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Heidelberger Journal (64): Heidelberger Journal — 1870

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Nr. 255-280 (1. November - 30. November 1870)
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M 278.

3U>ötnum*ttt*prci$ fl. i. 3 f. ln {jeibelbetß,
tutet) bte fl. 1. 16 ?r. »ierteltahrig.

Sonntag, 27. ^oöemfcer.

^ajtiflett 3 Ir. bte ^etttjeile, bei Xuöfunft**
ertbcilHnß 4 !r.

1870.

Sleuefte ÜUftf&tidjten.

Berlin, 25. Bo».

DffigtellemüitärtfcbeKriegSnachrthten.

I. 33au24. Bo». Belagerung »onOfM0«*
»Ule pat »orgeßern begonnen, geßung wirb aus
76 ©efepüßen bcfc^offen, Stabt brennt feit »orgeßern
^lacpmittag.

Oie B»aittgarbe ber Ka»allerte*Oi»ißon ©raf
©roben unter Dberft o. 8überi| bat ftefiern Bach*
mittag bet le QueSnel ein glucflte^eö ©efedß
gegen franjöftfdje ÜJiobilgarben au§ BmicnS beßatt*
beit, welche in wilber gludß gurütfgetricben würben.

©raf äBavtcnSleben.

II. BerfailleS, 24. Bo». ©roßpergog
»ott ÜJiecflenburg fe^t peute feinen Bormarfcp
fort. — BefognoSgirungSgefedptc' It.tben bei 91 e u-
»ille, Boiö commun unb 9B a i g t e v e s ßatt*
gefunben. — ». BobbielSfi.

III. ODte#, 24.Bo». So eben patOpion*
»ille fapttulirt; bte Uebergabc erfolgt
morgen um 11 ttpr frühe- — »• Kamele.

Berlin, 24. Bo». ©egenübet bem »erläurn*
berifeben Aufruf gu ©unßen ber franjof. Kriegs*
gefangenen, wclcpen ber „grancatö" oom Bifdjöf
»on ©enf erhalten haben will, »eröffentlicpt bie
„Jtreug=3tg." einen offenen Brief beb fatpolffcpen
ÖomprobßeS BifcpofS BamfgatrowSfp an bett
Bifchof »on ©enf, worin bie in bem Bufrufe ent*
baltenen Angaben, tnbbefonbctc baß baS Seelenheil
be» frangöftfepen Kriegsgefangenen gefahrbet fei,
fllb 8ügen bejeiebnet werben. 3h»e SKaj. bie Ko*
ntgitt habe bett Oomprobß fögtetd) nach bem ©in*
treffen ber ©efangenen beauftragt, ba« 8ooö ber*
felben gu linbern, namentlich für bie geiftlidjen
Bebürfniffe gu forgen. Unterm 14. Bo». ertheilte
"baS UrtegSmfnißrrium bte ©enehmigung, baß 10
fatpoltfcpe ©dßlicpe gur fßafiorirung ber KriegSge*
fangenen angeßeflt würben; eine ©infepränfung ber
religiöfen Freiheit »on Seiten ber Bepörben habe
niemals fiattgefunben.

SWümpcn, 24. Bo». Otc „Korrcfp. |>offm.
melbet, baß ber Bertrag über BPfcpluß eines
BerfaffungSPünbniffeS geßern in Berfaill eS »or-
bcpaltlid) ber Batiftcaifon beS Königs untergei cp*
net würbe.

Uitincpen, 24. Bo». 3)aö fßcrfonal ber bei
Orleans gefangenen baprijepen BufnapmS=gclb-
fpitäler Br. IX unb X, befichenb auö 42 Offt*
gieren, Slergten unb Beamten unb 161 Solbafen,
hat ßdp auf Stnorbnung beS KriegSminißeriumS ge*
ftern oon Sinbau hie^eic begeben.

SBtcn, 24. Bo». OaS peute erfeptenene Botp*
bud) fagt: Begüglicp beS lebten tu f f t f cpen
3irfularS fühlte ftep bie Regierung »erpßtcptef,
an bte Söftrbigung biefeS BorgangcS mit bem ent*
fpreepenben ©rnfie unb berfenigett SBürbc heran*
gutreten, welche bie Behanblttng einer folchen 3ltt-
gelegenheit gebietet.

Ote 31 nt wort not e Beuß’S auf bie ßfrfu*
larbepefepe ©ortfcpafoff’S hebt heroor, bah fei"
3weifel gutäffig fei über bie gegenfeitige Berbfnb*
Itcpfeit beS Beitrags »ont 3apr 1856, ber gang
ober theilweife nicht cinfeitig antnittirt ober tnobi*
ftgirt werben fönne. SBit ber beut St. BeterSbur?
ger Sabinet fcbulbtgen 'Jiüdficht geht Bcufi itt bie
Brüfung ben 3lrguntente ©ortfdtafoff’S ein. ®aS
Slrgumcnt: ba§ bie dürfet Schiffe halten Jönnc
unb Sftuhlanb nicht, fonttte nur baS Berlangen nach
einer Bertragoänberuug begrüttbenj eine willtür*
liehe Söfuttg biefeb älrguments oertnehrt nur ben
©rnjl beb ruffifdjen Sd)rittS, ba eine fotd)C SDia*
rime alle befiehenben unb füttftigen Berträge ge*
fährbet. gür ben BertiagSbrud) bur^ bte Ber*
efnigung ber 3)onaufürftenthümer ifi bie Würfel
nid)t »erantwortltdf. 3)ie Stufet »erlangte nicht
bte Sanftion biefeS ihren 9fed)ten unb ^atereffen
©tntrag thuenbeu BertragöbruchS. 3)er ©intrttt
frember Sd)iffe in baS Sdimarge föieer hatte ei*
nen ittoffenfioen ©harafter. 3)od) l^ättc Bufjlanb
hierüber Ufage führen foflett. ®te öfterreid)ifch-
ungarif^e Regierung erfährt mit peinlichem Be-
bauern bie @ntid)Ueffung BuhlattbS, brueft hierüber
tbr tiefeS ©rjiaunen auS unb fann nur bie ernfie
Slufmerffamfeit beS rufflfchett ÄabinetS auf bte
folgen eines folchen BorgehenS lenfen.

©ine wettere fßete Beuft’S an beit öfter*
reichifdjot ©efanbten, ©rafett ©hotef in St.BCs
terSburg, wibertegt ben bem ©rafen Beuü ge»
machten ©fnwanb: ba^ er felbft int Januar 1867
bie 3ttili«tt»e hte»in ergriffen habe. ®er rufftfd)e
Bei^Sfangler felbft fanb barnalS bie ^anbluttgS*
weife Beufi’S fibetfiurgt, weil baS ÜBtfftrauen ber
frangoftf^en Regierung erregenb unb weil »on ei*
nem (Songreffe ein befriebtgenbeS Befultat nicht gu
erhoffen war. UebrigenS follten nach bem barna*
ligrn Borfchlage Beufl’s bieUnterjetchnungSmächte,
aber nicht eine Biadlt einfeitig gur BeriragSänbet*
ung fchretten. 3)amals war auch ber Borfchlag
Beuft’S nicht beract, bap gefährliche Konfeguengen
gu beplrditen Waren, wähtenb BuptanbS einieitigeS
Borgeheu heute eine ernfte Beiorgnijj erregt, ba
bie chrifiltdien Bölfer beS Orients glauben werben,
Bujjlanb halte ben Bioment geeignet, um bie 86*

fung ber ortcntatifd)en gvnge (n bte £>anb gu neh*
men.

Bon guoerläffiger Seife wirb beftätigt, baß
baS Biintjierium B*> tocfi fein S)emif*
ftonSgefnch h'Ute ttad) Beftb gefanbl hat. Ooch
ftnb alle aUe Bcrftonen über bte Bachfolge oer*
früht.

Sufcmburg, 24. Bo», ©efiertt unb h»«le Bacht
würbe baS Bombarbement Shtonyille’S fortge*
fc^t. ©itt Sheil ber Stabt brennt.

Saurbrüifen, 25. Bo». 2luS BerfailleS,
22. b., wirb berichtet: Oie Bar ff er gortS ftnb
fett bret Sagen fel)r fdiweigfam. Obo Büffel
hatte eine Bubieng bei bent Jlönig.

5)ea(, 24. Bo». OaS hawburger Sdjtff „8orb
Brougbam" ift burch einen frangöftfehen Äreujer
genommen unb hie» gu Bnfer gebracht.

^nöre, 24. Bo», ©in Börfenanfchlag melbet,
baß bie gefamntte glotten = SDi»ifton beS Slbmiral
Beuhoet ln ©herbourg ttad) gefahrooller fiürraifcher
gahrt tn ber Borbfee mit 7 S^iffSprifen nach
©he»bourg gurüefgefehrt fei. Bur bie „©upentte"
mußte wegen |)aoarte in Oünftrchen gurücfbleiben.
Bad) Slufnahute »on Äoljlen unb SebenSmitteln Wtrb
bie gefammte glotten * Sioifton gur Bblöfung ber
g!otten=®i»tflon ©uepbon’S Itt bie Borbfee gurttef*
fahren, Wo euentuetl eine Ueberwiitterung flatt.ftnbet.

©rüffel, 24. Bo». 2luS Barifer Ballonbriefen
»ont 20. b. iß bte Urfadje gu erfelfen, weld'e bie
|>offnungen beS BolleS »on Beuern belebte. Biearb’S
Organ, ber „©lecteur libre" melbet nämlich unter
Beferoe, baß am Bitttwod) ben 17. bte ettropätfeben
Biächte eine ©oHcclionote in BerfailleS überreicht
bütt en.

— 25. Bo». Souoain unb Ulric be gottoielle
ftnb mittelji 8ufthaHon auS Bft»tS in Belgien ein*
getroffen. Bad) ben neuefieu Berichten füll bie
Stimmung bort noch fehr fangitinifch fetn.

©rüfjtl, 25. Bo», ©ingegangenen Bachrichten
gufolge befuchte ©ambetta Äeratrp im 8ager
»on Sonlie (Oepart. Sarthe). Oie Slrmee beS
©roßhergogd »on 3)? eilen bürg fieht nur
noch 30 Hilometec »on l e SB a n S.

Beüh- 23. Bo». Oie Oelegationen ftnb
heute eröffnet worben. Oie öfierreidfifche Oetegation
hat jtd) fonffituirt unb ^opfen gum BȊftbenten,
3ablonowSfi gum Bigepräftbenten gewählt. SBehrere
»erfaffungStreuc, ber 8infen beS BbgeorbttetenhaufeS
angehörenbe SBitglleber interpetlirten ben ©rafen
Beuft, welche Schritte er itt ber rufftfd) = türfif^en
gtage gethan habe, um Oeflerreich ben grieben gu

(Sin nuf^fan^ner ■

Sin Srlebniß aus jüngtter Seit.

(gortfefeung.)

„@8 gefällt Sh«»" ja oiel gu gut bei uns.
©lauben Sie benn, baß Sie intereffanter werben
babureß, baß Sie fid) beftanbig als einen ©egenftanb
hinftcDen, beffen Berluft uns unmittelbar beoorfteljt?
Sie bleiben bet uns unb gwar bauernb. 3^ bitte.*
„gräuletn §ortenfe", erwieberte ich, we^ 8*bi
uur eine SBöglichfeit, welche mich tn meinem feften
Befchluß, in mein Baterlanb gurüdgufehren, wanf*
fenb madhen fönnte."

„Unb biefe Biöglichfeit wäre?" fragte fxe ohne
oHe ©ejiertheit.

„Oarauf fann idh 3hnen Wne Slntroort geben
3<h müßte befürchten, gljnen gu mißfallen, wenn
tch biefe Biöglichtcit mit 3hnen erörterte, unb ich
roünfchte bod) lebhaft, bei meinem Bbfhieb wenig*
ffenä bie ©enugthuung gu haben, baß fte aud) fer*
netfjin mit ungetrübter gteunbfchaft meiner gebenfen.*
§ortenfe richtete ihre großen, blauen äugen auf
mich, fab mich eine SBeile fhweigfam an unb fagte
bann fehr Iangfam unb mit Betonung eines jeben
SSorteS:

„3<h glaube, Sie gu »erftehen. 2lm 25. Biärg
*fi mein ®ebuvtstag, Sie werben etngelaben werben,

| id) referoire 3b»en bie erfte QuabtiUe unb bann
j werbe idb 3b!ien fagen, ob fie abreifen foüen ober
nicht- 2BaS audj gefd^e^en möge, Sie wiffen, wie
ich o°n 3bnen benfe, unb wiffen, baß ich @ic nie
»ergeffen werbe." Sie reichte mir bie §anb, bie ich
Iangfam an meine Sippen brachte, ohne baß fte bie*
felbe gurüdgugiehen »erfucht hätte.

3«h fianb auf, nahm meinen $ut, oerbeugte mich
ceremoniell unb fagte beim Bbfchieb; „Stuf BJieber*
fehen am 25. Biärj."

Bis ich mich auf ber Straße befanb, manbte ich
mich no-h einmal nach bem $otel be Banteuil um
unb gewahrte $ortenfe, bie am genfter ftanb unb
mir nachfah- 3^ bemerfte auch eine Bewegung mit
bem Safdjentuch, unb eS fchien mir faß, als ob ße
mit bemfelben ihre Bugen trodnete. 3<h 0t"0 iroh
ber jiemiieh empßnblidjett Biärgfalte langfamer als
fonft bie Bue be Seine entlang — bas $otel beS
Bicomte liegt in bem Briftofratenoiertel, bem gau*
bourg Saint ©ermain — unb überlegte mir BHeS,
was oorgefatten war. Kein 3'»eifel, ich halte eine
»erfdhämte SiebeSerflärung gemacht, ohne eS eigent*
lieh gu wollen, unb §ortenfe hatte biefe recht liebenS*
würbtg aufgenommen. Oies Bewußtfein gegnügte,
um ben bisher oetborgenen gunfen gu heßent geuer
ber Seibenfdjaft angufadhen. 3n btefem Bugenbltd
liebte ich §o»tenfe fo walß, f» aufrichtig, wie man
c lieben fann — ich mar baoon wenigftenS tief burdh1

I brungen — unb bie nüchternen @rwägungen bei
BerßanbeS oermohten bie hell auflobernbe glamme
nid^t gu erfiiden. 3U nüchternen (Srwägungen war
aßerbingS ooflauf ©runb oorhanben. Sie, bie reiche
ßrbtn, bte Trägerin eines großen BatjtenS, bie be*
gefjrteße Schönheit be§ ebelften Sproßen granfreichS,
ich, ein beutfher Bhilolog, ber im fünften Stodwerf
ber Bue Bicher eine gwar gemüthlidhe, aber ^ödhft
befdhränfte SBohnung, nämlidh ein SBohngimmer unb
ein Schlafgimmer, inne hatte, ohne Barnen, ohne
Bermögen, fedhSunbgmangig 3ah»e alt, mit einer be*
fcheibenen ©egenwart unb einer gang ungewijfen 3U-
funft — bie Partien waren nicht gleich oertljeilt.

Uebermorgen war alfo ihr ©eburtStag! 3d) be*
fteßte ein fehr elegantes Bouqnet unb fattelte met*
nen 33egafuö. Oie himmlifhe greube, meldhe ich
empfanb, einem ItebenSwürbigen, fdjönen, reigenbeti
Kinb wirflihe $h»tlnahme eingußöfen, unb baS Un*
geftüm meiner eigenen Seibenfdjaft oerhinberten nicht,
baß tch am 24. BbenbS bis tief in bie

Bäht bmetn fdjlechte Berfe mähte unb in Srman*
gelang ber gähigfeit, Beime ju ©ebanfen gu ßnben,
©ebanfen gu Beime mähte. Oie ftereotppe ©nlabung:
„$err X. X. wirb gebeten, ben Bbenb beS

25. bei bem Bicomte be Banteuil gugubrtngen.
ÜJtan wirb taugen." hatte ih pünftlih erhalten. Bm
25. gur Sefuhsftunbe gegen Btittag fuhr ih mit

meinem Strauß unb bera ©ebiht, baS ih oer*
 
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