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Heidelberger Journal (64): Heidelberger Journal — 1870

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Nr. 26-49 (1. Februar 1870 - 27.Februar 1870)
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JS 46.

Slbonncowntsprfi» ff. 1. 3 t. in #etbeIberQr
bur# bie 'poff ff. 1. 16 ft. merteljä&riß.

©onttetflag, 24. ftefcruar.

£ta3(ißen 3 fr. me ^etitjrile, bei 2Iugfunftö*
crtbeilung 4 fr.

1870.

detttfdjlattb.

SfarlSrupc, 21. gebr. 59. öffentliche @i|ung
ber 3»eiten Kammer. Unter bem Borfi| beb
Bräfibenten dilbebranbt. (©hlufi.)

Abg. Aäf: die ©rünbe beb Abg. Bauntfiarf
gepen ja auh gegen ben bt«perigen guftanb, nah
welhetn ja auh ber ©emeinbe bte öffentliche Armen*
pflege obliege, ferner fei gerabe ber Aufenthalt«*
ort, nicht bie Bürgergemetnbe, je|t bie |)etmatp
unb fonne baper, bafi bfefe« @efe| bie |)etmatp
nebme, nicht alb ©runb bagegen aufgcfüprt wer*
ben. Aebner fiimmt biefen ©efc|entwürfen ju,
weil fte eine innere Aotpwenbtgfclt feien. Aur be*
güctli«h beb @efe|e« über bie Armenpflege trolle er
einige fßunfte peroorpeben, weihe ipm einer Ab*
änberung ju bebürfen fepeinen. ©inmat mürbe
manche gabrifgemeinbe mit ber Uitterfiü|ung ber
Arbeiter belafiet, aub Weihen nicht fte, fonbern
blob ber gabrtfperr Bortpeil habe; hier fotltc im
gntereffe ber Au«gletöputtg bab ©intreten beb ©taate«
bie äberbürbete ©emeinbe erleichtern. ttebevpaupt
muffe eb ein Blarimum geben, über weihe« bie
©emeinbe $ur Armenpflege nicht beantragen pabe,
fonbern bei welchem ber ©taat cintrete. der
jtoeite Bunft fei bie Begrünbung beb Unterftü|ung«*
Wopnft|e«. die 2lrt unb SBeifc biefer Begrün*
bung »erb; ben nieifien Slnftop ftnben, ncimlicp
bab eine gewiffe Seit beS Aufeutpalt« ben Unter*
fiü|ungSwopnfi| erjeuge. den ©emeinben fei eb
fafi unmöglth, diejenigen ju übermachen, welche
ihren 2ßopnfi| bafelbft nehmen, ba nicht einmal
etne ©viläruitg gegenüber ber ©etnetnbe jur Be*
grünbung biefeb 2Sbpn'fi|e« notbmenbfg fei. Seben*
fall« mi'iffe für ben ©inseinen eine folcpe ©tflarung,
etwa bie gatirung oor ber ©teuerpebung, fefige*
füllt »erben, nah »elchetn ber Anfang«punft beb
Aufenthalt« befiimmt »erbe, der britte f)3unft
ber Befcpwcrtc fei ber Sefsug bc« ürctfeS jur of*
fenttich.tn Armenpflege. daburü) »erbe bie bisper
non biefem geübte freiwillige Armenpflege ertöbtef.
©nblicp «v bagegen, bafi bie Armen j»et Utt*
tetfiühungborte, bie |)eimatp«gemeinbe unb bie
Aufentpalt«gcnieinbe, haben feilen, daburep werbe
eine gegenfeiltge ßnwaljung beb Bebürfttgen oer*
anlafit.

Abg. Sen ber ifi gegen bie oorgelcgten ©nt*
würfe, dab im ©efe| fiatuirte SPrfnjtp ber swang«*
weifen Armenpflege fei nicht im gntereffe ber Armen;
baburch werbe bab Bewufitfein ber ©elbfioerant*
Wortlichfcit beb gttbieibuum« pefcfetx>a<ht, unb bie
fojialen dugenben unb bab ©prgefüpl beb Arhciterb

gefepäbigt; bte Armenpflege fei eben eine Pflicht ber
freien Siebe. Aucb gegen bab gntereffe ber ®e-
meinben unb Äreife oerftojje bie gwangSarnten*
pflege, die freiwillige Armenpflege, bab Almofen,
habe ben Bettel burhaü« nicht erzeugt, auch unter
bem jwangbweifen Arntenmefen !ann bureb Berbote
ber Settel nicht befeitigt werben, dir Arme oer*
lange aber nicht blob ©elb, fonbern auch Siebe.

@tant«mtmfierdr. gollp: Sffier eine gwang«*
armcnpjlege oerwerfe, ber hätte fepon löngft eine
Blotton auf Abfhaffu'ig biefeb bibher beftepenben
gnftitut« einbringen muffen; hätte bie Acgierung
bett Borfhlag gemacht, bie 3»«ngbarmenpflege ah^
jufhaffen, fo wären wohl Blätter jener Bartet bte
erften gewefett, barüber in ©ntrüjiung ju gerathen.
diefer ©ntwurf gehe übvigeub in ber 3wangbpfltht
gnr Armenunterflütsung weniger weit, alb bab hlb-
hertge 9fle<ht; er gebe niebt bem ©Injelnen ein 9ied)t
auf Unterfiühung, fonbern nur bem ©taat ein
Acht barnuf, bah bie ©emeinben unb fonjligen
ffierpfhhteten bie Unterftühungepfltht aubübteu;
ferner trete bie Armenpflege barnah ganj fubftbiär
ein. Ueberhaupt fomme eb nicht fo fehr barauf
an, ob einer aub 3wan0öbffftÜt ober freiwillig bie
Armenpflege alb oielmehr wie biefelbe geübt werbe.
Auh in granfreih befteheu in ben Bureauxvde
bienfaisance öffentliche Snfiitute jur einheitlichen
Drbnung beä Slrnienwefenb, nur fonnen bie @e-
meinben niht gezwungen werben, ju ben oott biefen
oerwalteten ©tiftungbeinlünften noh 3ufhuffe $u
mähen, wab offenbar ein unoollfommener 3U-
ftanb fei.

Abg. grep: Aufgabe ber Acgieruttg fei eb,
gerabe tn fojial erregten 3eften, burCp ©rlcihte-
rung beb Aufentbaltbrchtb unb ber Berehtlihung,
burh ©ewahvung ber Unterflühung bem Arbeiter
entgegeitäufommen. dieb grfhehe burh biefe ©nt-
würfe in oolicm fÖiahe. Snbbefonbere fei ber burh
bab Armengefe| gefhaffene U:tterüü|ungbwohnft|
ber SUJtgfcit angemejfcn; er befettfge bte btbherigen
Ungercchtigfeiten uub erleichtere bte freie Arbeit,
dagegen fet bie Seljiepung ber Greife niht im
Sntercffe bie|cb Snftitut«, inbem fte bie fonftfge
felbünnbige dlfätigfeit bejfelbcn hinbere.

Abg. Ätefer: der ©ebetnfe biefeb ©efe|ent-
wurfb ruhe auf bem Brlnjtp beb moberncit ©taatb.
der Äernputift fet bab Aufenthaltbgcfc|. dab-
fclbe erleihtere bie freie Arbeit, der ©taat foHe
ja niht blob bte Armuth he'lrn, er foU juerfl
berfelben oorbeuge«; baljer je|t bte ©prengung
ber wlrthfhaftlihen geffeltt, baper jene freie Be*
wegung ber Arbeitbfraft. ©o lange aber bie ©l)e-

j fhliefung oon ber Örtbbehörbe abpängt, gibt eb
feine ganj freie Arbeit, ba blob ber ©tnjelne,
niht aber bie gamilte bab Aieberlaffungbreht hat.
©hon tm Saprc 1862 fei ber notpwcnbtgjle dpeil
bteier ^Prtti§ipten bnrhgefüprt »orbett, peute werben
btefelben weiter gebaut. Seiber fonne man niht
fo weit, wie im norbbeutfhen ©taat gelten, bah
fogar bie- .&inberniffe ber Sanbeegrtnjen ln biefen
Bejicpungen aufgtpoben würben, dab ©efttpl ber
$)etmatb werbe burh biefen ©ntwurf burhaub
nicht jerfiört. denn biefeb beruhe auf bem Ber*
waepftnfein mit bem Bolfbtpcil, unter bem man
feine Sugettb jugebraept pabe, unb biefeb fei un*
jerftörbar burh folh« äußere Drgantfationen. ©in
flagbareb Aeht beb ©in^elnen gebe eb jwar ntht
barauf, bah er com ©taat im gaüe ber Aotp
unterfingt werbe; wopl aber eine Bfliht beb ©taatb,
ben ©inseinen, welcher ftcb fclbff ntht mepr er*
näpreit fann, oor bem dob burh junger ju
febüpen. die eingefüprte Övganifation werbe
unfer Bolf niht fcpwerer belaftcn; bab Beifpiel
©nglanbb fonne man niht anfüpren, ba gerabe,
feitbem bic bortige ©efepgebung fih ben pier ge*
gebenen ©runbtagen genapert pabe, fth btefe 3Us
ftänbe geänbert pahen. -die ©infüprnng eineb
SWeijaprigen Aufentpaltb sur Segrünbung beb Un-
terftü|ungbwopnfi|cb fet gan$ sweefntähig. denn
fowopl bie 3urütfweifung als bie darreiepung ber
Unterfiü|ung werbe sweefmähiger gefhepen, wenn
ber jn Unterhü|enbe ba »opne, wo er ben Unter*
fiü|ungbanfpruh Pabe.

Aebner pebt enblth als wohltpätig peroor bie
tn biefem ®efe|e fiatuirte degentraiifatfon ber
Armenpflege, b. p. bie Betrauung ber ©emeinben
mit berfelben; baburh napere fih bie Armenpflege
am metfint ber werftpatigen greiwiHigfeit. Anber*
feitb bie ©inpett berfelben, b. p. bie Berpütung
ber 3rrfplitterung in Berwenbung ber SAittel.j

die freie werftpätige Siebe allein fonne eine
oollenbcte Arntetipflrge niebt fhajfen; benn bie
fircplihe Armenpflege beS AlitfelalterS pabe felbji
bab Almofennepmen guiit oerbienfilihen SBerf ge*
mäht unb baburh fojiale 3«rüttung, Arbeit«*
fheu unb Armutp erjeugt. ©rfi ber moberne
©taat pabe eine oernünfiige Armenpflege gefdpaffen,
weihe nur eintrat, wo felbfiänbige Arbeit swm
Unterhalt niept auSreihte.

Abg. Aofiptrt: der Borrebner pabe boh bie
dpättgfeit ber ifirepe niht genug gewürbigt, nepme
ja felbft ber ©ntwurf bie dpütfgfeit berfelben in
Anfpruh. greillh fet bte @taat«=Avmenpflege
burh bie ftrhlihe niht unnötpig gemäht. — dte

flfltl

ta.

©ne ötjäplnng oon A. Siel?.

(gortfepung.)

,§ier, biefe damen!" faßt th, inbem icp ju-
tüdtrat unb fie bem Sonbucteur geißle ....

,,©d;neK — fepnett! AleSbame«! faßte biefer,
„wir fapren gleicp ab!"

gdp bin üherseugt, bafi bte bret damen ntht
gemufft paben, wie fte ln ben SBagen gefommen
ftnb, benn meine pöfliepen ©inlabungen oermifhten
fth bermafien mit ben bringenben SBorten beSSon*
bucteur«, bafi fte faft niht jur' Beftnnung famen.
9fur Slelia patte mir einen wunberbaren Blid ip-
fepönen Augen jugemorfen, — idp füplte tpn
mePe, als ih tpn fap, — unb idp jog mih fhneI1
an meinen Bfeiler gurücf. AI« ih aber wiebetuttt
einen jufäKj3en au^ p;e Diligence warf, fap
tep tote tpt Auge noh immer auf mir paftete; fie
patte tpr halbgeöffnete« Aeifefäcfcpen auf ^en ®h°h

gelegt, unb icp g[nen ^ranj oon gm*

morteßen, wie man fie im ©üben gemöpnlicp auf
©rüber am Sterbetage einer tpeuren Berfon nieber*
legt, in Per §anb ^ielt, — tep fap, wie fie eine
bet drauerlnospen aus pem 5jranj jog, — b'a fepte
fih bie diligence tn Bewegung — Glelia fap mih
fanft lähelnb an, hre §anb fireefte ,ficp jum
SBagenfenfier pinauS, bie Immortelle entfiel

iprer $anb unb fort braufite ber fcpwere äßagen
j auf bem Bflafter beä ©täbtcpenS.
r dafi bie gmmortelle mein ©igentpumfein fotlte,
unterlag feinem 3roeifel! — da« junge Btäbcpen
' patte gewifi erfapren, bafi ih hre Unterpgltung be*
laufdjt, — unb bie« mar ipr danf bafür, bufi th
ipr ben droft oerfepafft patte, auf bem ©rabe tp-
re« BaterS an beffen ©terbetag ipr ©ebet gen$ims
mel s“ fenben.

©hon mar bie lepte diligence au« bem §ofe
ber ©lation oon ©t. gean be Biaurienne, unb
noh immer ftanb ih finnenb an bem Bfeüer be«
Berron«.

gh will bem Sefer bie traurige ßrjäplung ber
neun ©tunben, bie ih in ©t. gean be Blaunenne
oerbraept pabe erfparen, th glaube ntd)t, bafi ih
mih tn meinem Seben mepr gelangmeilt pabe; meine
einige 3erftreuung war bie, meine Brieftafhe per*
oorsusiepen unb nahjufepen, ob ftp bie gmmortelle
auep fo eermaprt pätte, bafi e*n Berlieren berfelben
unmöglich fein würbe.

©egen Abenb, — furse 3e't oor bem Abgänge
ber neuen diligencen, fam ih auf bem Baron mie*
ber an . • • unglüdlihorwoife patte ih, meinen
dräumereien nahgepenb, mih otn wenig »erfpätet
unb fonnte nur mit ber attergröfjten Blüpe ben ein*
gtg noh übrig bleibenben oben auf ber gmpe*
riale erpafepen.

§atte ih Unreht, lieber Sefer, al§ ih dir am
! Anfang biefer ©rsäptung fagte, bafi ih ba« Aetfen
grünblicp oerftänbe; bafi ih ein Bleifter ber Acife*
funft wäre? du fiepft bie grühte meine« SBiffen«:
in einer eiäfalten Aaht, gtemlth leiht angejogen,
foüte ih feh« bi« acht ©tunben oben auf einer di*
ligence swifhen einem Bieppänbler au« Annefp unb
einem ©aftwirtp au« BlontmeiDon — oerbringen,
unb biefer ©prenplap fofiete mih f i e 6 e n j t g gran*
fen — (fiep reepne niht bie telegrappifcpe depefhe
oon ßpamberp), benn bie damen — tn ber @tle
— patten gans oergeffen, mir ben Betrag berBläpe
be« ©oupe« wieber su erfiattenü

@« ift ein perrlthe« ®iug, wenn man ba«
Aeifen fo grünblih wie ih oerftept, wenn man alle
gufälle oorperftept, telegrappifhe depefheu abfen*
bet, um fih einen Bla| tm oorau« su fihern unb
fih eine AeifegefeUfcpaft au«mäplen su fönnen!...

ga, aber th befafj in meiner Brieftafhe eine
gmmortelle au« bem franse, ben eine fromme doh*
ter am anbern dage betenb unb weinenb auf ba«
©rab ipre« Bater« nieberlegen würbe !!

2. V

gh patte durin feit einigen gapren nidpt gefe*
pen unb fanb e« in jeber Sestepung oeränbert; frei*
lih war e« feitbem bie §auptfiabt eine« Äönigrei*
he« geworben unb glaubte opne 3weifet, eä auep
 
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