B. C. Hie Mvgerliche hehefPjHeffmtg i«
äBnben-
Seit bem 1. b. Vltö. iji baö ®efeß über bfe
Veurfunbuugen beS bürgerlichen Stanbeö unb über
bie görmlid)feiten bei Schließung ber @ße Born 21.
Hejember 1869 in Äraft. fülit bfefem ©efeße
würbe bie f. fl. obUgatortfcße (Siütlc^e, b. i. bie Vor*
fdmft in Vaben eingefüßtt, ba§ jebe ©ije »er
einem oom Staate ernannten Stanbeöbeamfen (Viir*
germeiPer) gefd)loffen werben muß.
Vor biejem ©efeßc beflatib bei und bie Vor*
feßrift, baß eilt folcß bürgerlicher ©ßea&fcßluß nur
in bem gälte ßattffnbcn folle, wenn bie Ätrdje
unb ißreHiener ftd) weigerten, eine oom
(Staate gebilligte @ße jurn 316fdjlu^ $u
bringen. (Slotßdotleße.) 2llö biefe Vorfcßrift als
unäuretebenb unb unangemeffen ficb ßerauöpellte,
bad)te man oon_ beit Seiten, bie oon Jeher baS
Äircbenregfment über bie Staatsgewalt Petiten (ber
ultramontanen unb pietipifeßen) junäcßP an bie
f. g. fafultatioe ©loileße, b. ß. rttt bie gefeßlfeße
Vorfcßrift, wonach eö bem ©fnjelnen frei -
Peßt, bie gortn ber @^efd)lie9««fl —
fircßliche ober bürgerliche — ju wählen.
SWan Reffte bann burch fortgefeßte Verläperung
ber bürgerlichen @ßefd)ließung auf berÄanjel unb
im VcicßtPußle, aud; in Hirtenbriefen unb Hraf*
tätlein, ben Staat unb feine ©ßefcßltcßung bei ber
Veoölferung tüdittg in SJfißcrcbit JU bringen unb
fo, wenn auch auf anberem SBege, baffelbe ju er*
reichen, loaö auch bie Slotßcioileße noch gewährt
hatte — fird)lf<he Herrfcßaft auf bem ©ebiete ber
©ßefcßließmig.
Hie Vorfeßung fügte eS atiberS. Hie großß.
Slegierung unb bie betben Kammern fagten: „®ebt
bem Äatfcr, waö beb ÄaiferS unb ber Äircbe, wab
ber Äircbe tfi!" Hab babifebe Volf oerffanb troß
aller geifllidjer Aufßeßungnt biefen Spruch unb ber
1. gebruar b- 3- ßot bem Üanbe nicht btc fo lange
unb fo febreeftidj propßejeite Üleoplutf on, fonbern
bie jitlle unb ruhige (Einführung eines
©efeßeö gebracht, beffen Schärfe, falls eS eine
folche enthielte, nicht ber Staat, fonbern lebiglfcß
unb allein bie Kirche Berfcßulbet hätte.
Ha$ »on Äarl griebrieß erlaffene Äirdjen=©on-
PituttonSebict Born 14. 2Jtai 1807, auf welches
man fircbllcherfeltS ftd) fo gerne beruft, erflärte in
feinem § 16 bie Sßcfacöen für gemifeßte Sachen,
weil folche „in ihrem ßweef unb Veßimmung bie
geipige unb leibliche SÖBoßlfaljrt beS Staatsbürgers
gleich Part berühren." SBäßrenb bie Äircße bie
ftrd)l{che Seite ber ®he pflegen foH, würbe ber
Staatsgewalt beren weltliche Seite Borbet)alten ;
„namentlich formen baher (fagt baS ©bict) ©ße-
fachen, foweit bie äußerliche ©ultigfeit ober Un-
gültigfeit, bie Scßutblgfeit jum ßufamtnenwoljnen
ober ültichtjufammcnwohnen, bie ßuläffigfeit ober
Siidffjuläfftgfeit einer jcttlicßen ober bebtngten Sven«
uung in grage ift, allein burch obrigfeitUcße Staats*
entfeßeibungen erörtert unb felneSwegS Bor gelftiidie
Dberbeljorben ber einen ober anbern SieligienS*
barteten gejogen werben." ®anj im ©inftange mit
biefer Auffajfung fagt ber § 22'beS @biftS: „Hie
Vfarrcr — ingleicßen bie Sfabbtner ftnb bei
ber Verfünbung unb ©tnfegtiung ber
©t)e, bei ber Sinnahme ber fßerfonen jur Saufe
ober Vejdjnetbung, enblidj im Segraben ber Sobfett
nicht bloS Äircßenbiener, fonbern audi StaatS -
biener unb haben bentjufolge nach ben ©efe^en beS
Staates ftd) ju richten."
Stuf ganj gleidfer ©rttttblage ruht bie bgbifche
bürgerlidje ©efehgebung Born 1. 3anuar 1810
(SanbrechO j baS ©iuführungScbift Born 22. Sej.
1809 ernennt bie Pfarrer unb SRabbiner Bon SiaatS-
wegen ju Beamten beS bürgerlichen StanbeS.
So blieb bie Sache, fo lange eS btc Äircbe als
eine ©hrenfache betrachtete, bem mit ihr ge|chi<ht-
ließ fo eng oerwaebfenen Staate tn ber Sferfolgung
ihrer gemcinfchaftltchen ÄuUurjwecfe willig unt>-
freuitblich ihre Untcrpü|uug ju leihen. 3)tefeS 3u-
fammengehen Bon Staat unb Eirebe war nicht hloS
ein erfreuliches an ftd), fonbern aud) ein fegen*
BotleS gerabe für ttnfer confeffioncH fo Parf ge-
miteßteä Caitb. blad) langem wohltätigen grieben
begann bie fatholifche Äir^c ben Streit unb eS
erflärte ein bäpftliäjeS S3reoe Bom 23. 3Jlai 1846
bie in unfetem Sanbe fo jaf)lreid)en gemifdjten
©hen als ein „manifestumIdemque gravissimum
crimen,“ b. f. als ein offenbares unb böd)P fchwereS
Verbrechen, ©let^jeitig würbe bie ©infeguung
folcber ©hen Bon ber Äird)e Ber weigert.
Viele 3af)re hinbtirch hatte bie fatl)oIifche Äirche
feinen StnPaub genommen, gemffdjte ©hen einsu*
fegnen. ffil&blicb tvurbe etwas, baS bisher Sitte
unb Uehuttg war, jura abfcheullten Verbrechen
gepempelt. Sollte — Sonnte ber Baritätifche ba-
btfehe Staat biefern gehäfffgett, iu bfe bisherigen
bürgerlichen fftechtSoerhältniffc beS ßanbeS tief ein*
fdjnelbenben ©ebahreu ber Äircbe gleichgültig ju*
(eben? ©r burfte nicht unb er fonnte nicht. Sie
ÜJfittel, bie er jur Vefeitfgung beS gcrabeju uit-
leiblihru ßuffanbeS anwenbete, waren inbeffen
fchwäd)lid)e unb barnm eher geeignet, ben Heber*
1870.
muth ber Äircbe ju reijeit, als ihn ju brechen. Sie
führten jum Äfrchenftreit unb ©oncorbat.
®ie Äfrchengefelgehuttg oom 9. Dftoher 1860
toSte entlieh baS Vatib jwifd)en Äircbe uttb Staat
unb es fonnte oott jefct an natürlich feine Siebe
mehr oaoon fein, 3)icner bev Ätrd)e als ffaatlfche
Veamte ju oerwenben; Wollte ber Staat fein Stecht
an ben „gemachten" Sachen nicht aufgeben, fo
mußte er mit beren Verwaltung, foweit folche ihm
juffanb, eigene Hicner betrauen, er mußte inS*
befonbere bie bürgerliche @bcfd) ließtmg für
alle gafle ausnahmslos einführen.
®icS gcfdjal) aber nicht; ber Staat begnügte
ftd), ber Äircbe bie ©hcfd)iießung als Siegel be-
iaffenb, mit (Einführung ber Stothcioilehe. Seine
fiangmutf) Würbe inbeffen fchlecht belohnt. 3)te
fatholifche Äircbe fehlt ihrc ©ehnffigfeit fort unb
gefährbete burch ihve ahlehttenbe Stellung ju bem
gefe^lichen Suffitut ber Stothcioilehe gerabeju ben
Sted)tSpanb ber Staatsbürger, bie $u biefern Stoth*
behelfe ju greifen oom Staate geswungen Waren.
So lagen bie ®iuge, als ber Slbgeorbnete
©cfhutb ju wieberholten IDtalen unb petS unter*
Püfct Bon ber großen ÜJt ehr heit ber gef eh*
iidien Vertreter beS babifeben VolfeS —
Äatholtfen wie VrtttPunten — mit ©rnP unb
©ittfehiebenheit Bon ber ©r. Stegierung bie enblicbe
Einführung ber oblfgatorifchen ©iotlehe
Berlatigte. ®ie SEhatfachen fpra^eu fo laut uub
bie ©rünbe waren fo folgerichtig, baß bie Sie*
gte-rung nach längerem ßtgern ber naßc^u eins
müthtgen gorberung ber Stäube etibHd) nachgah
unb ein ©efeß oortegte. Sie war befannttich nicht
bie erpe Stegierung, weihe ein foldjeS ©efch »or-
legte, unb fte ip, wie eS ben Slnfcbein hat, toobl
aud) nicht bie leßte, bie bieS tbut. SBoeineherrfh*
füchtige Äircbe SlöcS buhen unb orbnen wiU, wirb
ber Staat auf ben Schuß feiner Stechte bei 3eltcn
bebacht fein müffett. Solche ©ebanfen tauchen in
neuerer 3c{t auch fap in allen Staaten, inShefon»
bere in fatbolifdfen, in ber ®hat auf; benn bfe
fatholifche Äirht iP eS Bor allen anberen, welche
einen göttlichen Slnfprud) auf 2lflmad)t ju heftßen
glaubt'. 3n Välbe wirb Saben in bem ciSrhelni»
fdjen Veutfhlanb nicht mehr (mitgvanffurt) allein
flehen; eS wirb btoß noch ben Vorjug hePßen, in
biefer grage, wie fcbon. fn manchen anbern, beit
erPett Schritt gewagt $u ßuhen.
©in gewiffeS SBagniß war eS auh, wenn man
bebenft, wie unfer gutes Volf Saßre lang gegen
Verfonen unb Sache Berßeßt würbe, welche foloffale
ßügen über bie burgerlihe ©hefißlfeßung unb ißre
%ieUa.
Sine erjäßlung Bon' Ä. SKetS.
(gortfeßung.)
$Die jmeite war ein rounberfcßöneä junges SJtäb*
eßen oon fiebjeh« &i§ ac^tjeßn beren hoße
fdjlanfe ®aille unb beren regelmäßige 3üge mit faft
burebfießtigem ®eint, bas Vilö oon etioaS Vollenbe*
tem barbot. ©ecoiß, eS mar fein Vtafel an ihrer
'©häußsit» unh biefe befam noeß einen eigentßümli*
<ßen Steij bureß jugenblicß fcßnelle Veroegungen, burdß
eine überaus große Sebßaftigfeit be§ SlidfeS unb ber
heften. 2)er Slnbiicf beS jungen SJläbcßenS mürbe
leben sj}jann jUm Vetounbern ßingeriffen haben,
fonnte natürlich feinen ©inbruef auf meeß —
’et* lebet einen eifrigen Vemuriberer ber Schönheit
unö9jes ftßönen ©efcßlehtä — nicht oerfeßlen! )
^Ucß bie brüte Harne -war woßl wertß, baß :
man u)v eine näßere Vetrad)tung wibmete. Sie fonnte f
ein 0 er .ä'uei ^ahte älter fein, als ißre jugenblicße ;
«Begleiterin, bilbete jeboeß in ißrem Sleußeren ben
frappantepen Sontraft mit jener. Sie mar feßr flein,
hatte jebod; eine ausnaßmöroeife feßon uroportionirte !
gigur. 3lue tßre ©efießts^üge roaren regelmäßig
unb feßön; unb große fdjtöarje Singen, beren bunt*
(er ©lanj ein ttefeS ©emütß oerrietß, gaben ißrem ’
Äopfe jenen SeibenSauSbrudt, ber faft aßen ;übli= ;
dien Jppen eigen ift- einige, ma§ mir an
biefern jungen SJtäbdßen mißfiel, mar eine geroiffe
lXnberoeglthfett, eineStarrßeit ihrer 3üge, eine 2luS*
brucfslofigfeit, roelcße fte einer Statue äßnlidß madßte.
Hnrciß ein gefdßidteä SÄanöoer batte ich mich
biefen Hamen genäßert, unb mih an einen «Pfeiler
beS Verr°uS leßnenb, gelang eS mir, einige abge*
brodjene Vßtafen tßrer ßonoerfation ju ßören.
Sinn, ma§ fd^abet eS!" fagte bie güngfte.
„Heute ülbenb fommt ber nähfte 3ufl, ber nah
gtalien geht, unb bann werben mir ffhctlih Vläße
finben; bis baßin föitnen mir uns baS Stäbthen
anfeßen, fomie bie Umgegenb; th liebe bas lang*
fame Sietfen, man behält einen weit bauernberen
©inbruef baoon!"
„@anj recht, liebe Vau'a-H erroiberte bie ältere
Harne, „jeboh biefer SEßeil SaoopenS ift fo arm
an pittoresfen ©egenben, baß, roie id) geßört ßabe,
er nicht baS geringfte SeßenSroerthe barbietet."
„Ö, roa§ fdjabet ba§!" meinte baS fdßöne SJiäb*
djen mit einer retjenben Vemegung ber Siiutbern,
— „fo werben mir frembe ©eftdjter feßen, unb baS
iP fdßon amüfant genug!"
„@S ift nicht ju anbern!" fagte bie alte Harne,
„ich ßätte gern bie Steife fortgefeßt, benn wenn mir
ßente äbenb hier bleiben, werben mir erft morgen
Slbenb, unb jmar feßr .fpät, in ©enua fein!"
' „2Ba§ maeßt ba§, liebe SJtutter ?" fagte «Paula,
„einige ©tunben früher ober fpäter, unfere Steife
ift ja boeß nur eine Vergnügungsreife!"
„Unb Hu, ßlelia?" fragte bie Harne baS an*
bere junge «Stäbchen, „was ßältft Hu oon unferem
unfreiwilligen Aufenthalt in St. gean be 3Kau»
rienne ?"
„@S ift nidßt ju anbern," erroieberte biefe mit
einer Stimme, in welcher, wie e§ mir feßten , ein
leifeS 3'üetn nadßflang.
Hie ©amen fußren einige Augenblicfe fort, oon
gleichgültigen ©egenftänben ju fpreeßen, unb tdj be*
bauerte aufrichtig, baß bas Goupe nicht oier fpiäße
enthielt, benn ich würbe gewiß eine hödfft intereffante
gaßrt in ihrer ©efeUfhaft gemad;t haben. — V(öß^
; lieh warf tcß ben Vlid auf baS fleine gräulein,
| Weld)eS bie alte Harne Glelia genannt hatte, unb
i woßl nie werbe icß ben Anblid oergeffen, ber pcß
j mir barbot, — er ßätte einen Stein erfdjüttert.
j HaS fdjöue Äinb fianb noeß in berfelben Stel*
\ lung, wie oorßin, ben Äopf ein wenig jur Seite
j unb mir jugewanbt; ißr@effht ßätte benfelßen ftar*
ren AuSbrud, ber mteß gleich beim erften Anblicf
frapptrte, — feine VtnSfel biefeS ©eficßteS ßätte
gejudt — unbeweglich, einem SJtarmorbiibe gleich,
fianb fte ba; nur jmei große Hßränen liefen über
bie «Bangen! — Sie fdffen gebanfenloS oor pcß
ßinjuftarren .... man ßätte feßwören mögen, baß
fie es nicht wußte, baß fte weine!
äBnben-
Seit bem 1. b. Vltö. iji baö ®efeß über bfe
Veurfunbuugen beS bürgerlichen Stanbeö unb über
bie görmlid)feiten bei Schließung ber @ße Born 21.
Hejember 1869 in Äraft. fülit bfefem ©efeße
würbe bie f. fl. obUgatortfcße (Siütlc^e, b. i. bie Vor*
fdmft in Vaben eingefüßtt, ba§ jebe ©ije »er
einem oom Staate ernannten Stanbeöbeamfen (Viir*
germeiPer) gefd)loffen werben muß.
Vor biejem ©efeßc beflatib bei und bie Vor*
feßrift, baß eilt folcß bürgerlicher ©ßea&fcßluß nur
in bem gälte ßattffnbcn folle, wenn bie Ätrdje
unb ißreHiener ftd) weigerten, eine oom
(Staate gebilligte @ße jurn 316fdjlu^ $u
bringen. (Slotßdotleße.) 2llö biefe Vorfcßrift als
unäuretebenb unb unangemeffen ficb ßerauöpellte,
bad)te man oon_ beit Seiten, bie oon Jeher baS
Äircbenregfment über bie Staatsgewalt Petiten (ber
ultramontanen unb pietipifeßen) junäcßP an bie
f. g. fafultatioe ©loileße, b. ß. rttt bie gefeßlfeße
Vorfcßrift, wonach eö bem ©fnjelnen frei -
Peßt, bie gortn ber @^efd)lie9««fl —
fircßliche ober bürgerliche — ju wählen.
SWan Reffte bann burch fortgefeßte Verläperung
ber bürgerlichen @ßefd)ließung auf berÄanjel unb
im VcicßtPußle, aud; in Hirtenbriefen unb Hraf*
tätlein, ben Staat unb feine ©ßefcßltcßung bei ber
Veoölferung tüdittg in SJfißcrcbit JU bringen unb
fo, wenn auch auf anberem SBege, baffelbe ju er*
reichen, loaö auch bie Slotßcioileße noch gewährt
hatte — fird)lf<he Herrfcßaft auf bem ©ebiete ber
©ßefcßließmig.
Hie Vorfeßung fügte eS atiberS. Hie großß.
Slegierung unb bie betben Kammern fagten: „®ebt
bem Äatfcr, waö beb ÄaiferS unb ber Äircbe, wab
ber Äircbe tfi!" Hab babifebe Volf oerffanb troß
aller geifllidjer Aufßeßungnt biefen Spruch unb ber
1. gebruar b- 3- ßot bem Üanbe nicht btc fo lange
unb fo febreeftidj propßejeite Üleoplutf on, fonbern
bie jitlle unb ruhige (Einführung eines
©efeßeö gebracht, beffen Schärfe, falls eS eine
folche enthielte, nicht ber Staat, fonbern lebiglfcß
unb allein bie Kirche Berfcßulbet hätte.
Ha$ »on Äarl griebrieß erlaffene Äirdjen=©on-
PituttonSebict Born 14. 2Jtai 1807, auf welches
man fircbllcherfeltS ftd) fo gerne beruft, erflärte in
feinem § 16 bie Sßcfacöen für gemifeßte Sachen,
weil folche „in ihrem ßweef unb Veßimmung bie
geipige unb leibliche SÖBoßlfaljrt beS Staatsbürgers
gleich Part berühren." SBäßrenb bie Äircße bie
ftrd)l{che Seite ber ®he pflegen foH, würbe ber
Staatsgewalt beren weltliche Seite Borbet)alten ;
„namentlich formen baher (fagt baS ©bict) ©ße-
fachen, foweit bie äußerliche ©ultigfeit ober Un-
gültigfeit, bie Scßutblgfeit jum ßufamtnenwoljnen
ober ültichtjufammcnwohnen, bie ßuläffigfeit ober
Siidffjuläfftgfeit einer jcttlicßen ober bebtngten Sven«
uung in grage ift, allein burch obrigfeitUcße Staats*
entfeßeibungen erörtert unb felneSwegS Bor gelftiidie
Dberbeljorben ber einen ober anbern SieligienS*
barteten gejogen werben." ®anj im ©inftange mit
biefer Auffajfung fagt ber § 22'beS @biftS: „Hie
Vfarrcr — ingleicßen bie Sfabbtner ftnb bei
ber Verfünbung unb ©tnfegtiung ber
©t)e, bei ber Sinnahme ber fßerfonen jur Saufe
ober Vejdjnetbung, enblidj im Segraben ber Sobfett
nicht bloS Äircßenbiener, fonbern audi StaatS -
biener unb haben bentjufolge nach ben ©efe^en beS
Staates ftd) ju richten."
Stuf ganj gleidfer ©rttttblage ruht bie bgbifche
bürgerlidje ©efehgebung Born 1. 3anuar 1810
(SanbrechO j baS ©iuführungScbift Born 22. Sej.
1809 ernennt bie Pfarrer unb SRabbiner Bon SiaatS-
wegen ju Beamten beS bürgerlichen StanbeS.
So blieb bie Sache, fo lange eS btc Äircbe als
eine ©hrenfache betrachtete, bem mit ihr ge|chi<ht-
ließ fo eng oerwaebfenen Staate tn ber Sferfolgung
ihrer gemcinfchaftltchen ÄuUurjwecfe willig unt>-
freuitblich ihre Untcrpü|uug ju leihen. 3)tefeS 3u-
fammengehen Bon Staat unb Eirebe war nicht hloS
ein erfreuliches an ftd), fonbern aud) ein fegen*
BotleS gerabe für ttnfer confeffioncH fo Parf ge-
miteßteä Caitb. blad) langem wohltätigen grieben
begann bie fatholifche Äir^c ben Streit unb eS
erflärte ein bäpftliäjeS S3reoe Bom 23. 3Jlai 1846
bie in unfetem Sanbe fo jaf)lreid)en gemifdjten
©hen als ein „manifestumIdemque gravissimum
crimen,“ b. f. als ein offenbares unb böd)P fchwereS
Verbrechen, ©let^jeitig würbe bie ©infeguung
folcber ©hen Bon ber Äird)e Ber weigert.
Viele 3af)re hinbtirch hatte bie fatl)oIifche Äirche
feinen StnPaub genommen, gemffdjte ©hen einsu*
fegnen. ffil&blicb tvurbe etwas, baS bisher Sitte
unb Uehuttg war, jura abfcheullten Verbrechen
gepempelt. Sollte — Sonnte ber Baritätifche ba-
btfehe Staat biefern gehäfffgett, iu bfe bisherigen
bürgerlichen fftechtSoerhältniffc beS ßanbeS tief ein*
fdjnelbenben ©ebahreu ber Äircbe gleichgültig ju*
(eben? ©r burfte nicht unb er fonnte nicht. Sie
ÜJfittel, bie er jur Vefeitfgung beS gcrabeju uit-
leiblihru ßuffanbeS anwenbete, waren inbeffen
fchwäd)lid)e unb barnm eher geeignet, ben Heber*
1870.
muth ber Äircbe ju reijeit, als ihn ju brechen. Sie
führten jum Äfrchenftreit unb ©oncorbat.
®ie Äfrchengefelgehuttg oom 9. Dftoher 1860
toSte entlieh baS Vatib jwifd)en Äircbe uttb Staat
unb es fonnte oott jefct an natürlich feine Siebe
mehr oaoon fein, 3)icner bev Ätrd)e als ffaatlfche
Veamte ju oerwenben; Wollte ber Staat fein Stecht
an ben „gemachten" Sachen nicht aufgeben, fo
mußte er mit beren Verwaltung, foweit folche ihm
juffanb, eigene Hicner betrauen, er mußte inS*
befonbere bie bürgerliche @bcfd) ließtmg für
alle gafle ausnahmslos einführen.
®icS gcfdjal) aber nicht; ber Staat begnügte
ftd), ber Äircbe bie ©hcfd)iießung als Siegel be-
iaffenb, mit (Einführung ber Stothcioilehe. Seine
fiangmutf) Würbe inbeffen fchlecht belohnt. 3)te
fatholifche Äircbe fehlt ihrc ©ehnffigfeit fort unb
gefährbete burch ihve ahlehttenbe Stellung ju bem
gefe^lichen Suffitut ber Stothcioilehe gerabeju ben
Sted)tSpanb ber Staatsbürger, bie $u biefern Stoth*
behelfe ju greifen oom Staate geswungen Waren.
So lagen bie ®iuge, als ber Slbgeorbnete
©cfhutb ju wieberholten IDtalen unb petS unter*
Püfct Bon ber großen ÜJt ehr heit ber gef eh*
iidien Vertreter beS babifeben VolfeS —
Äatholtfen wie VrtttPunten — mit ©rnP unb
©ittfehiebenheit Bon ber ©r. Stegierung bie enblicbe
Einführung ber oblfgatorifchen ©iotlehe
Berlatigte. ®ie SEhatfachen fpra^eu fo laut uub
bie ©rünbe waren fo folgerichtig, baß bie Sie*
gte-rung nach längerem ßtgern ber naßc^u eins
müthtgen gorberung ber Stäube etibHd) nachgah
unb ein ©efeß oortegte. Sie war befannttich nicht
bie erpe Stegierung, weihe ein foldjeS ©efch »or-
legte, unb fte ip, wie eS ben Slnfcbein hat, toobl
aud) nicht bie leßte, bie bieS tbut. SBoeineherrfh*
füchtige Äircbe SlöcS buhen unb orbnen wiU, wirb
ber Staat auf ben Schuß feiner Stechte bei 3eltcn
bebacht fein müffett. Solche ©ebanfen tauchen in
neuerer 3c{t auch fap in allen Staaten, inShefon»
bere in fatbolifdfen, in ber ®hat auf; benn bfe
fatholifche Äirht iP eS Bor allen anberen, welche
einen göttlichen Slnfprud) auf 2lflmad)t ju heftßen
glaubt'. 3n Välbe wirb Saben in bem ciSrhelni»
fdjen Veutfhlanb nicht mehr (mitgvanffurt) allein
flehen; eS wirb btoß noch ben Vorjug hePßen, in
biefer grage, wie fcbon. fn manchen anbern, beit
erPett Schritt gewagt $u ßuhen.
©in gewiffeS SBagniß war eS auh, wenn man
bebenft, wie unfer gutes Volf Saßre lang gegen
Verfonen unb Sache Berßeßt würbe, welche foloffale
ßügen über bie burgerlihe ©hefißlfeßung unb ißre
%ieUa.
Sine erjäßlung Bon' Ä. SKetS.
(gortfeßung.)
$Die jmeite war ein rounberfcßöneä junges SJtäb*
eßen oon fiebjeh« &i§ ac^tjeßn beren hoße
fdjlanfe ®aille unb beren regelmäßige 3üge mit faft
burebfießtigem ®eint, bas Vilö oon etioaS Vollenbe*
tem barbot. ©ecoiß, eS mar fein Vtafel an ihrer
'©häußsit» unh biefe befam noeß einen eigentßümli*
<ßen Steij bureß jugenblicß fcßnelle Veroegungen, burdß
eine überaus große Sebßaftigfeit be§ SlidfeS unb ber
heften. 2)er Slnbiicf beS jungen SJläbcßenS mürbe
leben sj}jann jUm Vetounbern ßingeriffen haben,
fonnte natürlich feinen ©inbruef auf meeß —
’et* lebet einen eifrigen Vemuriberer ber Schönheit
unö9jes ftßönen ©efcßlehtä — nicht oerfeßlen! )
^Ucß bie brüte Harne -war woßl wertß, baß :
man u)v eine näßere Vetrad)tung wibmete. Sie fonnte f
ein 0 er .ä'uei ^ahte älter fein, als ißre jugenblicße ;
«Begleiterin, bilbete jeboeß in ißrem Sleußeren ben
frappantepen Sontraft mit jener. Sie mar feßr flein,
hatte jebod; eine ausnaßmöroeife feßon uroportionirte !
gigur. 3lue tßre ©efießts^üge roaren regelmäßig
unb feßön; unb große fdjtöarje Singen, beren bunt*
(er ©lanj ein ttefeS ©emütß oerrietß, gaben ißrem ’
Äopfe jenen SeibenSauSbrudt, ber faft aßen ;übli= ;
dien Jppen eigen ift- einige, ma§ mir an
biefern jungen SJtäbdßen mißfiel, mar eine geroiffe
lXnberoeglthfett, eineStarrßeit ihrer 3üge, eine 2luS*
brucfslofigfeit, roelcße fte einer Statue äßnlidß madßte.
Hnrciß ein gefdßidteä SÄanöoer batte ich mich
biefen Hamen genäßert, unb mih an einen «Pfeiler
beS Verr°uS leßnenb, gelang eS mir, einige abge*
brodjene Vßtafen tßrer ßonoerfation ju ßören.
Sinn, ma§ fd^abet eS!" fagte bie güngfte.
„Heute ülbenb fommt ber nähfte 3ufl, ber nah
gtalien geht, unb bann werben mir ffhctlih Vläße
finben; bis baßin föitnen mir uns baS Stäbthen
anfeßen, fomie bie Umgegenb; th liebe bas lang*
fame Sietfen, man behält einen weit bauernberen
©inbruef baoon!"
„@anj recht, liebe Vau'a-H erroiberte bie ältere
Harne, „jeboh biefer SEßeil SaoopenS ift fo arm
an pittoresfen ©egenben, baß, roie id) geßört ßabe,
er nicht baS geringfte SeßenSroerthe barbietet."
„Ö, roa§ fdjabet ba§!" meinte baS fdßöne SJiäb*
djen mit einer retjenben Vemegung ber Siiutbern,
— „fo werben mir frembe ©eftdjter feßen, unb baS
iP fdßon amüfant genug!"
„@S ift nicht ju anbern!" fagte bie alte Harne,
„ich ßätte gern bie Steife fortgefeßt, benn wenn mir
ßente äbenb hier bleiben, werben mir erft morgen
Slbenb, unb jmar feßr .fpät, in ©enua fein!"
' „2Ba§ maeßt ba§, liebe SJtutter ?" fagte «Paula,
„einige ©tunben früher ober fpäter, unfere Steife
ift ja boeß nur eine Vergnügungsreife!"
„Unb Hu, ßlelia?" fragte bie Harne baS an*
bere junge «Stäbchen, „was ßältft Hu oon unferem
unfreiwilligen Aufenthalt in St. gean be 3Kau»
rienne ?"
„@S ift nidßt ju anbern," erroieberte biefe mit
einer Stimme, in welcher, wie e§ mir feßten , ein
leifeS 3'üetn nadßflang.
Hie ©amen fußren einige Augenblicfe fort, oon
gleichgültigen ©egenftänben ju fpreeßen, unb tdj be*
bauerte aufrichtig, baß bas Goupe nicht oier fpiäße
enthielt, benn ich würbe gewiß eine hödfft intereffante
gaßrt in ihrer ©efeUfhaft gemad;t haben. — V(öß^
; lieh warf tcß ben Vlid auf baS fleine gräulein,
| Weld)eS bie alte Harne Glelia genannt hatte, unb
i woßl nie werbe icß ben Anblid oergeffen, ber pcß
j mir barbot, — er ßätte einen Stein erfdjüttert.
j HaS fdjöue Äinb fianb noeß in berfelben Stel*
\ lung, wie oorßin, ben Äopf ein wenig jur Seite
j unb mir jugewanbt; ißr@effht ßätte benfelßen ftar*
ren AuSbrud, ber mteß gleich beim erften Anblicf
frapptrte, — feine VtnSfel biefeS ©eficßteS ßätte
gejudt — unbeweglich, einem SJtarmorbiibe gleich,
fianb fte ba; nur jmei große Hßränen liefen über
bie «Bangen! — Sie fdffen gebanfenloS oor pcß
ßinjuftarren .... man ßätte feßwören mögen, baß
fie es nicht wußte, baß fte weine!