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Heidelberger Journal (64): Heidelberger Journal — 1870

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Nr. 77-100 (1. April 1870 - 30. April 1870)
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https://doi.org/10.11588/diglit.25213#0323

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M 80.

^OKBraUBtsprci« fl. i. 3 f. in Jpeifcelberß,.
burd> bif fl. 1« 16 fr. Dierielja&rtß.

©tenjlag, 5. iiptiL

3 fr. Me ^etitjeile, Sei 2lu$funft£*
erlOeifunß 4 fr;

1870.

dinlaimitg jurn tüonnement.

Suf baS m't bem 1. Slpril begonnene neue
Slbonncment auf tag II. Quartal beS

Jjeftdberger Journal

tttbfi bet wöchentlich erfchefnenben Beilage

fföö Haue

Oöuflrirte grauenjeitung.)
laben wir hiermit wieberl)olt ergebenfi ein.

©urd) bie wertijooße Beigabe beS lederen
Blattes, ifi bet Hausfrau btc befonbeve SluSgabe
erfpart, für eine in jeßiger 3cit unentbehrlich ge*
toorbenen gtaueit - JeitUJtg, utib glauben wir ba*
Ijet auct) einer »eiteren günftigen Slufna^me ent-
gegenfffeen ju bürfen.

W&T ©ff Breis bes Hctöelberiier goimtalö
beträgt für beibe Blätter oierteliäbrttcb itiw?
1 fl. 8 fr.

Sic SlBflimwung itficr ba§ ginanj-CBefeb.

Sei feinem ©efeße liegt bie draavtung, ba#
e? o#ne ^Debatte angenommen »erbe, näljcr, als bei
einem glnan^gefcß, ba baffelbe blo? bereite bewil-
ligte Bubgetinmmen gufammenfteßt. ©ie „fatl)oIifdje
BolfSpartct" Heß cS ftef) nicht nehmen, tu ber
©ißung ber 2. Kammer »om 29. Blärj, in wel*
eher baS gtnanägefcß für 1870/71 auf ber ©ageS*
orbnuttg fianb, i^re Slbßimmung gegen baffelbe
burch eine nochmalige Darlegung ihres ganzen
©tanbpunfteS ju begrüttben. ©ett fReigen eröffnete
ber Slbg. Bifftng, bicemat ohne Junior uitb
©Satire, lebiglict) mit platter ©robheit. ©ie ge*
fammte äußere toic innere Bolitif ber ^Regierung
fanb feine ©nabe öor feinen Singen, ©ie äußere
nicht, »eil fit banach flrebe, unferm Sanbe frei*
totßig unetfcb»inglicbe Saften nufjubürOen unb es
3« einem bloßen Bafaflcnßaatc berabsuwürbigen;
bie innere nicht, »eil burch baS fUfilttärhubget bie
»ichtigften Kultitraufgabcn »ernad)läfjtgt, unb weil
bie 9ted)te ber Kirche unterb; rieft »erben. 3Bo^l I
fei ber Kampf jwtldjen ©taat unb Ktrd)c fehr ju
bebauern, nicht aber bie Kirdw trage bie ©<hulb
an bemfclben; ötelmeljr habe feine Bartei ein fehr
einfaches fßrogramm jur. Trennung oon ©taat unb
Kirche aufgefteßt. Slher ber ©taat fei es, ber nur
Qpfer »on ber Kirche »erlange, ihre Siechte aber
febrner »erleße. @o »erbe benn aud) nach ben 9lr-
beiten biefeS SanbtagS ber griebe nid)t einfehren;
aber bie gehler beS berrfchenben BcgimingSfpßemS
Hegen fo flar am Sage, ba# ftc felbft burch poli-

Sfr j&hnutdi £*» Jnfm.

ISrjdhlung »on Karl grenjel.

(gortfefeung.)

@r fagte bteä mit einem fo gleichgültigen ©on,
al§ ob er oon ber ©üte feiner Sigarre ober bet
fchmülen Suft im Jimmev gefprodjen hätte.

Herr oon Blacpa huftete einige fSJlale, »aä für
btejenigen, bie if)n näher fannten immer eingeid)™
»ar, ba# er freh Ju einer befonberä wichtigen unb
ernfthaften Siebe rüfiete.

,,©ie. ©räfin SRelante ift eine junge fd^öne Same,
bie — id) beute eä ifjmicht übel — ben fßu# liebt,
unb »enn fte auch ben Sßertp ber ©teine nidjtach*
|'n mag, fo hoch ihren ©lang unb ihre Schönheit
»ohl ju fräßen weiß."

»greut »ich! 31 us ber ©leidjgültigfeit, mit ber
fte ben @chmu(f betrachtete, glaubte id) annehmen
?u müffen, ba# ich OT*<h bet ber 2Ba^t be§©efd)enf8
arg »ergtijfen (Solchen S0li#griff pflegen bie

grauen »te mjr habe fagen laffen ihren jJRän-
nern nicht Iei4t ju oergeben, roie oiel »eniger eine
IBraut bem Sräutigqm! ©ie 3Serf(hiebenheit be§
©efihmacfS am §ochgettstage fc^eint — ifebieS nun
ffiahrheit ober eine thörichte ©inbilbung »on mir ?
— eine aS.erfc^ieben^eit ber Slnf^auung fürs ganje
Seben »erhängni#ooa ju »eiffagen.

,©a roären »ir ja bei ©chißers @pr»h ange-

jetlicbc SJlaßrcgeln nicht »ertufcht »erben fönnett.
— Sind) Sen ber »erurtheilte bie S3olitif ber 3le-
gitrung als eine fd)»eve ©chäbiguug beö SanbeS
unb eine fortbauernbe ©efährbung beS griebenS,
j»eifelte inbe# audt feincrfcitS nicht, ba# bfefe fßo*
litif ihr balbigcS ©nbe ftttben »erbe.

©iefe Singriffe fattben bte gebülircnbc gurücf*
Weitung bttrd) beit Slbg. Eiefcr. @r uttb feine
greunbe — fo führte er auS — feiett burchatiS
eiiiocrftanben mit ben ©rgehtiiffen biefeS SanbtagS,
»eil ihrer fefiett Ueherjeugung ttacb bfefelhen jttm
|)eile beS SattbeS geretbhen »erben, ©te ftimmen
auch für ben h»hfn SRilttäraufwanb, »eil fte baS
33e»u#tfe(n haben, barnit ein unabweisbares ®e-
bot ber nationalen Pflicht ju erfüllen, ber Pflicht
gegen baS große föaterlanb, 311 welchem fte flel)cn
»oßen in guten »ie in böfen ©agen. Sie bieten
unS, fchlo# ber fRebner ju ben ttltramontanen ge-
wenbet, ben Hampf äud) für bie ßufunft an; nun
»ohl, wir werben it>n ju führen »iffen. Qb au^
ber Slbg. Sifftng feine ^tänbe in Unfchulb »afche,
»ir unfrerfeitS »iffett, ba# ber ©treit nicht angc-
fadtt ifi oom Staate, fonbern burch bie unerfüß*
baren Slnforberungen ber Hirdte. ®avum wirb ber
©ieg in biefern Kampfe auf unferer ©eite fein.
2Bir »erben bnrdtbrtngen mit unfern Skflrebungett
für bie freiheitliche (Sntwicfelung unfereS Heimat#3
ftaateS, brtrd)briitgett aud) mit unfern Seßrcbuttgen
für bie ©rbße unb 3Rad)tjleßung beS beutfehett ]
SSaterlanbcS. ©a# wir bisher 31» Herbeiführung
biefeS ©iegeS jooiel in unfern Kräften ftatib ge*
than, baS ifi nufere ^Rechtfertigung »or bem SSolfe.

©taatSminifter 3 0119, ittbem er bem S3orrebner
für feine warmen SBorte batifte, fießte SSifßng gern
baS 3eugniß auS, ba# er att ben ©rgebniffen biefeS
fianbtageS üoUfommcn nnfd)ulbtp fei, wies aber bic
^Behauptung jurücf, ba# ber ©taat eS fei, ber ben
bcbcuteritchen .Kampf mit. ber Kirdtc heworgetufen.
©er ©taat hefiitbet fid) lebiglfch in ber Slbwehr
gegen unberechtigte ttebevgriffe ber Äirdie. 3nbe#
bte ^Regierung »erbe btefen Üehergriffen, »ie bis*

| her, fo auch in 3ufmtft 3U begegnen »iffen.

©eg’cnüber ber fo bcfiitnmt auSgefprochettcn
llcbergeugnng Kiefers, ba# bie herrfchenbe fpolitif
bte richtige unb beS ©iegeS gewiß fet, hielt eS
SBattntjiarf für gut, wie fo oft tnt Saufe ber
©elften, 31» «unbefangenen" Scuttheilung 3U er-
mahnen. @S fei hoch aud; bie entgegengefehte 2ln-
ficht fiarf »ertreten uub bie ©ntf^eibung »erbe er#
bie 3ufnnft bringen, ©em hielt nun pnääjft 8a m ep
entgegen, baß, wie immer ber ©ang ber brutf^cn
©inge ft^ »enben möge, uttfer ©taat boch unter t

aßen Umßättben cinrS tüchtigen |)eerförperS be-
bürfe, wenn er ßdt nicht »on »ornberein »on felb#
aufgeben unb als Slull betrachtet vriffen »oße. ®o-
bann aber: »a§ hut beim bie Unbefangenheit ber
fBcurtheilutig mit ber ©iegcSjuoerftcbt 3U fdmfjpen?
2Ber »on ber SBahrheit feiner ©runbfä#e, auf ©runb
gewiffenhafter Prüfung, einmal übeqetigt ift, ber
muß auch an ben ©rfoig feiner auf biefett ©rttnb-
fädelt fttßenben ®efhebungcn glauben, greillcp,
ber fPoltttfcr foß bie 3tugen offen hl1ben bei aß
feinem ©hun unb Saffnt, foß bie Umflänbe er-
»ägett tn jebem Slugenblicf, aber »on ih» »er-
langen, ba# er 3u>etfel fe#c in btc ©runbrichtung
beS »on ihm eittgefd}lagetien SkgeS, hdßt ihm ju*
muthett, ba# er fidt felbft »ernidite. ©iefeS ewige
fßoehen beS $xn. SSaumjiarf auf bie Unbefangen»
heit ber fBeurtbeilung ift alfo entweber eine ent*
fe^lich hoble f]3hrafe ober ein »oflenbete Sädierlidifeit.

Unb »ie hält eS benn ber Slbg. fßaumftar!
felbft mit ber Unbefangenheit ber üöeurtheilung?
©egenüber ben Seewürfen wegen unberedjtigter
Uebcrgriffe ber latb»ltfd)en Kirche hatte Senber
barauf bingewiefett, ba# auch in ben bobenjoßern**
fchen gürftenthümern, weicht auch 3ur (Erjbiocefe
gretburg gehören, bie Kirche mit bem ©taate in
tfeffient gviebett lebe, ©ofort »ar Saumftarf bet
ber |)anb mit ber Slnflagc, ba# bie fjSolitit bet
babffeben fRegierung »on ber ber preußifdjen ftc#
überaß ba entferne, wo eS fleh um bie iRedjte ber
fatholifchett Ktv^e bmtble. ©oßte eS benn einem
«unbefangenen" Beobachter nicht möglich fein, ju
erfennen, ba# ftd) in Preußen bie fatholifche Kirdpc
— jur ßdt »enigftenS — wohl hütet, eine fo
offenftoe ©oltung attjuttehmen, wie in Baben?
Soweit bieS auf bte hohengotternfehen gürfienthümer
Bejug hat, hielt ber Slbg. 91 ob er ben Ulttamon«
tatten treffenb entgegen: ,,©ort »artet ber ®eifl«
liebe feines SlmteS unb hält ftd) fern »on jebet
©ittmifchung in politifche Bartetbefirebungen. Unb
fo wirb auch in nnferm Sanbe ber grieben ni^t
eher »ieberfehren, als bis ber KlevuS mit feiner
©bätigfeit lebtglich auf baS »erwiefen fein wirb,
»a§ feines SlmteS ift."

Sind) nad) einer anbern ©eite übrigens erwarb
ftd) Senber baS Berbfenß, feiner Bartei einebe*
benfliebe Blöße 3U geben. Unter ben ©rüttben,
burch welche er ftd) Jur Btrwerfung beS ginanj»
gefehes bewogen fanb, führte er auch bie SRangel*
hattigfeit unb Ungered)tigleit beS ©teuerfpftemS,
namentlich bie ju fchwere Belafiung beS ©runb»
eigcnthumS, an. SöunberbareS Argument! ©in
halbes Jah» ft^t ber Sanbtag jufammen, ohne ba^

iotnmen: ©’rum prüfe, »er fi<b ewig Binbet" —
fagte Herr oon Bladja mit Sebeutnng unb
rieb ftd> bie Hänbe. Je^t habe id) ipm boch
bentlich 9enu9 gemacht, bachte er, welch’ ©eftanb»
ni# ich u°u erwarte! Siber Sllbert war ttidht
2öißen§*fo leicht in baS Siefs ju gehen; er HieSbie
SBolfen feiner Stgarre oor ft<h h'n< ftanb auf, öff-
nete baS genfter, fah einen Slugenblicf in ben
monblidhterheßten ©arten lßuau§ unb lehrte bann
wteber ju feinem @i# jurücf; Herr oonBladhahatte
ftd) in feiner ©opljaecfe nicht gerührt.

„Sine fdjöne Beftpung, bie beä ©rafen 3Balb-
heim," fing Sllbert mieber an, «aber oerfchulbet, unb
wie ich fürchte, unrettbar oerfdhutbet! ©ie ftnb ja
au§ ber 9ladjbarfdjaft, Herr oon Blacha, toaS ift
Jhre UReinung baruber?"

«.gragt ber Kaufmann ober ber@ch»iegerfohn?"

„(Sin SRantt fragt, ber es mit bem ©rafen
SBalbljelm unb nodh mehr mit feiner gamilie wohl
meint."

„gür bic ältefte ©odhter," entgegnete Bladja,
«ift burch bie §eirot§ mit Jfjnen, mein werther Herr
Börner, auäreidjenb geforgt; nun ftnb nodh jmei
jüngere ©ohne oorhanben, bie ftd) in ber HauPt*
ftabt ber Btooinj jum Offiäteräejamen oorbereiten.
©ie werben wohl morgen auf bem Schlöffe ein*
treffen, gür bie jüngfte ©oefcter enblich wirb fid)
irgenb eine Steße in einem Stifte ober, be§ alten

i SlbelS ber gamilie wegen, eine Bebienftung in bem
Hofftaate einer ^Srirtgeffin finben. ©aS ®ut wirf»
nach bem ©obe beS ©rafen »erlauft werben unb
wafjrfdheinlidj einen Ueberfdju# über bie @dju!ben
abmerfen. Jnfofern werben bic ©alb[)elms immer
noch leiblich unb mit Slnftanb burch baS Seben fom«
men. ©er ©lanj beä Haufeä ifi freilich auf im-
mer baljtn. SBaä wir fchen, ift eben nur baä le^te
Slufflammen ber Sampe, ehe fie auälöfcht.

„©urcjjauä meine SReinung, icp werbe mein
©elb nidjt in bieS »erjweifelte Unternehmen fteefen.
3Rag faßen, waä nicht mehr aufrecht flehen fatm."

©tn ©(hatten ging über baä ©eftcht beä Herrn
oon Blacha. 3Dm ^««9 bie Sleußerung beS Kauf«
mannS fo hart, ba# er fte mit feiner biäherigm
Kenntni# oon bem Sparafter bejfelben nicht mopl
oereinigen fonnte. ®r hatte freilich noch nie in
©elbgefchäften mit ihm ju thun gehabt. Unb biefet
9Jtann, ber mit fo herjlofer ©Ieidjgülttgfeit übet
ben Untergang einer alten unb berühmten gamtKe
fprach. woßte in brei ©agen bie fdjöne unb ftolje
©ochter biefeS felben Haufeä heimführen. Hier War
ein Bätljiel, baä Blacha in ber ©nfachheit feine»
©emütheä nicht ju löfen wußte.

„Haben Sie fdpon über ben freien Büßen beä
SRenf^en nachgebadpt, mein lieber alter grennb ?* fing
plöhlih Sllbert eine neue ©ebanlenreihe an , gleid)-
fam als ob er gefühlt, ba# feine testen S9«tr
 
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