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Heidelberger Journal (64): Heidelberger Journal — 1870

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Nr. 177-202 (2. August - 31. August 1870)
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§eibelfergcr SouriwL

M 185.

ff. 1*3 f. in ^eibelberß,
mra> bic ^oft ff. l. 16 Ir. mmcljabrtg.

£>omterftaß, 11. Slugufi

5Vn3Cijj{n 3 fr, bte ^etttjeik, bei SuSfunffS*
ertbeUung 4 fr.

1870.

Sfteuefte ffta«^ricfttcn.

©erlitt, 9. Slugttft. (3lmtlich.) granzöftfcfter
ft Luft in berSdftaht bei SB o r t b am 6. Slug.
tocnigftcnS 5000 Sohle, Storwunbetc, barunter »icle
Offiziere, 6000 (befangene. Sie Slrtnee ftftac«
SDtalion’S ftol) unter ßnrnefiaffung ber ganzen
^Bagage, »fcler ©efeftühe unb zweier (§ifcnbai)n§ügc
mit ijjrooiant. Utifete »erfolgenbe $a»aUcribi»ifton
traf btcle Saufenbe iBerfprengic, welche bic 2Baffen
weggemorfen haben. Unfer Seeluft jmifchen 3000
unb 4000 Sobte unb SSermunbete.

yiewcftf.

©ö ift ein gewaltiges unb alle Sölfer ber (Srbe
tJ%benbeS Shaufpiel, welches heute baö beutfehe
®aterl«nb barbietet. Senn welches (enchtenbcre
^Seifpiel fann »or allen Nationen aufgeftedt wer-
ben, alb ber änblid eines SßolfeS bas) burch fre-
»eihafte Seleibigung, burch brutale ©toberungS*
begier in feinen ^eiligfien ©ütern bebroht unb »on
bent ftärfften aller geinbe bttmtüdifcb angefallcn,
ftch im Sturm feines nationalen ßortteb wie ein
SDiann erhebt, feine SBaffen in bejfen eigenes 8«nb
trägt, nnb ben prciblerifhen 2lngreifcr mit ruhiger
Helbenfrnft ju 33oben fchlägt ? .

■3n ber ©efhihtc aller Kriege fah man nichts
Wae ber fcbneUen ÜDiobiliftrung ber beutfdjen Heere
8U begleichen ift. Ste entfaltete ftch »ov ben
Slugen ber erßauntcn SOBelt wie ein »odcnbeteS
Sunftwerl nationaler Drganifation.

ttnb biefe pra<ht»oflen, ernften, tobeSmutbigen
Heere SeutfhlanbS befeelt ein unb berfelbe Seift,
bic glühenbe Siebe jum fttoterlanb, baS ©efübl
»on beffen unbeftegharer Stacht, baS 23ewußtfeiit
»on ber neuen Hervlicbfeit, ju ber baffelbe aub bem
blutigen Äauipf emporfteigen rauf.

Ser Äarnpf hat begonnen. „SDaS Unteerfum"
(um bie 5Phrflft Napoleon0 3U gebrauten) blicft
feftt mit athemlofer Spannung auf bie beiben
machtigfteu ©uropa’S, welche ben „©oft ber

Schlachten" anrufen ihren Stoffen ben Sieg ju
geben.

Gto ift nicht mehr zweifelhaft auf welche Seite
biefer ©ott tritt, beffen üftame heute „Stemeftö" beißt.
®ie SBelt wirb halb erfennen, baß eS baS fo lange
gebulbige 93olf ber beutfehen 3bealiften ift, welches
ftch ber eiteln franjoftfehen Station nicht allein an
pofttitier fftationalfraft, fonbern auch an praftifefter
Intelligenz weit überlegen geigt.

3Bte bic mtlitärifhe Organifation, fo wirb ftch
auch bie Saftif beS Kriegs als ein »odcnbeteS

0o ttttrb es gef effeffn!

3Bte ber SCBolf, ber Slftprer, in tlirrenber Kräht
ßinbrach in bic Würben 3ubäa’S bet Saht ;

2ßie ber Jlerjer, ber Ketten anlegte bem SJleer,
lieber ©eüaS etgoft fein barbatijefees ©eet;

2Bie ber ©unne, ein ftSfeil, ben bie Steppe »erfhofe,
3luf bie äbenbmelt niebetfubr, zahllos zu Kbfe;

5ßie bie giotte, bie unüberwindlich et Lieft,

3Biber Gnglanb ber Spanier brüften ftch liefe;

3Big ber Gorfe, ber Oh1». 'n unenblicfeen Keifen
©eine Saufenbe führte nach üiufslanb hinein;

2Bie auf Reichen er auffchlug fein blutig ©ejelt,

Unb »ermeften ftch wähnte ben ©etlicher ber SBelt: —

So belriegt jegt ber Gorfe, ber 3Reffc be3 Ohm§,

So betriegt er bie Ufer be§ beutfeheften Strom«;
eg fdwttern bie Kolben, es raffelt ber Stahl —

Seinem Srofe gern crebenft’ er beS SüheinianbS iftofal!

Sem Xurco! bem Spahi! ®er ftüfet ihm baS Dleich:
3Bte er felher, ©päne unb Schafal zugleich!

3)et bellt auf ffiebeife, o Detwotfenes Spiel;

Seinen h^ift8en Öbmnu«, o SKouget be Sigle!

ißon ber Saar unb ber !IJ!o)el zum Cbenwalb fcballt’«:
3)a erbleicht, ba erzittert bie Qungfrau ber tfefalz;

Slm SJufen ber iDiuttcr »erbirgt fein ©eficht
S)er Säugling — ihr Sieben, o fürchtet euch nicht:

Äunftwerf ber 3)cutfchcn bnrtl)un. Unb fepon geigt
c$ ber heutige Sag.

®ie Seit unb'ihre rä^eitbe SLftat ftnb fchneto
(er al« ber ©ebanfe unb baS 2Bort. Stoch »or
oter Siagen h»eten wir bte 5{Sarifer ftlheafen »on ber
promenade militaire k Berlin, unb heute fd)on
ftnb bte zerbrochenen Segioitcn 3ftac ÜJiahoitS auf-
gelöst, unb bie beutfdjen |)eerc rüden als Städter
ber mtfthanbclten Sftcnfchheit jubclnb unb unauf*
haltfam auf bie Straften »on fttoriS.

fftie woftl erlebte ein ©cfchlecbt fo jähe 2Banb-
hingen fttte triumphirte bie fUtlichc ®ered)tfgfeit
fo fchneU unb fo furchtbar über bie frevelhaften
! 33erfalf^er ber öffentlichen ifttoral. 3n Semuth
»erehren wir bie heilige ftltacht bie ihre ©efeftc fo
glorreich burch unS offenbart.

9tfc »iedei^t fah ein ®t’fd)led)t foldje ©egen-
faftc wie wir. 2)ort ein burd) ben SefpotiSmuS
bemoraltftrteS faft oerwilbertrs SSolf, gcfnedjtet
unter baS faulenbc Spftem brutaler Sftilitärge^
Walt; burch bie SSerziveiftung feines Sprannen in
ben ru^lofefteit .Krieg geheftt; fampfenb für bie
mittelalterliche ^Barbarei friegerifd)er ©loire unb
ber ©roberuttg freutben ©utS. |)ier ein ftttlich
freies unb jngcitblid) aufftcigenbeS SSolf, feiner
hofften griebcnSaufgabe ftd) bewuftt, in allen fei-
nen Stämmen zum erftenmat einig; fämpfenb für
bic höthften ©üter beS 8ebcnS; tüdtfeh überfallen
unb im 3lugenblid ftegreich burd) bie äftadjt ber
ftttlichen 3bcc-

2)ort einen blutbeftedten Heuchler, bem »on ihm
bezwungenen ®olfe fremb; entlarvt in feiner 8ügen-
funft, burch bie er ftch lange auf bem Sftron cr-
hielt; ben (Srbfd)leid)er eines großen aber f(hrcd-
liefen fttamcnS; fein ©entc, nur baS ©efpenft
feines Dh«1^. ©ur»pa lange f^redenb burch
©efpenfterfurdt; jeftt ein »erlorner Spieler, ber
ftch unb bie »o» ganz granfmd) gewiftettloS
auf bte leftte Äartc feftt, bie er fchtmpfftch »erltert.
Stehen ihm bie fdjamlofefteu unb unfahigften aller
SOtinifter, ein ©ramont, SSenebetti unb Dfitoier,
nnb baS unfclige Äinb, weld)eS er im SSlute
3)eutfchlanbS zum SDefpotcn zu taufen unb un»er-
wunbltd) ZU machen wähnte, bas traurige ©efpenft
beS^erjogS »on ftteichftabt, z« frühem fßerberhen
rettungslos geweiht.

|>ter ben greifen |)dbenfönig Sßtlhelm, ben
©rben 3rfebrid)S beS ©roften, ben fdjhdften unb
befcheibenen ftltaim beS Utechts unb ber 2Bahrhe^/
ben ftteprafentanten ber ganzen beutfehen Station;
neben ihm bett größten Staatsmann ber 3eh, bis
größten gelbberren unb ben männlichen ^elbenfoljn,

ben Sieblittg beS Siegs, ber bte Ärone beS neuen
DteichS ftch erwirbt.

Sie SBürfcl fallen am 9tljdn- Sßr ewige ßeU
fen wirb btefer beutfehe Strom ruhig unb ungeftört
jwifdjcn feinen bcrrff($en Ufern bahittfltcßen. Un«
fere Srfiber fämpfen ftegveid) ben leftteit ^ampf
mit bem Ufurpator beS Reichs. Uttb fchon heute
Zeigen fte ber SBelt, baß auch biefeö großfprecherifche
^rattfreich nur ein Äoloß auf thöticrnett Süßen war.

Sie SOBelt wirb halb bem beutfehen SSoIfe banf*
hat fein. Senn eS erlöst fte »on bem 3n»u&ud
eines boppclten @rößcnwat)nS. @S hat f^on hei
SOBetßenhuvg unb SBörtl) bat 3Bahn ber frattjoftfeh*
militärifdjcn 3ufalHLilität für ewig jerftört, unb
il)m wirb aud) bie 3nfaUibilttät beS römif^en
IßapftthumS in baS StidftS ttad)folgcn muffen.

Sic lateinifche SBelt ftnft, bie gennantfehe fteigt
nach langer ftlaufe wieber empor. Schon feit langen
Seiten hat fte burch bte SJladjt ihrer reformatori*
f<hen 3bce baS Slbcnblattb beherrfdjt.

SBcnn baS ©äfarengefpettft »om Shvone ^ranf-
reichS in fein fchon offenes ©rab gefttnfen ift, bann
wirb ber friebcftifteiibe beutfehe .König fagen: „baS
beutfdje Sfeich ift ber gricbe!" unb biefeS SBort
wirb eine SBafwheit fein. (31. 3-)

SJow S?rteg§fdjflntifahc.

§agcttau, 7. Slug. (5B. Sbztg.) ^>cute jwi-
fchen 1 unb 2 Uhr würbe biefeS elfafftfdte Stabt«
(ften bttreh baS bab. 1. unb 2. Sragonerregiment
befeftt. SJorauS ging etn fühner ^anbftreich ber
beiben Sragoncrlcutnante ». Schönau nnb ». §rep-
borf, welche mit wenigen Dtettern tta^ ber mitten
in ber Stabt gelegenen großen Äaferne ritten unb
ben bortigen Offizieren unb SKannfthaften erflartcn,
fte feien gefangen. Ser gtinb wußte nichts 33effereS
Zn thun, als »or biefer §anb»oll Beute bie SBaffen
Zit ftreden. Sie grüdife biefeS feden ftieiterftüd-
chenS waren etwa 200 ©efangenc, 130 33ente-
pferbc unb 16 SBagett mit prädjtigen SluontftungS«
gegenftanben, beten ftch bic Unfern nicht wenig
freuen. SlbenbS würbe bereits baS Hauptquartier
ber babijehnt Siotftou hierher in ben ©aftlfof zur
ftSoft »erlegt unb bie Sruppen ber Siöiftonen he=-
Zogen SSeiwachen rings um bie Stabt. SBie ich
nach einer langen unb mühfamen §ahrt SlachtS 12
Uhr hierher gelangte, erlauben Sie mir wohl in
tfeunlichfler Äürje z« fcJjilbcrn. 3n SBeiffenburg
wicberholt angefommen, fah ich mit SSergnügen,
baß ftch ein beffereS Slerhältniß zwifchen ber ©in-
wohnetfehüff unb ben 35efaftungStvuppen herauSqea
hilbet hatte. ©S ift bieS wefentlich ber heftigen

Such z« fdüfeen rücft 3)eutfcblanb, ba« ganze, heran:
©eine taufenbmal Janfenb ftefen ba wie ein Wann:
©türmen an, brängen »orwärtS, ein wuchtiger Keil,

3um Serbetbcn bernffwingbertn, ben SSöllern zum ©eil!

©o nun wirb eS gefefeefen! 3)en aftprer zerbrach,

®en ftSerfer, ben ©unnen ein einziger Jag;

3h»e SDTadht, ihre Kracht, fte »erging Wie etn iRaucfe —
®te illrmaba zetbiteS beS allmächtigen ©auch!

Unb ber ftch wähnte ben ©etrfcher ber SBelt,

©at baS geuer im Sunb mit ber Kälte gefällt!

Siur ©ebulb! 3!och ein Sag — nnb ein rädjenber S0u^
glammt bengreoler, ben 3ua»en im Kutpur, »om©ife!

gerbtnanb greiligrath.

gif luqrtrcnölkton.

Grzäblung »on gannt) (Swnlb.

(gortfefeung.)

Sie 9iad)harfchafi mar oöHig in Aufregung ge-
rathen burch bie 3lnftebelung biefer Gnglänber. 3)tan
war berlei in einem entlegenen StabUßeile nicht ge-
wohnt, in welchem fonft Sanbsleute ober Offiziere
unb überhaupt foldje Sente ihrOuartier zu nehmen
pflegten, welche SBagen unb Kfetbe hielten unb für
eine oerhältniftmäftig billige Sftiethe »iel fRaum zu

haben wünfehten. Sa aher Slidjiä anftedenber ift
als eine müfttge Steugier, fo würbe bie Softer ber
' Suff ober Sonnenfönigin, wie 3°hanneä bie er«

I wartete Unbetannte nannte, für ißn ein ©egenftanb
I beS Scherzes, ber burd» ba§ Sretben unb $anb-
tieren in bem ©artenftaufe immer wieber neue fttah«
rung erhielt.

fftaheju eine 2Bo<he war fo hingegangen, als
@gon eines ftflorgenS, ba er bem greunbe zufällig
auf ber Strafte begegnete, i§n mit bem SluSrufe be«
grüftte: „Sic ift ba!"

„9ßun! unb was weiter?" fragte ber Softor.

w333eiter I ©eftem 3lbenb mar baSSreib«
ftauS fefton oon a^t Uftr ab mit allen feinen ®a8-
lampen fted erleuchtet; unb gegen elf Uftr ift fte
bann angefommen." @r lacftte bazn, unb meinte :
„3h habe eS je|t recht gefehen, wte boh in3ebem
»on uns ein Stud gS^antciftif ftedt, unb wie mir
im ©runbe 3tHe beS täglih gleihen bürgerlichen
Sehens überbrüftig ftnb."

3ohanneS wollte miffen, wie ber greunb baS
meine ?

„Sehr einfah!" entgegneie ber Sieutenant.
,,©S gibt boh eigentlich fein gewöhnlicheres unb
natürlicheres ©reignift, als baft ein wojjüjabenber
33lann ein paar ©unbe hat, SBagen unb fßferbe
hält, eS fth auf feine SBeife bequem mäht, unb
für feine Softer, bie wahrfheinlicft ein armes Iran«
 
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