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Heidelberger Journal (64): Heidelberger Journal — 1870

DOI Kapitel:
Nr. 101-125 (1. Mai 1870 - 31. Mai 1870)
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M 118.

2ibomittnettt«pr<ii ff. l. 3 f. in -fcetb'el&erß,
bur$ bie 3ßoff ff. 1. 16 fr. ffiertäjaljrig.

@amf*ag, 21. 9M.

$n}*ißcti 3 fr. bie 'Petitjeile, bti »«öfurtftß'
ertbeUunq 4 fr.

1870.

MiHiärifdje Pcttfiontcmtgcn.

Sn jüngffet 3flt v»(vb wicber in ber ßanbe«*
^rcffe oiclf ad) erörtert, inwieweit bie gaplreihen
Venftonirungeit unter bem Offtciercorpö gerecht*
fertigt feien. Sen wieber^olt geankerten Vebettfen,
bap Scanner »on anfheinenb gvoper förperlidjer
Vührigfeit, bie int Sßriöatleben mannigfachen au*
ffrengenben Vcfhäftigungen unb Untergattungen
fid) gewaepfen geigen, gleichwohl al« Venftonäre
and bem Slenfte fdjetben, halten offigiofe ©orre*
fponbengen entgegen, bap eben jeber wegen förper*
lieber ©ebredjen gu weiterer Sienffleiftung unfähige
Dfftgter bie ßurubefefcung gu »erlangen ein wot)l-
begrünbete« 9tedjt ^at>e. 3« ber Spat wirb aud)
nid)t »erfannt werben bnrfen, bak bie Inforberun*
geti,.weld)e ber Sfenff bei ber gaf)ne auch an bie
lorperlieben Kräfte fiettt, gang anberc ftnb, al« im
©loilbienffe, unb bak bentnad) bauftg genug Offt-
eiere au« bem Sienffe auöfc^eibeit muffen, bie in
attberer Veruf«ffet(ung nod) lange hätten au«harren
lönnen. SRan wirb aber bod) auch barauf bebaept
fein muffen, baff eben infolge biefer Verpältniffe
ber gut 9tul)c gefegte Dfficier ftd) in anberer Sage
befinbet, als ber ©oilbiener, ber nur bei pollfiän*
biger Irbcit«unfäpig!eit feiner Seiffungett enthoben
Wirb, Wäbrenb genern auch nad) ber Venffonirung
nod) bie ffJiöglichfeit bleibt, burd) eine weniger mit
lörf>erli(f)ett Inffrengtingen »erfnüpfte Spätigfeit
für feinen Unterhalt gu forgen. lud) wtrb nicht
|u überfehen fein, bak, wie bie ©vfaprung geigt,
bei ber langen Stffe bev bie Sienftunfähigfeft be*
8Tünbenben ©ebredjen, Dffigteren bie 3Jtöglid)teit
geboten ift, auf ®runb Pon förperlidjen VJängeln,
bte fie, fo lange ihre bienfflidje Stellung ihnen gn*
fdßtc, nicht gu poch anfhlngen, fobalb biefe Vor*
auöfcpung wcgfäOt, ihren Siftiftritf au« bem aett*
Pen Sicnfie ohne eine gu empftubliche Schmälerung
ihre« bienfilichen ©tnlommen« gu potlgiehen.

Db ba« für bie rechtliche Stellung ber Offictere
makgebenbe ©efep Pon 1831 biefen Sert)ältniffen
»olle Vücfkht trägt, bürfte bahitijiehen. @« flammt
au« einer Seit, in ber man bte militärifche Sauf*
Bahn potgug«weife al« eine paffenbe Vevforgung
gewiffer foctaler Äretfe gu betrachten geneigt war,
unb hat ftch ungeachtet ber oben berührten Ver*
fehiebenheiten ber tßerhältnfffe ber Hnuptfacpc nach
an bie für ben ©»übienff gelfenben ©efe^e ange*
fchloffen. ßßtrft man einen SSlicf auf bie für bfc
preupifepe Irmec geltenben Vorfchriften, fo ftnbet
man, bak Ijfcr bic Stellung bev Offtcieve eine weit
weniger künftige ifi unb bak ungeachtet ber Vücf*

flehten, welche bie Sorge für bie Sdjlagferttgfcit
be« $eeriö gebietet, bod) aud) eine nnnöthige Ve*
laffung ber Staat«faffc oermfeben ifi. Dfftciere,
bie nicht burd) eine unmittelbar im Sienffe er*
littene Vefd)äbigung, fottbern nur in golge be«
Sienffe« gur gortfepung beffelbett unfähig geworben
finb, erhalten nämlich in Vwupeit, fo lange fte
nicht minbeffen« 15 Sienffjaljre gäplen, gar feine
f|3enfton. Vttr au«ttahm«wctfe wirb ihnen für einige
Saljre, bi« fie für eine anberc Sejiimmung ftch
haben »orberciten fönneti, ein SRuhegehalt gewährt.
Sann bleiben aber auch bet einer 15 Sabre über*
fieigenben Sienfileifiung bie i)3enfion«fähe hinter ben
in Sabcn geltenben gnrücf, fo bak bie ©ittbnke,
welche ber Dffteiet bet feiner Ißenftontruug evteibet,
befonber« wenn man bie höheren preukffeben ®agen-
fäfje beachtet, fel)r erheblich erfefjeint unb gegen
ni^t »otlftänbig gerechtfertigte ißeiiftonirungögefudje
wohl gn fchühen permag. 33eifplel«we{fe fei hier
angeführt, bak berißremierlieutenant in Sabeit ol«
jährliche fßenjton begieht: nach 10 Sienfijahren
392 fl., nad) 30 Sienfijahren 504 fl., fnlßreuken
im erfien f^alle fftidjt«, tm gweiten 385 fl.; ber
£)auf)tmann II. klaffe fnSaben nach 10, 15, 20,
30 Sienfijahren: 616, 660, 704, 792 fl.; in
Ißrcuken 0, 406, 630, 630 f(.; ber Dberfi erfiev
Älaffc in Saben: 1680, 1800, 1920, 2160 fl.;
in ißveuken: 0, 1163, 1776, 1776 fl. Inhabern
ijt aber gürforge getroffen, bap bie penftontrten
Officicve eine ilfrer SBefähigung entfpredjenbe 33er*
wenbung tm Sioilbienfte ftnben, woburd) bie ißeu*
ftonötafi eine erhebliche älttnberung erfährt.

Sa unjere Sioifton nunmehr burd)Weg nad)
pveu§iid)em 33ovhilbe ovganijtrt ift, fo wirb ftch
fragen, ob nidit auch bie fßenftonöoerhältntffe einer
ifteotfton uutergogen unb bie nötigen lenberuttgen
ber befiehenben ©efepe ben näcbftcn Sanbtag bc-
fd)äftigeu fönten.

Seutf erlaub.

9iuS Öabcn, 18. fDtai. Sem SJernehmen nad)
Werben bem nad) ft bic fath- ©eifiltchen, hefon*
ber« bep oberen Sanbedtheile, in Dffenburg gu einer
Äonfcreng gufammentreten, nm Schritte gu beraten,
bte firchlicher Seit« ben ©intvitt tu ben Drtdfdjul*
ratl; ermöglichen. Schott Por 3 Sah reu fanb itt
greiburg eine äl)nlid)e 33erfammlutig flatt, gebtlbet
au« ben gewählten Vertretern ber etttgeltten Sefa*
nate; 16 biefer Herren ftimmtett bamal« für ben
(Eintritt ber ©ctfilidjen in ben Drf«fd)ulrath unb
23 bagegen: ein in Inbetracht bev bamaltgcn
Söühlereicn fe^r günkige« ©rgebnik- äßir freuen

un«. wahrgunehmett, ba§ je^t tu ber Vfchrgahl be«
ftleru« bte Uebergeuguttg gunt Surchbruch gefönt*
nten, bap bie Haltung ber Äurie in ber Schul*
frage eine burchauS perfehlte war. Sie gefejgliche
Vere^tigung ber ©etfilichen, tn ben Drt«f^nlrath
eingutreten, hätte, fo foftte man meinen, al« etn
bebeutenbe« Sugefiänbntp mit Inerfennung auf*
genommen werben füllen, fiatt beffett fdjühte man
por, nach ©runbfähen ber IWoval gu hanbeln,
wenn man ftch be« 9ted)te« begebe, in bie Ort«*
fchutbehörbe eingutreten. fDiatt bet()euerte, bnrch
ben ©intritt in biefe 33el)örbe alt all bem „Un*
glücf" mit S^ulb gu tragen, welche« burd) bte
neue ©chulorganifation entflehen würbe, unb fo
mupte offtgieü ba« Sieb gefungen werben, bie Äirche
fei gur Schule hinau«gewtefen. S» Söirflichfeit
aber glaubten biefe |)hptrfatholifen, burch licht*
betheiligung am ©chulwefett bie Unmöglid)feft einer
gebefhliihen Schulleitung wenigpen« auf betnSanbe
flar gu legen unb batnit einen ^ebel gu gewinnen,
bie Staat«bel)örbe in ^inficht ber Sd)ttle gu wei*
deren ßugefiänbniffen an bie Äurie gn oeranlaffen.
97utt fcheint man gur SRegierung«wei«btit Vom«
guvücffehren gu wollen, ba« flet« foroteftirt, wenn
matt il)tn etwa« nimmt, aber aud) ftft« bebält,
wa« man ihm läpt. Sap bie fEnrie in greiburg
proteftirte gegen eine Schmälerung ihrer früheren
Sefugttiffe, hat ihr Vietnanb pevargt, ba« aber
fonnten »tele, fclbft ftrengftrchltihe ©eiplidhe nicht
begreifen, bap man auch ba« hinweg warf, wa«
man hatte unb brauchte, nur bamit man mit Ur-
faepe hätte, Särm gu fdjlagen, al« hätte man e«
nicht. 9Str wiffen, bap unter ben Herren, bte in
Dffenburg ftd) oerfammeln werben, nicht Wenige
ftnb, bic aufrichtigen Itttheil nehmen nicht nur an
bet Teligiöfctt, fostbern aud) an ber Vübung be«
Volte« überhaupt; bietet fte ihre Sienfie ihren Vlit*
bürgern, fo füllen fte al« SRitgliebev ber Shul*
behörbett be« Sanbe« wtllfommen fein. äJiödjten
fte bod) batffn arbeiten, bap gegebenen gatle«,
fiatt wüftem Soben gegen ftaatUdje ©inrich*
tttngen, auf ben Ronferengett aud) bie Siögiplinen
an« bem Verethe ber Väbagogif gum ©egettffanbe
ber ©rörterutigen gemäht werben. lu« ben oft
reihen Vittteln ber ßaptteldfaffen füllten afljähr*
lih befftmmte Summen für päbagogifcbe SOBerfe
Vevweitbnng ftnben unb bie jungen Herren ange*
halten werben, pon 3tlt 3«lt über Shulftmbe,
SRethobif, Sibaftif u. f. w. luflape gu liefern
uttb bfc«bcgüglt<he praft. Uebungen povgunehmett,
bamit Snteveffe an ber Shule erwache unb jette
^Befähigung erretht werbe, bte ben „geborenen

deprüft urnl hphri

lopelle »on Otfrib SDtpIiu«.

(gortfefeung.)

Vtelanie lieg ba« fföpfdjen hängen, um ihre Sl)rä*
nen gu Perbergen, unb Dnlel Vubolf überliep ihr
ben Vrief unb enthielt ftch aller weiteren Venter*
tttngen; er fdffen gefliffentlidj ben Vamen gorberg
niht mehr nennen gu «tollen, unb »ermieb fo*
gar jebe Infpielung auf ihn.

Vier SBocljen lang war lein weiterer Vrief non
®bwin mehr gefommen, unb ber innere .Üatnpf,
Leihen 5Relanie gegen jene Veigung gu bem jun*
Öen Viufiler fämpfte, war beinahe entfhiebett. Sie
hatte fid) in fitUer (Srgebung mit bem ©ebanfen ner-
tfaut gemad)t; bap (Sbwin’« Verwanbter biefe Ver*
bmbung nicht billige, unb bap (Sbwin felbft niht
gegen ben SBillen be« ©eheimevath« hanbeln
wage. $ampf nnb biefe Vefignatton

war bem jnngen ajjäbdien ntht letht geworben,
benn fte hatte ifjn aßejn burhfehten muffen, ohne
eine Vertraute ober greunbin, ohne ein liebreiche«
nüpeube« Vlutterherg, ohne ein tröftlihe« 3Bovt oottt
'«eng uvtfpilbnben öpeim. —

@ö war ein fhönej ficntenheller fithler SOtafS
(1t,enb, unb hcelanie fäff ffrifenb im ®ammcrlicf)t
0,n offenen genfter, möfjvcflb Dnlel Vubolf rauhenb ;

unb finnettb im ßtmmcr auf» unb abging, Sa hörte
SRelanie plöplich einen befannten ©hritt braupen
auf bem Srottoir ffh bem 3aun nähern, falj eilte
wohlbefannte ©eftalt unter ber geöffneten ©arten*
tpüre erfheinen unb erbebte oor gewaltiger innerer
©rregung. Veoor fie noh ihre Irbeit beifeite ge*
legt unb ftd) ber Shüte genähert hatte, trat (Sbrotn
gorberg in bie Stube, fo freunbltd) nnb fröhlich,
al« wäre ba« Heine §äu«hen feine ^eimatp uttb
Dnlel Vubolf unb VJelanie feine beften greunbe auf
ber gangen 3Belt.

„®ott grüpe Sie, gräulein §effOorn!" fpradj
er mit bewegter Stimme, erfapte Vielanie’ä ^anb
mit ber alten §erglid)feit unb fhaute ihr mit fei*
nem weihen, liebreihen, gewinnenben Vlicf in bie
lugen, fo bap er im Vu ipre gange ©ntfagung
über ben Raufen warf unb fte IHe« »ergap; ihre
Irmuth unb fhlihte Gcrfheinung unb einfahe ©r-
giehung, ihren ©ntfhlup, ffh feiner gttufton mehr
feinetwegen hingugeben, ben möglihen SBiberwiHen
be« ©eheimerath«, bie Tarnungen non Dnlel 9lu-
bolf u. bgl. m.

In* Vubölf ^»eßborn fefien fo iiberrafht unb
erfreut non ber unerwarteten 9füc!tel)r be§ jungen
SjJtuftlleljrer«, non beffen ftd)tlihem Vergnügen, fid)
tnieber in bem altnertranten ßreifc gu fefjcu , non
bem perglidjett Sone nnb Venepmen ©bwtn’« gegen
’Welanic, bap er felber einen freuttblihen traulichen

Son gegenüber . Pütt ©bwin fanb, unb mit einem
gewiffen beweglihett gntereffe auf bie ©rgäpfung
hörte, weihe ber junge gorberg non feinem Verlt*
ner Iufentl)alte gab. In« ©bwin’ä Sh'lberungen
ging gtnar niht genau hernor, ob er bem ©eheime*
rathe feine Veigung gu ffRelanie geftanben unb ob
berfelbe fte gebilligt hatte, ©ooiel aber mar Har,
j bap bie Hoffnungen Sbwin’« auf feine« Dheim«
Unterftüpuug ffh ntht 9«ng oerwirHiht hntton, benn
ber junge HuftHeljrer war mit bem ©ntfdjluffe gu*
rüdgefehrt, oorerft auf eigenen güpen gu fiepen unb
ffh non bem Dheim unabhängig gu erhalten, baper
gunähff ln feiner befheibenen Stettung am Ifdjer*
fhen gnftitut gu nerbleiben. @r patte in ;33erlin
intereffante Vefanntfhaften gemäht nnb niole« Schotte
unb Sehrretdje gefepen nnb gepört; er patte ©eie*
genpeit gepabt, manherlei Vergleihc gwifhen In*
bereit unb fiep gu giepen, weihe tpeil« ermutpigenb
tpeil« entmutpigenb waren. Iber ©in Stein be« In*
ftope« war in feinem SBege aufgetaudjt in ©effalt
einer Uamfett Haafe>, ber VSirtpfhafterin unb Ver*
trauten feine« Dpeim«, weihe auf benfelben einen
mäpgebenben ©influp au«guüpen unb nidpt opne
Vetb ba« gntereffe be« ©epeimenrath« für ben 9?eff
fett gu benterfen fdpten, nnb bie bic offenfnnbige
llrfache gur Helwfepr ©bwin’« nah Drtpeim gerne*
fen war. *'

©bwtn hatte ben ©ntfcplup gerafft, feinenreiepen
 
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