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Heidelberger Journal (64): Heidelberger Journal — 1870

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Nr. 77-100 (1. April 1870 - 30. April 1870)
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https://doi.org/10.11588/diglit.25213#0399

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JS 99.

J.Sanntraerteprci« (I. 1. 3 I. in ■Smbtlt'ero,
pur$ Die 'iiofi fi. 1. IS !t. »iitttlia&rifi.

gvettag, 29.

3 fr, Mc ymt$eiUt -'ft ausrunflg'
möetlung 4 !v.

1870.

SUST gut bie Monate Mai unb 3uui werben
©efteüungen auf baS §ei&el6e?gcr Sournal für
aufwärts bei ben betreffenben 'ßofianfialten, unb
hier bei ber ©rpebitton unb ben Jrägent entgegen*
genommen. ©reiö für tjier mit Jrägerloljn 50 fr.

Sie%pefrUion,

öeridjte über bie IJJarteitljiitigfett im ©olfe.

A 3a^r/ 26. Slpvil. ©eitern Slbenb erf*ictt ber
Slbgeorbnete beS ßaubbegirfeö 8aßr, f)err Ober*
fiaatSanwalt Ätefer, im Saale beb göwenwirthS*
haufeS (ißoft) in Singlingen, um feinen SBäblern
33erict)t gu erfiatten über ben »ersoffenen Sanbtag.
6ine große Slnjabt angeiebener Männer, worunter
Diele SBablmänner, füllten ben geräumigen Saal.
Sind) au« ber benachbarten Stabt 2aljr war eine
größere 3ai)l bon 3»fe"°«rn erf^ienen.

i)Crr tiefer entwarf ein cingebenbeS ©efammt*
bilb beS gef*äftSrei*cn SanbtagS in gwei $or»
trägen, welche bur* eine ffjaufe öon einanber ge*
trennt waren. Ser erfle SSortrag fdjilberte in
großen Sögen bie beutfdje ©olitif ber babff*ett
Stegierung unb ©olfSöertretung, beleuchtete bie
geftigfeit' unb Klarheit, in weldier baö nationale
Siel — ©intritt SabenS in ben 5Rorbbeutf*eit ©unb
-— unwanbelbar fcftgebalten würbe unb erläuterte
bieö non ber ©efiätigüng bcS na* preujjtf*em ©or-
bilbe gefchaffenen äBt*r*fiemS, an ben bamit gu*
fammenl)ängcnbcn ©rafeng* unb ©ubgetfragen unb
erwähnte als eine grud)t biefer Ißoliiif ben mit
bem 9iorbb. Sunbe eingegangenen Militärfrcfgügig*
feitboertrag. SllS gortfdjritte in ben innertt <S.in-
richtungcn bcö babifchen ^eerwefenS würben bie ©e*
ftßgebungen auf bem ©ebiele bes Milltärftrafrc*tö
hersorgehchen, wooon bie eine — baS Strafgefeß*
l)u* — wcnigfienS eine milbernbe 3iad)hilbung ber
bjtufnf*en ©efeßgebung fei, bie anbere — ber
Strafprojcjj — bur* ©infüljrunfl beb Stnffage*
fpfiemö, ber £>effentlt*feit unb Münbllcbfeit, ber
Mittel einer utnfajfenben ©ertbeibigung, fowie burd)
ein angemeffene« Spftem ber fRedRSmittel bie mi-
litärifchenDrbnungen bem gemeinbürgerlichen Straf*
»erfahren thunlt*|t angenähert tjabe. Sur* eine
nähercingehenbe Sarleguttg würbe nachgewiefen,
baß baö neuefte Militärbubget nicht bloß erhebliche
©elbcrfparniffe ooHgieße, fonbern baß jeßt au* bie
tbntfä*li*e Sur*id)ntttSpräfeng ben Umfang öon
annäbernb gwei Baßren nt*t überf*reite. ©er*
glei*ungcn mit SBürtemberg unb ©apent geigten,
baß man bei unS baS ber Station unb berSt*er*
heit unb SCBürbc ScutfcblanbS Sd)u!bige mit jeber

s bamit öerctnbarlf*en ©rlcidüerung gu öerbtnbcn
gewußt habe. Ser ßfebner betonte, baß bicS benf*
bar gftnfiige (Srgcbniß bie gru*t ber einmütl)igen,
eine gewiffe @rlef*terung mit 9tad)brutf oerlan*
genben Haltung ber Kammermebrljeit, fowie einer
etitgegenfommenben freunbli*en ©ereitwiiligfeu bcS
ÄriegSminifterS o. ©eper gewefeit, weldjer, obf*on
gewöhnt an bie großen militärif*en ©inridjtungen
ber preußif*eu Monarchie, bo* in anerfenttenS*
werti)er* Söcife ben hefonberen ©erhällniffeit unfereS
fleinett Staates }ebe mögliche ßtüdfiept gu tragen
bereit war.

Siefe gange, bie beutf*e ifiolitif hehaubeinbe
SluSführung bcS DtebnerS würbe mit lebhaftem ©ei*
fallSgurufe aufgenommen, wel*eS bewies, baß ftd)
unfer Slbgeovbneter in biefen politif*eti ©runb*
fragen mit feinen 2Bäl)lern in oöiliger Ueberefn*
filmtmuig beftnbe. £>teran f*loß ft* bie Sarleguttg
ber inttneren ©olitif, gunächfi bie ©rlautcrung ber
©crfaffuttgSreformen. Sabei würbe namcntli* t)er*
oorgehobett, wie man bur* bie üBahlrefontt, 9lb*
furgung ber Manbatöbauer unb gweijäprigc ©ar-
tialerncuerung gur |)älfte ber Kammer bem ©olfe
einen weit größeren ©infiuß auf ben ©attg ber
öffentli*en Slitgelegenheiten oerf*afft habe, wie ba*
mit in 3Bal)rl)eit oon ber nationalen ©artet
einer bemofratifdjen ©rweitcrung ber ©olfSguftän*
bigfeiten mtt fetbftfofer Eingebung ©aßn gebrodjen
fei. Sie ©ebcutttng beS ©e*ts ber Sitittatioe ber
Äamntct würbe gewürbigt unb au* an biefen 9tc*
formen gegeigt, wie ^Regierung unb Kammer ft*
in beut guten ©Stilen einer ernft(i*en ©erbefferung
beS ©efiehenben ttnb ©cralteten begegnet feien, ©ei
biefer ©elegenheit betonte |)r. .tiefer, baß er ein
grttr.bfäfgltcher Anhänger beS bireften 5Ba*tocv-
fahrettS fei, baß er fi* hierin an ber Seite feines
greunbcS ©cfßarb in einer SRinberheit befunben
habe, jebo* oon ber Sufunft hoffe, baß fte auS
bem oon ber Mehrheit na* gewiffenhafter Ucber*
geugung bef*!offenett UebergangSoerhältniffe uns in
ni*t ferner Seit bur* ülnttaljme beS äßahlfpftemS
ber yforbbeutf*en ©unbesoerfaffung au* für unferc
babif*e SanbeSoerfaffung ben gangenS*ritt oor*
wärtS ooflgtehen laffe. —Slu* bie ©inführung ber
einjährigen ©ubgetperiobe würbe als ettte auf bie
Sufunft ocrgubeljaltenbe SSerhejferung ber ßänbif*en
©tnri*tutigctt begeidjnet.

Ser gwefte ©ortrag begann mit einem gebräng*
ten Ueberblid über baS ©efammtgebiet ber tu ber
inneren Staatöoerwaltung öoügogenen ^Reformen.
Mit gef*f*tli*eti ©inleüungen unb in ©erglei*
*cn mit einzelnen fremblänbif*en ®efe|gebttngen

j würbe bie ©erbefferung ber ©emetnbeorbitung bar*
gelegt. Ser fRebtter hob au* l>>cr heroor, baß
bicfcS 2öerf eingegebett fei oon ber 2lbß*t, ben
©emeinfcen eine würbige, mit ber StaatSorbuung
ocrträglidjc Scibßßänbigfeit gu gewähren, »ct
SUlem aber oon bem Streben, bie Sal)i bes mit
ben öffentlichen 2lngelegenhetien oertrauten ©ürger
gu erhöhen, bur* mögli*ft folgerichtige Sur*'
füljrung bcS ©runbfaheS ber ©lei*bere*tigung bie
©emcinbett mit bem ©eifte beS ®emein|tnuS, einer
praftif* geübten Sntettigcng gu erfüllen, hieran
i*loffen ft* erläutcrnbe ©etra*tungen über bae
Slnnengefe^, wel*eS auf bem fMntergrunbe ber fi*
bereits tl)at|a*if* in ben 3*ammenfej3ungen ber
©inwchnerf*aft man*er Orte — namcntli* grö*
ßerer Stabte — anfünbigetiben ©inwohnergemeinbe
beleuchtet unb na* feinen wefenttfdjfien ©rnnbbe*
ftimmungen gerechtfertigt würbe. 3« ber Sarle*
gütig beS ©efcjgcS über bie bürgerliche StanbeShe*
arntung unb @hef*tießung, fowie beS Stiftung^*
gefe^eS ma*tc ber fRebner ben Uehergatig gu ber
©rörterung ber gwif*en Staat unb Äir*e »otlgo*
genen 2luSf*cibungen. ©S würbe baS gwcifellofe
9te*t ber gefe^gebenben ©ewalt im
Staate« unb feiner öffentlidien ©ebiirfniffe biefe
®cfe|eSwerfe gu f*affen na*gewiefen unb bie geg
nerffdjen ©inwenbungen bcurtheilt. 9ta* fRec*tS*
grunblage unb ®ef*id)tc würbe ingemcitioerfiänb*
liehet 2öeife gegeigt, baß ber Staat 6erc*tigt fei
in folgerichtiger Sachführung ber mit bem 3ähre
1860 begonnenen ^Reformen biefe ©ebtete, wie ge*
f*et)en, betn ©eweife feiner eigenen, weltli*en Siu*
tcrität gu nutetßellen. Slu* hier, wie hei anbern
©elegeuheiten, würbe oom ©ebner baS Sutereffe ber
religtöfen ©Übung beS ©olfeS, bie görberung eines
frommen, fittlt*en Sinnes unter ben ©ürgern als
eine hb*hebeutfame Aufgabe ber ^ir*e anerfannt
unb guglet* gegeigt, wie wenig biefe h'öthfl Mt*
bienftoolle Senbung beS fir*li*eit SlmteS bur*
bie erwähnten ®efel5e gefd)äbigt Werbe. Ser leb*
hafte, ani)altenbe ©eifallsguruf bewies unfereti9lb*
georbneten, baß er ft* au* in biefen ©cbicten in
Ueberetnfiimmung hefinbe mit ben Uehergeugungen
feiner S»hörer.

9Ra* ©rwähnung einer fRvil)e anberer®efeijeö*
werfe bes Ickten SanbtagS, oon minber tief ein*
gveifenbem SÖcfen als bie oorbenannten, wanbte fi*
ber Spre*er gu einer ©chlußbefracßtung, in wel*er
er geigte, baß fo große werthöoüe ©rfolge au* ein
ä*t »erfaffüngStreueS, bie gegenfeitigen SRe*te ehr*
li* a*tenbeS ©erlfältniß gwif*en bem Minifterium
unb ber Äanimermehrheit — nationale uub If&e**

^chmiidi (Ich Jnlm.

©rgählung oon Sari grenzet.

(gortfefeung.)

Sie mo*te fi* ni*t baran erinnern wie fiebiSfjer
fo »iel Gbelmuti) gelohnt, e§ war ißr al§ oergerre
fi* ißr eigenes ®efi*t im Spiegel bei biefem ®e*
banfen unb näßme ben 3lu§brucf einer gurie an.
Sa gewiß fie hatte f*le*t unb boshaft gehanbeit;
ni*t an ben ©erlobten ni*t an ihren ©ater nur
an fi* felbft unb an *te tolle 2eibenf*aft hatte fie
geba*t. Sie mußte ni*t wie eS gefommen, aber
fie mußte plößii* übet ft* lä*eln, baß fie fi* je*
malö ernfihaft als ©attin an §o*6erg§ Seite ge-
träumt! Ser ©lang ber Märtprerfrone, bie fie
für bie ©ntfagung ihrer ^ugenbliebe f*on auf bem
Raupte gefühlt »erblaßte mehr unb meh» »or *ren
Sugen, unb bie IRothwenbigfeit, mit Sllbert leben
gu müfien oerloc ihren tragif*en ©*recfen. 2Ba§
ift benn Siebe? gft Siehe nur eine unbänbige unb
pha»taftif*e Scibenf*aft, bie fi* an ben geliebten
©egenftanb, ohne feinen Söerth ober Unmerth g«
bea*ten, in blinber heftigfeil fefiflammert, fi* au§-
genießt unb f*ne!l oergehrt, ber gadel gleich, bie
um fo f*neller erlif*t, je heRcr Pe leu*tet ? 3fi
Siebe ni*t au* bie f*öne maßooüe ©mpfmbung,
bie ni*t bur* einen augenblidlid^en Steig, fonbern

I alltnählig au§ ber S*äßung be§ 3lnbern, aus ber
' ©rfenntniß feiner ©orgüge auS SöohtwoHen unb
greunbf*aft entfpringt? Melanie hatte ba§ ©efühl
al§ brenne ihre erfte Siebe langfam »or ihr gu
9lf*e nieber, aber ihr £erg mar barum nicht falt
unb tobt, eine mitbe ©tu* bur*raarmte eS, ober
War biefe SBärme nur bie ÜBirfung ber fonnigen
Stille in bem freunbli*en ©ema*? £ä*elte bie
marmorne Mufe, bort oon ihrem Sod'ei, bie immer
fo ernft unb feierlich falt geblicft, heute oon ©on*
nenli*t erwärmt, ihr mit heiterer ©innigfeit gu?
nicht in ber IRomantif ber gugenb allein, au* im
©rnft bes SebenS unb in ber (SvfüHung ber ©fli*t
liegt ifioefie f*ien fie gu fagen.

Um ihren f)jn= unb hcrf*weifenben ©ebanfen
ein fefteS S*et gu flohen, griff Melanie na* ben
Sehnigen, fie wollte nidjt Iefen, fte wollte nur
bur* eine me*anif*e ©ewegung ben S^iefpalt
ü)reS Innern, wenn au* nur oorübergeljenb beruhi-
gen. Slber fo lei*t war ber ©ewegung, bie fie er*
griffen hatte, ni*t roieber ©tillftanb gu gebieten.
Um ein neues Seben gu beginnen, mußte fte mit
bem alten in ihrem §ergen abgef*loffeit haben. 5Ba3
wäre baS für ein ©tücf gewefen, in ba§ bie ©rin*
nerung an frühere Jage halb mit feinbli*en unb
brohenben, halb mit oortourfSoolIenSlugen geblicft?
So lange no* ba§ ©eheimniß f*mer auf ihrer
33t uft lafiete, wagte fte ben 33lid ni*t frei gu er*

heben, überall fonnte ihr ein finfierer ©*atten be*
gegnen. ©a würbe ihre Slufmerffamfeit Mtrotttfür*
li* oon bem ©ilbe einer cJionne gefefielt. @S war'
ber nur mäßig gelungene £oigf*nitt einer frangöft-
f*en ittuftrirten Bettung, ©inmal gemeeft, wollte
bie 9leugierbe üManie’S mehr oon einer ©erfän*
li*feit wiffen, bie gleich beim erfien 3lnf*auen einen
fo bebeutenben ©inbruef auf fie gema*t. 2Bie er*
ftaunte fie, als fie unter bem §oljf*nitt bie Un-
terf*rift la§: „Sontia Sol, bje Äarmelüerin oon
Mabtib." Mit ber 2eibenf*aft, bie fi* in allen
ihren $anblungen auSfpra*, oerfolgte fie ben für*
gen 2ebenSabriß, ben baS SBlatt oon bem ebeln
Mäbdjen gab. ®onna Sol war na* biefer S*il-
berung oor wenigen Monaten ein Opfer ihrer hin*
gebuitg unb ©ßt*ttreue in ber ßranfenpflege gewor*
ben. Bat hetbft beä uergangenen Bahreä h<*üeeine
fdfiimme anftedenbe S?ranf^eit bie fpantf*e
ftabt oerheert. ®ie oorhaobenen Kräfte an Slergten
unb Kvanlenwärterinnen hatten bet ber ©ewalt mit
ber bie Seuche auftraf, halb ni*t mehr genügt,
©ine außerorben!li*e Menf*enfreunbli*feit unb ein
herotidjer Sinn hatten bagu gehört, fi* unter biefen
Umfiänbcn, bei ber ©efahr, wel*e f*on bie ©erü!jÄ
ruitg ber ^ranfen mit fi* bringen foKte, benno*
biefem bcf*werfi*en unb oft töbtli*en Sienfte ju
wibmeit. ®ec Mangel an geeigneten ififlegerinnen
war fo groß gewefen, baß ber 6rgbif*of ber ©tabt
 
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