Der Sturm: Monatsschrift für Kultur und die Künste — 1.1910-1911
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https://doi.org/10.11588/diglit.31770#0159
DOI Heft:
Nr. 20 (Juli 1910)
DOI Artikel:Kokoschka, Oskar: Mörder, Hoffnung der Frauen
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jJmfang acht Seiten
Einzelbezug: 10 Pfennig
DERSTURM
WOCHENSCHRIFT FÜR KULTUR UND DIE KÜNSTE
JAHROANO 1910 BERLIN /DONNERSTAO DEN 14. JULI 1910/ WIEN NUMMER 20
^eichnung von Oskar Kokoschka zu dem Drama
Mörder, Hoflnung der Frauen
INHALT: OSKAR KOKOSCHKA: Mörder, Hoffnung
der Frauen / PAUL LEPPIN: Daniel Jesus / Roman /
ALFRED DÖBLIN: Qespräche mit Kalypso über die
Musik / SIEGFRIED PFANKUCH: Liegt der Friede in
der Luft / PAUL SCHEERBART: Qegenerklärung /
KARL VOGT: Nissen als Theaterdirektor / MINIMAX:
Kriegsbericht / Karikaturen
Mörder, Hoffnung der Franen
Von Oskar Kokosehka
Personen:
Mann
Frau
Chor: Männer und Weiber.
Nachthimmel, Turm mit großer roter eiserner Käfig-
tür; Fackeln das einzige Licht, schwarzer Boden,
so zum Turm aufsteigend, daß alle Figuren relief-
artig zu sehen sind.
Der Mann
Weißes Gesicht, blaugepanzert, Stirntuch, das eine
Wunde bedeckt, mit der Schar der Männer
(wilde Köpfe, graue und rote Kopftücher, weiße,
schwarze und braune Kleider, Zeichen auf den
Kleidern, nackte Beine, hohe Fackelstangen,
Schellen, Getöse), kriechen herauf mit vor-
gestreckten Stangen und Lichtern, versuchen müde
und unwillig den Abenteurer zurückzuhalten, reißen
sein Pferd nieder, er geht vor, sie lösen den Kreis
um ihn, während sie mit langsamer Steigerung auf-
schreien.
Männer
Wir waren das flammende Rad um ihn,
Wir waren das flammende Rad um dich, Bestürmer
verschlossener Festungen!
gehen zögernd wieder als Kette nach, er mit dem
FaCkelträger vor sich, geht voran.
Männer
Führ’ uns BlasSer!
Während sie das Pferd niederreißen wollen, steigen
Weiber mit der Führerin die linke Stiege herauf.
Frau rote Kleider, offene gelbe Haare, groß,
F r a u laut
Mit meinem Atem erflackert die blonde Scheibe
der Sonne, mein Auge sammelt der Männer Froh-
locken, ihre stammelnde Lust kriecht wde eine
Bestie um mich.
W e i b e r
lösen sich von ihr los, sehen jetzt erst den Fremden.
Erstes Weib lüstern
Sein Atem saugt sich grüßend der Jungfrau an!
155
Einzelbezug: 10 Pfennig
DERSTURM
WOCHENSCHRIFT FÜR KULTUR UND DIE KÜNSTE
JAHROANO 1910 BERLIN /DONNERSTAO DEN 14. JULI 1910/ WIEN NUMMER 20
^eichnung von Oskar Kokoschka zu dem Drama
Mörder, Hoflnung der Frauen
INHALT: OSKAR KOKOSCHKA: Mörder, Hoffnung
der Frauen / PAUL LEPPIN: Daniel Jesus / Roman /
ALFRED DÖBLIN: Qespräche mit Kalypso über die
Musik / SIEGFRIED PFANKUCH: Liegt der Friede in
der Luft / PAUL SCHEERBART: Qegenerklärung /
KARL VOGT: Nissen als Theaterdirektor / MINIMAX:
Kriegsbericht / Karikaturen
Mörder, Hoffnung der Franen
Von Oskar Kokosehka
Personen:
Mann
Frau
Chor: Männer und Weiber.
Nachthimmel, Turm mit großer roter eiserner Käfig-
tür; Fackeln das einzige Licht, schwarzer Boden,
so zum Turm aufsteigend, daß alle Figuren relief-
artig zu sehen sind.
Der Mann
Weißes Gesicht, blaugepanzert, Stirntuch, das eine
Wunde bedeckt, mit der Schar der Männer
(wilde Köpfe, graue und rote Kopftücher, weiße,
schwarze und braune Kleider, Zeichen auf den
Kleidern, nackte Beine, hohe Fackelstangen,
Schellen, Getöse), kriechen herauf mit vor-
gestreckten Stangen und Lichtern, versuchen müde
und unwillig den Abenteurer zurückzuhalten, reißen
sein Pferd nieder, er geht vor, sie lösen den Kreis
um ihn, während sie mit langsamer Steigerung auf-
schreien.
Männer
Wir waren das flammende Rad um ihn,
Wir waren das flammende Rad um dich, Bestürmer
verschlossener Festungen!
gehen zögernd wieder als Kette nach, er mit dem
FaCkelträger vor sich, geht voran.
Männer
Führ’ uns BlasSer!
Während sie das Pferd niederreißen wollen, steigen
Weiber mit der Führerin die linke Stiege herauf.
Frau rote Kleider, offene gelbe Haare, groß,
F r a u laut
Mit meinem Atem erflackert die blonde Scheibe
der Sonne, mein Auge sammelt der Männer Froh-
locken, ihre stammelnde Lust kriecht wde eine
Bestie um mich.
W e i b e r
lösen sich von ihr los, sehen jetzt erst den Fremden.
Erstes Weib lüstern
Sein Atem saugt sich grüßend der Jungfrau an!
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