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Heidelberger Journal (64): Heidelberger Journal — 1870

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Nr. 150-176 (1. Juli 1870 - 31. Juli 1870)
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https://doi.org/10.11588/diglit.25213#0655

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feMBi

m i62.

$tmtratatq>nl* fl. 1. 3 f. in ftrifeettcrfl,
‘ Var* Sie $off ff. 1. 16 ft. «iettefjatyiig.

greitag, 15. Qult

Ilnjtiflen 3 Ir. t»ic ^eut^eüe, ‘■ei ftuähmfttf-
srtheilunß 4 !r.

1870.

gut sitttotiow.

®cr gänjlidf) formlofen An unb ÜSeife gegen*
übet, womit bic ftanjof. SÜc^icrun^ bie fpanifchc
i£hronftage fnrzüd) fo mpi’ejjüch aufgegriffen
unb fettbet behanbelt bat, bat eS ßd) ©reußen
offenbar jur 5|3fLi<^t gemäht, in ber ganzen Sache
burhauö formell, nach ber ßrcngßen ßtegel beö
©olferrehtö, beb bfploinattfheu ©rauhS unb An*
ßanbeS zu ßanbeln. „AuS £wflihfeit", tote wir
jc|t erfahren, batte fßrinz geopolb oon ^otjenjol*
lern bem Zottig oon Ißrcußett angezeigt, baß er
bie fpanifcfje Kanbtbatur annebme. (Sr hatte ben
König oon fßreußen nid)t um ©rlaubntß gefragt,
ber Äönig oon ißreußen hatte i^m nichts zu et*
lauten, nichts gu oerbieten. 3Me Antwort, bie ber
König oon @mS auS auf bie iingcßümen Stagen
granfrcfd)S Zu geben batte, foKcn wir erft erfat;-
ren, erfahren fie oieHeicbt beute noch — ihr 3nt)alt
ergab fid) auS bem Obigen oon felbjl. ©S war
©adje beS Prinzen geopolb, wenn er auf bie fpa*
nifebe Kanbibatur oerjicbten wollte, eS wirb Sache
ber Spanier fein, wenn ftc ihrerfeitS oon bem
©igmaringcr £)ohenzollertt abfeben wollen. Ob cS
©citenö ©reußenS feiner Seit flucj war, bei jener
höflichen Anzeige .ftcb beruhigt 31t haben, ob man
nfd)t( tvoßbent matt fein amtliches blecht zur
©infprahe hatte, bie familiäre Pflicht hätte er-
füllen Coden, oon jener Kanbibatur (o brittgenb
abjuralhen, baß oon Anfang an nichts barauS ge*
worben wäre, baS fleht heute nicht ju unterfueben,
SDlit Siecht hat, ber anmafiniben ©praepe ber gran*
jofen gegenüber, bie beutfehe treffe größtentbeils
ihre SÖleinung hierüber jutücfgehaUen, weil ihr ber
Patriotismus bieß ju gebieten fdjien. ©ie wirb,
Wenn bie allgemeine .jbißc etwas abgefüblt fetn
wirb, »fefleiebt noh ©clff)enf)fit haben, offen cS

hcrauOjufagen, bafihr ber SBerfuth, nicptKarlö V.
Shron in ©panien wteber aufjurichten, aber bod)
einem gewijfen romantifd)e» 3ug noebgebenb, einen
beutihen ^tinjen bahin gu oerpffanjen, wo ein
beutfdfcr Prinz nichts ju fd)affcn hat, niemals ge-
faden fonnte. 3)oh — bie ganje ©adjc war ja
Satnilienfache, ifl als fold)e bel)aitbelt, als
folche zum AuStrag gebracht worben: „baß ber
Erbprinz auf bie Kanbibatur oerjidjtet
Weil biefe eine „untergeorbnete gamilienfrage" fei,
bie nicht zum Porwanb cfneö Kriegs werben bürfe."
— Ob bie granjofen aufrichtig gejubelt, als fie
biefe Kunbe ocrnomnien? Ob ber griebe zwtfd)cn
Zwei Nationen, ber griebe Europas, ber Söelt —
benn fold)e SScbeutung hatte jene untergeorbnete

gamitienfvage bereits angenommen — baburd) ge*
ftdjert fein wirb? SDiefe gragen ließen fid) mit @e-
wißheit heute nur beantworten, wetttt man jeßt
fdjon ftd)ev barüber wäre, ob ber gättn über jette
gamiliengefchid)te ernftlich nur auS bem in gcanf*
reich periobifd) auftretenben Hebel ber patriotifepen
IBeflemmutigen (febris recurrens patriotica),
beffett Utfacpen oft ganz gerinfügig fein fönnett,
haoorging, ober ob bie fpanifhe grage Wirf*
lih nur ein SSovwanb war, eine beutfehe
grage ju evfinben unb fie jum Krieg gujttfpi^en-
3m erflerest gad hätten wir, nah einigen 3ttcfun-
gett bcS gegenwärtigen KranflteitSfadS, bengrie*
ben, im attbern — fo glauben bie ÜRetßen —
bejlo ßdjererben Ärieg. Sa3 Slrpeimittel, womit
im erfieren galle bie Äranfijeit geheilt worben
wäre, wäre bann afierbittgS gutmüthigerweife oon
Ocntfhlanb gerichtet worben, unb wenn bie gvatt-
jofen ©cfadett baran ftnben, eine ©elbfloerteuguiing,
bie ein beutfdier tprinj übt, als Oemüthigung oor
granfreid) anjufehen, fo mögen fie eS eben ttfun:
fte ftnb bod) wenigflenS einftwcilcn wieber geheilt,
u. wer brächte nicht einen gieberfranfett mitleibig
ju S3ett, aud) we"n ber Rrdnle in ber £ihe bett
|)ülfeleiüenben felbft anpaefen wollte? — 2Bentt aber
ber 8ävm um bie fpatt. Slatibibatur bcS beutfhen grinsen
nur ein SSorwanb war, wenn ber Krtegunoeruieiblid) ifl,
nun bann ifl bem neibifhen Slahbar wenigflenS aller
unb jeber aSorwanb jum Sbrleg , fleincv unb
größer, nal)er unb entfernter, g ä n 31 i d) g e n 0 ra m e n.
2)le SReifien glauben eS, baß bie fpanifche grage
nur ffiorwanb gewefen fei, bie Sfleiflen ntnffen alfo
auch bezweifeln, baß bie Sage burd) bäS @igma-
ringer Telegramm friebliher geworben fei. S3ie
aber, wenn ber Slboofat, ber fattm SRinißer in
ißaviS geworben ifl, nun bod? fid) Damit jufvieben
gäbe, gezeigt ju haben, baß er auch ein Staats*
mann fei, b. h- iw franjöftfchen ©ittn offenbar,
baß er auch |)äitbel anfangen föntte? 3®ie, wetttt
er ftcb begnügen würbe, flatt bcS oerunglüdten
„fratijöftfdjen Sabowa", ber SSolfSabflimmutig, je^t
bie (Sntfagung CeopolbS wenigflenS 311m frattsöft*
fhen Dlahob, ©falih, ober wie er wid, $u jlem-
pcln? — SBartett wir bieS ab uttb fprehen noch
einmal oon bem 33orwanb, ber nid)t mehr oor-
hanben ifl. — Söenn granfreid) ohne jeben
510 r w a n b Ärieg führen will, w'irb eS trgenb
einen Sllliirten haben? Samt eS ohne Sldiirte
Krieg führen? Sßirb Oeutfhlanb, att ftd) fhon
ebenbürtig ber franjöftfhen SOlaht — benn fd)wa*
her finb wir feit 1866 bod) nicht geworben —
außer ber adertrefflihflett ©tüije, ber reinen,

großen, guten ©ad)C/ bem ©taube ber 33er-
ihelbigung, nicht nod) anbete, )ei)r wevthoode, ma*
teriede Sllliirte ftnben? Unb in Oeutfhlanbfelbft?
Oie greuttbe ^reußenS ftnb beä bonaftifhen
StebengefdtmadS lebig, ben ber Krieg gehabt hätte,
wenn bie hohr|;5oßrr’ihe Katibibatur aufrecht ge*
blieben wäre; unb bie geinte fßrettßcttS haben
nicht ben leifeffen SSorwattb mel)r, ber ®er*
tragSpffidd fth ju entfchlagen. Oer SSorwanb,
ber granfreih genommen ifl, tft auch ihnen enU
jogen. 28ic ein föfann fleht Oeutfd)!atib ba, baS
gute dicht neben fth, jfbe. friebliebenbe unb loyale
ettropätfhe äRadjt hinter ffh, oor jld) einen gefttb,
ben republifanifd)e unb orleattifiifdw ©orgen im
3nnern unb jefjt hoppelt auh an ber fpanifhen
©ränje brüdett — ein Öilb, oon bem eine nod)
fo fehr erhihte, felbft eine frattjofifhe ißhantaftc
bennoch wieber jur Seftmutttg fomntett fonnte.

__(©. Wi.)

Ocutfchltmb.

äUütthen, 12. Suli. SBährettb ij3rettßen bis
jefct noh feinen Slttlaß genommen hat an bie bayerifefje
dtegierung bie Anfrage ju fteden: ob 33at)ern in
IBejug auf ben ©treit wegen ber 53efcßnng bcS
fpanifhett OhronS burd) einen .Sjohenjodertt ben
easus föderis int |)inbUd auf baS beftehenbe
@d)uh= unb Sduhbünbniß für gegeben erahtc, hat
ftherem SSernehntctt nah bie fran^ößfehe Regierung
oorgeßern 2lbeitbS burd) eine ÜRittelSperfon eine
hierauf bejügliche grage an unfere dtegierung gc-
rihtet. Oie Slntwort füll bent ©in ne nad)
gelautet haben: bie bai)erifhe dtegierung mache
ihre beftnüioe (Sntfhließung oon bem ferneren 33er*
laufe biefer Angelegenheit abhängig, werbe jur 3eit
ihre jurüdhaltcnbe ©tedung bcibehalten, fönne
jeboh fhon je|t bie ©erftcheruttg geben baß baS
baperifhe Solf unb fein König fth bon bem üb*
rigen Oeutfdßanb tiid)t trennen werben.

SJiinhen, 13. 3uU. 3» ber Abgeovbnetenfam*
uter hat bie Oebatte über bett SRilitäretat begon*
nett. Oer SDitnifter be§ Auswärtigen ©raf Srap
befämpfte baS ÜRilijfpflem. ©r fagte, ol)ue einen
tüchtigen $eeresfern würbe eine SUolfSarmee bie
©hlahtfelbcr jwar blutiger mähen, aber ben ©feg
nicht fiebern. Auh fei ber je^ige Augenblid, wo
SBerbanblungeit übet Krieg unb griebett fdjwcben,
unb wo man oiedeiht in furjer 3^1 über eine
gefhloffene, gutorganiftrie Armee oerfügen muß, ju
einer neuen Drganifation bcS feeres ungeeignet.

OreSben, 20. 3uli. 3Me ©ähßfhe Seitung
unb bie ©eifenblaffen, btibeS bejahUe |)ithingec

& n 1 ® n d 0 r a.

Aah bem Sagebuh eines StrjteS erjählt oon «- '.Diel?,
(görtfefeung.)

Unb bamit reichte er mir bie ^anb unb brüefte
bie meine mit folher fchetnbaren gnmgfeit, bafj, als
mir mäßrenb biefeS §änbebrude§ ptö^Iid^ wie ein
396$ ber ©ebanfe burch ben Kopf fdjoß, baß biefer
SRenfd) meinem geben bureß IDtörberhanb nahftetlte
ein ©cßauber meinen ganzen Körper bureffftrömte
unb ich, ohne zu miffen toaS ih tljat, meine §anb
auS ber ©einen riß! Aber im felben Augenblide
bereute td) auch f<han, was ich S^ßan, befonberS
ba ih merfte, baß ih burh biefe faß bcleibigenbe
^anblung ben Argwohn beS ÜJlarquiS erweden mußte.
3h fah hn an, unb baS unheimliche geud;ten feiner
Augen fagte mir genug! ©hneH hatte ih mid) ge-
faßt ur.b . - .

3h habe feitbem $unberte oon fötalen wohl an
jene Almuten gebäht; mein ©ebäd)tniß hat bie per*
jrocifeltßen Anßrengungen gemadjt, um fth über
jenen fo Derhängn ßooUen Augenblid dledienfdjaft
abzulegen. 3^ habe meinen ©eift zwingen tooden,
ben ©ebanfnyang zu zergliebern, ber tnih bamalS
baljin gebraht hat, jenes jhidfalsfdjwere 2Bort auS*
gujpvedjen, umfon'ß — es mar ftets utnfonß! 2ö;e
ein ©djleier legt eS fü) um mein tpirn, wenn td)
Wan zu benfen prtfuhe.

„$err ÜJlarquiS," fagte ih, „ih »erbiene 3hr SS3of)l*
wollen nid)t; mein ©emiffen ertaubt mir niht,
3h*en fo hoozlidjen §änbebrud zu erwiebern! ©ie
haben mid) wie ein greunb in 3hrem §aufe aufge*
nommen, unb oor wenigen ÜJtinuten habe ih mir
felbft bß§ 33erfprehen gegeben, SlaneS nidjt ju oer-
laffen, ohne oiedeiht 3orn/ SSenoiwung unb ©hmerz
in 3hr •ÖauS ju bringen.

„Sieben ©ie tm SSahnfinn? 3h »erfteße fein
SBort, ßaballero!" entgegnete er, einen ©djritt zu*
rüdtretenb.

„3h hubeöefhloffen," fuhr ih fort, faß wie im
Oraum rebenb, „ein Kleinob 3hfem C>uufe zu ent*
i toenben — ben foßbarßen 3hrer ©djäße; ih fühle,
baß ih Oonna ©aloabora liebe, ÜJlarquiS! 3h
werbe Ades auf Srben anwerben, bamit fie bie
Aleine werbe!" 3h h’elt *une, ih zitterte am ganzen
Köipcr unb faltet ©dpoeiß perlte auf meiner ©tirn.
60 war mir mit einem ÜJlale ftar geworben, baß
id) eine Ohorijeit fonber gleidjen begangen, baß id)
mih fperliw, ©aloabore» matjr f Jietnlii) einet neuen
©efaljr ausgefeßt, baß — 0 eS war üßabnßnn, —
gerabebem, roeidp'm cd; eS mit' ber peinlihften ©org -
fall hätte oerbergen (ollen, baS beraufdjenbe ©eljeim*
niß meines .y.rzens, w'e ein Kmb, wie ein Ovun-
fener ausjupianbem. (Joblid) wagte id) es, bie
Augen ju bem Jjia:qaiS zu erheben; aber wie

täufhte ih mih in ade bem, was ih erwartet
hatte.

®a war feine zornige ©tirn, feine finfter ge*
furchten ©rauen, fein Ijößnifh gucfenber ÜJlunb!
©eine gewöljnlih fehlt ölaffe ÜBange hatte ßh leiht
gerötljet, unb wenn auh oieüeid)t niht ohne An*
ßrengung, zeidjnete ßh nad) unb nah em faß gut*
mütfjigeS gäheln auf feinen Sippen.

„Vaya Caballero!“ fagte er; „©ie »erßefjen
e§, einem ÜJlenfhen gurdjt einzujagen. ÜJleine $anb
fuhte fhon unwidfüvlth bie Äaoapa, ih glaubte,
©ie hätten eS auf mein geben abgefeljen! ßarambal
3h hätte niht geglaubt, baß bie Oeutfdjen auS fo
erit;ünbfcarem ©toffe fabrijirt ßnb. Üladj einet
halben ©tunbe Konoerfation, nah her nichts weni*
ger als liebenSmürbigen Art, wie ße ©ie empfan*
gen, fhon oerliebt, oerliebt in folhnn ©rabe? Ülun,
j bei ber ÜRqbonna! OaS habe ih noh niht erlebt,
bei ©ott, nein! — unb biefe ®ragif in 3Örent
gamen ffitfen — bababci! — erlauben ©ie mir,
baß id) ladje, §err ®oftor— td; fann ntd;tanberä
— hahal)a!"

Sor ©ham unb 30rn errötfjenb, ffanb ih 00t
bem (llenben, bem meine namenlofe Albernljeit baS
mir felbft halb unbewußte ©eljeimniß meines §er*
ZcnS oerrati)en batte. 3h fudjte eine Antwort unb
fanb feine, ©lößlih jebod) warb er emß; eS judte
wie ein ©li$ burd) feine 31ugen, toelhe einige ©e*
 
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