gen. Da nädistes Jahr sich' ein höchst politisches
Ringen ereignen wird mit dem scharfen Junker als
heißen (oder kalten) Favoriten, so hindert nichts
mein Assoziationsvermögen, in Oeorg Engels Schau-
spiel * 1 ein politisch Spiel zu erwarten. Das Stück
ist nicht ernst zu nehmen. Das soll kein Vorwurf
sein. Es äußert nur Dinge, die man selbst im
Theater al's unreif bezeichnen muß. Es ist aües
verteufelt aus Zeitungen abgesChrieben; man denke
siCh: Agitationsphrasen al's Gedankenhintergrund!
Ein Kberaler Phrasenheld wirtsChaftet sein Qut zu-
grunde; das tun PhrasenheHen allemal, von jeder
Partei; ist mir nichts Neues. Wozu aber fiberal?
Daß Liberafismus zum Schlappschwanz disponiert,
ist auch kein poetisches Appercü, historisch' wahr.
Aber, Verehrtester, mit Miflionen MensChen steht
l'inks gegen rechts, völlig sans phrase. Und der
verbfiChene Nepomuk soll Sie in konzentrierter
Säurelösung holen, wenn Sie uns in heuriger Kriegs-
zeit mit JunkerverherrliChung komlnen. Der Herr-
schützt ihre Fadheit; denn Sie wissen nicht, Iwas
Sie tun. Mögen Sie in Zukunft poKtisChe Gelüste
vor einem Parterre staatfich vereidigter Kloaken-
reiniger befriedigen.
Im übrigen wird das Stück keinen Schaden an-
ric'hten; es ist ohne Ueberzeugung, zum Tei-f sehr
dumm, meist unterhältend und doCh immer leblos.
Es beginnt afe kräftiges MännerstüCk mit der Ver-
steigerung des durCh fiberale Weltverquatsc'hüng
verfotterten Gutes und endet —: ja, ich weiß wirk-
lich nicht. Es ging tatsächlich nicht weiter. Er-
siChtfich ist das Problem des Autors, wie schwierig
eine Exmission werden kann; ein Problem für Ge-
richtsvollzieher. Der verschuldete Mann traut sich
nicht die Famifie aufzuklären, nachher erkrankt die
Frau, die Tochter brennt durCh, schließlich heiratet
der neue Herr die Durchbrennerin; das braucht
natürfiCh alles Zeit und Akte.
Ihr Pl'an, Herr Georg Engel, könnte etwa sein,
wie eine alteingesessene Familie, mehr weniger
degeneriert, symptomatisch auch mit anderen
Phrasen kokettierend, aus dem Sattef gehoben wird,
und Sie könnten den Moment mafen, wo etwa das
Verhängnis hereinbriCht. Sie könnten dabei noCh
immer|in Ruhe KladderadatsCh und Witze anbringen,
sovief Sie wollen, müßten nur etwas Milieu und
Menschen geben. Sie brauchen sich nicht sehr zu
bemühen; Fontane hat Ihnen vorgearbeitet; das
Mifieu eines platten Landes haben Sie „prächtig“
gestaltet in Halbes, des Entschlafenen, „Mutter
Erde“; unendliCh viel werden Sie bei Hauptmann
finden. SChreiben Sie nur ruhig ab, man erwartet
nicht vief von Ihnen; und ein abgeschriebener
Hauptmann ist mir noCh fieber als ein autochthoner
Georg Engef. Sie entsChlossen sich zu sich, Gott
und Nietzsche verzeihs Ihnen. Sie steflten mit
dilettantisCher Frische zwei, drei dramaturgische
Prinzipien unter zwei, drei MensChennamen, ein
Gerede hub an, afles bekam ein Wort, wenn auch
keine Seefe, und nun ist’s gut. Einer ist sc’harf,
ein anderer schusselig, daher liberal, ein dritter —.
Lieber Sohn, fieber Sohn! So etwas von infinite-
simafer Dumlmheit wie Ihre Heldin Pensionsgans
gibt’s in ganz Hinterpommern nicht; obwohl' weib-
liChe Dummheit nie zu unterschätzen ist. Wenn
Ihr Hefd nicht saftigen Simplizissimusjargon mimt,
trocknet der Diafog ein, daß iCh einen Ffeufieber-
anfall bekomme. Aber in summa reichts für ein
Theaterstück. Die sehr feicht zu machende Auk-
tionsszene des ersten Aktes haben Sie nicht Ver-
hauen, sie zog vorzügfiCh; es gab idyllische Szenen,
saftige WitzChen, saCharinsüße Liebesszenen. Sie
konnten es nicht verfehfen, daß man sich unterhielt
und hier und da gähnte.
Herr Cfewing hielt das StüCk; er hat ieinen
gewissen Rittnerton, mit dem er gut über Ueblles aus
dem Stück forthal'f. Ich' weißi nicht, ob er viel
kann, aber er versteht sic'h auf Reißerwirkungen,
wie es scheint: Linie Ferdinand Bonn. Die meisten
anderen Spiefer konnten nicht viel zeigen; jämmer-
fiCh waren sie anzusehen — so Fräulein Tyra
Witt —, wie sie siCh um die Befanglosigkeiten Ihres
Diafoges, vergeblich, bemühten. Ich sagte schon
hundert Maf, meine Damen und Herren Schau-
spiefer: Der Tod der SChauspielerei ist der „Dich-
ter“; erwürgen Sie die Dichter, emanzipieren Sie
sich von der Literatur. Lernen Sie von den Im-
provisationen des heutigen und aften Japans. Sie
helfen damit siCh, auch uns, und zumeist der
Literatur.
A f f r e d D ö b 1 i n
Notizen
Trianon =Theater
Die Herren de Ffers und Caillavet haben eine
neue nette Posse „Der heilige Hain“ gesChrieben.
Abgesehen von einigen unangenehm störenden
Sentimentafitäten des ersten Aktes war dieser The-
aterabend der unterhaftendste, den die Berliner
Bühnen bisher in diesem Winter boten. Eine Be-
sprechung des Stückes erübrigt sich in dieser Zeit-
sChrift. Wohf aber ist nach meiner AuffassUng
von der SChauspielkunst über die Darstellung einiges
zu sagen. Jakob Tiedtke (früher am DeutsChen
Theater) überragte afle. Es ist wiederholt von mir
auf ihn hingewiesen worden, er ist eine Persönlich-
keit, die aus einer künstferischen Fülle schäfft, aus
Possenfiguren Menschen gestalten kann. Zu den
wenigen sChauspieferischen Tafenten rechne ich
Karf Meinhard, Julie Serda und Else BöttiCher. Sie
spiefen Theater und beleben den SChauplatz, wirken
also mit den Mitteln ihres Berufs.
Der ernste Ulk
Herr Fritz Engef hat, was niCht verwunderlich
ist, die Gfosse in Nummer 34 dieser WoChensChrift
vöflig mißverstanden und versuCht, sich in einer
seiner witzfosen Briefkastenantworten zu wehren.
Er gibt uns den guten Rat, mehr Schifler zu lesen.
Wenn wir auCh die schfechten Gedichte dieses toten
Schriftsteflers, der für die deutsche Schuljugend
nicht ohne Bedeutung ist, nicht zur tägfichen
Lektüre benutzen, wie es Herr Engef angeblich tut,
so besitzen wir dodh sovief Pietät, seine rhetori-
sChen Erzeugnisse nicht zur Reklame für Buchaus-
gaben von Zeitungsromanen parodistisCh zu ver-
wenden. Wie Herr Engel', der SChillerianer. D a r i n
fiegt der Vorwurf, „Herr Kollege“. Etwas mehr
NoblCsse für Ihre Götter, alter Freund!
Der ulkige Ernst
ICh bin mit Ihnen versöhnt, Herr Engel'. Sie
finden diese Perserkiste von Ludwig Fulda (im
DeutsChen Theater) bedeutend! Feuilletonisten
haben das ReCht, sich gegenseitig zu verherrfich'en,
idh nicht die Pfficht, solche Scherze zu „besprechen“.
SChlimm genug, daß man sie anhören muß. Aber
die Freundschaft darf niCht so weit gehen, einen
Durchfall als glänzenden Erfolg zu chärakterisieren.
Zweimaf versuchte der „Kollege“ Fufda sChüch-
tem, sich dem PubKkum zu zeigen, hundertfach
schrie man ihm den Nümen „Bassermann“ entgegen.
Das nennt Herr Engef einen Sieg des Autors. Harry
Walden brüllte aus Leibeskräften und kopierte recht
originell im letzten Akt Bassermann. Felix Hollaen-
der afs Regisseur hielt sich mit knapper Not auf
dem Niveau des Dramas. Man möClite wissen, wie
dieser nationalÖkonomisCh sicher sehr bewanderte
— sagen wir: Dramaturg eine Tilla Durieux, eine
Ludie HöfKch und gar Albert Bassermann künst-
lerisCh „leitet“.
Iindessen wird der arme alte Sophokles im
Zirkus BusCh von den Herren Professor M. Rein-
hardt und v. Hofmannsthäf zugeritten. Bleibt zu
plazieren: Goethe im Kientopp.
Trust
Beachtenswerte Bücher und Tonwerke
Ausftihrliche Besprechung 1 vorbehalten
Rücksendung findet in keinera Fall statt
ALBERT DREYFUS
Wallfahrten / Oedichte
Verlag Österheld & Co. Berlin
DAS NIBELUNGENLIED
Altdeutsch und übertragen von Karl Simrock /
Zwei Bände
TempelVerlag Leipzig
ORUNOWS GRAMMATISCHES NACH-
SCHLAGEBUCH
Den Herren Journalisten dringend empfohlen!
Verlag Friedrich Wilhelm Grunow Leipzig
KARL KRAUS
Sprüche und Widersprüche
Verlag Albert Langen München
RICHARD DEHMEL
Gesammelte Werke
Verlag S. Fischer Berlin
PETER HILLE
Ausgewählte Werke
Verlag Schuster & Loeffler Berlin
Verantwortlich fiir die Schriftleitung:
HERWARTH WALDEN / BERLIN-HALENSEE
Verantwortlich für die Schriftleitung in Oesterreich - Ungarn:
I. V.: Oskar Kokoschka
Wochen-Spielplan der Berliner Theater
November
Dienstag
1.
Mittwoch
2.
Donnerstag
3.
Freitag
4.
Sonnabend
5.
Sonntag
6.
Montag
7.
Theater mit gleiclibleibendem
Spielplan:
Deutsches Theater
Schumannstrasse 13 a
Herr7und Diener
Ein Sommer-
nachstraum
Herr und Diener
Don Carlos
Herr und Diener
Herr und Diener
Der
Widerspenstigen
Zähmung
Kleines Theater Die verflixten Frauen-
Unter den Linden 44 zimmer / Erster Klasse
Kammerspiele
Schumannstrasse 14
Komödie der
Irrungen / Heirat
wider Willen
Der Arzt
am Scheidewege
Komödie der
Irrungen / Heirat
wider Willeu
Premiere
Scherzo
TänzeWiesenthal
Komödie der
irrungen 1 Heirat
wider Willen
Komödie der
Irrungen / Heirat
wider Willen
Scherzo
TänzeWiesenthal
Modernes Theater ab rSonnabend:
Kön,ggrätzerstr.57|58 Der Doppelmengch
Lessingtheater
Friedrich Karlufer 1
Einsame
Menschen
Wenn der junge
Wein bliiht
Tantris der Narr
Die Wildente
Wenn der junge
Wein bliiht
Wenn der junge
Wein bltiht
Der Bund
der Jugend
Theater Schauspieler des Kaisers
Scbiffbauer hdamm4a|5 Abschied vom Regiment
ab Donnerstag: Kean
Komische Oper
Friedrichstr. 104|104a
Die Boheme
Hoffmanns
Erzählungen
Die Boheme
Zigeunerliebe
Die Boheme
Die Boheme
Tiefland
f,Z drr“ r SÄ Herr
Btumenstr. 9a von Nr. 19
Neues königliches
Operntheater
Königsplatz 7
Regiments-
tochter / Die
Puppenfee
Das Rheingold
Boheme
Der Liebestrank
Die Walküre
Mignon
Siegfried
Trianontheater Der heilige Hain
Pr. Friedr. Karlstr. 7
Neues
Schauspielhaus
Nollendorfstrasse 11112
Gastspiel Triesch
Jungfrau von
Orleans
Ueber unsere
Kraft
Weh’ dem, der
lügt
Gastspiel Triesch
Jungfrau von
Orleans
Sternenhochzeit
Sternenhochzeit
Ueber unsere
Kraft
Neues
Oper ettentheater Der Graf von Luxemburg
Schiff Bauerdamm 25
Berliner Theater
Charlottenstr. 93
Der scharfe
Junker
Die törichte
Jnngfrau
Der scharfe
Junker
Taifun
Die törichte
Jungfrau
Der scharfe
Junker
Der scharfe
Junker
Theater des
VVestens Die schönste Frau
Kantstrasse 12
Königliches
Schauspielhaus
Gensdarmenntarkt
Götz
von Berlichingen
Der Krampus
Der eingebildete
Kranke
Der Krampus
Julius Caesar
Der Familientagj Der Krampus
— Wir leben noch!
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Ringen ereignen wird mit dem scharfen Junker als
heißen (oder kalten) Favoriten, so hindert nichts
mein Assoziationsvermögen, in Oeorg Engels Schau-
spiel * 1 ein politisch Spiel zu erwarten. Das Stück
ist nicht ernst zu nehmen. Das soll kein Vorwurf
sein. Es äußert nur Dinge, die man selbst im
Theater al's unreif bezeichnen muß. Es ist aües
verteufelt aus Zeitungen abgesChrieben; man denke
siCh: Agitationsphrasen al's Gedankenhintergrund!
Ein Kberaler Phrasenheld wirtsChaftet sein Qut zu-
grunde; das tun PhrasenheHen allemal, von jeder
Partei; ist mir nichts Neues. Wozu aber fiberal?
Daß Liberafismus zum Schlappschwanz disponiert,
ist auch kein poetisches Appercü, historisch' wahr.
Aber, Verehrtester, mit Miflionen MensChen steht
l'inks gegen rechts, völlig sans phrase. Und der
verbfiChene Nepomuk soll Sie in konzentrierter
Säurelösung holen, wenn Sie uns in heuriger Kriegs-
zeit mit JunkerverherrliChung komlnen. Der Herr-
schützt ihre Fadheit; denn Sie wissen nicht, Iwas
Sie tun. Mögen Sie in Zukunft poKtisChe Gelüste
vor einem Parterre staatfich vereidigter Kloaken-
reiniger befriedigen.
Im übrigen wird das Stück keinen Schaden an-
ric'hten; es ist ohne Ueberzeugung, zum Tei-f sehr
dumm, meist unterhältend und doCh immer leblos.
Es beginnt afe kräftiges MännerstüCk mit der Ver-
steigerung des durCh fiberale Weltverquatsc'hüng
verfotterten Gutes und endet —: ja, ich weiß wirk-
lich nicht. Es ging tatsächlich nicht weiter. Er-
siChtfich ist das Problem des Autors, wie schwierig
eine Exmission werden kann; ein Problem für Ge-
richtsvollzieher. Der verschuldete Mann traut sich
nicht die Famifie aufzuklären, nachher erkrankt die
Frau, die Tochter brennt durCh, schließlich heiratet
der neue Herr die Durchbrennerin; das braucht
natürfiCh alles Zeit und Akte.
Ihr Pl'an, Herr Georg Engel, könnte etwa sein,
wie eine alteingesessene Familie, mehr weniger
degeneriert, symptomatisch auch mit anderen
Phrasen kokettierend, aus dem Sattef gehoben wird,
und Sie könnten den Moment mafen, wo etwa das
Verhängnis hereinbriCht. Sie könnten dabei noCh
immer|in Ruhe KladderadatsCh und Witze anbringen,
sovief Sie wollen, müßten nur etwas Milieu und
Menschen geben. Sie brauchen sich nicht sehr zu
bemühen; Fontane hat Ihnen vorgearbeitet; das
Mifieu eines platten Landes haben Sie „prächtig“
gestaltet in Halbes, des Entschlafenen, „Mutter
Erde“; unendliCh viel werden Sie bei Hauptmann
finden. SChreiben Sie nur ruhig ab, man erwartet
nicht vief von Ihnen; und ein abgeschriebener
Hauptmann ist mir noCh fieber als ein autochthoner
Georg Engef. Sie entsChlossen sich zu sich, Gott
und Nietzsche verzeihs Ihnen. Sie steflten mit
dilettantisCher Frische zwei, drei dramaturgische
Prinzipien unter zwei, drei MensChennamen, ein
Gerede hub an, afles bekam ein Wort, wenn auch
keine Seefe, und nun ist’s gut. Einer ist sc’harf,
ein anderer schusselig, daher liberal, ein dritter —.
Lieber Sohn, fieber Sohn! So etwas von infinite-
simafer Dumlmheit wie Ihre Heldin Pensionsgans
gibt’s in ganz Hinterpommern nicht; obwohl' weib-
liChe Dummheit nie zu unterschätzen ist. Wenn
Ihr Hefd nicht saftigen Simplizissimusjargon mimt,
trocknet der Diafog ein, daß iCh einen Ffeufieber-
anfall bekomme. Aber in summa reichts für ein
Theaterstück. Die sehr feicht zu machende Auk-
tionsszene des ersten Aktes haben Sie nicht Ver-
hauen, sie zog vorzügfiCh; es gab idyllische Szenen,
saftige WitzChen, saCharinsüße Liebesszenen. Sie
konnten es nicht verfehfen, daß man sich unterhielt
und hier und da gähnte.
Herr Cfewing hielt das StüCk; er hat ieinen
gewissen Rittnerton, mit dem er gut über Ueblles aus
dem Stück forthal'f. Ich' weißi nicht, ob er viel
kann, aber er versteht sic'h auf Reißerwirkungen,
wie es scheint: Linie Ferdinand Bonn. Die meisten
anderen Spiefer konnten nicht viel zeigen; jämmer-
fiCh waren sie anzusehen — so Fräulein Tyra
Witt —, wie sie siCh um die Befanglosigkeiten Ihres
Diafoges, vergeblich, bemühten. Ich sagte schon
hundert Maf, meine Damen und Herren Schau-
spiefer: Der Tod der SChauspielerei ist der „Dich-
ter“; erwürgen Sie die Dichter, emanzipieren Sie
sich von der Literatur. Lernen Sie von den Im-
provisationen des heutigen und aften Japans. Sie
helfen damit siCh, auch uns, und zumeist der
Literatur.
A f f r e d D ö b 1 i n
Notizen
Trianon =Theater
Die Herren de Ffers und Caillavet haben eine
neue nette Posse „Der heilige Hain“ gesChrieben.
Abgesehen von einigen unangenehm störenden
Sentimentafitäten des ersten Aktes war dieser The-
aterabend der unterhaftendste, den die Berliner
Bühnen bisher in diesem Winter boten. Eine Be-
sprechung des Stückes erübrigt sich in dieser Zeit-
sChrift. Wohf aber ist nach meiner AuffassUng
von der SChauspielkunst über die Darstellung einiges
zu sagen. Jakob Tiedtke (früher am DeutsChen
Theater) überragte afle. Es ist wiederholt von mir
auf ihn hingewiesen worden, er ist eine Persönlich-
keit, die aus einer künstferischen Fülle schäfft, aus
Possenfiguren Menschen gestalten kann. Zu den
wenigen sChauspieferischen Tafenten rechne ich
Karf Meinhard, Julie Serda und Else BöttiCher. Sie
spiefen Theater und beleben den SChauplatz, wirken
also mit den Mitteln ihres Berufs.
Der ernste Ulk
Herr Fritz Engef hat, was niCht verwunderlich
ist, die Gfosse in Nummer 34 dieser WoChensChrift
vöflig mißverstanden und versuCht, sich in einer
seiner witzfosen Briefkastenantworten zu wehren.
Er gibt uns den guten Rat, mehr Schifler zu lesen.
Wenn wir auCh die schfechten Gedichte dieses toten
Schriftsteflers, der für die deutsche Schuljugend
nicht ohne Bedeutung ist, nicht zur tägfichen
Lektüre benutzen, wie es Herr Engef angeblich tut,
so besitzen wir dodh sovief Pietät, seine rhetori-
sChen Erzeugnisse nicht zur Reklame für Buchaus-
gaben von Zeitungsromanen parodistisCh zu ver-
wenden. Wie Herr Engel', der SChillerianer. D a r i n
fiegt der Vorwurf, „Herr Kollege“. Etwas mehr
NoblCsse für Ihre Götter, alter Freund!
Der ulkige Ernst
ICh bin mit Ihnen versöhnt, Herr Engel'. Sie
finden diese Perserkiste von Ludwig Fulda (im
DeutsChen Theater) bedeutend! Feuilletonisten
haben das ReCht, sich gegenseitig zu verherrfich'en,
idh nicht die Pfficht, solche Scherze zu „besprechen“.
SChlimm genug, daß man sie anhören muß. Aber
die Freundschaft darf niCht so weit gehen, einen
Durchfall als glänzenden Erfolg zu chärakterisieren.
Zweimaf versuchte der „Kollege“ Fufda sChüch-
tem, sich dem PubKkum zu zeigen, hundertfach
schrie man ihm den Nümen „Bassermann“ entgegen.
Das nennt Herr Engef einen Sieg des Autors. Harry
Walden brüllte aus Leibeskräften und kopierte recht
originell im letzten Akt Bassermann. Felix Hollaen-
der afs Regisseur hielt sich mit knapper Not auf
dem Niveau des Dramas. Man möClite wissen, wie
dieser nationalÖkonomisCh sicher sehr bewanderte
— sagen wir: Dramaturg eine Tilla Durieux, eine
Ludie HöfKch und gar Albert Bassermann künst-
lerisCh „leitet“.
Iindessen wird der arme alte Sophokles im
Zirkus BusCh von den Herren Professor M. Rein-
hardt und v. Hofmannsthäf zugeritten. Bleibt zu
plazieren: Goethe im Kientopp.
Trust
Beachtenswerte Bücher und Tonwerke
Ausftihrliche Besprechung 1 vorbehalten
Rücksendung findet in keinera Fall statt
ALBERT DREYFUS
Wallfahrten / Oedichte
Verlag Österheld & Co. Berlin
DAS NIBELUNGENLIED
Altdeutsch und übertragen von Karl Simrock /
Zwei Bände
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KARL KRAUS
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Verlag S. Fischer Berlin
PETER HILLE
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I. V.: Oskar Kokoschka
Wochen-Spielplan der Berliner Theater
November
Dienstag
1.
Mittwoch
2.
Donnerstag
3.
Freitag
4.
Sonnabend
5.
Sonntag
6.
Montag
7.
Theater mit gleiclibleibendem
Spielplan:
Deutsches Theater
Schumannstrasse 13 a
Herr7und Diener
Ein Sommer-
nachstraum
Herr und Diener
Don Carlos
Herr und Diener
Herr und Diener
Der
Widerspenstigen
Zähmung
Kleines Theater Die verflixten Frauen-
Unter den Linden 44 zimmer / Erster Klasse
Kammerspiele
Schumannstrasse 14
Komödie der
Irrungen / Heirat
wider Willen
Der Arzt
am Scheidewege
Komödie der
Irrungen / Heirat
wider Willeu
Premiere
Scherzo
TänzeWiesenthal
Komödie der
irrungen 1 Heirat
wider Willen
Komödie der
Irrungen / Heirat
wider Willen
Scherzo
TänzeWiesenthal
Modernes Theater ab rSonnabend:
Kön,ggrätzerstr.57|58 Der Doppelmengch
Lessingtheater
Friedrich Karlufer 1
Einsame
Menschen
Wenn der junge
Wein bliiht
Tantris der Narr
Die Wildente
Wenn der junge
Wein bliiht
Wenn der junge
Wein bltiht
Der Bund
der Jugend
Theater Schauspieler des Kaisers
Scbiffbauer hdamm4a|5 Abschied vom Regiment
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Komische Oper
Friedrichstr. 104|104a
Die Boheme
Hoffmanns
Erzählungen
Die Boheme
Zigeunerliebe
Die Boheme
Die Boheme
Tiefland
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Neues königliches
Operntheater
Königsplatz 7
Regiments-
tochter / Die
Puppenfee
Das Rheingold
Boheme
Der Liebestrank
Die Walküre
Mignon
Siegfried
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Schauspielhaus
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Gastspiel Triesch
Jungfrau von
Orleans
Ueber unsere
Kraft
Weh’ dem, der
lügt
Gastspiel Triesch
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Orleans
Sternenhochzeit
Sternenhochzeit
Ueber unsere
Kraft
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Schiff Bauerdamm 25
Berliner Theater
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Der scharfe
Junker
Die törichte
Jnngfrau
Der scharfe
Junker
Taifun
Die törichte
Jungfrau
Der scharfe
Junker
Der scharfe
Junker
Theater des
VVestens Die schönste Frau
Kantstrasse 12
Königliches
Schauspielhaus
Gensdarmenntarkt
Götz
von Berlichingen
Der Krampus
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