Der Sturm: Monatsschrift für Kultur und die Künste — 1.1910-1911
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https://doi.org/10.11588/diglit.31770#0334
DOI issue:
Nr. 41 (Dezember 1910)
DOI article:Friedlaender, Salomo: Hans Harbeck: oder Wer beisst mich da?
DOI article:Lasker-Schüler, Else: Ein alter Tibetteppich
DOI article:Walden, Herwarth: Lyrik für die Presse
DOI article:Beachtenswerte Bücher
DOI article:Werbung
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wegs, dass sie mit denjenigen der Impotenz (halb-
jesuitisch!) handgemein gemacht werden bloss des-
wegen wiederhole ich sterbend: mit Hans Harbeck
kämpfen Götter selbst vergebens.
Dr. S. Friedlaender
Ein alter Tibetteppich
Deine Seele, die die meine liebet
Ist verwirkt mit ihr im Teppichtibet
Straht in Strahl, verliebte Farben,
Sterne, die sich himmellang umwarben.
Unsere Füsse ruhen auf der Kostbarkeit
Maschentausendabertausendweit.
Süsser Lamasohn auf Moschuspflanzentron
Wie lange küsst dein Mund den meinen wohl
Und Wang die Wange buntgeknüpfte Zeiten schon.
Else Lasker-Schüler
Lyrik für die Presse
Der Geist der Feuilletonisten schäumt über den
Doppelstrich. Die Volkszählung bringt Politik und
Kunst ausser Rand und Band. Der Lokalanzeiger
äussert sich: „Wovon man spricht“. Zahlen reizen zu
Kombinationen. Die Zählerkarte verlangt ein Sprachen-
bekenntnis:
Auch die Frage nach der Sprache könnte Schwie-
rigkeiten bereiten: spricht man wallonisch, polnisch,
masurisch oder gar kassubisch? Der gewöhnliche
Bürger wird ja hier wohl um eine Antwort nicht
verlegen sein, aber denken wir einmal an die deut-
schen Schriftsteller und gestehen wir nns ehrlich
ein, dass diese Herren bisweilen ein Idiom hin-
schreiben, von dem man wirklich nicht wissen kann,
ob es masurisch oder kassubisch ist.
Nun, die Schriftsteller vom Lokalanzeiger schreiben
immer ein Idiom, das es überhaupt nicht gibt. Deutsch
ist es jedenfalls nicht. Die Schriftsteller vom Lokal-
anzeiger kennen natürlich ein lyrisches ldiom nicht,
was es eben gibt. Das Kennzeichen der Lyrik ist
für diese Schriftsteller der Reim. Noch immer. Und
das „Gefühl“? In deutsch: Sentimentalität. Wer
keine Prosa versteht, darf bei der Poesie nicht mit-
reden. Denn die Prosa, die sogenannte nüchterne
Prosa ist ihr Fundament! Gestehen wir uns ehrlich
ein, dass Lyrik eine gar kassubische Angelegenheit
bleibt.
Trust
Beachtenswerte Bücher
Ausführliche Besprechung [vorbehalten
Rlicksendung findet in keinem Falle statt
MAX DAUTHENDEY
Weltspuk / Lieder der Vergänglichkeit
Verlag Albert Langen München
FRIEDRICH KURT BENNDORF
Samain / Qesangs- und Umdichtungen
Verlag E. W. Bonsch u. Co München'
Verantwortlich für die Schriftleitung
HERWARTH WALDEN / BERLIN-HALENSEE
Verantwortlich fiir die Schriftleitung in Oesterreich-Ungam
I. V.: Oskar Kokoschka
BUCHDRUCKARBEITEN
—- ALLER ART ———
IN MODERNER AUSFÜHRUNG
BEI BILLIGSTER BERECHNUNG
U.EFERT DIE BUCHDRUCKEREI
CARL SCHÜSSLER - HANNOVER
- ARTILLERIESTRASSE 15 —---
m ep
328
jesuitisch!) handgemein gemacht werden bloss des-
wegen wiederhole ich sterbend: mit Hans Harbeck
kämpfen Götter selbst vergebens.
Dr. S. Friedlaender
Ein alter Tibetteppich
Deine Seele, die die meine liebet
Ist verwirkt mit ihr im Teppichtibet
Straht in Strahl, verliebte Farben,
Sterne, die sich himmellang umwarben.
Unsere Füsse ruhen auf der Kostbarkeit
Maschentausendabertausendweit.
Süsser Lamasohn auf Moschuspflanzentron
Wie lange küsst dein Mund den meinen wohl
Und Wang die Wange buntgeknüpfte Zeiten schon.
Else Lasker-Schüler
Lyrik für die Presse
Der Geist der Feuilletonisten schäumt über den
Doppelstrich. Die Volkszählung bringt Politik und
Kunst ausser Rand und Band. Der Lokalanzeiger
äussert sich: „Wovon man spricht“. Zahlen reizen zu
Kombinationen. Die Zählerkarte verlangt ein Sprachen-
bekenntnis:
Auch die Frage nach der Sprache könnte Schwie-
rigkeiten bereiten: spricht man wallonisch, polnisch,
masurisch oder gar kassubisch? Der gewöhnliche
Bürger wird ja hier wohl um eine Antwort nicht
verlegen sein, aber denken wir einmal an die deut-
schen Schriftsteller und gestehen wir nns ehrlich
ein, dass diese Herren bisweilen ein Idiom hin-
schreiben, von dem man wirklich nicht wissen kann,
ob es masurisch oder kassubisch ist.
Nun, die Schriftsteller vom Lokalanzeiger schreiben
immer ein Idiom, das es überhaupt nicht gibt. Deutsch
ist es jedenfalls nicht. Die Schriftsteller vom Lokal-
anzeiger kennen natürlich ein lyrisches ldiom nicht,
was es eben gibt. Das Kennzeichen der Lyrik ist
für diese Schriftsteller der Reim. Noch immer. Und
das „Gefühl“? In deutsch: Sentimentalität. Wer
keine Prosa versteht, darf bei der Poesie nicht mit-
reden. Denn die Prosa, die sogenannte nüchterne
Prosa ist ihr Fundament! Gestehen wir uns ehrlich
ein, dass Lyrik eine gar kassubische Angelegenheit
bleibt.
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