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Heidelberger Journal (64): Heidelberger Journal — 1870

DOI Kapitel:
Nr. 150-176 (1. Juli 1870 - 31. Juli 1870)
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https://doi.org/10.11588/diglit.25213#0715

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&cMkrncr 3ournöI.

JS 176.

Jbonpementepreis fl. i . 3 «. in Mbetterg,
ruco) fie ffoff fl. 1. 16 ft- »ttttetMxtg.

(Sonntag, 31. ^nti.

3 tv. bte ^Jetitjeite, bei Xüefunft#*1
srtbeilung 4 !r.

1870.

Abonnemente auf ^eibetber*
ger ^onntal föitneit täglich bei ben £rä*
gern unb bet- (gjcpeWtfon gemadit merben
unb werben oom £age ber 33efteHung an
berechnet.

tooHett bie {yranjofett?

2Benti bie granjofen ber SGBett öerfünben, baß
fie mit ihrem Kriege gegen 35eutfc^lanb niefjt^
Slnbereö bejmeefen, alb ftd) einen b.auernben grie*
ben ju ßeßern, fo weiß jeber Bernünftfge, wab
barunter ju oerßel)en iß. Sange genug haben ge*
Uiiffe Ipartfer -fwfjournate bab $t)ema öariert, baß
granfrefdj nur im Beß| linfen Nheinuferb
ben grteben für geßhert hatten föttne, nun bie
Partei biefer Blätter bte Oberhaut erhalten, nun
fte and) faß ben festen Neß öon S3efonnenf;eit im
franjoftfehen Bolfe mit fic£> fortgeriffen l)at, foütc
fie ba wirfltd) Neigung haben, ißre ©elüße gegen
früher herabjufitmmen? Stein, bie aHergewohn*
lihße ©roberuttgbfuclß iß eb, ber zuliebe ber brittc
Napoleon ßh anft^irft, nod) einmal „bab Banner
ber cioilifatorifcßen 3beett öon 1789 oor (Europa

entfalten." Nod) aUju Iebettbig iß eb unb im
©efcäditmß, wab eb bebeutet, wenn biefe „cioflt*
fatorifd)en 3been" »an einem Bonaparte bnrei) bie
«Belt getragen werben. (Sb "bebeutet: bie |)err*
fh«ft Srantreicf)^ über beit ©rbfreib.

SBoßl mag eg übertrieben crßhetnett, bem ge*
alterten unb franfelnbett ©äfar bett poUcn Umfang
ber glatte beb Dheimg gujuffbreiben, baß aber bas
SBefen, ber treibenbe ©runbgebanfe bet ißm ber*
felbe iß, famt nicht, fann wetttgßenb feit ben Testen
Sagen nicht mehr jweifelhaft fein. (Sine öon ber
Sonboner „$imeb" gebrachte ©ntljülluttg muß auch
bem ©utmütßigßen bie Stugen offnen. SDab bc*
rühmte unb bewahrte engtifeße Statt öeröffentltd,t
ben ©ntwurf etneb Slflianzöertragcb jroifcheit granf*
reich unb Preußen, wonach bab (entere freie |)attb
haben follte, Sübbeutfd)lanb bem Sforbbeutfdjen
Bunte einjttöerletben, wahrenb bab erßere «Belgien
nnb Snremburg annectiren würbe. ®iefer Ber*
*raB iß Preußen öon granfrefdj 5Wei -
malangeboten, beibemal aberöonBreu*
ßen abgelehnt worben.

3n ber Shat, „erßaunlich bfb jum Unglaube
li^en," wie ßh ber engtifhe SNtnlßer ©labßone
über biefe ©ntßütlung aubgebrüeft hat. Unb hoch
tß gar fein ©runb öorbanben, ber bte «Baljrheit ber*
felben Bezweifeln ließe. Sie „Stmeb," ohnehin

bur<h tlftc Befonnenheit aubgezeihnet, würbe ßd)
nimmermehr, unb am allertoenigßen in biefen ern*
ßen Sagen Z'*r Beröffentlid)ung biefeb unbered)en-
bar öethängnißöoUen SlftenfiücEeb hergegeben haben,
wenn ße nid)t für bte 3lcchtl)eit beffelbett bic öollße
©arantte tn -jjänben hätte.

©b iß bab Stergße, wab öon ber «{Solitif
Souib Napoleon’b femalb an’b Sicht gefommen.
2Bieoiel auch er mit früheren Kriegen gefünbigt,
er hatte boch immer noch einen ißorwanb, mit
bem er ße begann $ hier aber will er zwei ft ieb-
liehe Sänber, bie ben berechtigten franzöftlhen 3n-
tereffen auch nicht ben ©cheiit eiueb ^(nberniffeb
in ben SBcg gelegt, habgierig überfallen, aub fei-
nem anbern ©runbe, alb weil eb ihm unb feiner
„großen Sfation" alfo gefällt, wefl ßch ein Sheil
biefer Herren grattzofen etnmal tn ben Kopf ge-
feit, baß SlQcb, wab auf bem Unten Ufer beb
ßfheineb gelegen, Ufreit ^Befehlen gehorchen muffe!

gürwahr, foldje 2lbftc&t allein wäre SBeweifeb
genug, baß alle 28elt ©runb hätte, auf biefen
IBonaparte einzuhauen alb auf ben gewtffenlofeßen
©toter beb allgemeinen griebettb. S8ab aber foH
man erß fagen, wenn eb ftd) hiEt um SW£i 8än-
ber banbeit, bereit Neutralität öon fämmtltcben
europäifchen ©roßmächten gavantirt iß? 3ß
nicht ein ganßfhlag in’b Slngeftcht ber ganjen ci-
öilißrten SBelt, wie ißti unerhörter felbß ber erße
SSonaparte ni^t gewagt ßat? Soßten nießt alle
euroßaifchen (Sabinettc auf unfver ©eite ßetjen unb
wie ©in Niann bem raubgierigen (Säfaren ben
Krieg erflären ?

SBoßl wißen wir, baß eb in beit öcrfd)icbetten
europäifchen ©roßßaatcn ber matt|crzigen ipoltttfer
eine ganze SJfenge gibt, welche in aller ©emütbb-
ruhe fragen werben, wab hat bentt biefe abgetane
Sache mit bem gegenwärtigen Kriege zu febaffen?
Slflein, fann eb bcittt Je|t noch Zweifelhaft fein,
wa3 gefheßen würbe, wenn — wab ©ott öerfjüte
— ttnfre beutfehe Niachi öott bett franzößfehen
feeren ntebergeworfen würbe? Nicht allein unfer
Ifnfbrhetntfcheb ©ebtet, atteh Sapemburg unb 3Sel-
gien lägen albbann in ben Krallen beb faifedietfen
Äblerb. Unb eine folche ©efaßr fann eine 3Jtad)t
wie (Sttglanb, bte wie feine anberc an ber 2luf-
rechterhaltung beb betgif^en ©taateb intereffirt iß,
ntitanfehen, ohne aub ihvet Wohlfeilen Neutralität
ßeraubzutreten!

Nun gut, mögen Nnbere fef)en, Wie ße ßh
öor ihren ©ewiffen oerantworten! SOßiv Seutfche
erfentten aub biefer neuen (Snthüdung immer Ma-
rer, baß wir in btefetn Kriege fämpfen nicht allein

für unfre Unabhängigfeit, fonbern fftr ben grieben
ber 9Belt. Unb weiter erfeitnett wir ©übbeutf^e,
baß wir tn biefen Sagen’ beutfehe Srcuc mit beut-
fdjer Sreue lohnen bett Seftent ber norbbeutßhen
©roßmacht, welche eb oerfchntähten, int Sunbe mit
bem gailtfdien ©roherer bie ßaatliche ©inigung
Seutfälattbb zu erzwingen. lOab Sanb beb Ner-
trauenb uttb ber Siebe, weldjeb feit ben le|ten
äßoehett äße Stämme unfereb bmllchen 9Sater-
lantcb utnßhlingt, wirb babttrd) nur um fo feßer
gefttüpft, unb feine «Nacht ber ©rbe — fo Reffen
wir z« ©ott — foH eb wieber zerreißen!

S^eutfcglattb.

Karlsruhe, 29. Suli. Nadibem 3hre Königl.
Roheit bte grau ©roßherzogin geßern Nachmittag
öon |)eibeiberg foa^ier angefotnmen war, traf Se.
Königl. Roheit ber Kronprinz öon ißreußen Nbenbb
um 8 Ul;r 15 «Ninuteit mittels ©rtrajugeb öon
Stuttgart in Karlbruhe'ein. 3um ©mpfang .beb
hohen ©aßeb hatten Si^ 33. KK. £>!). ber ©roß*
herjog unb bte grau ©roßherzogin auf bem Sahn*
ßofe eingefunben; eine Slbtheiiung beb Seih=®rena-
bier=Negimentb mit Nfuftf war alb ©hrenwache
auf bem fßerron aufgeßellt; int größt)- SBartfaal
waren bte hier anwefntben höheren Dfßztere öer-
fammelt, fowie eine Slborbnung beb hießgen ®e-
metnbcratl)eb. 3)er Kronprinz wenbete ftch nach
ber crßett ^Begrüßung mit einer furzen Nnfprache
an bie höheren Dfßziere, wetten ^)öd)ßberfelhe
feine greube barüber fnnb gab, in bem beöorßchen-
ben Kriege bie bnbtßhe Siöißon befehligen z« fön*
neu, unb fuhr fobatut mit 33- KK. bem
©roßberjog unb ber ©roßherzogin burch bie feßlich
gefchmücften Straßen ber Stabt nach bem großh-
Neßbenzfchloße. Sie ßäbttßhc geuerwehr halte ant
SSahnhofe Spalier gebilbet;. überall würben bie
-Ööchßen Serrfchaften öott ber ©inwohnerßhaft mit
begeisterten ßurufen begrüßt.

Sn ber Begleitung Sr. Königl. fbohett beb
Kronprinzen befanbett ßch ber ©eneraUieutenaut ö.
SSlumenthal, ©ßef beb ©cneralßabb ber Sübarmee
fowie ber perfönlicbe Slbfutant Sr. Königl. Roheit
Nfajor «Nitfdife.

— 2)er Staatbanjeiger Nr. 20 enthält Ber*
fügungen unb Befanntmachungen ber Staatbbehör*
ben. 1) Befanntmachutigen beb ÜJlinißerlnmb beb
Säuern: bie Kriegbleißungen betreffend 3luf ©runb
ber Borfchrift zu Nr. 3 ber SußmUHou öom 15.
b. «Ntb. Wegen Stabführung beb @efe|eb über bie
Kriegbleißungen oom gleiten Sage wirb hierburdf
beßimmt, baß alb Stnfangbtermtn, öon welchem

Nah bem Sagebuh eines SlrsteS erzählt öon jf. iWetj.
(gortfeßung.)

«34 fag’ @uch, Kapitän, 3hE ^flbt gar nihtb
?u fürchten," fagte eine Stimme, weihe ih äugen*
biteflih alb bie ei Suecco’b wieber erfannte, „ein
Boot bringt unb an’b Sanb unb uon ba wirb e§
meine Sorge fein, meinen franfen §errn in gute
«Pflege zu bringen."

„llnb wenn man miß) fragt, wer bie beiben
Baßagiere ßnb, bie ihauSfhfffe, ohne ße injrgenb
welchem §afen eingefhifft ju haben?" fragte ber
Slnbere.

„Beantwortet 3hr etften§' ^a| öieb Niemanben
etwab angehe; wenn 3hr a^er e*n HebrigeS thun
wofft, fo erzählt, baß 3hr unterwegs, im ©olfe non
BiScapa, ein Original mit feinem Steuer aufgeßfdjt
habt, ber bte gahrt »on Santanber nah Borbeauj
in einem Kahne zu machen gewettet habe, unb ber
ben Betrag ber «Bette im Ntagen ber gifhe aus*
bezahlt befomtnen, wenn gßr tljn nicht an Borb ge*
nommen hättet; unb ba wir in ©nglanb ßnb, fo
wirb man @uh biefe ©efhihte eßer als anberSwo
glauben!"

„Slber tdj mühte gerne wißen . . ."

„Dann yon! Kapitän ©roSoenor! ©eit wann

I feib 3hr fo neugierig geworben. Sh fenne @uh
feit länger als bret gahren unb mehr als zwanzig
«Nal habt 3hr m>r ®oßi auf offener See gegeben,
bie 3hr in ©uglanb eingefhifft, unb habt (Sud) nicht
barum befümmert, was ße enthielten. 3h fag @ud)
es war ein wahrer ©lücfSwurf, als td) @«h Jur
§ilfe ßeuern faß! 3h hätte feine Stunbe mehr in
ber Nußfhale bet folher See ausgelfalten; fie zog
«Baßer wie ein Strumpf, bie elenbe Sarcaße beS
biefen Slntonio . . .! brr ih fag’ (Sud), ih werbe
an jene Naht benfen unb wenn ih hunbert 3°hre
alt werbe!"

„Sllfo 3hr m«r n‘ht fagen, wer jener
§err iß unb wie er mit zeddjlagenem Kopfe unb
einem ©huß am Slrme mit (ümf) auf bte hohe ©ee
fam? Well! «Benn 3hr’§ nicht wollt, fo laßt es,
ih bin fein altes IBetb, bas uon allen Singen
baS «Barum unb baS SBeßßalb wißen muß; 3hr
habt mich Beßer bezahlt, als je ein Baßagier mid)
bezahlen wirb! all right! 3h wollte ©uh nur
fagen, baß 3hr @uch »orbereiten follt, ba wir in
höhftcn§ Zwei Stunben tn ben §afen einlaufen."

’ ,,©ut, Kapitän! Saßt ein Boot in Bereitfdjaft
fe|en!?'

. . . SSeiter ßörte ih nihtS; aber halb fühlte
ih mid) »on-fräftigen Slrmen gehoben; frifhe Suft
brang in meine Bruß; boh Salb oerwirrte ßh
| wieber alles, unb : nur ein ftehenber ©hmerz er*

weefte mich aus meiner Setßargie unb mähte mich
fhreien.

3h fhlug bie Singen auf unb befanb mich in
einem freunblidjen, reinlihen Zimmer; oor mir ßanb
ein alter «Kann mit einem dßrurgifhen Snßtumente
in ber §anb unb wanbte ßh an el ©ueco ber auf*
falfenb blaß auSfalj!

„§ier, «Kann!" fagte jener, „iß bie Kugel, unb
ih fage (Sud), wenn ©uer §err ein nodj fo gefd^tef**
ter ©fjirurg iß, er hätte niht fcfjnelier nnb glücfli*
her operiren fönnen, wie ih es an ißm getijan;
ih werbe ihm baS auSeinanberfeßen, wenn er fähig
fein wirb, mich Z« oerßehen."

„Unb glauben Sie, Sir, baß eS halb geheilt
fein wirb?

„©in «Nann, ber mit foldjen Kopfmunben unb
mit einer Kugel im gleifdj fed)S 5£age offne ärjtlthc
«pflege, fedß 2!age in einer ShiffSfoje liegt, ohne
fehsmal ju ßerben, oon bem iß Stiles zu erwarten;
ih würbe mich nicht im ©eringften wunbern, wenn
biefer ©entleman, mein ehrenweriljer Kollege,- in
oierzehn SEagen ober brei «Bodjen mir einen Bef uh
in meinem Sanbßaufe abftattete!"

„©ott gebe e§, Sir!" ßammelte el Sueco mit
tiefbewegter Stimme; „ih hätte eS, bet meiner ar*
men Seele wafjrljäftig niht geglaubt, baß ih ih«
lebenb lß«her bringen würbe!"
 
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