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Heidelberger Journal (64): Heidelberger Journal — 1870

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Nr. 203-228 (1. September - 30. September 1870)
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https://doi.org/10.11588/diglit.25213#0881

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beregnet.

Sfteuefic fHtthddjten.

Öerlin, 10. ©ept. Sie „Hreuss." f#rcibt: Ste
Berufung Selbrücf« ittö Hauptquartier beftätigt Me
SSermutbung baß bie beutftßen SBer^ältniffe bie 3nt-
tiatioe ergreifen woßen.

3üri#, 10. ©ept. Sie Sßcater in Bari« finb
gef#loffenj Briöattelegramuie werben ni#t erpebirij
bie Auswanderung bauert fort. Ste ©osialtjlen
wanbern compagntenwetfe nach Sour« ju bcn Sri*
mtnaUammern be« ©ajfattonSßofe«. Stimpart ift
jum ©eiteralpoflmeifter ernannt. ©8 ^crrft^t ba«
@tabtgef#rci: Hrieg.

Süri#, 10. ©ept. 3» Bari« ßerrfcßt große
greube über bte SRabrtber Berfammlung »out
Sonnerftag Abenb«. SDte Hunbgebungen für bie
fransöjtf#e ütepublit unb bie angebotene Hülfe
werben bejubelt. Sie ©äßrung unter ben neapo*
lttanif#en Bourboniften ma#t, na# ©cbtueijerSe«
rieten, bie f#neßfte Befeßung Stotn« notßwenbig.

SJrüffcl, 11. ©ept. Sem „Journal be Siege"
jufolge ift bie belgtfcße ^Regierung entf#loffen, bie
Stepublif ansuertennen. Ser belgif#e ©cfanbte in
Bari« fei angewiefcn, mit 3ule« gaore officio« in
üBerbinbuttg ju treten. — 3^ei AlterSclaffen unb
bie oerbeiratbeten SDtilijen ftnb entlafftn. — Sie
©qufpagen ber Hatferin unb be« faiferlf#en fßrin-
jen ftnb in Antwerpen nach Harwt# eingef#ifft.

Bari«, 10. ©ept. Ißreufjifcbe ipiünfler pafftr-
ten geflern SDtontmirail unb (Spanne. ßwet ©orp«
Oon Je 10,000 SRann rüefeit auf bie|e beiben ©tabte
an. Sie telegrapßif#e BerMnbung mit ©oiffon«
ifi unterbrocben. Ser geinb nähert ft# ©h«unß
(flrronb. Saon in ber Stöße oon Stoßen).

ipart«, 10. ©ept. Ste Anlunft ber Preußen
wirb au« (5#ateau Sbierrp, SRontmtrail, gerte fou«
Souarre unb l’Aißß für Stt«ne ftgnaliflrt. Sie Ißreu*
ßen beoba#ten ftrenge StSciplin. Ser ißrafectbe«
Departement« ber SSogefen tbeilt mit, baß ft# bie
Situation oon Soul gebeffert ßabe.

Bari«, 11. ©ept. Sa« „ßournal ofßciel"
melbet, baß ber franjoßfcbe Botf#after in SRabrib,
3Rercier be 2oftettbe, abberufen ifi. — ©eneral
Srocßu bat befohlen, alle ©eßölse in ber Umge*
bung »on Barl« bei bem H^annaßen be« getn*

Jur Jßlläger mx jtaifotrjj.

Hiftorif#e SftoüeUc oon SBlap Dtiitg.
(gottfefeung)

„3ung ift übergefdjnappt," Jagte ber SRuftfer
„3# wette barauf, baß er ben guß befungen ßat."

„SBenigftenä ijt et eä roertß, baß eä no# ge*
f#ießt. Sa« 3Räb#en ift wirfli# ein ©ngel, mit
blonben Haaren, blauen Augen unb Stangen wie
bie Stofenj babei tugenbbaft unb au# mit aßen
irbif#en ©ütern ret# gefegnet."

„Su nta#ft mt# in ber %fyat neugierig, biefen
StuSbunb aller roetbli#en @igenf#aften fennen ju
lernen," fpottete (Sulogiu«. „SBillft $u un« ni#t
ihren -Kamen fagen?"

„Sie be'|t üJtatie unb ift bie So#ter eine«
woßlbabenben ©utsbeßßer« iu ber -Kaße oon @traß-
bürg, Flamen« ©altfjer ©rüner."

„ÜEBaltber ©rüner? rief ber öffentliche Anlläger
erftaunt. „Ser Siame ift mir ni#t unbetannt. 3Benn
i# nicht irre, fo b<*t tßn einer feiner ^ne#te in
biefen Sagen wegen böcbft gefährlicher Sieben bei
mir angegeben."

„Sa« muß ein ßrrtljum fein," erwieberte ber
@#ubma#er. „©rüner gilt für einen guten 5JJa-
trioten unb ift, fo oiel i# weiß, ein growk ber
greißeit."

be« abäubvettneit. — Dlojaga ift beauftragt, bie
Anerfennung ber Stepubltf ©eiten« Spanien« unb
bie H°ffnun8 auf Sortbauer ber guten Sejiebungen
bem ilfinifter be« Aeußern, Sule« f^aore, mitju-
tbeilen.

ßonbott, 10. ©cpt. Sßie bieSeitungen melben,
ijt ©r^Äatferin ©ugenie in Haftiug« angefommen.
©in englifcpc« Sburmj#if ift bei gini«terre ge-
f#eitert, 500 ^Serfonen, barunter ber ©oßn be«
SDlarineminifter« ftnb ertrunfen.

JJlorenj, 10. ©ept. Sie Snfiructioti ©aborna’ö
fagt, er feile bie ©ranje nur bann überfetfreiten,
wenn Me Agitationen bte (Sicherheit bebroßen, ober
wenn ©onßicte jwtfcpen ben ©inwoßnern unb ben
fremben Sruppen au«bre#en.

Aijja, 9. ©ept. ©in Auffianb ift au«gebro-
#en. Alle Seßörben ftnb gcfpreitgt, alle pollti*
f#nt ©efangenen würben freigelaffen. ®or bem
ftalicnif#en ©onfulat fanben lebbafte Semonftra-
tionen ftatt. ßn SRentone würben bie ßollvegifier
fowie bte SSüjten unb ©mbleme Slapoleon« oer»
brannt. Ste ÜRenge f#rie: „3ötr ßnb Staliener".
®on bl« 'ft el»e Seputation ju ©aribalbt abge-
gangen mit ber Sitte $u fommen unb bie italfe-
nif#e fRepubtif ju proclamiren.

Dtom, 9. Aug. ipiacate be« republtfantf#en
©omitc’« laben bie fR'omer ein nicht mcbr bte rb-
uitfcbe, fonbern bie italienif#e SRepubltf ju procla»
miren, unb oerßeißen ba« Slufpflanjen be« San-
ner« ber SRepubltt glei#äettig in allen Hauptftäb-
ten ßtalien«. — Sa« ©arbinalcoUegium naßm im
IjSrinjip Me ßnteroention ber Sruppen be« Honig-
reießö an. ©« werben feine Anftalten jum SBiber»
fianb getroffen.

SRom, 9. ©ept. Ißlafate be« republtfantfcßen
Somite« proclamiren bie aKgemetne ttalienifbße ftte-
pubtif. ßn Slijja ftnb bie Seßorben oerjagt. 3n
SRentone ift eitt Slufßanb au«gcbro#en.

IBufarcjt, 10. ©ept. Sie gürßin ifi oon ef-
ner Socßter entbunben, wel#e ben ERamen SRarie
erßalten bat.

ftonftantinopel, 10. ©ept, ©8 ftnb bi«
rü#te übet ben Au8brucß oonllnrußen imbritlf#en
ßnbien oerbreitet.

Sie fticpnblif oßne fRepublifenter-

„Stur bie Stepnblit fann bie ©rbf#aft be« jwei»
ten Haiferrei#« antreten." Ste« SfBort wirb bem
alten Sßier« na#crjaßit. Sie Slätter »om 4.
©ept. ntclben, baß auf bem ©tabtbau« eine pro*
oiforifhe ^Regierung ißren ©injug gebalten bai-
Am 5. ©ept. ifi bie etjie Stummer be« „Amt«*

1870.

blatte« ber franjößfeßen Stepublif" erfeßienen unb
gleichseitig ifi tn 8ßon, SSorbeaur, ©renob^unb
anberen großen ©täbten bie Stepublif au«gernfen
worben. Sa« SBort be« berüßmten ©taatmanne«,
ber nitmal« republifattlfcße ©eftnnungen geßabt,
ift fomtt in ©rfuUuttg gegangen.

An btefer Sßatfa#e ift nur eine« übctrafcßeitb,
bie« nämlicß, baß fte fo fpät erft eingetreten ifi,
baß bie Steoolution gegen ba« Haifertßum nicht
eßer au«bradi, al« bi« ber Haifer bereit« ber Hrtrgö*
gefangene be« Honig« SSilbelm geworben war. Unfere
Semofraten hatten ben Stepublifatiern be« gefeß*
gebenbett Horper« meßr SRutß unb Sßatfraft su*
getraut. @te ßatten geglaubt, bie Steoolution würbe
ben Haifer ereilen, fo lange er no# regierte, ©tatt
beffen ßaben fte ft# 2So#cn lang an ben erlogenen
©legen feiner ©enerale berauf#t, fte ßaben eifrig
geßolfen, bie Seutf#en belbenmütbig au«sutreiben
unb ruhig suqcftb««/ wlc Stegicrung mit ber
Bewaffnung ber Station ißren ©pott trieb 5 erft
al« e« feinen Haifer ber ffransofen meßr gab, haben
fte flcß ermannt ißn absufeßtn.

Unb warum ift bem fo gewefen ? SBarum ßa*
ben bie Beterauen oott 1848 nt#t früßer getßan,
wa« bie ©panier im ©ept. 1868 ißnen oorgema#t ?
SSarum beburfte e« erft einer ooflftänbigen Hataftro*
pße, wie bie SBelt tto# feine gefeßett, um ißnen SRutß
einsuflößen? SEBeil fte fammt unb fonber« feßr woßl
wußten, baß fte ein oerf#winbenb fleine« Hauffel«
feien gegenüber ber überwältigenben SReßrßeit Serer,
bie ba« Haifervef# ni#t liebten, aber e« füll er*
trugen, weil ißnen al« be« Uebel größte« bie Ste*
publif erf#ien unb ber ©turj be« Haiferrei#« eben
bfe Stepublif bebeutete.

SRan fteßt, bte Junge Stepublif ift ni#t bie
Sßat be« nationalen SGBlflen«, ni#t ba« ©ebot ber
öffentll#en SReimtng, fonbern bie epßentere grueßt
ber allgemeinen Stotß unb Berlegenßeit, ber fßreu*
ßenangft mit einem SBort unb fte wirb genau
fo lange bauern, al« blefe Angft eine 3Ra#t ift,
bte alle inneren Barteten jum @#weigen bringt
unb biefe SRa#t Au«ft#t gewäßrt, ben geinb »om
fransöftf#en Boben ju oerjagen, aber feinen Sag,
feine ©tunbe länger 5 benn granfrei# ift ni#t nur
bur# bie ©eograpßte, wie SRirabeau fagte, fonbern
no# meßr bur# ba« ©efeß feiner ®ef#i#te unb
ben ©eijt feine« @taat«wefen« jur 3Ronar#ie oer*
urtßeilt.

Sßa« biefe neuefie Ueberraf#ung, bie Bari«
bem 8anbe bereitet, für ben erflen 3wccf, bie Ber*
tßetbigung ber Howptftabt, wertß ift, werben f#on
bie nä#ften Sage leßren. ©infiweilen Wollen wir

) „3# miß boeß gleicß näcßfeßen," oerfeßte ©u-

logiu«, inbem er ein biefe«, feßmußige« Stotisbucß
au« feiner Sa[#e 30g unb bavin eifrig blätterte.

„Stun," fragte ber SRuftfer gefpannt, „fteßt er
auf Seiner Sifte?"

„Unb noeß bas« mit brei Herjen, wa« immer
einen wichtigen gaß besei#net. Suß fehen! Belei*
bigung ber Stegierung, Stobegpierre unb Santon be«
fdßimpft, ba« mag ißm no# hingeßen. Hat mi#
einen wahnftnnigen, hergelaufenen ÜRön# geßeißen;
hö#ft ftrafwürbig. SBünfcßt bie Defterreicßer herbei
unb baß ber @lfaß an Seutf#lanb jurüffommen
foß. ©in foldjer SSunf# ift aßein htnreicßenb, ißn
auf bie ©uißotine 3« liefern," murrte ber finftere
Auflager.

„Su wirft bo# nicht Seinen sufünftigen ©dßw ie*
geroater um einen Hopf fürger ma#en?" f#erste ber
©cßufter.

„9Baßrf#einli#," fügte ber fanfte SRonnet ßirtgu,
„ßat ihn ber Hnecßt nur au§ Sta#fu#t angeseigt.
Ser SRann wirb wohl, na# Aßem, wa« wir über
ihn gehört haöen, unf#ulbig fein."

„Sa« werben wir halb erfahren," »erfeßte ©u*
logtu« mit Unheil brohenbem 2ä#eln. „3# werbe
ißm no# heute in ®efeßf#aft unfere« greunbe« 3ung
einen Befu# abftatten, um mi# mit eigenen Augen
oon ber ©#ulb be« Bater« unb ber ©#ön!jeitfei»
ner So#ter ju überseugen." s

3)1 it biefen smeibeuttgen äBorten hob ©#neibes
bie ©ißuitg auf, inbem er bie nötigen Befehle jum
Aufbru# gab. ©inige ©tunben fpäter ritt er in
©efeßf#aft be« poetif#en ©#uhma#er«, gefolgt oon
feinen ©eßergen unb einer ©#aar feiner bewaffneten
2eibwa#e, bur# bie Straßen ber ©tabt, eßrfur#ts*
ooß gegrüßt oon ben begegnenben Bürgern, wel#e
ißm neugierig erf#rocfen na#f#auten unb mit jit-
i ternben 2ippen Ieife flüfterten: „®ott fei bem armen
3Ramte gnäbig, bem ber Befu# be« fcßrecflicßen An*
fläger« unb feiner Banbe gilt!"

SDBie ein 2auffeuer oerbreitete ft# bie Sta#ri#t
oon ber Anfunft be« für#terli#en Sprannen bur#
ba« fonft fo friebti#e Sorf, beffen ©inmoßner glei#
einer oerf#eu#ten Sämmerßeerbe oon panif#em
©#reßen gef#üttelt würben. Sie SReßrsaßl hatte
bie glu#t ergriffen unb hielt ft# oerborgen, wie bei
ber Annäßrung be« geinbe«, als wäre plößli# eine
peftäßnli#e Hranfßeit au«gebro#en. Hinter ben
genftern wagten bie Hüßnften faum ißm na#su*
f#auen, um ju erfaßten, wel#em UnglüdfSßaufe fein
Befu# sugebaeßt wäre. Sie beflommenen HerJ«**
f#lugen erft wieber fräftiger unb ba« ftoefenbe Blut
färbte bie bleichen SBangen rötßer, wenn ba« Unheil
an ihnen glücfli# oorübersog. Stur ein Haufe jep*
lumpten ©efinbel«, ber ni#t« ju oerlieren hatte,
begrüßte mit lautem 3uruf unb 2ebeho# ben feit*
 
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