Der Sturm: Monatsschrift für Kultur und die Künste — 1.1910-1911
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https://doi.org/10.11588/diglit.31770#0167
DOI Heft:
Nr. 21 (Juli 1910)
DOI Artikel:Rebensburg, Heinrich: Gottesfurcht und Königstreue: Excellenz August Lentze
DOI Seite / Zitierlink: https://doi.org/10.11588/diglit.31770#0167
Umfang acht Seiten
Einzelbezug: 10 Pfennig
DERSTURM
WOCHENSCHRIFT FÜR KULTUR UND DIE KÜNSTE
JAHRGANG 1910
BERLIN /DONNERSTAG DEN 21. JULI 1910/WIEN
NUMMER 21
Z'icliBiiRf Von OsKar
KoHoschKa zu dem
5rama:
M?rdcr, JtoffntiKg
d«r frauctt
INHALT: HEINRICH REBENSBURG: Gottesfurcht —
Königstreue / OTTO SOYKA: Der farblose Krieg /
PAUL SCHEERBART: Nackte Kultur / RUDOLF
KURTZ: Das Nilpferd / ELSE LASKER-SCHÜLER:
Oskar Kokoschka / ALFRED DÖBLIN: Gespräche
in.it Kalypso iiber die Musik / J. A.: Von Erfolgen
österreichischer Literatur / KARL VOGT: Der Fall
Nissen / MYNONA: Zur Tötlichkeit des Sächselns /
OSKAR KOKOSCHKA: Zeichnung / Karikatur:
Sudermann
ßottesfurcM imd Königstreue
Excellenz August Lentze
Von Heinrich Rebensburg
,Wir alle, die Wir hier versammelt sind, die Ver-
treter der Stadt Wie der Regierung, bringen Ihnen ein
hohes Mass herzlichen Vertrauens entgegen, gegründet
auf die Erkundigungen, die wir über Ihre bisherige
Dienstführung haben einziehen können. Wir alle geben
uns der Hoffnung hin, dass sie der berufene Mann
sein werden, die Geschicke dieser fröhlich aufblühenden
Stadt zu leiten.“ —
Also sprach Kreuzwendedich von Rhein-
baben, Regierungspräsident zu Düsseldorf, als
er am 14. Februar 1899 den Oberbürgermeister
August L e n t z e in Barmen in sein Amt einführte.
„Unter wenigen Berufenen ist die Wahl schliess-
lich auf Sie gefallen, Herr Oberbürgermeister, und
zwar einstimmig. — Das beste Zeichen und die beste
Gewähr für — wie Wir hoffen — ein gedeihiiches und
einmütiges Znsammenwirken zwischen Ihnen und den
städtischen Vertretern.“
August Lentze brachte eine glänzende Ver-
setzungszensur Imit, und war von vornherein be-
strebt, auch dieise Klasse, die ihn dem Reifezeug.nis
für Berlin um den enischeidenden Schritt näher-
bringen sollte, mit Erfolg zu absolvieren. Seine
Laufbahn begann im schönsten Teil Deutschlands,
wo die Landesväter noch dicht gesät sind und
wo es ihm bei seinem Talent für staatserhaltende
Pathetik nicht schwer geworden war, „nach oben
hin“ bedeutsaln aufzufallen. Jetzt aber war der
' Reuße ein Preuße geworden, der neue Gehrock ver-
Inochte kaum die teutscihe Männerbrust zu um-
spannen, die im starken Gefühl ihrer großen Zu-
kunft mächtig anschwoll.
Nun kam die Reihe an August Lentze; be*-
deutend tat er den Mund auf und redete gewalüg
und viel. Unter der gequaderten Stirn schmet-
terten martialische Blicke hervor, aus dem derb
gehauenen Gesicht reckte sich in breitem Reliel
seine wuchdge Nase, drunter zuckte ein Schnauzb
bart, wie ihn kein Gardefeldwebel zorniger dar-
stellen kann — und gegen den klappte sein Unter-
kiefer, auf den das kräftigste Nürnberger Nußi-
knadonandl mit Neid geschielt hätte — so stand
er da imd redete, stämmig imd sölide, v/ie nur
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Einzelbezug: 10 Pfennig
DERSTURM
WOCHENSCHRIFT FÜR KULTUR UND DIE KÜNSTE
JAHRGANG 1910
BERLIN /DONNERSTAG DEN 21. JULI 1910/WIEN
NUMMER 21
Z'icliBiiRf Von OsKar
KoHoschKa zu dem
5rama:
M?rdcr, JtoffntiKg
d«r frauctt
INHALT: HEINRICH REBENSBURG: Gottesfurcht —
Königstreue / OTTO SOYKA: Der farblose Krieg /
PAUL SCHEERBART: Nackte Kultur / RUDOLF
KURTZ: Das Nilpferd / ELSE LASKER-SCHÜLER:
Oskar Kokoschka / ALFRED DÖBLIN: Gespräche
in.it Kalypso iiber die Musik / J. A.: Von Erfolgen
österreichischer Literatur / KARL VOGT: Der Fall
Nissen / MYNONA: Zur Tötlichkeit des Sächselns /
OSKAR KOKOSCHKA: Zeichnung / Karikatur:
Sudermann
ßottesfurcM imd Königstreue
Excellenz August Lentze
Von Heinrich Rebensburg
,Wir alle, die Wir hier versammelt sind, die Ver-
treter der Stadt Wie der Regierung, bringen Ihnen ein
hohes Mass herzlichen Vertrauens entgegen, gegründet
auf die Erkundigungen, die wir über Ihre bisherige
Dienstführung haben einziehen können. Wir alle geben
uns der Hoffnung hin, dass sie der berufene Mann
sein werden, die Geschicke dieser fröhlich aufblühenden
Stadt zu leiten.“ —
Also sprach Kreuzwendedich von Rhein-
baben, Regierungspräsident zu Düsseldorf, als
er am 14. Februar 1899 den Oberbürgermeister
August L e n t z e in Barmen in sein Amt einführte.
„Unter wenigen Berufenen ist die Wahl schliess-
lich auf Sie gefallen, Herr Oberbürgermeister, und
zwar einstimmig. — Das beste Zeichen und die beste
Gewähr für — wie Wir hoffen — ein gedeihiiches und
einmütiges Znsammenwirken zwischen Ihnen und den
städtischen Vertretern.“
August Lentze brachte eine glänzende Ver-
setzungszensur Imit, und war von vornherein be-
strebt, auch dieise Klasse, die ihn dem Reifezeug.nis
für Berlin um den enischeidenden Schritt näher-
bringen sollte, mit Erfolg zu absolvieren. Seine
Laufbahn begann im schönsten Teil Deutschlands,
wo die Landesväter noch dicht gesät sind und
wo es ihm bei seinem Talent für staatserhaltende
Pathetik nicht schwer geworden war, „nach oben
hin“ bedeutsaln aufzufallen. Jetzt aber war der
' Reuße ein Preuße geworden, der neue Gehrock ver-
Inochte kaum die teutscihe Männerbrust zu um-
spannen, die im starken Gefühl ihrer großen Zu-
kunft mächtig anschwoll.
Nun kam die Reihe an August Lentze; be*-
deutend tat er den Mund auf und redete gewalüg
und viel. Unter der gequaderten Stirn schmet-
terten martialische Blicke hervor, aus dem derb
gehauenen Gesicht reckte sich in breitem Reliel
seine wuchdge Nase, drunter zuckte ein Schnauzb
bart, wie ihn kein Gardefeldwebel zorniger dar-
stellen kann — und gegen den klappte sein Unter-
kiefer, auf den das kräftigste Nürnberger Nußi-
knadonandl mit Neid geschielt hätte — so stand
er da imd redete, stämmig imd sölide, v/ie nur
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