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Heidelberger Journal (64): Heidelberger Journal — 1870

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Nr. 50-76 (1. März 1870 - 31. März 1870)
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https://doi.org/10.11588/diglit.25213#0278

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futtg. Unter bent SRacfffolger, Kurfftrfl Karl Biß’
lipp, würbe er öon ^>etbelbevg entfernt.

@o hanbelte man (m Stnfang beä 18. gaßr*
ßunbertä in Seutfchlanb gegen eineu fecfen Ber»
fud», fefuitißh fathollfcbe ©runbfäfce gn »crt^ci-
bigen unb gur ©ettung gu bringen. Uttb feßt,
gegen ©nbc beb neunjehnten gahrljunbertä, foüten
ftd) fold»e etneä belferen Srfolgä gewärtigen bür»
fett? “Die ßefuiten befolgten gwar fonfi mit oieler
Klugheit ben ©runbfaß beb te mporum rationem
habere, fnb in bte ßeiten gu ßhtcfett, feßt aber
haben fte ftd) in ihrem Uebermuthe fo oerblenbet,
bat fie ihre ßeit gar nic^t mehr oerftehen unb
blinb mit bem Kopf wiber bie SSanb rennen.
Slber fein (Sctjabel ift fo ftarf alb eine flauer. *)

©r.

*) HJtan oergTetdje übet bie angeführten Ibatfadjen
6 ä uff et, ©efdjicbte bet rbeinijcben Blaß II, @. 848 ff.;
g. SJ}. fEBunbt @.')d)id)te ;c. betötabt ^eibelberg I, Seite
314ff. ; unb 2. 6b. ÜJtieg „'Hnjeigungen bet geträntten
2Dabrbeit in bet untet bem 'ßräftDtnm beb ißtof. fßaul
Ubleben gehaltenen $iäputation, »on ber alten unb beuti-
gen ffircbenjucht." ©eibelberg, 1715.

S>eutfd)l«wJ>.

RarlSrüljc, 19. SRärg. 26. öffentliche ©fßung
ber ©rften Kammer. Unter bem Borftß beb sf8rä-
fibenten ©et). iRathä Sr. o. 2Rot)l.

2lm SRinifiertifch; ©taatäminifler Sr. gollt)
itttb SRhüflerialrath SBinnefelb.

Rad) ©röffnung ber ©tßung wibmete ber Brä»
ftbcnt bem Slnbenfen beb gejiern beftatteten Bro*
fejforb ©eh- Rath Sr. Rau einen ehrenben Rad)»
ruf; bie Berbtenfle beb Saffingefchfcbenen um bie
2Btffenfd)«ft, befonberb baburd», bat er bie erße
fpfiematffche Sarfiettuttg ber politifdjcn Defonomie
gefcfyaffen habe, feien in ganj ©uropa ancrfannt.
3)erfelbe fei einige geit ein tbätigeb gum Heil beb
Baterlanbeä Wtrfenbeb Biitglieb biefeb Hattfeä ge*
wefen. Ueber bie Srefffichfeft beb (S^arafterö beb
Betfiorbenen ^errfc^c bei Sillen, bie ff»n fannten,
©infiimmigfeit. — Stuf bie Stufforberung beä Bor»
ftßenben erhebt ftch bab Hauä gum Seichen ber
ehrenben Sheilnahme.

hierauf machte ber Borftßenbe einige ge|d)äft-
liehe SKittheiiuncien aub ber gweiten Kammer.

grbr. b- SR übt jetgte beu Bericht über bab
Slrmengefeß alb brueffertig an.

©el). Rath Sr. 33in nt fehlt übevgab eine
sßetttlen non 3Rengingen, ©traßenfotreftion betv.

2)er Sageäorbnung gemäß folgte bte Beratung
beb Berichts beb Staatsanwalts Sr.fffielgel über
ben ©efeßentwurf, bte Slbänberung einiger Beftint»
ntungen beb ©efeßeä über bie Berfaffung unb Ber»
waltung ber ©emcinben betr.

®cr Berichter jtatter ©taatSratl) Sr. SBeijel
leitete bie allgemeine SiSfuffton ein, inbem er t)er-
borhob, bie Kommlffto.n hätte Heber gefehen, baß
bie ©inwohnergemeinbe, beren materielle ®rttnb-
lagen bei uttb bereitb öorljanbcn feien, flatt ber
»orlfegettben Reform ber 33erathung unterbreitet
Ware. Siefer äßuttfd) entfpringe nicht aub Reue*
rungbfueßt, aub 2Riß«d»tung beb 33eflehenben, fon»
bem aub ber that|äcblichen Sage ber Berhältntffe, bie
einft eng geßbloffene ©täbteoerfajfunghabe an 3Jiact)t-

alte Same fie^t fich erfd»redt um — aber fd»on
fieht ihre Begleiterin, bie einige ©ecunben uon i§r
getrennt war, i§r wieber jur ©eite . . . ©eronimo
ergreift fßaula, hebt fie wie einen Satt in bie §öl)e
unb läßt fie bann im33oote niebet — bann ßttetia
ber in ber Sertoirrung ber ©chleier über§ ©eßch*
gefallen ift — enblid) bie alte Same — ttnb jroei
SJlinuten fpäter tjjeilt er mit fräftigen fJiuberfdjIä:
gen bab SBaffer, unb bie Barle gleitet mit fßfeüeb*
fhnette über bie bunlle glut.

w3D3tr müffen unb befchleunigen," ruft er mit
feiner ©tentorftimme, „wenn ich mich nicht taufte,
!ommt ba bab Boot mit ben ^Softpafeten, unb
fo ntie bie an Borb ftnb, geßt eb a6 — §u!
avante!“

Unb im Slugenblicfe, wo ©aloiati ißm antwor-
len fängt er mit furchtbarer ©tirnrne an ju
fingen:

Sott’ il ponte del Rialto.

La barchetta fermaremo . . .

©r febeint eine ©teeplechafe mit ber fßoftharle
»orjuljaben, benn feine rieftgen Slrme arbeiten mit
ungewohnter ©netgie — unb er gewinnt — benn
»iettetdht eine ha^e ffllinute früher alb biefe ift er
bei ber gatttreppe beb Sampfcrb angelangt unb
hilft feinen ißaffa(peren biefelbe erfteigen — bann
fteigt er felhft an Borb unb etbält oon ©aloiati
feine 3ahl«ng.

entfaltung unb Sntettfgtnj »orbem bab ©roßte ge*
leifiet, auch bte moberne Bürgergemeinbe habe tn
Bejug auf bie wirthfehaftlichen unb Kulturaufgaben
eine große Bergangcnheit. Slbcr biefe ütechtbform
fei eben jeßt bet 3cü oerfallen, wie bie ehemalb
fo wohlthätig wirtenben 3ünfte. Sie rafepe Be-
weglichleit, ber Umfchwung in ben Berfehrboer-
hältniffeu, ber fchnette 3UPUB ln bie ©täbte oer-
lange, baß bie bisherige Bürgergemeinbe auch rechte
lieh befettigt, baß bie ©inwohnergemeinbe ctuge»
führt werbe. Uufer ^eutigeö Bürgerre^t fei ja
auch nach unb nach faßt inhaltslos geworben; blo^
noch bie formalen ttlechte ber ©timmgebung unb
baä SBahlrecht feien ßamtt Oerfnüpft, unb auch
biefe gehörten materiell ber ©mwohnergemctnbe
überwiefen. Sarum habe bfe Kommi||ton ihre
Stiificht bahtn anögefprochen, baß oor Sittern bie
©inwohnergemeinbe bttreh ein möglich ft rnfeh oor-
äulegenbed ©efeß cingeführt werben möchte.

Sie ttlegierung aber glaube, obwohl tm 3lttge-
meinen mit ber ©infülfrung ber ©intoohnergemeinbe
einoerfiaiibeit, baß bie Serhältuijfe für biefeä 3a-
flltut noch nicht reif feien, baß bie Beoöllerung
noch nicht baä gereifte ©efnhl habe, wie anomal
bie jeßigen ©emcinbeoerhälintffe feien, ©äbeftehe nun’
fein ÜJlfttel, bie IRegterung jnr balbigen @infüh-
ruug ber ©inwohnergemeinbe ju oeranlaffcn: webet
eine ttllotion noch bie Snitiatioe fönnte, ba baä
Sttiateriai jur fRegelung ber grage ben ©tauben
faß ganj fehle, jum 3l£ie führen. SGBenn wirf-
lieh eine Sluäß^t auf halbige Siegelung biefer
brtngenben grage oorhanben wate, fo würbe eine
Dleform ber ©emeinbeorbnuitg oon 1851 nicht an-
gezeigt fein, ba eä nnpaffenb wäre, aläbalb nah
etn paar 3ahren biefe Sleform burch eine anbere
ju oerbrängen. Sa nun aber feneä nt<ht ber gall,
fo habe man ben ©ebanfen einer Dleform ber biä-
herigen nicht ungern aufgegriffen; ber Hauptfehler
jeneä feiner ßrtt wohlthätig wtrfenbcit ©efegeä fei,
baß ber ©roße Sluäfchuß beibe gunftionett ber Be=>
rathuitg unb beä Söahlförperä in ftch oereintge,
alfo für feite ju groß, für biefen ju flein fei, baß
er in leßter ©igenfe^aft ber Üiittelpunft einer erb^
gefeffenen Bürger jehaft, einer bie Slemter an ftch
ätehenben Sorfariftofratie geworben fet, burch biefeä
3nftitnt fet eine flehte SRinorttät tm ©tanbe ge-
wefett, bte 2Bal)l eines Bürgermcißerä 5« oereiteln.
fcl baher wirflicü nöthig, ein beffereä SBaßl»

fpftem in bev ©emeinbe burcpjufüttren; boep fei

auf ber anbern ©eite auch nicht eine weife Bor»
ficht außer Stagen gu laffeit. Sie jeßt offenbar
brohenben fogialen Uebelffättbe feien gu befämpfett
mit betn ßafammenfaffen unferer gattgen Kraft,
burch ©eltenbmachung ber Satefligeng uttb ber
©elbftänbtgfeit in allen Kretfen beä ©taatä, alfo
auch befonberä in ber ©emetttbe.

©tantäminifter Sr. 3ollp: Ser Berichter»
fintier habe befonberä bie grage angeregt, ob eä
geraden fei, fchon Jeßt bett Drganiämuä ber @e»
metnbebehörben ju änbertt, ober ob man nicht Ile»

1 ber bamit warten fotte, btä ber Drganiämuä ber
' ©emeinbe felbft burch ©inführnttg ber ©titwohner»
j gentetnbe geänbert werbe, barntt nicht baä jeßt ©in»

! geführte nur etn furjeä Brootforium bleibe. Sie

©inführung ber ©inwohnergemeinbe ßehe aber nicht
in fo naher Stuäfuht, fonbern eä empfehle ßch,
biefe noch «ufgufchieben; unb gwar nicht, wie man
auä ber Sarftettung beä Borrebnerä oieUeicbt ent»
nehmen fönnte, weil barauä ber Dlegterung eine
innerhalb jweier 3ahre nicht ju hewältfgenbe ®c-
fchäftälaß erwachfe; otelmeht feien bie Berhält»
ttiffe noch nicht gut ©inführung ber ©inwohuerge»
metnbe reif, ©r (-Äebtter) habe fchon oor länge»
rer Bett bie ©inführung beleihen alä nöthig er*
fannt unb baffelbe auägefprochen. Slber immer
I noch fei bie ©inwohnergemeinbe unferer Beoölfer»
jung eine fet)r freinbe ©inrichtung; erft burch bte
j Berhanbtungcn biefeä 8anbtagä fet ber ©ebanfe
baran unb bie ©tttficht in ihreSBirfungen oerbrei»
teter geworben; betutoch würbe eä auch heute noch
auf nicht gn unterfibäfjenben SBlberftaub nicht bloä
in Sattb», fonbern auch in ©tabtgeineinben flößen,
wenn man ben ©ntnbfaß burchführte, baß feine
Bürgcrgenoffenßhaft wie hiäher befielen, fonbern
3eber, ber unter gewiffer Boranäfegung ffch einige
ßeit an einem Drt aufgehalten, Bürger werben
folle. ©In folcher Bechtäfah oerfioße giemlich herh
gegen bie biähertgen Bolfäanfchannngen; baher ge»
l)öte eine gewiffe Borbereitang ber ©emüther bagu,
um ben ©hritt mit Sicherheit gu thutt. Unb eä
feien nicht bloße Borurthetle, fonbern ernfte fach»
iid)e Hinberntffe, bie ftch ber beseitigen ©infüh»
rttng ber ©inwohnergemeinbe entgegenflctteri; inä»
befonbere bte ginge ber ©emeinbebeflenernng unb
beä Bürgernubenä. Offenbar hänge ja bie Sleform
ber ©emeinbefteuer mit ber beä SBefenä ber ®e»
meinbe eng gnfammen unb mußte wo möglich auch
guglcid) behanbelt werben; aber eine Slenberung
beä ©teuerwefenä in ber ©emeinbe fei fd)on wegen
ber jetjt tm ©ange bcfinbltd)en neuen Slufßettung
beä @taatäßeuer*Katafterä nicht tbunlid). gernet
fei eä polttifch nicht rathfam, ^cute an bem Bür»
gemu^en gu rütteln unb baä Bublifutn mit einer
Slenberung biefer Berhältniffe gu hennruhtgen; mit
©inführung ber ©inwohnergemeinbe müßte aber
febenfattä irgeitb eine Slenberung an ben jejjt hter»
über beftehenben Dlechtäfähen elntrcten, Waä leicht
eine Hanbhabe gur poltttfchen Slgitation auf bem
ßanbe werben fönnte. Sluf bem nädfjlen Sanbtage
werbe eä alfo febettfattä nicht möglich fein, ein @e-
feh über ©inführung ber ©inwohuergemetnbe oor*
gulegen; wann bieä fpäter gefepehen fönne, barüher
taffe ftet) jept 9at nichtö faaen; bapev fet eä attfle»
getgt, mtt Uebergehung Jener grage, tn bev Ovga-

nfjation ber ©emcittöebebörbcn bie feßr wünfeßenä*
wcrtßcn Reformen eintreten gn laffen. ^näbeion»
bere habe bläher, wie bet Bericßterjtatter lieroor»
gehoben, ba» Beßehett eineä nicht gahlveichettSEBahl»
förperä in ber ©emeinbe große ÜRißftänbegur golge
gehabt, gerner muffe ber Drganiämuä ber ®e-
mcinbeoerwaltung mehr oereinfacht werben; ber
fleine Sluäfchuß mache bie SERaßhine fompligirt unb
wirfungäloä; er übe bie Kontrole über bie ginang*
üerhältniffe ber ©emeinbe nicht öffentlich, bie ge*
theiltc Kontrole fei nicht ftarf genug; burch 3Beg-
fallen beä flernen Sluäßhuffeä werbe ber große 3lu«-
fchuß an ©inflitß gewinnen, ©nblidj erhalten be*
fonberä bie größeren ©emeinbe« gegenüber ber

I SRan tennt ben Sßitrwarr, ber auf einem Sampf»
j boote im Slugenbticfe ber Slbfaßvt herrfeßt! —Schon
hat fich bie Schraube in Bewegung gefegt unb noch
hat ©aloiati ben ©tewart nicht gefunben, um iljm
feine unb feiner gamilie ©ajüte gu geigen — bie
Samen haßen fich auf bte Banf gefegt unb betradj*
ten baä Seben im §afen unb bie ÜRaffe oon ÜRaften
bte — jeber mit einer hrennenben Saterne — auä
bem Sunfel ber Stacht fich e'n SBalb erheben.

©lelia ftfjt, baä ©eficht bem Sanbe gugewenbet,
ben Kopf in bie §anb geffü^t unb fheint in tiefeä
Stattibenfen oerfmtfen.

Schon hatte baä ©cfjiff bie Sara pafßrl —
beinahe eine Biertelftunbe war feit feiner Slbfaljrt
oerfloffen, unb man befanb ftch auf hohem SReere,
alä ©aloiati enblid» gu ben Samen fam unb ihnen
angeigte, baß bie ßajüten in Dtbnung feien. Sauta
bat, noch etwaä auf bem Secfe g« bleiben, uno ber
ßaoaliere feßte ftd» neben feine ÜRutter unb fprad;
leife mit ihr.

„ffltich friert!" fagte Banla enblid», nadjbembie
gamtlte wohl eine halbe ©tunbe fo bagefeffen hatte
unb man ftch auf offener @ee befanb. „Stun, bann
wollen wir hinuntergehen l" ermiberte ihre DJtutter.
„eä wirb fchon empfinblid) fall."

,,@ie ftanben auf, —■ nur Slelia blieb unbe«*
weglich ftßen.

I „SBittft Su nießt mit hinunter, Slelia?" fragte
| bte alte Same.

Slelia antwortete nicht.

„Saffen wir fie," jagte fte leife gu ihrem ©ohne,
„wir ftnb am 3tcle, quälen wir fte nicht unnötfjig."

„geh wünfehe nicht, baß fie l;ier allein bleibe,"
erwiberte biefer ebenfo, „eä Jönnten ftch Baffagiere
gu ihr gefetten .... mit ihr fpredjen unb . . ."

„Su h“ft fRe^t!" meinte bie DRuttter, unb
näherte ftch ber Sräumenben — „lomm, Slelia,
mein Kinb," fagte fie, „eä ift füßl, !omm herun»
ter."

Keine Slntwort erfolgte. — Sie Same legte enb»
lieh bie £anb auf bie ©chulter ihrer Bieste — biefe
fußr gufammen.

„Komm Slelia!" fagte fte.

„23aä beliebt?" . . • ertönte plö^lidh eine ihr
oöttig frembe Stimme unter bem Schleier.

@inen Slugenblid blieb fte berwirrt fteljen bann
übergeugt, fuh getäufcht gu haben, wieberf»olte bie
Same bie grage.

„geh oerftehe nicht," fagte bie ©timme im rei»
nen ©enuefer Sialelt.

„Sob unb Hölle!" fdjrieplößlidh ©aloiati, „baä
ift nicht Slelia — wo ift Slelia?"

(gortfefeung folgt.)
 
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