Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Heidelberger Journal (64): Heidelberger Journal — 1870

DOI Kapitel:
Nr. 101-125 (1. Mai 1870 - 31. Mai 1870)
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.25213#0487

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Karlsruhe, 23. SKoi. Saö fruit erfdjtenmc
©efcgeet* unb Serorbnungöblaft Sv. 36 enthält

I. @ e f e <s: bie Sbänberuttg einiger S3cftim-
mungcit beb ©efeßeS über bic Serfaffung unb Ser-
Waltung ber ©emeinben betreffend

II. 8 a n b e b ^ e r r l i cb e P e r o r b n u n g: bie
Seßimtnung beb ©infübrungötageö für bab @efe^
wegen Sbänberung einiger Stimmungen beb ®c-
feßeS über Serfaffung unb Serroaltung ber ®e*
nteinben betreffend 1. Suni b. 3-

HI. Setorbnung beb SBt i n t ß e r i u m S
bei Snnern: bie ©emeinbe*äBubfarbnung be«
treffend

flündjcit, 20. üDtat. Sad) bem „Sürnd K."
Wirb unfer Sottötß eater in bab ©igenthum beb
Königs übergeben unb ^at bie f. ©afcinetöcaffe ben
Kaufpreis blcfen Sahmittag bereiib erlegt. Seit
mehreren Sagen ift eine 3lbreffe an ben König mit
ber Sitte um Slnfauf beb Sl;eaterb in Umlauf ge-
feßt unb bat bereitb febr jablrticbe Unterfcbriften
erbalten; baß nun biefer Sitte bereitb entfproeben
iß, wirb oorauSßcßtlfh bi£r einen febr freublgen
©inbruef machen. — Sie ©emeinbeoertretung bev
©tabt Sßeibmain batte ft<b gegen bie Slbbattung
einer 3efuttenmiffion bafclbft auSgefproheu;
Seiten« jablreiiber Sürger war bagegen gebeten
Worben, bie Abhaltung berfelbcn ju geßatten. Sab
®WtuSminißcrium b«t nun «H$3efprocben, *>nß bie
®eh5iUigung nicht erteilt werben fonne.

, — 22. 3Kai. Sab ©reigntß beb Sageb bilbet
bei uns bie SDlanfcatnieberlegung jweter ber ertrem*
fien „patriotifhen" sibgeorfcneten, beb 3eitun3^5
»erlegcrö unb poUtifcßen Renegaten Sucher unb
beb SMilitarfuraten 8ufaö. ®b bat biefer Shritt
feinen ®runb in einem Siß im Shooßc ber Pa*
triotenyartd, ber fdjon feit längerer Bfit gefpuft
bat, cnblfd) aber gum »BlHgen SDurcbtmuJ) gefom-
men iß, nnb biefer Siß mußte einmal etntreten,
naebbem eb ben beiben ©enaitntcn im ©tnoerßänbniß
mit mebreren anberen ganatifern gefallen batte, in
ben Plättern beb etßercn, inbbefonbere ber Sonau*
jeitung, ben ihrer eigenen Partei angebörigen 1.
Präftbenten ber Slbgeorbnetenfammer, Sr. SBefS,
berunterjureißen. ©ö wirft übrigenb ein wenig
fhmeicbelbafteS 8id)t auf bie Sbätfgfeit biefer 2lrt
ffiolfSöertreter, wenn man, wie geßern bei ber Sc-
ratbung über bie ©eneßmiguitg ber SluötrfttSgefuhe
biefer beiben Herren gefeßnb, oernebmen muß, baß
fle Scferate, welche ihnen oon ben betreffenben
giubfcbüffen übertragen worben waren, nicht bloß

üBocben, fottbern Slonatc lang in |)änben haben,
ohne ftc ju erlebigcn. Solche 8eute beren Segle*
rungöfunß lebigltch bavin beftebi, ben fOJunb mög*
lld)ß »oE ju nehmen unb in So£)rfpaßcn=!Diamer
über SlUcö ju fdßmpfen, wooon fte nichts oerfteheti,
bte aber, wenn eö aufs £anbe!n anfonunt, teilte
thun unb aud) nichts wiffen, folchc 8eute geberbeu
ft<h bann alb Parteiführer unb SolfSoertretcr! —
Sab jweite Sagcbereigniß, wenigftenb für bie fJSreffe,
iß bic 2lrt, wie geßern am Sdßuffe ber Scvatbutig
über bie 2lufbebitng ber Sobebßrafe unfer ©eredf*
tigfeitb^Uiinißer, ber bei feiner Partei bie minbe*
ßeit Sympathien genießt, ßcb über bie preffe ge*
äußert bat. Serfelbe fpvad) nämlid) bab große
SBort gelaßen aub: „Sab ©efeßrei in ber preffe
fümmert unb befdßmpft mid) nicht, befonberb in
einer grage über 8eben unb Sob eineb SHtbürgerb."
So getraut ftch in einer 3eit, in btr man bie
Preffe alb bie fechbte ©roßmacht anerfennt, ein
bayrifdjer 3Kin(ßer oon ihr ju (preßen, Sun,
wir woüen fe^cn, ob btefe Preffe, bie ben |>errn
9Jlinißer nid)ts „fümmert", tl)m nid)t Doch noch
beit Kummer oerfeßaffen wirb, oon feiner sella cu-
rulis, bie unferm tßeuern |)rn. ». 8ub fo febr
an’b £>erj gewaebfen iß, berabßcigen ju mäßen.

(S. 8.)

^ranffurt, 22. SKai. 3u Sfain; wirb am
5. Sept. ber Äcngreß beb internationalen
Slrbeiteroereinb abgebalten werben. 3« ber
lebten 3abr^öfvfammlung in 8onbon war ^ßarib
iitb Sluge genommen, man t)at eb aber für jwed-
mäßiger erachtet, einen anberen Drt jn wählen,
weil mehrere Siitgltcbcr beb Sereiitb wäbrenb ber
lebten Unruhen in Sartb »erbaftet würben. —
Son ber im 8aufe biefer Söodje babier ßattgebah*
ten Serfammlung beb 3tiüraicomiteeb ber fatl)o-
lifcßen Sereine Seutf^ianbb iß fRegenbhurg alb
Drt für bie nä<bße ©eneraloerfammhtng gewählt
worben.

öerliu, 21. SEfai. gür ben iReid)btag war
heute ber entfcpetbungbooEe Slugenhlicf ber ©nO
gegennabme ber ©rflärungen beb Sunbebratbb auf
bie ©rgebniße ber jwetten Sefung beb ©trafge*
febhuebb gefommen. 3« Sejtehung auf bie Sobeb-
ßrafe fommt ber Sunbebratb uach ber burd) ben
SJliitißer 8eonbarbt abgegebenen ©rflävung fo weit
entgegen, baß btefelbe nur aufredß erhalten blet-
ben foE bei bem ooEenbeten SJforbe unb ferner bei
bem fWorboerfucbe, wenn er gerichtet wirb gegen
bab Snnbeboberbaupt, gegen ben 8anbcbberrn unb
gegen ben 8anbcbberrn bebfenigen Staateb, in wel«
ehern ber Serfud) gemacht wirb, ©b fommt alfo

in SSegfall bte Slitbrobung bev Sobcbftrafe für
tyätliche Seletbigutig eineb Sunbeöfürfteii nnb im
großen Umfange für .pochoerratb etßen ©rabeb,
tubem bet § 78 fowobl in objefttoer wie in fuh-
jeftioer Schiebung eine fel)r erßcbHche Scfchrän»
fung evleibet. Sem ©ewinne ber oielen SefcitU
gungen ber Sobebßrafe burdt bab neue Strafge*
feb unb bem ©ewimtr ber ©inheit ber Strafgefeb»
gebung für gan; SRorbbctttfcblanb ßänbe auf Sei-
ten ber grunblaylichen ©egner ber Sobebßrafe nur
bab Opfer entgegen, baß für Sadßen unb —
glauben wir — auch fürDlbenburg bie bei ißnen
gan; abgefdaßte Sobebßrafe für bte eben genann-
ten beiben gäBc wicbev cingefübvt würbe. Stefe
SBtebereiuführung burd) bie Sunbebgefehgebung —
über bab |)aupt ber Saubcbgcfebgebung hinweg
unb ohne bereu ßußimmuttg — wifcerftrebt bem
ßfeiebbtage. hiergegen lag nun bcllte ei« Antrag
beb llbg. Siancf »or, weither bahnt gel)t, baß
bie Sobebßrafe in benjenigett Sunbebßaatcn, in
welchen ße bereitb gcfe^lich abgefhaßt iß, nicht
wieber eingefüfjrt werben barf, baß alfo auf ben
©ewtnn einer in aEen fßunften einbcttlid)en Straf*
gefeßgebung für je^t oerjichtet werbe, um bic ©in*
heitlichfeit in ben meiften S«nften ju gewinnen.
@et)t ber Sunbebratb nunmehr noch auf tiefen
Sorfdßag ein, bann barf ber Sompromiß wobt
alb gelungen unb bie größte Slrbelt ber btcßjälj*
rigett Sefftoit alb ju einem guten ßicle geführt
angefeben werben. $r. 8eonbarb oerfpracb, um
fßlontag Sßorgen eine ©rflärnng beb SunbebrathS
über ben ßBandfcben Antrag befjuhringen, unb
hierauf würbe bie Sertagung beb Slnfangeb bet
britten ßefuitg auf SEontag mit großer EEajorität
befthloßen. Samit ßeben bie Stubßcbten für bab
3ußanbefommen beb Strafgefehbudib ^eute ganj
günftig. Sluch ber weitere Serlauf ber Sftjung
war ein giücfltther. Sie ©tbjöfle werben hib fpä*
teßenb jum 1. 3uli eitblid) aufbören, unb auch
bie aiufrechterhaltung beb befdßoßenen Slbßricbö
im Ela^trngbetat halten wir für einen erfreulichen,
ja, enblid) noil)Wenbigen Sefd)luß. (Äöltt. 3-)
^Berlin, 23. 9Eai. 3« *5« gortfebung bet
heutigen Eieichbtagbftbung würbe, nathbem einige
Etebner für, attbere gegen bie Sorlage gefproeben
batten, bie ©eneralbcbatte gefhloßen. 3« S 1
warb ein oon 8ud geßeflter Stntrag, bie bei ber
SWelten Sevatßung geßri^enen EBovte „mit bem
Sobe" wieber herjufteEen, mit 127 gegen 119
Stimmen angenommen. Samit erfolgte bie 3ln-
nähme beb erßen Paragraphen. Sie nädjßen Para*
grapben bib §. 16 würben mit unwefentlichen 2leu-

(Geprüft und Bmährt.

SRooeBe »on Otfrtb a»yliu«.

(gortfeßung.)

8.

dbmin gotberg fdßrieb oon Serlin auS metjt*
Wals febr innig unb järtlid) an SEelanie unb feilte
ihr feine eigenen Srlebniße mit. Sein Dhbim, ber
©ebeimeratb, war burd) ben Sob feiner treuen Ser-
trauten fo tief erfdjüttert worben, baß er förperlicb
unb geiftig litt unb eb nicht mehr über ficy geroin*
neu fonnte, in berfelben 2Bol)nung $u bleiben, roo
®iamfett $aa!e geftorben roar. @r trug ftd) mit
*>em ©ebanlen, ßh bttrdh eine größere Seife nach
™iä unb nah bem ©üben (Suropa’b ;u jerftreuen,
welcher ©broin ihn begleiten foEte, unb ber
-Intiuj. biefer Seife war nur noch eine grage ber
jp,, ,Unb oon ber ©enefung be§ ©eheimeratbä ab-
hang’ß- önfel Subolf äußerte fein 3Bort über ©b-
wtn ö Stieß unb oermieb wtebevum, wie bamalö
nah Plößlihen 3lbreife oon Sllejis, ben Samen
be§ fernen irgenb ju ermähnen-

Stefanie batte eine barte 3c'i> *n beren öbe§
©inerlei nur ©broin’ä Sriefe einige Sihtßtablen
Woben. Dnlel Subolf roar roieber an feinem ©icßu
leiben erfvanft unb mußte meift ba§ Sett hüten;
war mürrifh »ab oerfchloßcn unb rooBte feinen

feiner früheren greunbe mehr fehen, außer eenem
Bugenbfreunb, bem profurator Seroang, einem ern-
ften, fteifen, alten 3tmg9eßHen, roelhe.r nun h“ußg
in bem §äu§hen erfhien unb mit bem alten §evrn
plauberte ober eine Partlfic Schah fptelte, juroei*
len aber auh fange geheime Unterrebungen unter
oier 3lugen unb bei oerfhloffenen Sbüren hatte.
§err Seroang war eine ©rfdjetnung, weihe Sie*
lanie ein geroiffeS inßinftioeS ©rauen einflößte, wor= ,
über ße ßh feine Secßenfhaft ju geben oermohte;
ber alte Slboofat war jroar immer artig gegen fie,
rebete a6er bie Sichte feineö greunbe§ nur feiten
an, wogegen er ftc ^äufig fange mit einem ftavren,
forfhenben Slicfe Betradßtefe, welcher ihr Seriegen*
hett unb Unbehagen oerurfahte. Sie fonnte nicht
begreifen, wie ihr O^eim an biefem Staune fo oiel
©efaEen fanb unb ihm fofaM Sertrauen fhenfte,
bi§ bie kranlheit oon Dnfel Subolf bebenfliher
würbe unb ju ben ernßeßeu Sefürdßungen für fein
Seben Slnfaß gab, roo bann ber profurator oft
Stunben unb halbe Sage fang bei bem $ranfett
faß unb fam bie beeifertße Pflege roibmete,

@ine§ $age§, etwa fed)ö EEonate nah ©broin’S
Slbreife, erhielt Stefanie roieber einen Srief oon
biefem, nah Stonate langem Schweigen. ©* melbete
ihr, baß er fd)on feit bem ^arneoal mit bem ©e*
heimerath in Paris fei, roo fie ein angenehmes
3itnggefeEen*£luartier auf einem ber SouleoarbS

in ber Säße ber itaUenifdjen £)per tnne hätten unb
ßh recht behaglich befänden. Oheim gorberg habe
ßh einigermaßen «ber feinen Serluß getrößet unb
fei wieber beiter unb empfänglich für bie fünßlert*
fhen unb geißigpn ©enüjfe ber ffieltßabt; fraftber
tljm oon Serlin aus übergebenen guten ©mpfelßun*
gen £>abe er in oielen Käufern ber Sriftofratie unb
Süreaufratie gutritt gefunben unb auh ©broin ba-
felbft eingefuhrt, ber um feines mußfatifhen 2ia-
lents wiEen überaE gerne gefe^en fei. ©bwin gab
ßh bas 2lnfel)en( als ob ihm btefe fociaten Sriumpße
wenig bebeuteten, unb fhilberte bagegen mit einem
gewifjen ©nttjußaSmuS bie günßige Aufnahme unb
beeifevte ©rmutbigung, weihe feine mußfatifhen
.ßompofitionen in ßünfilevfveifen gefunben haben
fo baß er jeßt über §alS unb Kopf in neuen ©d)öps
fungen begriffen fei, nahbem eine feiner neueßen
Kompofitionen, oon ihm jüngft in einem ößentlihen
Konzerte bev gaftenjeit felber oprgetragen, „ungeheure
©enfation" erregt ßabe. 3um SeweiS bafür legte
er SluSfhnitte au§ Partfer 3e'tungen bei. Sec
Srief fhfaß, nahbem biefe perfönlihen SChntfahett
abgetßan waren, mit einigen franjößfhe« ©äßen,
weihe bie Sevßherung feiner unwanbelbaren Siebe
in ben oerbinbtihßen unb überfhwänglihßen 2luS-
brüden gaEifher ©alanterie unb ©hönrebnerei ent-
hielten.

Stelanie’n berührte biefer Shtuß meßt ange*
 
Annotationen