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Heidelberger Journal (64): Heidelberger Journal — 1870

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Nr. 255-280 (1. November - 30. November 1870)
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^eMkrgcr

,M 279.

fl. i. 3 !. tn -fceibelberg,
furdj bie v#cft fl. 1. 16 fr.

Sttenfkg, 29. 9Zo$emfcet.

JUijeigea 3 fr. bte ‘Skr.itjftfr, bei Äutffunft*-
mbeilung 4 Sr.

1870.

Sleuefite fUadjrtdjten.

ÖcrfatttcS, 26. 9ioö. (Offigtell.) 2tm 23.
9cov>. warf ©ettcral oon Sreefoto bcn gcinb aud
feinen ^ojitioncit oor Stlfort nnb fc^Iufl fcemnähft
einen Sluäfaü ab.

«Stuttgart, 27. 9lo». «Die .£)auptfirapen ber
Stabt ftnb wegen ber Untergecdjnung ber Sevträge
9cP«9ßt-

©rüffrl, 27. ÜRoü. Sin per SaEonpofi hierher
gelangter Slrmeebefe^l $rod)u’d »cm 18. b. rügt
in heftiger 2Bcife bie jnstfcüeu ben beutfhen unb
«Parifcr Gruppen cntflanbenen frcunbfhaftlihen Se*
giefjungen, weldic felbji »on franjöftf^en Offizieren
unterhalten mürben, bie er im Sertraucn auf ihren
©ib bis nad) ©t. SeniS »orgefdjobett habe. Srecbu
broht, im gaüe fid) ein falber bie frangöftfdie ©bte
bcflccfenbcr 93erfe^r mit bem geinbe toieberliole,
mürbe er bie gange ©Strenge bed ©efeped malten
taffen.

$eft, 26. «Roü. Ser Äaifer hflt heute bie 2Rit-
glteber ber Selegationcn empfangen. 3tuf bie 2ln-
fpracbe bed Sräftbenten ermtcerte ber Gaffer, bie
SBidjcigfeit ber Serbältniffe, in beren golge bie
«Delegationen berufen feien, habe an Sebtutfamfeit
nicht ocrlorcn 5 im ®egentl)eil feien ned) bebeutenbe
©reigntffe hlngugefommen. Ser Äaifcr £>offe, bie
^Delegationen mürben thun, road mahrer «Patriotid*
mud unb bie »on einanber untrennbaren Sntereffcn
beiber SL^citc ber «ÜRonardRe erforberten.

Sonbon, 27. fRo». Ser „Dbferrer" begegnet
bie ruffifche Slntmortnote als in fel)r öerfobnlihem
©effle gepalten, ©ei ihr Inhalt auch noch nicht
gang hefriebigenb, fo fei bad Slufgeben bed früheren
bictatorifchen Soned gang flarer ©eminn im 3n-
tereffe bed grlcbend. — Dbo Etuffel »etbleibt oor*
erjl maprfcbcfnlfeh in SerfaiüeS.

ERabrib, 25. SRoö. ©0 eben iji bie ©ommff*
(ton ber ©orted nach glorcng abgereifi, um bem
bringen Imabeo bie Siete feiner ©rwälflung gum
Äonige gu überreichen. Sie «Regierung unb eine
grope Stnjahl Seputirter haben unter ^odjrufen
ber öerfammelten iRenfcbetimenge auf bie confiitui*
renben ©orted unb ben bringen Simabeo bie dom*
miffton gum Sahnhofe begleitet. ©d hErrWt 8ro^cr
©ntbujfadmud.

StdeßSaarfjridfte».

ffium Dberrljrtn, 24. «Rot>. SlUe gugehenben
fRachrichten betätigen baß fich bad ©aribalbi’fhe
©orpdnah ben Sogefen g« giehen beabft^tigt, menn

ed aud) bis jc|jt nur cingclnen SDruppd gelang gmi-
fchen ben ziemlich meitauScinanberliegcnben beutfehen
Slbtheilungeu burchgubringen. Sluch ift cd offenbar
bap geheime Serbiubuitgen mit eingclnen Stabten
unb Orten bed ©IfapeS unb Potbringeud bafür an*
gefnüpft morben. Reifen mirb biep aber nichts,
benn er ft heute «Rächt finb micbcr auf ber babifchen
Sahn neue Sruppenfenbungen nach bem ©Ifap u.
meiter burhpaffirt. Sluch fortfi ifi eine ungemein
lebhafte Semcgung in Oer «Richtung nach) «Parid gu
bcmerfni, aber hauptfächlich für ben Sraiidpovt oon
«Proofaut unb Siel), unb erft gefievn ftnb micber
Slbfdjlüjfe für mehr als taufend graditfubrroagen
für bie «Route nach Savld befaitnt geworten. 311-
ieS beutet barauf hin bap biefe ©tabt innerhalb gehn
Sagen ihrem gatte gugehnt mup, beim auf biefe
Seit hin lauten viele Piefcrungdoerträge. ©eit ber
SBiebereroffntmg ber 9if)etnbrü<fettbaftn »on ©trap-
bürg ifi bafelbft bie ©euiralfiatcon für bieSranS-
portoermittlung nad) granlreidi errichtet, unb be-
reits in öcllfier Spätigleit. 3» biefer ©tabt hat
ein Slrtifcl ber „©Iberfciber geitung" mteber viel
böfcS Slut gemadjt, ittbent bcrfelhe mefbete bap
beim Slbgang beS 67. iRegfmentS non ©trapburg
bie ©iitmohner bemfelben mit ©rüpen uttb Sü^er-
fchmenfen einen foleunen Slbf^ieb gegeben haften,
melchem fe|t fogar öffentlich micberfprochen mirb.

3n «Dfülhaufen hat bie ©tabt, um bie ©in-
quattierung gu oermciben, ßoeale gur ©afernivung
ber ©arnifon geftetlt, maS freilich bei bem Srach-
liegen ber gahrifen hier auch viel leidjter mar als
in ©trapburg. 3<h bemerfe begüglid) ber lottern
bap man gabrifbepher non SRülhaufen aud) auf
ben gabrifantentag gu SD?annheim am 4. unb 5.
Seg. eingdabett hat, unb mol)l auch etnfge erfcheinen ;
tnerben, allein hauptfädjlich um gegen bie @rmer-
buttg beS ©IfapeS gu rcirfen unb btc ©oHcgen in
gleicher 9ltd)tung gu fitmmen. 3« ©trapburg mürbe
}cfjt eine Ueberftcht ber für bie Opfer beS Som* :
barfcementS eingegangenen ßicbeSgaben bis gum 19.
fRooember veröffentlicht. 2tbgefet)en non bcn 3la= j
turalqaben an Nahrungsmitteln unb Kleibern maren |
bafelbfi cingcgangen 493,435 gr. 90 ©ent., mobei \
fcboch auch ©aben ans granfrctch felbft. NiS un= {
terjtüfcungSbebürftlg mürben 2650 gamilien einge=!
fchrieben, ohne bie gamilien ber geuermehrleüte, ]
unb banon mürben 2110 gamilien mit 100,500 j
gr. in ©elb unb 1744 gamilien mit fRaturalgaben |
unterfiüht. Sldein im 3Ronat IRonember betrugen |
bie ©elbunterfiühungen an 750 gamilien 45,230 j
gr. 95 ©ts. fRatürlid) merben biefe le^teren nodf f
auf lange Seit hinaus ber Untetfiühung bebürftig

fein, unb cS coirb baher groper Slnflrengiutgen unb
meitcrer Liebesgaben bebürfnt um btefen Seuten
über ben Üöinter hinaus gu helfen, gurnal menn
^älte oon längerer Sauer eintreten tollte.

Ser babifche grauenoerciit hat nun formlid)
ben Sefd)lup gefapt bie ©tabt Sabcn ginn |>aupt*
orte für bie SReconoaleScenteu gu machen, roeil na-
mentlicfa bei Sermunbungtn bie bortigen Säber ©e-
legenheit gn einer hellfamen fRachcur gemähren.
©S mirb baher mit ben Sabhauohcfthevti unb grö-
peven Sermicthern ein billiges Slbfommen bahin
getroffen bap btefelben SBohtuing, Äofi unb Säber
gemähren, unb aüeS maS über ben @afj beS ,SriegS-
miniReriums h’nauS bafür crforbertich ift 00m
grauenoereitt htegu begahlt mirb. Statürlid) fann
biep ber babifche grauenoercin nicht aus eigenen
Kräften allein tbun, unb er erhält baher Sufhüffe
aus ben anbern beutfehen Staaten; allein bie
©adje ifi fehr praftifch, gurnal Saben auch im
SSMnter ein gefuttbeS unb rntlbeS Ätima hat. Sie
©rophergogin mar btphalb geftern felbft nadf Sa-
ben gefommen um bfe ßagarethe unb bie graucn-
oevdnSthätigteit in Slugcnfhcin gu nehmen.

Strasburg, im «Roo. Sie SelagerungS«
f d; ä b e n für ©trapburg unb Umgebung belaufen
ftd) ttad) ben Slnmclbungen auf 50,774,126 gran-
fen unb merben innerhalb 14 Sage beftnitio abge-
fchäht fein g hifgu fomtneu für baS Scpartement
fRieberrhetn etma 50 Sllllionen SRequlfitionen
unb Seifiungen für ÄriegSgmede, morüber bie Äo-
ftenligutbatfonen nod) im ©angc ftnb. Sffieitere SRr-
quifttionen ftnb fürjltd) in ©d)lettftabt, |)agenau
unb Sahern auSgefchrlebett morben, meil bereits für
bie Scrpffegung ber beutfehen Sruppen bei ber
SRücffehr aus grattfreidf Sr°oianlmagagine angelegt
merben müffen.

SluS 'üiülhoujcn, 20. SRoö., toirb bem SBiener
„SÖSanberer" berichtet: Sie hfeftgttt Arbeiter, beren
Haltung feit langem febon Sefürchtungen Oor ©r-
geffen, mie fte ja bereits ©nbc Sluguft nach bem
Nbguge ber frangoftfehen Seiahttng unb ber ®en-
barmerie oorgefommen, erregt hat nnb namentlich
ben gahrifherren gefährlich merben tonnte, rotteten
Reh heute am frühen Storgcn gufammen unb gogen
etma 3000, morunter otele SOBtiber, oor baS |>auS
beS URaireS, ber fd)leunigfi am genjter erfdtien,
aber oor bem Sännen ftch nicht oerflänblich machen
tonnte. 3« ber Seit/ melche ingmifchen oergangen
mar, hatten bie ßärmtrommelu nicht bloS bie preu»
pif^en SefahungStruppcn auf bie ©ammelplähc,
fonbern auch hie gefammte ©Inmohnerfchaft auS ben
Setten awf bie ©trapen getrieben. SaS ©efdjrei

föm aitfgffmtjgfnpr Iricf*

Sin drlebnifc aus jüngiter 3eit.

(gortfefeung.)

§ortenfe mürbe oon einer ©haar junger 2ln*
bder uinfhioätmt, auf beren Komplimente fie mit
benfelben anmutl)igen, nichtäfagenben 3Bortcn unb
©eberben antroortete rote geroöhnltch. ©cefah reigenb
auS unb ber SluSbrucf ihres ©efidRS oerrieth feine
ungcroöhnlihe innere Krregung. Sliö fte meinen
©ruß gemährte, banfte fte freunbtid) unb fab mich
Iähelnb an. 3h athmete tief auf. ,,©ott feiSant!"
rief ih mth hinein, „SlUeSgefit 8utj fo retgenb, fo
btmmlifh lann ber Ueberhringer einer §iobSpoft niht
auSfehen."

SaS Drhefter ftimmte, bie elften ätccorbe ber
DtpheuSquabtille ertlangen, ih näherte mih meiner
gragiöfen Sängerin, mähte bie pflihtfhulbige Ser-
beugung unb fte legte unbefangen ihren 2lrm in
ben meinen. SBäbrenb fth hie «Paare orbneten,
fühlte ih einen leifen, aber fehr auSbtucESooHen
®rud ihres SlrmeS, ben ih ebenfo heljutfam, aber
auh auSbcudSooQ erroieberte.

„3h h°he 3ht ©ebiht gelefen", fagte fte gu
mit, „e8 ift retgenb, ih h°he jebeS Sffiort oerftan*
ben, unb man fühlt, menn manS lieft, bap es auf*
richtig gemeint ift.*

„SaS ift es", oerfepte ih- „Söenn @te roüpten,
mein gräulein ..."

„Sh, bitte", unterbrah mih §ortenfe, „fagen
@te nihtS, maS niht alle SBelt hören fönnte. Un*
fer vis-ä-vis, ber Sieutenant be Srouillac hat au*
gen roie ein Suh^ unb Ohren rote eine Äape. Unb
er hat ©runb, aufgupaffen. 3h fpredje mit 3h-
nen noh baoon. «Baren ©ic geftern in ber Oper?
3h habe mih oergeblih uadj 3huen umgefehen."

3h bähte an bie qualooUen ©tunben, bie ih
mit ber unerquieflihen Slrbeit, Siebe auf Triebe gu
reimen, geftern oerbraht hatte, unb läd)dte bitter:
„«Rein, mein gräulein, ih mar leiber niht tn ber
Oper, ih mar gu #aufe unb befhäftigte mih »iel
mit 3huen."

„SaS ift fehr liehenSroürbig oon 3^nen’ a^er
ih roieberhole meine Sitte: lein oerfängltheS SBort.
3Bie finben ©te itamberlid als Othello?"

„@r hat ein briEanteS Sruft-cis", ocrfejjte ih-
,.3a, es ift oon rounberbarem ©hmetg/'
„gräulein $ortenfe", fagte ih nah einer gro-
pen Saufe, „totr rooEen lieber oernünftig fhmeigen,
als unoernünftig fprehen. SBenn ©te glauben, bap
ih mit 3hnen über bie Seiftungen oon Samberlil
in biefem augenblid fprehen fönnte, fo irren ©te
fth- ©te roiffen, roelcpe grage mir bie Sippen oer*
brennt, Sie roiffen — —"

,,©ut benn, mir wollen fhmeigen,"

3h fat) fte grop an; fte roanbte ben ßopf et*
roaS beifeite unb fpielte mit bem gädjer. ©nttoeber
, befap biefeS Heine SSefen eine ©elhftbeherrfhung,
bie ans Unglaubliche ging, ober fte roar eine au$-
getnahte Holette.

SBir tangten oorfd)rift§mäpig unfere ®our unb
roehfdten faft fein 2Bort. Sei ber lebten Sour
brüdte fte mir gelegentlich fo bie §anb, bap fth
ber «Ring in meinem ginger tief etngrub. 3h mupte
mih beherrfhen, um nicht laut aufgufhreien. Sa*
bei fab fte mih mit einem Slid an, ber gerabegu
unheimlich roar, faft oergroeifelt. Unb fte fpradj fehr
fharf, aber ohne bie Sähae oon einanber gu hrin*
gen, baS eine 3Bort: „Partez!“ «Reifen Sie ab!

Ser Sang roar aus. 3h führte fte auf ihren
Slap gurüd. 3h batte ben Sob im bergen. 3h
fagte fein 3Bort. 3h oerbeugte mih mafhtnenmä*
pig unb rooHte mih entfernen; ba rief fte mih noh
einmal gurüd unb fagte gu mir: „3h fhreibe 3b*
nen, benn ih liehe ©ie; aber reifen ©te ab! SBo*
hin foE ih meinen Srief richten?"

„Poste restante Köln", antwortete icp. ,,2e»
ben ©ie wohl, £ortenfe."

3n ben erften Sagen bei «DconatS Äpril oer*
liep ih Saris. Sergeblih oerfuhte ih eS, $ortcnfe
noh einmal oor meiner SXbreife gu fe^en. Sweimal
 
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