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Heidelberger Journal (64): Heidelberger Journal — 1870

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Nr. 26-49 (1. Februar 1870 - 27.Februar 1870)
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M 30.

^boitnraunt«tjrcis fl. i. 3 f. tn ^etbelbcrg;
Hurt© bie ^)ofi fl. 1. 16 fr. bterfelfa^rtß.

©autftag, 5. gefrrnat.

änjcifltn 3 fr. fcte

ertceilung 4 ;

tei!

1870.

B. C. 2>te fmirifcßeit Patrioten unb iJjtre
glbveffcn.

äöetttt wir bie Abreffen ber bairifdjeu f. fl.
©atrioten unb bie Debatten in betben Raufern beb
3Jhutd)ener ÜanbtagS burcfjgeßen, fo jeigt ftd) genau
btefelbc 3ufamtncnfeßung, baffelbe ©cbaßreit bev©a*
trlotenpartet, wiefoldjeS bei ber fätßotifcßen atigcb-
ließen ©olfSpartei in ©aben jn ftnben iß, nur no'dj
mit einer 3utßat oon fpccißid) bairtfeßem ^Sartifu-
lattemuS, tt>ic er in äßnlicßer SBeifc in Saben
fachgemäß nicht »orfommen fann.

9Jlan fann ftd) in ber Sßat ber Heiferfeit nicht
erwehren, wenn bie 8febc beb Sr. Sepp .ßcroor*
hebt, wie bie Stämme ber g-runfen, Schwaben unb
Salem, welche uralt feien, ftd) niemals einem Staate
unterwerfen fönnten, ber erft jwef gaßrßuitberte
befiebe! Senn — abgefehen oon ber einfadjen
Stotßwenbigfeit, baß ini Saufe ber ©efdudite ftetö
ein Staat ba fein wirb, ber jünger ift alb bie
anberen — hat man benn bergeffett, baß Saiern
felbfi am Anfänge biefeS gaßrßunbertS Sßcile beS
fränfifdnn unb fcßwäbifcßeit Stammes, ohne ftc ju
fragen, ftd) unterworfen ßat, oßne bafi babei lange
unterfud)! würbe, welcher Stamm benn etgeittyd)
ber altere unb fomit ber mehr berechtigte gewefen ?
Sie Wunbcrlidje £>tnweffnng auf bie »erflungene
SEfjalfacBc, bafi Satern als folchcS »on ber Dftfee
biö jnr Abrin ftd) erftreeft habe (wae, beiläufig
gefagt, gar niept wahr iß), ffl gerabeju läcßerlid),
als wenn man ftd) ßeutjutagc itt ©aben noch auf
bic ehemalige |)errfchaft ber 3äßrittger über ©ur-
gttnb unb bie Scßweij berufen wollte, um bte Selßß*
ßänbtgfettöberecßtigung nadjjuwciiett; bergletcßen
ift bisher ßlbß ben babifd)ett Ultrainontanen nicht
eingefallen.

Unb wenn £>err oon ©omßarb bie ©reig*
itiffe oon 1866 eine ßueßwürbige S£f)at nennt, an
Welcher ftd) gebet mitfd)itlbig mache, ber 3uneigung
jurn ttiorbbeutfcßtn ©unb jeige, fo fdicint btefer
SRebtWr gänjitd) »ergeffen 511 ß<tben, waS er als
(Staatsmann unb gurift wißen muhte, nämlid), btirch
roelcße Sßaten fein Staat ©aieru felhft ju Staube
fam. 2BaS war eS benn für eine £ßat, old ber
Kurßaat ©atern ftd) 1805 ÜRapoleon anfchlofi, ge-
gen Defterrefd) ju gelbe jog, unb 1801 bte SRßein*
huitbSacte Unterzeichnete, fnbem er gieicßjeüig bent
beutfehen ßlcteße bie weitere Anerfennung oerwetgerte
unb bte gänber oon einem Sußenb fReic^öfürftcn
einfaefte ?

©anj abgefehen oon Strartigetn erblichen wir
in ben betreffenben Sieben biefelben gbeeit unb

Jumiln Blut

Aooelle oon Beritö hon © ufed.
(gortfefcung.)

Saju würbe freilich oielUeitrogert, wenn Kuno nach*
weifen föntte, baß er baS Suettnicßt prooocirt habe,
fonbern oon feinem ©egner baju gereijt worben fei.
Als ber ©rief abgegangen mar, 6emißte SBilbenftein
mit ben Seinigen noch an bemfethen Sage baS Sit-
fdhtff nach Köln, unb oon bort ben 9?ad;tjug nach
©erlitt. Sibbp hatte an ^en Aufenthalt tnSofanbäJ
edf fo oifl fdjöne Hoffnungen auf „reijenbe Sage"
setnüpft unb oerliefs bie herrliche fRIjemftation
enttäufcht, mit einem bittern ©efüfjl im Herren, um
eine ihrer glücftid;ften Sinbilbung ärmer. Üiun fot!-
tett. piel langweilige SBochen' folgen, im HaoeHanbe
herrichte äWQr eine großartige lupuriöfe ©efeHigfcit
unter bent zahlreichen Abel, we(d;e fonft ganj nach
Sibbt) S ©efehmaef gewefen war, ba eS auch nicht
an mättolteher Qiugenb fehlte, ben Söhnen ber Schloß3
gefejfenen, welche in ben Dornejjmften Utegimentern
ber Armee btenten, aber Sibbp fühlte fid) jeßt, fte
mußte ntc^t toorum, erfattet bagegen — fte famfteß
redht gealtert oor. Selbft auf ©erlin unb bie gefte,
welche fte bort im Sßinter erwarteten, lonnte fte fich
nicht recht freuen unb bieSmal war ihr ber

bttfclbett 2Biberlprüd)e wie bei ben babifeßen UU 1
tramoutanen. Siefelben banalen fßhrafett Oon
„gveimaureret," „infernaler ©reffe," „©ebrüduttg
ber fatboltfcßen ©ewiffen," wie wir fte tn unfern
fchwarjen sBlättcrn, namentlid) im „©fäljer ©0-
ten," ber ftd) gegenwärtig in eugbrüftiger (feile im
Hafchen nad) SBtß abuiattet, täglich 5lt Ufett ge-
wohnt ftnb.

©in ©ebner jammert über bte 3)urd)bved)ung
bet gegitimttät unb beflogt, baß bic ©emcittbat
jeßt bte greißeit ber ©icbcrlaffmtg bttlben müßten,
waS ihnen bie greube an ©rimb unb ©oben oct--
berben unb fte jnr AuSwaitbentng jwtngcn tnüffe.
Sagegen flagt ein anbcreS ©litglieb -*er näutUcben
©artei, baß ber Staat büreatifratifcß beoormunbe
— er will alfo Seibftoerwaltung unb fießt folg-
lid) in bireefent SBtbcrfprucß mit feinem foeben ge-
nannten ©ollegen, bem bie gortfdjrttte ber Social^
gefeßgebung ein ©rättel ftnb.

2)ic Abreffe ber Abgeorbnetenfammcr fagt, baß
baS (bem babifeßen nadhgebilbete) Scßulgefeß bie
„©efühlc" beS ©olfeS oerleßt habe unb geßeßt
alfo ju, baß bte bairifcßcit fogenannten ©atrtoten
fi^ oßne ultramontane ©eoormunbung eine Sdmlc
ju benfett oölltg außer Stande ftnb. Semtocß wirb
baS birecte SBaßlred)t fraftig gebilligt, fßfatt fann
ttun flchfr mit 9ied)t fragen : ift baS birefte2ßahi-
reept für ein ©olf paffetib, baS ftd) nfept einmal
an ben ©ebanfeu gewedme» fautt, eine Sd;ulc
oßne pfäfftfdjnt. ©tttfuß ju befißen?

S)cr Ipeciftfcß althairifcßt ©atviot oerwirft bie
neue Socialgcfeßgebuttg, bte ißm feinen 3unftjopf
abfdtneibet unb grembe in bie ©euieinbe bringt,
ber Uitramoutane, bem baS Scßaigefeß ein ©rättel
tfi, prebigt Seibftoerwaltung unb birecteS Söaßt-
red)t, natürlich nur (wie in ©oben auch), um butd)
biefe ®rrungen|d)flften felbft bie ^)crrf<yaft über
baS unmiffetibe, gläubig geßorfame ©olf in bie
Hanb jn befomnten. 3)ic einjige gemeinfame@tgen3
fdjaft, welche ben ©artifulariSmuS unb ben itltra-
montanen ©fcubo=gortfd)ritt jttfammenhält, ift ber
grimmige ©reußenpaß, Per feineSwrgS erft öom
Saßre 1866 ßer batirt, fonbern feßou längp Oor^
ßanbett War unb injwifdjen eifrig gefeßürt wor-
ben tfi.

©lüdlicßerweife wirb bic @ad)e SDentf^lanbs
nicyt burd) ben bombaftifebeu ©allimatßiaS ber
Herren SufaS unb Sepp entfeßieben. Set junge
König oon ©aiern ßat baS richtige ©efüßl, baß
weber eine 2)ßnafiic, nod) ein ©iittel» ober Klein*
jiaat eine gefidferte 3u^nfl befißt, fobalb ftc Krieg
führen wollen mit bem ©inheitSftreben ber fffation.

i ©runb gum ©emußtfein gefommen: eine '®emtttßi*
c gung ftanb ißr beoor, bie ©cßabenfreube tßrer 9let*
herinnen, weldje balh genug betnerfen mußten, baß
35on Antonio be ©iloa nur noeß eine falte Höflitß1
feit für fte hatte! gßr ©fann hatte ißt nicht ge*
fagt, baß er Siloa ju einem ©efud) in ©ißman3
brudh etngelaben ßabe, ba§ hätte fie oiellei^t mit
neuer Hoffnung erfüllt, in bem gufammenleben ßa§
SDtißoerftänbniß, baS jmifd;en fie getreten war, auf-
jnflären unb ben Abtrünnigen wieber ju feffeln.
Sei gelegentlichem UBieberfeßen in ben SalonS, bes
fonbers wenn er ihre ©älje nicht mehr wie früher
fucljte, mußte fie tßn aufge6en.

SLante Souife war unterbeffen in SBalbfißeibuns
gen angefommen. Sie hatte fich ihre ©ferbe nach
©ifenach befteHt, wo fte bie @ifenbal;n oertaffen mußte,
ausbrücflich aber in einem ©ittet an Kuno, baS fte
bem ©efteü6riefe an ihren ©ogt einlegte, jtifj 0er3
beten, baß Kuno fte fdjon in ©ifenacfj empfange.
Auf bem SSagen hatte jie bem Kutfcijer eine herbe
Strafprebigt über ben gutterftanb feiner ©Jolfsfal*
ben, eine faft auSgeftorbene garbe oon ©ferben, bie
fie liebte, gehalten, bann aber nach bem jungen
Herrn gefragt, ber fürjlid) angefommen wäre, unb
ftd; mit her furjen Ütadjridjt, baß er ganj munter
fei, befriebigt. SDie ©ebirgSwege, in welche fte oon
ber ßljauffee halb einbiegen mußte, Waren fd)(ed;t,
fie maßnte felbft, langfam ju faßren, unb fam erft

©S wirb ftärfer fein als bie Diäitfe ber ©faffen3
polittf unb bie AbfonberuttgSgelüfte ber ©artifula*
riften.

S)ctttfd6lanh.

Karlsruhe, 3. gebr. 50. öffentlidte Sißnng
ber 3n>eiten Kammer. Unter bem ©orßß beS
©räfibenten KirSner.

Am ©linifiertifd): SfaatSminifter 25v. Sollß
unb ©eh. Aath Srott.

9iad) ©röffnung ber Sfßting machte ber ©rä*
fibent eine gcfchäftliche ©iittbeilnug, worauf ber
Scfretär ©erber baS ©infommen 001t ©etitionen,
betveffenb bte ©rbauuug ber ©ifenbaßn oon ©iß-
lingett nad; St. ©eorgett unb oon Sließfitcß über
Suttlingcn, jur Kenntntß bringt.

fftoeß würbe angejeigt ootn Abg. Kufei, baß
ber KonimifffonSberid)t über bie Aenberuttge/i ber
©efcßäftSorbttung, unb 00m Abg. 0. Ulottecf,
baß jener über ben ©efeßentwurf) betr. baS SRccßt
ber ©ijetibaßnbetviebS3©erwaltung an ßerrenlofen
Sachen brueffertig fei, unb fobattn jnm erften ©e*
genftaitb ber SageSorbnung, jur ©eratßuttg beS
©nichts beS Abg. Hebting über bie DiechnnngSs
naeßweifungett ber ©abanflaltcn für bie Saßre
1866 unb 1867 übergegangen.

SDie (Sinnattmeit tonten für biefe beiben 3nßre

764,204 ß. (eine Weßreinnaßme oon 12,326 ß.
44 fr. über ben ©cranfcßlag); bie Ausgaben waren
im orbentlicßen ©tat 180,992 ß. 50 fr. (6332
©ulbeit 50 fr. nteßr als im ©oranffßiag), unb
im außerorbcntltcben ©tat 27,160 ß. 2 Kreujer.
(116,481 ß. 58 fr. weniger als tnt ©OfflKITHÜTlg).

3)ie Anträge ber Komnttßion auf ©eneßmigung
ber ©itinaßmen unb Ausgaben werben oßne ©iS*
fuffion angenommen.

©or ber mtitmeßr fotgenben ©eratßmtg beS
SericbtS ©bcnbeßelbett über beit ©efeßentmurf, baS
©ubget ber ©abanßalten für bie Sabre 1870 unb
1871 bftrcffntb, erßattef ber ©erichtcrßatter Abg.
Hebting ©erießt über eine ©etition ber ©ab-
eigentßftmerinnen unb beS ©emeitibcratßS in Säcfht3
gen um Saf^uß jur ©rbauuug einer Srinfßalle
ttt Säcfiitgen ober um ©efiattung, biefelbe mit
einem Attfwanb oon 350 ß. erbauen ju bürfen;
ferner über bie ©etttion beS iöabwlrtßs in Sulj-
bürg um einen ©eitrag ju ben bortigen 33abean-
ßalteu, bei welcßen betbett ©etitionen bie Kommiß
fton bie Ueberweifung an bie ©egierung jur Kennt»
ntßnaßmc beantragt.

Hierauf wirb in bie ©eratßung beS ©efeßent*

gegen Abenb auf th«m jiemlicß ßoeß gelegenen ©Joßn“
fiße an. Hier fanb fte ißren ©eßen wie eine Scßilb-
waeße am ©ingange be§ ^oft^oreS ißrer martenb.
„ßBißfommen, ßßtlbfang!" rief fte ißmju, erfreut
über fein gutes AuSfeßen; er feßien fteß, feit fte
ißn nidßt gefeßeg,, nodß männlicher entmicfelt ju ßa-
ben, als er oßneßm, über feine gaßre hinaus fdjon
war. 28er hätte ißn meßt für wenigffcnS fünf
gaßre älter geßalten!

„©uten Abenb, gnabige Hantel Sie fommen
aber fo fpät?" ertoicberte er.

Sie ©räfin Hatte am SSßore halten laßen unb
war abgeßtegen, fte reidjte ißm bie Hanb, bie ße
aber fräftia jurücfjog, als er fte füffen woßte. „Keine
Seootionen! Su weißt, idj fann ße n,id)t leibenI"
fagte ße. „gft bie gnäbtge Saute aueß wieber Ie*
benbig geworben? giß bäcßte, wir hätten ße tobt*
gemaeßt. ©benfo baS Sie! Sonß nenne icß 3)idß
aueß fo unb Herr oon 2Bilbenftein!"

„©erjeiß’, Sante Souife!" evwieberte er lacßenb.
„geb war bnreß 35eine ©rfeßeinung fo tmponirt, baß
icß rücffäßtg würbe." Sie jcßrit'cen neben einanber
über ben H°f m bie ©räfin ißre Augen in aßen
ßlidßtungen feßroeifen ließ, ob fie aueß Ungehörige
feiten bemerfte. Ser ©ogt fam aus bem Statte, unb
mußte ein fcßarfeS ©Samen beließen, baS aber ju
ißrer gufriebenßeit ausfiel.

„So Kuno!" fagte ße, nadjbem ße aus ißrem
 
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