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Heidelberger Journal (64): Heidelberger Journal — 1870

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Nr. 126-149 (1. Juni 1870 - 30. Juni 1870)
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§eM(ienjer Journal.

JS 147. ^burcb btc ff* 1* iß'fr. hietteliföriß« 2)tenftag, 28. Juni.

3 fr. t>tc $eritj«tlc, bei flugfunffS*
srtDeilunß 4 fr.

1870.

B.C. S)ic ®ott*arb&alin iw frattgöftfdjei*
©tfepgeffenbc» Corner.

Sie Bwauöjufe^en war, ift feie URon^f^e 3"-
t.rpcllatton betreff«? &« ©cn arbbabn oerhanbelt,
ob«e b« oon gewtffen ©eiten gehoffte Scbeutung

erlangen. Am ffarmlofeffen nah«1 ff* baS Auf*
treten beS 3ntcrpcHantcn felbft auS. SBaö SRoni;,
feinte! 3ei*cnö ein 3k*nffcv, öon ber ®ottffarb-
bahn fürchtet, ifi eine Setf*iebung ber £anbelS*
a<hfe ©uropaS j poIitifcfc=ftratcflff«ä)e ©ebanfen
ftpcint er fiel) über baS Unternehmen nicht fo fehr
gu ma*cn, wiü man nicht ben etwas fonberburen
ßtnfall bahin rechnen, baff bic fnboentfonirenben
Staaten SWiteigenthümer ber Sahn »erben wür*
ben. ©r befchäftigte ftd) benn au* im ©runbe
nur mit ber Unterfu*ung, welche Stufe bie fürgefie
für ben Transport oom ©uegfanal na* ©nglanb fein
werbe, fu*te als fo!*e eine ©ifenbaffn über ben ©int*
plon barguffetkn, fam aber f*lieffli* gu bem 3?e-
fultat, baff man Weber ein SRe*t habe, bie ©ott*
harbbahn ju oerhinbern, no* aber gegenwärtig
an bie Ausführung beb ©implonunterncbmenS
beulen f&nne. Sabupt unterbra* man ihn: wo$u
benn bie gange 3nterpellation ? worauf er in aller
©utmütbigfeit geftanb, baff er weiter feinen ßweef
gehabt habe, als bie Regierung »or einer Sena**
theiligung bcs £anbelS »on SöiarfeiUe gu warnen
unb beffhalb gut Ausführung ber Arbeiten an
gtpone, ©<wne, unb bem gum SRheine führenben
jtanal behufs eines wohlfeilen SiftanSportb gw.
«Dlnrfeifle unb ©traffburg gu ermahnen. SRit
hiefen I6bli*en 9iatht*lägen bejeugte ber ÜWinifter
ber 6ffentli*en Arbeiten, Sltdwn, fein »oüfteS ©in*
ocrftänbntff, roabrenb er bie bringenbe Rot&wenbig*
feit einer ©implonhabn bur*auS in Abrebe Reffte.
Vielmehr führte er mit 3°hlen aus, baff btrffieg
oon ©rinbift au« über ben URonte (SeniS na*
SariS unb £Dünfir*en ni*t allein naher als ber
über ben ©ottharb, fonbern au* als ber überben
©implou fei, unb f*liefflt* bewies er fogar unter
ber Öeiterfett beS fjaufeS, baff baS oftlupe unb
'norb6ftli*e granfrei* bon bei ©ottharbhaffn ben
grßfften Rupen gieren werbe, ohne einen Pfennig
gu berfelben beiguffeuern.

So hatte benn bie gange ©ef*i*te ff* fügli*
in reinffeS Soblgefafleu aufföfen f&nnni. Aber
gang uni ton ft burften benn bo* bie SEribünen ni*t
bis gum ©rftitfen befept, gang nmfonß burften bie
Augen ©uropaS ni*t auf ben ©efepgebenben Äor*
per geri*tet fein, ©o ergriff benn, no* btoor
Sli*on bie eommerdefle ©eite beleu*tete, bet

ffRinifter beS Aeuffern baS Sort, um auf bie
politif*e ©eite bet Angelegenheit einjugehen.
©in Re*t gtan!rei*S, meinte er, ff* ber ©ott*
harbbahn entgegenjuftelicn, refp. ihretwegen gu in»
temniren, fei nur bann »orhanben, wenn bie Reu-
tralität ber ©*weig öerlept, ober gum minbefttn
ernftli* bebroht fei. Run fonnte er aber acten*
ntäffig barlegen, baff bie ®*wetg in bem Verträge
über bie Sahn ff* felbff ihre ©ouoeränitätS« unb
ReutralitätSre*te auf’s auSbrücfli*ffe unb eorrec*
tefte gewahrt ^abe, fo weit fogar, baff ffe bie
Sahn, im galle ihre fReutralitat angegriffen werbe,
gerftoren bürfe. 3m Uebrigen muffe granfrei*
anbern Staaten baS gleicbe Siecht gugeftehen, baö
eS für ff* in Anfpru* nehme, namli* ©Uenbapn»
hauten gu unttrffüpen, wie unb wo ffe Suff
haben.

SRan fann bem $)ergog oon ©ramont in ber
2*at gratuliren gu feiner Siebe, ni*t wegen 3)ef*
fen, waS er gefagt hat — baS waren gang jrlbft*
»erftanbli*e ®ingc —, fonbern wegen ber SBetfc,
wie er eS getagt hat. Rur aligulange war eS bie
©epffogenhett ber frangöfff*en Regierung, bie frte-
gertf*en ^Ballungen weniger bur* Sernunftgrünbe
gu hef*wi*tigen, ojS bur* heranf*enbe ‘i'hrafen
non ber bominireubett Stellung bev „groffen fRa*
tion" einguhitlen; im .^intergrunbe würbe ben
Schwärmern immer no* eine nebelhafte Sorftel*
lung gelaffen, als fei eö benno* granfrei*s gutes
Siecht, hei allen |)anbhtngen ber übrigen europäi*
f*en Staaten baS groffe SBort mitgufpre*en. 3n
©ramontS Siebe haoon feine ©pur, obglei* eS ihm
ein 8ei*teS gewefen wäre, bie gange „beutf*e
grage" in ben Serei* ber ^Debatte gu giehen.
SaS fagen unfre Antinationalen gu biefer $)al*
tung eineS SDitnifferS, ben ffe unS bei feinem neu*
li*en Amtsantritt fo gern als bie »ollenbete 3n-
carnation ber Sreuffenfrefferet bargefteltt hätten?

®aS maffoofle Serhalten ber Slegterung hat
ber gangen Serhanblung ben Stempel aufgebrüfft.
deiner ber bebeutenberen fDeputirten fühlte ff* be«
wogen, bie io einfa* ahgethaite ©a*e fünßli*
Wieber aufgublafen; fogar $r. Shtevs Ueff bic
gute ©elegenheit, wieber einmal eine feiner Ab-
hanblungen über baS europäif*e ©lei*gewi*t oor*
gutragen, unbenupt oorübergehn. 3war £>r. ©ftan*
celin führte aus, wie bur* bie ©ottbarbbabn baS
italienif*e geftungsoiereef einem preuffif*en bc-
bcnfli* genähert werbe,* ein angftlf*er ©liäffer,
mit bem auffaUettb franjöfff*en Stamen 3<>«n be
Sula*, erflärtc bk SEBteberherfteHung ber geftung
Rüningen im Sntereffe feiner bebrohten $cimatb

für nothwenbig. 2)ie behäbige 3«snk inbeff, mit
wel*er ber ÄrkgSmintfter biefc ftrategifdie SJeiö-
heit wtberlegte, erhöhte nur bie angenehme 3km*
peratur beS Kaufes. Skanter war eS f*on, wenn
©raf Äaratrp Sismartf eine Setlepung beS Sr<u
ger griebenS oorwarf unb in ber ©rbauung ber ©ott*
harbbahn ben Abfcbluff ber beutf*en ©inheit erblitfte.
Unb f*ltefflt* füllte benn au* ber regelre*te Sh»“5
»iniSmuS bur* ben berebten ÜRunb beS rabicalen
3- gerrp gur ©eltung fommen. 2)et felige beutf*e
Sunb, ©abowa u. f. w. würben in’S Sreffett ge*
führt unb in Segug auf bie oorliegenbe grage ber
Slegierung oorgehaften, baff ffe biefe eminente ®e*
fährbung ber j'*weigfrif*en fReutralitat ni*t oon
oornherein abgewenbet h®be. Allein, bk SRclobk
beS |)rn. gerrp fanb jo wenig SBiberhall, baff er
unter t>klfa*er Unterhre*ung gar halb fthlkffen
muffte.

©o enbete bk groffe Affaire ©ctU)art*3)iünp,
unb )o man*er fromme tßnrtkularift im beutf*en
©üben, bet ff* f*on fftfl »ergnügt fein Säu*lei«
gcffvi*en, Reift au* biefc Hoffnung auf eine ge»
re*te ©träfe für bie 2*at oon 1866 wieber gu
©*anben werben. 3« «S iß hart für bic eble
Sreuffciifrejjerei: ein SunbeSgenofje f*winbet na*
bem anbern; nun fangen fogar bk frangöftf*en
©ahelraffeler an, oernftnftig gu werben!

2>eutf*laub.

ßarlSruljr, 26. 3U«*- ©• ^önigl. Roheit her
@roffhe?gog haben ©i* unter bem 15. 3*tt
b. 3* allergnäbtgß bewogen gefunben,
bem ganbwirth Salentin © * w c i cf arr iu $eibel*
herg für bk mit gehenSgefahr bewirfte Slettung ber
©mma Siegel oon granffurt oom 3kbe hes ©t*
trinfeuS hie fflherne SlettungSmebaiHe gu oerleihen.

Karlsruhe, 25. 35uni. SDaS heute eri*icnene
©efepeS? unb SerorbnungSblatt SRr. 45 euthält
Serorbnungen beS 3nßgitnini ße rtumS;
1) bk ßulaffung groffh. babii*er ©taatSangchb*
tiger gum Armenre*te bei fbnigi. italienif*en ®e-
ri*ten unb umgefehrt betreffenb. 2) 35eS9Rini»
ßeriumS be« 3nnern: a) bk Serpffi*tung
bet Apotbefer bttveffenb. 3)abur* wirb oerorfcnet,
baff toi tan bie ©igentlffimer unb Verwalter ootl
Apothefen hei ber erßmaligen Uehernahme einer
Apothefe bur* Stiftung eines ©ibrS bk gcwijfenhafte
©rfüllung ber f|Sffi*ten ihres SerufeS gu gelobe«
haben, bie bisher in ber Apotbeferorbnung »om 28.
3uli 1806, §§ 13 unb 22, oorgcf*rkbene Ser*
pffi*tung ber Apothefergehilfen bagegen ni*t meffr
ftattfinben foU. b) Sen Sollgug beS § 49 beS

'Intur Am iffit - Jithlmr.

Aon ttarl ©rütl.

(gottfepung.)

21. ®er Sefu».

Am folgenben Abenb würbe bie ©tumme oon
Sorticc gegeben, ©omptefje Sirginie wollte gum
Iepten Stale bas DpemhauS ber ^eimath hefuepen.
Alle SRitroirfenben ftrengten ff* an, ft* bei ber
f*etbenben ©önnertn ein effrenooUeS Anbenfen gu
erringen: felbft 3>eforateure unb ÜRafcpiniften fu*-
kn ff* felbft gu übertreffen. ®er AuSbru* beS
SefuoS fodte m5gli*ft naturgetreu bargeftellt raer-
ben. Unb er würbe eS in ber 3*at — gum @nt-
jepen. Sora fpielte bie ©tumme.

Als ffe ff* im Iepten ginale oon bem gelfen
ßürgt, foll ffe über eine hinter bem Serfapftüde an»
gegünbete bengalif*e glamme hinweg fpvingen. ®aä
«>8fe für bie 8ei*tfüRige fonft eine Äleinigfeit ge-
mefen, aber bie 3IE)eatet='©ienerin, wel*e ipr habet
bepülffi* fein follte, patte e§ im Unmutp über eine
eben erft erfahren* ßräntung an ber nöthigen Auf*
merffamfeit fehlen laffen; genug, auf bem Sobium
«ngefommen, ftrau*eitffe, taumelt ein paar S*ritte
«üimärts unb ipr Iet*tes fileth geräth in bas eben
h°* auffoternbe geuer. 3m etften ©*reden er-
8*eift ffe baS fo natürliche aber au* f*le*tefte

AettungSmittel: ffe flicht. $DaS bienenbe S««f°nal
ßürgt herbei, ihr gu helfen, gn ber J&aft wirb etn
anbereS Serfapftücf umgerannt unb fallt in baS
au* hier angebrachte bengalif*e geuer. äBäfjtenb
gebermann ff* um bie brennenbe Sängerin befüm*
mert, entgünbet ff* bie Seforatton unb bie nä*fte
©ouliffe. SDie rauf*enbe SRuftf im Dr*efier über*
tönt ben Sarm auf ber Sühne. S5er Sefuo brennt
ausgeget*net, baS Sublifum applaubirt lebhaft. ®ie
Unruhe jenfeit ber Sampen f*eint ber tumultuavi*
f*en ©eene gu entfpre*en. ©a*funbigen muff ffe
auffallen. ®er gntenbant oerläfft mit fi*tbarer
§«ft bie Soge bur* bie fleine XapetentEjür, wel*e
»ermtttelft einer fleinen kreppe gur Sühne führt.
Salb theilt ff* bie Unruh« bem Sublifum mit.
SRan hörte in ben (Sorriboren polternbe ©*ritte,
laute Stimme», au* ma*te ff* bur* ben geuer*
werfSbampf hinbur* fRau* unb Sranbgeru* be*
merfbar. gingelne Sorff*tige bra*en auf; au* bie
gntenbanten = Soge leerte ff* in ©ile. Rur ©om*
teffe Sirginie f*ien ni*t ohne <hren geliebten Oheim
gehen gu wollen, gfj* Sräutigam oerf*manb, wie
man beutlt* fah, auf ihr Segelften, bur* bie ®a*
petenthür. ©ie war allein in ber Soge.

Pöpli* erf*off ber @*reftenSruf•• geuer!
geuer!

UBenn ber SRenf* auf bem ©*la*tfelbe über
feine fallenben Srüber hinffürmt, unbefümmert um

ihr blutiges Soos, fo abelt bo* baS 3kl beS fiatnp*
feS, bie hingefienbe Sreue, ber helbenmüthtge Sinn
bie gräfflt*e ©eene. $ier aber geigte ff* überall
bte Sopfloffgfeit ber geigheit unb bk ©raufamleit
ber ©elbftfu*t. 2Beil jeber ben AuSgang guerft
errei*en wollte, errei*ten ih« Siete ni*t ober mit
flägli* gerquetf*ten ©liebem. Salb hüllte eine
immer biefcter werbenbe 3iau*roolfe ben gtäfflicpe«
Äampfplap ein. Run enblt* fra*te ber Sorhang
oon ©ifenblc* nieber, wel*er für jol*e gäHe bie
Sühne oom 3uf*auerraum trennen follte, unb f»
war oorläufig na* biefer Seite hin ben glammeit
eine ©renge gefept.

Aber au* auf biefem ©*auplap elenbet ©elbff»
fu*t gab es bergen, bie ni*t allein auf ihre eigene
Rettung ba*ten.

SBalterä Augen waren, währenb bk Kollegen
flüchteten, auf bie ihm fo mi*iige StofceniumS*Soge
geheftet. @r fah, wie Sirginie bie £apetenti)ür gu
öffnen oerfu*te, fie aber foglei* wieber f*lkffe«
muffte, weil *t ein f*warger Qualm barauS ent*
gegenf*Iug. gept eilt ffe gur AuSgangSthür, aber
eS muff etwas S*mereS, vielleicht f*on ein Opfer
ber wirren glu*t, baoorliegen; ffe fann nur baft
©*loff, ni*t bie ®hüte öffnen. 5EBaIter fleht, wie
ffe bie $änbe oor baS©eff*t f*lägt, f*wanlt unb
nieberffnlt.

UBenige ©efunben unb er iß an ben ©effmfen
 
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