Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Heidelberger Journal (64): Heidelberger Journal — 1870

DOI Kapitel:
Nr. 77-100 (1. April 1870 - 30. April 1870)
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.25213#0311

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
lUottiwnwjitsprrts fl. t. 3 f. in -öeibelberß,
burcfc btt: yoft fl« 1. 16 fr. Dicrttija&rtß.

ftmtag, 1.

3 fr. Me 'JJetitjetle, bei 8u6funft$*
frtöetlung 4 fr.

1870.

dtnlaimng put IBonncment.j

Auf bab mit bcr heutigen Anmmer begonnene j
neue Abonnement auf bab II. Quartal beb

friMkrßer Journal

nebft bev wößentltß erfßeinenbcn ©etlage

pae i)a«ö

(fgHuftrirte Srauenjeitung.)
laben wir ßierniit wieberßolt ergebenß ein.

Surß bie wertßöolle «Beigabe beb leßteren
©latteö, iß ber $aubfrau btc befonbere Aufgabe
evfpart, für eine in feiger 3cit unentbehrlich ge*
worbenen grauett'BdtUMg, u'ib flluuben mir ba»
ßer auch einer weiteren günßigen Aufnahme ent*
gegenfeßett gu bürfen.

IWF“, Ser ©reib beb £)CiÖcU>crgcv Sounialö
beträgt für beibe Blätter ötertcljäßrUß mit

1 fl. 3 ft.

B. C. 2>te Soge i» SBiittfentBerg.

Schneller, alb eb bie gelben bcr Agitation felbß
erwartet, ift ber württembcrgifße £)ercnfabbatß gu
einem oorläuftgen Abfdtluße gelangt — freilich/
nißt gerabe naß bem ©efßmaif beb großbeutfß»
«Uramontan * republifanifdten greunbfßaftbbunbeb.
2Int 22. b. 2Rtb, butte bab oor bereiten fce SCreffen
gwifßcn üJarnbüler unb ©ßott fiattgefunben mtb
war mit einer ©ßlappe für beit Sßremfer — nißtb
Ungewößnlißeb meßr — gu ©nbe gegangen 5 jeßt
eben rufiete ft<h de brotige «Schaar gum .fDaupt*
jßlage, gur ©ernißtung beb „gtußgcfeßee" —ba
ientmt bie fDlintficrfvfftO unb mit iftr bie Verta-
gung beb Sanbtagb. Aid)t baß biefe Ävife aub*
braß, fam fo unerwartet; fte war ja alb erße
©tappe in btefem gelbguge inb Auge gefaßt. Aber
wie fte aubbraß unb wie fte fid> lobte —bab ift
ba« Uncrßörte. £>atte man boß baöon geträumt,
baß aus ber Afße beb Aftnißeriumb SSarnbuIer ein
©abinet ©vebft, ben ©ßwargen wie ben Aotßen
gteid) geneßm, crßeßen würbe. Adeln, ©arnbüler,
ber oieigewanbte, bleibt, ber eßrltß nationale Äricgö*
minfßcv 0. SBagner freilich geßt, aber nur, um
bem „preußifßßcn SRilitär in gang Söürltemberg",
bem ©cnetalmajov 0. ©uefow, $laß gu maßen.
Ser SRintßer beb Sintern, ©eßler, weither bem
tollen Sreibcn ber ©otfbpavtei untßätfg gugcfßaut,
wirb burß ©ßeurlen, wie eb fßeint, einem Aiantt
Bon feftern ©riff, erfeßt, unb gur beffern gdußra*
tion beS (Sangen wirb auß ber großbeutfße Äui-
tubminifter ©oltßer entlaffen. 2Bte ein ©Ißgßraßl

aub ßeiterm Fimmel ßat biefe äöcnbtiitg bie günf*

I ltnboterjig getroffen, weiße bem Adiangoertrage :
mit ©reußen ben Sob gebroßt. Sn »crgweiflungb» j
»ödem ©ßtnerge maeßt ber großbeutfße Sßeil ber |
©erbünbeten feinem bergen Suft über ben ©er* j
ratß, ben berfelbe an ißneu begangen, beffen
| rae victi3 fte im grüß ja ßr 1866 gugcjubelt, mit
bem fte iiocß 2 Saßre guoor, nn bemfclben 24.
AJärg, in ben SoOparlamcntbwaßlen ben herrlichen
©ieg gefeiert. Offen befentten fte: biefer SRinißer*
wecßfel i|t „ein ©ßlag inb ©cftßt," iß „bie bru*
tale ßutfitfweifung einer gu gemeinfamer ©erfol*
gung eineb Baren ßicleb oft bargebotenen £tanb."
Anbererfeitb tßut bab 2Ranifeft ber SSoltäpartci
bem württembergifßen SBolfe $u wiffen: „|)err 0.
©tnfow, ber neuernannte Ärtcgbminißer, in weit
ßbßerem ©rabe, alb ber abgetretene, ber allejeit
willige ®oUßreder ber militärifeßen ©ebote ipreu-
ßettb, iß bie lebenbe Scbvoßung unferer ©elbftän-
bigfeit." Unb ber „Seobaßter" fpiclt bie erläu-
ternbe Scgleitung ju biefer äRelobte, inbern er aub-
ruft: ,,ÜBenti Jemalb ein S2ame für bab ©efüßl
eineb S3olfeb bemütßigenb, oerleßenb unb ßeraub-
forbernb war, fo iß cb unter ben gegenwärtigen
Umßättben in ÜBürttemberg ber üftame ©utfow." j
„Sab Canb wirb auffßauen unb auffdiauern1' —
jammert er an einer anbern ©teHc — „über folßc
äßirfung feiner Bewegung, bie bab ©egentßeil oon
bem bringt, wab es* bamit wedte."

Unter bem iragifomifeßeu ©inbrutfe biefer 2a-
mentattonen unmittelbar naß bem wüften Srtumpß^ j
gefßrei ber Sanbebo rjammlung, weiße bie Sßolfb»
Partei am 20. b. 9R. in ©tuttgan abgeßalten, iß
e3 fßroer, ßcß bie waßre SEragweffe beb 3Rinißer-
wedtfelb Bar $u maßen. Auf ben erßen S3liß
fleht ftß bie @«ße ziemlich ßavmlob an. Sie üer-
einigten ©roßbeutfßen unb Semofraten ßatten an
bie IRegiemng bie SSitte gerißtet, im üRilit&rbubget
burß mögltcbße $erabfefttrtg ber tpräfenjäcit unb
SSerminbevung ber Äontingentbjiffer ju fparen. Ser
Äriegbminißev, weißer btefem ©vfußen nißt nad;-
fommen gu fonnen glaubte, trat jurütfj cb erfolgte
bie Aeubllbung beb atiintftrriumb ln ber aubge-
fproßenen Abftßt, ben 3Rilitä,retat mit Süüßftßt
anf weitere ©rfparuttgen einer nod)maligen Prüfung
ju unterließen. Ueber babäßte ber ©rfparniffe gibt
bab ofßciede Organ ber württemb. Regierung Auf-
fßluß, inbern eb eine Sefßränfung beb govmationö-
ftanbeö ber Sinie, bie SBerminberung beb SRefruten*

< bebarfb, ein ntebrigß juläfßgeb üRaß ber Sprafen^

\ Jett unb ©rldctitCTung ber ©ontroloorfßriften alb
in 23ctraßt genommen bejetßnet. »

: Sab wäre alf» ein oodßänbigeb Aaßgebeu

[ ber ^Regierung. AUein, bie ©aße liegt anberb.
i Aißt adetn auf eine Acnberung ber mititäri -
| feben, fonbern and) auf eine jolße ber pbliti -
j f ct) e ti (Stellung ber Aegierung war cb oon ber
großbeutfd)=bemofratifd)en Ciga aßgefeßnt. ©anj
Anbcreb, alb moglicliß große ©rfparniße, lag in
bem Anträge bcr gitnfunböicrjfg ; bab Äriegbbienß-
gefeß oon 1868 feilte abgefßafft, ber Adtanjoer-
trag mit ^Preußen bebetttungblob gemaßt, womog-
lieh gang befeftigt werben. Unter biefett Untßän^
ben liegt aUerbingb ber ©ßwerpunB ber Antwort,
bie auf bie breimonatliße ^Bewegung gegeben wor*
ben, weniger in ben ©evfpreßungen ber Aegicr-
ung, alb in ben fßerfonen ber neuen SBlinifier.
Unb naß biefer ©eite ßin iß ©ufow fretliß bie
beutlißße Antwort, bie in Stuttgart überßaupt
gegeben werben fonnte. üJiag eb bemneuen Jlrtegb-
minißer oiedeißt gelingen, ein SBunbev üott ©par-
famfeit gu Icißcrt — baß bab ißrinjip ber gegen-
wärtigen |)eevcborganifatfon unb bamit bie ©runb*
bebingung eineb wirffamen Aöiangüerßältnißeb mit
bem Aorbbunbc aufreßt erßalten bleibt, bafür ge*
wäßvt ©ucfow’b SSergangenßeit bie ßßerfte 39ürg-
| fßaft.

Sßab wirb nun oon ©eiten ber Oppoßtion ge-
•fßeßcn? SRogliß, baß bie Saßmeren unter ben
©roßbeutfßen angeftßtb bcr ©rBärung beb ,,©taatb-
angefgerb", baß bie Aegierung bie ©elbßßänbig*
feit SBürttembergb Waßren werbe, mit fBavnbület
| totebet grieben gu maßen fußeng bie SSolfbpartei
itibeß wirb fdjwerliß baranf oergißten, bab fianb
in eine neue unb oiedeißt etwab weniger ßarm*
lofe Aufregung gu ftürgen. Söelße ©tedung bie
Aegterung bem gegenüber einguueßmen gebenft,
fßeint in bcr ißerfon beb neuen SRinißerb beb
Snuern angebeutet gu fein.

SßBir ßnb weit baoon entfernt, unferm Aaß-
barßaate eine ©poße beb Abfolutibmub gu wun-
fßen; füllte fte aber fommen, fo mag ßß bab
württembergifße ®olf bafür nißt bet feiner Ae*
gieruttg, fonbern bei f)rn. Äarl SAaper mtb feinen
greunbett bebattfen. ©ine äRaffenagitatfon fann
erfptteßiiß fein, toenn ßß ißre föeßrebungen auf
bem S3oben ber realen Acrßältniße, tnnerßalb ber
©rengen beb ÜRoglißen bewegen: oerlieten ße ßß
in bab Aeiß ber Sräume; fo fonnen ße gar leißt
einen Sguuft evreidjen, wo eb bie ©taatbgewalt
für gut ßält, bie fonberbaren ©ßtoärmer gur I8e*
ßnnung gurüßgufüßren. Aon bergen wftnfßen
wir, baß bab fßwäbifße IBolf oon felbß, oßne
Seißülfe einer unangeneßmen ßection, gu biefer SBe-

Sir J&tonacÄ Am Jnfea.

@cgdßlung oon Satl gtenjel.

1.

An biefem fünfunbgwattgigßen Alai mar ber
«gräuttgam angefommen. Aißt gerabe erfeßnt unb
erwünfßt, aber, wie ber ©raf fagte, würbe fo boß
enbliß biefe unbeßagliße, nur altgu lange fßon mäß-
renbe «Spannung gu einem leibltßen @nbe fommen.
Unter allen feinen ©utbnaßbarn war eb ein öffent*
lißeb ©eßeimniß, baß ber ©raf SBalbßelm feine
älteße breiunbgroangtgjaßrige Soßter 3Relanie mit
bem reißen Eaufßerrn Alßert Aömer nißt aub fei*
ner ober beb 'IRäbßenb Aeigung, fonbevn unter bem
Swänge fßlimmer unb trauriger Serßältniße oer*
ßeiratßen wollte. SBelße tragifßen Auftritte, eße
eö ä« biefem fBerlöbniß gefommen, gwifßen iBater
uub Roßtet ßattgefunben ßatten, barüber wußten
bie näßern greunbe unb noß meßr bie Sienerfßaft
be§ §aufe§ erßaunliße, freiltß auß feßr unglaub*
würbige Singe gu ergäßßn. Senn wab offen ber
Söelt oorlag, toar nur bieb , baß ber junge
$aufßerr unb btc ßolge ©täßn feit einem ßalben
Saßre oerlobt waren, öfters ©riefe mit einanber
weßfelten unb ßß, bem äußern ©ßein naß, mit
gutem Anßonbe in ißt ©cßicffal gefunben ßatten.
•öieb wenigftenb ber ©räßn gu netfüßen, würbe oon
ißren SBerwanbten oerftßert, baß ber .«Kaufßerr unb

gabrifbeßßer, bei einer beoorßeßenben geßlißfeit in
\ ber fürßlißen gamilie be t Sattbeb, wegen feiner
| SSerbtenße um bie oaterlänbifße gnbußrie in ben
| Abelbftanb erßoben werben follte.

Sab gange §aub beb ©rafen SBalbßelm, greunbe
' unb ©erwanbte, bie ßß gut geier ber §oßgeit ein*
gefunben, unb noß meßr bie Siener, oon bem alten
§aubßofmeifter, ber fßon unter bem S3ater beb @ra-
fen fein Amt oerwaltet, bib gu ben ^üeßenmägben j
ßinab*, ßatten ber Anfunft beb ©väutigamb ood
©rwartung unb Unruße entgegengefeßen. Um fo er*
ßäunter waren fie, alb nießtb in ber fßerfönlißfeit
unb tn bem Auftreten beb $aufßerrn gu irgenb wel*
ßen ©emerfungen ber ©unß ober Ungunft Anlaß
gab.

§err Albert Aömer war weber fßon noß ßäß*
ftß, weber groß noß flein, man fonnte nißt ein*
mal fagen, ob feine §aar braun ober blonb märe,
©t moßte etwa breißig gaßre gäßlen, ßatte ein of*
feneb ©eßeßt mit Bugen grauen Augen unb einem
fein gefßnittenen ÜRunbe. 2Benn nißt fein Aame
fo war boß feine greigebigfeit fürßliß. Sem Äut*
fßer unb bem Siener, bie ißn oon ber ©ifenbaßnßation
naß bem Sßloffe gefüßrt, ßatte er mit je einem blanfen
©olbßüi bie Beine ÜRüßewaltung geloßnt. ©efßei*
ben unb boß ood rußigen ©ewußtfeinb, ßatte er
bie entgegenfommenbe, faß ängßtiße hößißfeit fei»
neb gulünftigen ©ßwiegetoaterb erwiebert: feiner

Sraut gegenüber bewaßrte er eine gemefjene, ritter«-
liße Surüifßaltung, bie ßß in ben Augen ißrer
näßßen greunbinnen burß bab ©efßenf eineb foß*
baren ©riHantfßmucfeb in bie liebenbmürbigße
unb ü&ergeugcnbfie ©erebtfamfeit oerwanbeite. Auß
barin fonnte man einen sBemeib für bab Sart3cfüßt
beb ©räutigamb ßnben, baß bie gwei Srangeugen
bie er ßß, eiternlob wie er war, aus feinen ©efann»
ten in ber £auptftabt gewäßlt ßatte, altabelige Aa»
men trugen; oon feiner ©eite fßienadeb angewanbt
unb oerfußt gu werben, um ber jungen ©räßn ben
erßen feßmeren ©ßritt aub ißrem bibßcrigen Sehen
in ein anberb gu oerfüßen. Alb oon einem ©etter
ber gamilie, bem jungen Ulanenlieutenant £>unb
oon Roßberg, in etwab ßeraubforbernber Söeife beim
Abenbtifß auf bie batbige ©tanbeberßößung §errn
Albert Aömerb angefpielt würbe, ßatte biefer ent*
gegnet: er würbe fie noß lebßafter unb eifriger
wünfßen, wenn er baburß biefem eblen greife nä*
ßer gu treten ßoffen bürfte, etwab, wab er jeboß
nißt glaube, ba er ja in biefem §aufe auß bab
bürgerliße ©erbienß fo ßoß gefßäßt fäße — unb
er ßatte bähet mit einer oielfagenbert unb anniutßt*
gen §anbberoegung auf bie ©i'lber an ben 2Bänben
unb bie reiße ©ibliotßef beb ©rafen ßingebeutet.
©raf SSalbßelm war alb ©ammler in ber gangen
©rooing befannt, rnanße beßaupteten fogar baß feine
gerrütteten ©ermögenboerßältniße fiß oon biefett
 
Annotationen