohlthat bed 53e-
fthed eined fatffolifdien fßfarrerd p She<1 gewor*
ben. ©r beft^t offenbar mehr politifchen S3c-
ruf ald ber an Silbung ihm ooraufiehenbe Saum*
ftarf. Sod) leibet auch tr. an mancherlei wunber*
liehen ©emobubeiten. 2tn ftd> ein SWann oon
flarem unb prafttfehem Serfianbe, befähigt oor*

hanbeneti Serhältniffcn richtige Dtccbnung p tra-
gen, gefällt er ftch bennoeb barin, bet ben Kammer*
oerhattblungen bem .f)au|e eine mühfam gefammelte
theotogif<h=antiguarifche ©elehrfamfeit in fchwer*
fälliger Sangfamfeit bev Ctebe oorjutragen. 3«
fDtomenten innerer 6rregmt.i entfaltet er mit Sor*
liebe bae gletfjenbe garheitfpiel bemofrattfdier ipipa*
fett. Setbed ftnb Serirruttgen. ©d ift nicht ratjjs
fant, Söüinger unb 8amennatd p gletther
CDptven p wollen. SOtan oerfädt ber ©efahr, ajt
©teile bev Sewunbevung 8angwetlc unb anftatt
bed freihettlichen ©nthuftadmud ntifttrauildied ©e*
lächter bet ben ß'Uförern p ernten. Sech ©ined
ftnb wtr gewiü. grüher ald die Sintern wirb
8ettbcr bnrd) den fchwarjen Dtocf, welchen er trägt,
oon ben für bad SInfehn bedfirchlid)cti3ltntedf^äb*
liehen ©rperimenten juruefiommen, p benen er ftch
heute mit feinen greunben oerirrt l^at.

©ntfehieben weniger ald die beiden ©enannnten
bebeute tber otelberufene Stfftug für bie 2. Kam*
mer. ©ttt in breilfpurfger (Srob^eit ftch er*
gehender @pred)er fchetnt cd ftch pr erften
Slufgabe gefegt jtt buben, durch pteifelljafte
SSihe, welche ben fauern ©chweiü ber Sor*
berettung allpbeutlid) an ber ©tim tragen,
bic Slufmerffamfett bed |)aufed p erregen. 3U>“
praftffeben gührer beftjjt Sifftng p wenig Silbung
unb ©tnftcht, pm wirffamtn |ntmortjien gebricht
cd ihm an ©eift unb geinftnulgfeit unb pm par*
lanientarifcben Stebner att Serebfamfeit. ©obleibt
nur eine febr gewöhnliche SWittclmä^igfeit, welche
bald aufhörett wirb, bad 3ntrteffe ber Kammer
bttrd) irgendwelche SOttttel p feffeln.

8 i n b a u unb 9t o § l) i r t find altbelannnte
©rfcbcftiungen. Ser ©rftere ift immer noch der
rührige, über Sllled fcbwöfcenbe gaifeur ber ©a*
ftnooerfanttniungen, ber „felbfigemacbte ©taatd*
mann," oon bem man mit fbeine’d Slßorten fagen
fönnte: „feine ganp' Sgnoranj h«t er ftch felbft
erworben." 3<t et but 9tücffcbritte gemacht in
ber Kammer: Saumfiart unb 8enber wenn auch
nid)t Sijfittg ftellen ihn bureb Serfianb unb Sil*
bung tief in ben ©chatten.

Son 9toffhirt ift niebtd 3U fagen, ald bag er
in neuefter 3eU — man weif? nidjt recht aud
welchem ©runbe — ultramontaner geworben ift,
ald poor. Siefe ©tfebeinung wirb nicht im
©tanbe fein, ihm aafmerlfamere unb beffer
geftitnte 3u^örer im |)aufe p oerfdjaffen, ald er
fte bei ber ermübenben ©införmigfeit feiner mit
formeller 3uridprubenj getränften Kammerreben ju
beft^en pflegt.

® r t ji.

Stooelle »on 6mtlie ©einrieh«.

CSortfefeung.)

,3.

Slrthur fdiritt in Stufregung unb ungeduldiger
§aft in feinem Simrner auf .und ab. Dft ftampfte
er wild mit dem gufje und ftie^ einige jornige
2Borie heroor.

„3um genfer damit! —. totd er mein SBtder*
pari werben •— ntag er d — aber bann fort aus
meinem SReoier — t°er eS wit ber Mörderin h*lt,
!ann mein greunb nicht fein."

@r tlingelte tyfab- ®et alte Kammerdiener
erfchien.

„3Ser ift die — Same, welche »om «ßferbe ge*
futte« unb h<erher gebracht ift?"

.geh weif; oon nichts, ®rafl*
r/Su weiht immer ntd)t§, Sllter, wirft föhon
lindifch- Stuf’ mir ben Sohn!4

Ser Kammerdiener jgtng und rief den Keinen
3ohn, bed ©rafen gfodeg.

„SBenn Su gefragt wirft nach ber Same, die
hierher gebracht ift, .gehn, dann weifit Su uon
nichts," flüfterte er biefem ju.

„®i, ei ift i« bie ;®»nrteffe —*

„©^weig, bie ©räfin bittet darum."

„9ia, auch gut, für die ©räfin geh’ ich burchS
geuer!"

Ser Sodep trat oor feinen §errn, für welchen
er im üRothfad ebenfadd durch’S geuer ging. Ser
©raf richtete diefelbe grage an ihn.

„®ine Sfame?" wieberholte Sohn unb rtfe »er*
wundert die pfiffigen Singen auf; „haf>’ ich nicht ge«
felfen, gnädigfter ^>eir! aber molft einen fremben
©chimmel im ©tad,"

„Sen ich gefunden, Su ®fel! S3em gehört er,
Befommft jeh« Shaler ginderlohn, wenn Su eS
weifet."

3ohn rieb ftch bie ©tim unb berechnete, bafe das
Schweigen ihm iebenfadS noch mehr;einbringen lönne.

Sraurtg fchüttelte er ben. Kopf und antwortete
mit Iläglicher «Stimme: „Kann bad gunbgelb nicht
oerbienen, gnädigfter ^ceor! SaS wurmt mich noch
in meiner ©terbeftunbe."

„3<h -gebe Sir ßeit, Surfche! und oerdoppele
die Summe, wenn icf)S bis dahin nicht ftlber er*
fahren. 58o ift mein, greunb ?"

„fjab’ leinen gaben oon ihm gef eben.“

„Sann gefe’ pm genfer, Summfopf !“

Ser Kleine flog wie ein geberfead hinaus und
fchofe geigen Slntoo an, den er beinah* uwgerannt.
.„©achte Kerl!" .brummte biefer.

„Ser $err ®t«f erwartet feine« greunb," tief
gobn bienftelfeig. v . .

„gh lomme fchon — merfe Sir das weife
©prü^wort, Su gegefeuer: „©de mit 38eile!"

„5Bo in oder Söelt fteefft Su denn fo lange,
Softor?" rief ihm Arthur ungeduldig entgegen;
„fjaft Sich am ©nde gar bei ben grauenjimmern
eingefuchilt? fBfui, baS ift nicht fein, SSrunoßandS*
bergl"

„3<h habe meine är^tlic^e fPflidftt erfüllt, das ift
Silles! oerfefete biefer ruhig; „Su erlaubft, bafe t<h
mir einen ©limmftengel anpnbe, bie Kleine fyat
mir mehr Motten gemaßt, als jehn alte äBeiber."

„®as glaub’ fß Sir gern," laßte Slrthur mehr
ingrimmig als fpöttifß: „eS wird 3*ft* Softor, bafe
Su p Seinem ^auSlregu prüdlehrft, fonft fßüttelft
Su es oor der geit ab, nur aus lauter ärjtlißer
ißflißt gegen biefe 3lmajone. 2Ser ift fte denn
eigentliß ?"

„ga, wer bad wüfete, greunbßen! — iß gab
mir ade 3Jlühe, eS ju erfahren, doß fßeint’S ü.ot
der :#a,nb ein fftäthfel p bleiben. Meinetwegen,
hübfß ift dies Keine ©efeeimnife, unb ein fpaat
Slugen, —©ott fteh’ mir bei! iß daßte nur gleiß
an meine Staut, um den gauber ju bannen. SBeim
Slefculap! ©raf, Beneidet ßab’ iß Siß um Seinen
©leißmuth, hab’ iß Soß in meinem Sehen foftffe
3lugen nißt gefehen- Sßade, iafe fte wiedeißt auf
ewig —"

„Menfß l wird fte fterben ?" ftßr 2lrßur eutfe^t.«uf#
 
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