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Heidelberger Journal (64): Heidelberger Journal — 1870

DOI Kapitel:
Nr. 101-125 (1. Mai 1870 - 31. Mai 1870)
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https://doi.org/10.11588/diglit.25213#0427

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JS 106.

S.b(mt!tt«nrts»rei» ff. 1. 3 1. in »eiMberfj,
MP* bte '»oft ff. 1. 16 tr. »mtetw^rig.

©atnftog, 7.

^Ujtißcn 3 Ir* bte , ^et 2ludfiinft<?"

ertbeiiung 4 fr.

1870.

2>eutf4}liw&.

ÄmtlBrahe, 5. ffRai. 3h« Äatferl. ^>o^eit bie
©roßfürftiti Olga »on fRußlanb, geb. Sriitjeffin
©acflic »on Saben, hat heute nad) längerem 3luf-
enthalte mit ben großfürftltßcn Äinbern Karlsruhe
»erlaffcit. 33- ÄJi. HH- ber ©coßherjog, bie
©ro^erjogir. mit bem ©rbgroßherjog, ber ffSdn*
jeffin Siftoria unb bem ffkittjen Hubwig ffßithelm
geleiteten bie H°he jReifenbe an ben Sahnhof, wo
jtd) auß ©e. ©ro^£>. Hoheit ber ffSdnj unb 3hre
Äaiferl. |)o|ett bte^rtnjejfinSBilbelm, ©c. ©roßh.
£)ol)eit ber SRarfgraf 3Rar, Se. Surcßlattßt ber
gürff unb 3h« '©roßh- <^o^eit bie ^gürfitn ücm
Hohenlohe=8angenburg, fowte ©e. Itönigl. |)ot)cit
ber iprinj SBafa, ber heute SRorgen basier attge*
lommen war, gur Serabfßiebung eingefunben
Ratten.

Sie ©roßfürffin begibt ftß junacßff nach SBalb*
leiningen, wo 3b« Äaiferl. |)ot)eit aßt Hage im
Greife ber fürftliß ßeiningen’fßeu Familie ju »er*
Weilen gebcnft, um fobann naß einem Sefuße bet
ben Äönigliß SBurttembergifßcn äRajeftäten in
Stuttgart btc Stütfreife naß Hifliö anjutreten.

Unmittelbar nad) ber Slbreife ber ©roßfürffin
haben Sieb 33- ÄK. H£>- ber ©roßherjog unb
bie ©roßbergogin nach Saben begeben, um bort
3brer ©roßt). H°bdt ber Hecjogiti »on Hamilton,
geb. HSrinjcIfin äSarie non Sabeti, fowte 33- SS.
ber gürffin 2Rar ju gürßenberg unb ber gürfftn
£><%nlobe;8nngenburg |)bcbßihren 58efuc^ abju*
hatten, unb finb l)eute jRaßmittag 4 U&r 40 ÜR.
lieber hierher $Ufücfgcfeljrt.

®us bet Saßr. «jjfalj, 4.SRai. Sic ©rnen*
nung beö Herrn Stüber, SemiuarinfpeftorS in
©beber jum SStfd^of ber 5J?falj bat beit ^>crjen6-
Wuufd) ber wahren $att)olifcn erfüllt. — Sic
®8oßenfßrift ber bat)r. gortfßnttdpartel wibmet
®em aibfaaebrief an baö beutfd)e ßottparlameitt
ßon ®. gr ßolb", bent frftfjern Scrtreter ber
©labt Äaiferblautern, nun ©h«nbürger berfelben
eine längere Setraßtung. ©ie fßretbt: „ein wiber-
wärtigered, bad beutft^e SRationalgefühl tiefer »er*
le|enbed ©ßriftffüß bat bie ßeit bed ffkrteßa*
berb, in ber wir gegenwärtig leben, weiß faum
gebraut, alb bte ©rflarung mit ber He« ©. gr.
Äolb fürzliß feinen Slubtritt aub bem gottparla*
mente motiöirte." ßolb wirft mit feinem Slubtrittc
Steine auf bab 3oßbarlament, in bem er felbß
gwei 3al)re gefeffen, jubern uerläumbet er baffelbe.
Saß bab Soßßarlament feine SRängel b“t, wer
woßte bab befreiten! Stefe SRangel liegen eben

barin, baß eb ein bloßcb ßaH1 unb nicht ein 33otl-
Parlament iß. @ie werben fofort oerf^wtnben,
wenn bie fübbeutfeben Staaten ftd) an ben ißorb^
bnnb anfeöltepen mtb feine SSertreter in ben norb*
beutfiben 3teid)btag fenben, beim bann bebarf eb
feineb Soßparlamenteb mehr, ber ßieiebbtag iß 311-
gleiß) bab ßollparlament, 2Bte wobltbuenb waren
gegenüber biefem ©rguße antinationaler @d)mab-
fu^t bie aßjt beutfe^en warm empfunbenen Söorte,
in bie gürß |)obenlol)e oor wenigen Hagen feinen
Sanf für bie 28tebererwäblung jum ®icebräftben-
ten beb ßoflpartamentö fleibete, unb bie jugleicö
bie würbtgße unb bünbigße 3Btberlcgung ber Äolb’-
fi^en SDlttgriffe enthalten! — Sie <grtTeilung ber
Äonjeffion au bie pfäljtf^e Sufcwigbbabn junt 23au
ber (Sifenbabn »on Sanfcatt bureb bab 2lnnWeiler
Hßal nach ijSirmafenb unb ßweibrüßen wirb alb-
halb erfolgen.

SSiimben, 3. Sßai. ^>eute fann ich ©te öon
einem Unternehmen bcnaßjridjtigen, bejfett 3til3e-
maßbeit unb innereSerecbtfguug offen ju Hage liegt.
|)ieffge latbolifibe ©elebrte haben ßd) nämlich ju
bem ßwede ocreinigt eine unter einheitlicher 9ie-
baction organiftrte Sammlung oon SSrofchüren
(unb Sudlern), unter bem Sitel „Stimmen aub
ber fatbolifdjen Äirchc über Äird)enfragen ber ®e-
genwart," hier bet 9?. Dlbenburg hfraubäugeben.
Saburcb füll einerfeitä bem ißaththeil begegnet wer-
ben, baß btc an ben »erfchiebenßen Orten Seutfch»
lanbb jerftreut erfchetuenben Srofdjüren, wel^e
fird)Ud)c Stagen in einer bie ®tffenfd)aft unb bab
religiofe Sebcn bereid)ernben unb forberitben Söeifc
behanbeln, fpurlob untergeben, anbererfeitb follett
bte „Stimmen aub ber fat[)oUfd)en Ätrchc" — unb
barin ruht ihre große Sebeutung — bem gcbil-
beten Saieu ruhig unb maßboll 3luffcb)luß unb Se*
lehrung gehen über bie wettbemegenben grageit
auf Ur<hltdiem ©ebfctc, überhaupt über bab c(|tc
©hrißenthum unb ben wahren Äatholicfbmub. Sach
bem öon ber Sebaction oeroffenttichten „ißrofpec*
tue" foUen aber btefe „Stimmen" aud) ein Senf«
mal hüben für bie, welche tn fturmoolier
muthig unb unoerjagt bab IBanner ber Sffiahrheit
hoch gehalten haben. Ser ©tanbpunft, welchen
ebenfalls ber ^rofpectub angibt, iß berjenige auf
welchem bie mit jebem Sag ftd) mehrenben Sftäw
ner ßehen bie entfchloffen ftub fatholifch ju blct-
ben, an ßahl babei aber ftch entfe^ieben »ermab-
ren jefuitifch jn werben, unb welche fageit: l’4glise
doit Stre dpurde,“ b. t. „bie J?ird)e muß geret-
ntgt werben" »on aßen ihrem urfprünglicben Se*
wußtfein unb ihrer urfprünglichen SSerfaffttng frem»

ben ober gar wiberfprechenbett ©lementen, wie fte
theilb ber 3e'leti Soth, tl)eilb ber SKenfdien $erri<h-
fud)t einführte; fte muß gereinigt werben »on ben
zahlreichen unb id)äbltd)en golgeit, welche hieburd)
|)aupt unb ©lieber getroffen haben, unb gegen
welche man fdjon auf ben reforatatottfchen ©on-
eilten beb 15. 3ahrhunbettb Heilmittel fuchte.
äßtrb aber bnreh bab »01t pub JX. zufammenbe«
rufene ©oncü biefe Reinigung ber Äivdje nicht
»ofläogen, unb wirb fo eine tiefe ©cheibuug in bie
fatholifche äßelt J)tnetngctragen; wirb, wab für
bab größte Unglüd anjufehett iß, bie jefuitifd)e
@d)ullehre über ben achtjehnhunbcrtjährigen ®lan-
ben ber Strebe ßegen, fo „wollen wir", tagt ber
ißrofpect, „auch'bann noch nicht unferc Hoffnung
ftnfeit laffen, fonbern feß baran hatten, baß ber
Herr feine Kirche nie unb nimmer »erlaßen werbe,
unb baß folglich auf eine momentane, burd) mtge-
feßliche SRittel herbeigeführte Hrübung beb
ii^en IBewußtfeinb eine etibüche Klärung bees
fclben folgen muffe." 3« btefer 33rofcbürenfamm-
lung iß, fehr elegant aubgeßattet „ffSapßfhum unb
Staat," »on ffSrof. Sr. ßol)- Hu^er/ bereitb er*
fd)icnett; in btefer lEßoche werben ». Sößingerb:
„©intge SGBorte über bie 3nfaüibtlitätbabreffe",
unb ,,Ste neue ©efdjäftborbnuug beb ©oncilb,"
welche bnrd) bie SKg. 3*3- f<hott befamtt gewor*
iben ßnb, »erbffentlicht. Unmittelbar barauf folgt
0011 bem Stiftboicar @1. Schmiß ein 10 33ogen
umfaffenbeb Such: „3ß ber fßapß perfönlidi uit-
fehlbar? 2lub Seutfdßanbb unb beb ff?. Scharbe’b
Äated)ibmen beantwortet," weldjeb bie gälfchungett
beb religibfen Solfbbewußtfeinb unb ber beutfehen
Uateihibmen burd) ben 3efutteit aufbeclt, unb bab
um fo größere ffBirfung haben muß, alb ber Ser*
faffer mit oollßer Ueberjeugmtg feiner Äirche an-
gehört. Salb werbe ich 3hncn eine ßteihe »on
hevoorragenbm fatholtfd)en ©eißlt^cn unb gelehr*
ten ßrtfen »erfaßter Srofchüren unb Schriften aub
Seutfcöianb anführen fönnen. Sicfem Unterueh*
men, bieß ßnb wir feß überjeugt, fann unb wirb
ber ©rfolg nicht fehlen, ba eb eine h°hc Sache
unterfingt unb förbert. (21. 30

Som HaunuS, 4. 2Rai. Sab ffBahlfomite in
Homburg ». b. H- hat Hnt- Sr. Äari Sraun
in Serlin alb ßanbibat für ben Dieichbtag aufge*
ßeflt, unb geßterer hat auf eine bezügliche ßhrift*
liehe Slitfrage zufagenb geantwortet. Saß Sr.
Sraun auch ffBiebbaben alb 9tcichbtagb=Äanbi-
bat aufgeßeKt werben wirb, iß unzweifelhaft; ein
üDianbat tnb fflbgeorbnetcnhaub für SBiebbaben hat
er abgelehnt.

iejirüft imd kiüithil.

JloöeUe »on Otßib SWpliub.:

(gortfeßung.)

„fftein, linb, Su foßß Sich Isafen legen! 3dh
Staube woßl, baß Su auch auf bem ©opßa rußig
Olafen wirft, arme Stfd^entröbel!" fagte er. „3n
Seinem gtücfließen 2Uter unb mit einem guten @e-
wißen fißläft man aueß auf ^iefelßeinen gut. Sanf
Sir, aUetanie gute fftaeßt!"

2lm anbern ÜJJorgen war ffßelanie al§ bie erfte
im Haufe munter unb ißr erfter ©ang galt bem
franfen Dßeim, ber noeß ßßlief unb ßeftig tran§-
pirirte. 2113 er erwarte, ßatte fte ißm bab grüß-:
ßücf feßon auf ben Ofen gefeßt unb geuer in bem-
fclben angemacßt; fein Heiner Raffer unb ffteifefaef
ftanben auf Stüßlen bem Sette gegenüber, unb ißre
fteunblicße grage naiß feinem Sefinben ergab einen
herußigenben Sefhetfe.

„3>h faßte mieß- etwas beffer, ^inb, aber e§
hebarf immer lange, bis idß mieß »on foldß’ einem
^nfall esßole," fagte er. „gcß werbe mieß naeß ber
®tabi hinunter bringen unb mir ein Stübcßen mit*
tßen laffen, wo tcß mieß auSfurcren laffen. fann. . .
^tein, nein, fueße mir bies nteßt auSjureben, gjje •
:anie! 2Bi!I ber grau Scßwägcrin niißt tm 23ege
’cin. Sinne Sdjlucfer »on Sermanbten finb allent=:
falben übetläßig; man ßeßt am liebften ißven 9lü!= [

fen. 3ßr ßabt ja fo ein Sing »on Safaien ober
Sioreebiener ßier; ber foH mir nadß Htfcße einen
SKetßmagen aus ber Stabt ßeraufbrtngen unb ein
3immer in einem befdßeibenen ©aftßofe beftetten!
SJenn icß in meinen eigenen »ier ffffäßlen btn, werb’
t^ midß am feßneßften erßolen.

— „Unter SUtietßlingen, lieber Onfel?" fragte
URelanie, „fföarum bleiben Sie nießt ßier? gdß I
muß midß redjt bumm artgeffeilt ßaben, weil Sie f
mit mir nießt jufrieben ftnb. 2Benn icß etwas unge* i
fdßicft mache, bitte, fo tabein Sie e§, aber bleiben j
Sie wenegftend ßier!"

„Sei Sir bleib’ icß feßon gerne, $inb, aber
Seine Sßama unb icß taugen nidjt jufammen. Saß
e§ gut fein, Äinb! Sir bleib’ icß immer batifbar
»erbunben. 215er icß bin ein mürrifeßer alter Staun
unb wiÜ meine eigene ffßeife ßaben. Sin idj für
mieß, fo foHfl Su muß oft befugen, nidßt waßr?" i

©egen ffRittag fam bie ffRajorm in einer ein*
faeßen aber eleganten Hoilette, um naeß ißrem ©aft
SH feßen. SDiefer war aufgeftanben unb faß in be*
fdßeibener feßheßter Äletbung »or bem Ofen unb
maeßte friß ßeißeS SSaffer zum Hrinfen. Sie 3Rajo*
rin war »on ber ju»orfommetibffen greunblicßfeit !
gegen tßn, bctßcuerte ißm ißre greube über fein gu* \
te§ 2lu§feßen unb brang barauf, baß er ißr ins ;
aBoßnjimmer folgen fotte, bamit man 3Relanie’§
Stübcßen in Drbnnng bringe. 2tuf ißren 2lrm ge* '

ftüßt, fcßleppte er fieß fcßmerjooH unb ftößnenb ßin*
über unb ließ e§ gefeßeßen, baß ffe tßn in einen
beßagücßen gauteutl bettete. Sie feßte fieß ißm ge*
genüber unb begann ju plaubern.

„Sie wollen un§ alfo in @rnft oerlaffen,
Schwager?" ßub Sie an. „Sie fiißlen fiß nißt
beßagltß bei un§, unb ffnb oßne 3rDeifeI meßr
Somfort gewößnt, als mein «nfprußSlofeS HauS
3ßnen bieten fann. ÜRan foU in älnßtanb fein
§au3t»efen weit beßaglißer einjurißteit wiffen als
bei un£!"

— „D ja, bie fReißen umgeben ftß bort mit
bem raffinirtefien Sujus, aber iß bin nißt reiß
unb fomme nißt au§ fRußlanb," »erfeßte er. „$ß
lebte in ben leßten feßjeßn gaßren meift in ber
ÜRolbau unb Söattaßet. gß werbe ißnen ein an*
ber dRal meine Sebendgefßißte erjäßlen, fo weit
Sie folße noß nißt fennen. gcß geße auö einem
anbern ©runbe, Sßwägerin ©opßie,; ein armer
tnürrifßer alter Serwanbte paßt nißt in ben »or*
neßmen $rei8, worin Ste fieß bewegen; iß will
gßnen etn (Srrötßen über miß erfparen, wenn , eie*
gante Sefuße fommett. fRein, nein, wiberfpreßen
©ie mir nißt, id) fenne bie ffRenfßen unb ßatte
feine aHju großen Stüde auf fte. Unfere fünftigen
Sebenäbaßnen geßen ja boß au§ einanber."

„2lber fte fpraßen Boß geftern »on ißrer lln-
abßängigfeit."
 
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