Der Sturm: Monatsschrift für Kultur und die Künste — 1.1910-1911
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https://doi.org/10.11588/diglit.31770#0228
DOI Heft:
Nr. 28 (September 1910)
DOI Artikel:Rittner, Tadeusz: Rätsel: Tagebuch eines Märchenkönigs
DOI Artikel:Lichtenstein, Alfred: Mieze Maier
DOI Artikel:Walden, Herwarth: Lokales
DOI Artikel:Beachtenswerte Bücher und Tonwerke / Spielplan der Berliner Theater
DOI Seite / Zitierlink: https://doi.org/10.11588/diglit.31770#0228
7.
Ich liebe nicht allzu sehr die Hergelaufenen
und Goldfinder. Ich liebe nicht allzu sehr die ge-
scheiten jünglinge, die achtundzwanzig Abenteuer
glücklich bestehen und nun alles besitzen, was ihnen
Zauberinnen geweissagt haben.
. . . Ich muß meinem Schwiegersohn einen
zweiten Palast bauen, irgendwo am Ende der Welt.
Denn erst dann werde ich das Leben in Ruhe ge-
nießen, wenn ihn meine Augen nicht sehen.
Seit er der Mann meiner einzigen Tochter ist,
vergeht kein Tag, an dem er mich nicht mit Klagen
und BesChwerden langweilt.
„Warum spricht die Prinzessin immer von ihm,
immer Von dem anderen?“
„Von wem?“ frage ich, al!s ob ich’s nicht
wüßte.
„Von dem Menschen, der zugfeich mit mir
hierher kam und die Rätsel niCht löste und sterben
mußte. Von früh bis Abend spricht sie von ihm.“
„Schön,“ Sage ich zerstreut.
Aber er schreit:
„Sie liebt den anderen, den sie ins Herz ge-
troffen hat . . . Aber sie muß mich l'ieben, sie
muß. . . . Ich habe das Recht, ich habe die Rätsel'
gelöst . . .“
„Ja, ja . . . du hast al'le Rätsel gelöst.“
Ich schüttelte mich vor Lachen.
„Alle Rätsel bis auf eines ... ha, ha ...
Bis auf . . . sie sdbst. . . .“
Es bfeibt mir wirklich nichts übrig, als dem
Menschen einen zweiten Pafast zu bäuen, irgendwo
am Ende der Welt. . . .
Mieze Maier
Von Alfred Lichtcnatein
Ich besuche noch das Gymnasium, doch inter-
essiere ich mich mehr für Theater und Literatur.
Ich iese Wedekind, Rilke, Scharf und andere. Auch
Goethe, SChiller und George mag ich nicht.
Meine Freundin heißt Mieze Maier. Sie be-
wohnt mit ihrer Gesellschafterin in der Johann Ge-
org-Straße eine efegante Vierzimmerwohnung, denn
ihr Vater, Markus Maier, hat ihr viel' Geld hinter-
fassen. Ihre Mutter ist vor zehn Jahren den Folgen
einer Unterfeibsoperation erlegen. Ihre Mutter soll
sChön gewesen sein.
Mieze Maier ist erst kürzlich sechzehn Jahre alt
gejworden. Ihr Geburtstag wurde sehr gefeiert. Viele
hübsche und lasterhafte Mädchen und eine Anzahl
junger Männer waren gefaden. Man war Sehr frivol.
Man ffüsterte einander ins Ohr, daß Mieze jetzt
sechzehn Jahre alt sei. Dabei lächelte man . . .
Mieze Maier ist sChön. AuCh klug. Auch talen-
tiert. Sehr kokett. Raffiniert anmutig. Zeitweise
unglücklich. Versteht es, viele Männer krank zu
machen, daß sie Trauer in den Augen tragen, wenn
sie waCh sind, und ein Lächefn um die Lippen
haben, wenn sie sChlafen. Und die Hände sind
dicht an dem Körper . . .
Stets hat sie ähre Favoriten gehäbt. Die sind
wie Puppen, mit denen sie spieft, bis sie ihrer eines
Tages überdrüssig wird und sie achtlösibeiseite wjrft.
Ich kenne Sieben. Sechs Wochen hat keiner in
ihrer Gunst überdauert. Ich bin der Achte.
Ich weiß — auch meine Tage sind gezählt. Auch
ich werde grausam abgetan werden von diesem
sechzehnjährige Ding — halb Kind noch. Wenn ich
daran denke, sChäme iCh mich' schon jetzt und gräme
mich. Und doCh —
Wir haben uns ! nicht gesagt, daß wir uns lieb
haben, sind aber sehr zärtlidh zueinander. Dies
kam sb:
Wir trafen uns einmaf. Das war Zufall. Der
Tag war grau vor Müdigkeit. Dämmerung fag über
den Dingen. Von wenigen Häusern fief gelbes und
rotes Licht.
Wir gingen zusämmen. Ihre Augen hielten
Glänz. Manchmal deCkte sie die halben Lider dar-
über. Und sie fing die BfiCke von Männern in ihre
Augen. Das muß eine feine Woflust sein.
Wir spraChen niCht, nur einmaf sagte sie, daß
ich rote Lippen habe. Und einmaf s'agte ich, daß
sie oberflächlich sei, denn ich wollte sie ärgern.
Am nächsten Tage trafen wir uns wieder. Das
war kein Zufall. Wir gingen über Wiesen. Sie legte
die Hand auf meine Schulter und war gut zu mir.
Da dachte iCh an den Fußtritt, den ich einmaf von
ihr erhaften werde.
. . . Ich hatte ihr geStern wehe getan, weif äch
sie oberffächliCh nännte. Denn in ihrer Stimme
kfang etwas wie Weinen, als sie sagte :
Ich bin wirkfich nicht so oberflächlich, wie Sie
gfauben, Olaf. Ich habe zweimal unglüCklich ge-
liebt und einmäl glüdklich entbunden.
Mir sdhien, aV 'Vic Ilaud aur meiner Schulter
sChwerf»r vzürde . . .
Wir Bdhritten fangsam. W,ir sahen keine Men-
sdhen. Wind kam über die Wiiesen. Am Himmef
waren überafl Wolken, die drohten Regen.
Sie Säh mich an. IhrBlick war nackt und sagte
von LeidensChaft.
Das war zu niedfich, wie ich sie da plötzlich
packte und mit mir ins Gras warf und schön deshälb
im Rausch ihr zuffüsterte Du, meine — Und wie sie
sdhfuchzte: Olaf — — —
Seither schreibe ich in der SchulC schlechte
Arbeiten. Ich werde wohf nicht versetzt werden.
Lokaies
Ich Verbinde mit dem Namen William Wauer
gewisse künstferisdhe Hoffnungen. Ich wartete auf
irgend ein EreignisL Natürfich nicht mehr, als ich
Säh, daß dieser peinfidhe Herr Rudolf Lothär sich
wieder einmaf mit einer Bearbeitung an sein deut-
sdhes Pubfikum wandte. Nidhts ist vor dem Herrn
Lothar sidher. Er besitzt einen ungfaublichen In-
stinkt für Kitsdh. Aus Frankreich. Aus Spanien.
Und den übrigen Ländern und Erdteifen. Und alles
wird Von ihm zu einer Sprache verarbeitet, in der
e r nur S’pricht, nicht denkt, und die man nicht
versteht. Also: Das Hebbeltheater heißt jetzt Mo-
dernes Theater, und iCh bin überzeugt, daß dort
näChStens Fulda, Philippi und Sudermann gespielt
werden, und die Koflegen vom Berliner Lokalan-
zeiger und Verwandten FaChbfättern wieder den „Nä-
turalismus“ und die Moöerne bekämpfen müssen.
Doch darüber können wir uns 1 später auseinander-
setzen. Wenn das UngfüCk wieder da ist. Zunächst
genügt „Die Wespe“ afs Ersatz. VerkitsChter Ibsen
mit einem Schuß Dumas ohne Esprit und einigen
Tropfen Sardou ohne Technik. Aber sönst sehr
sympathisch. Rührung, Grazie, Humor. Gespieft
wurde gräßfich. Wenn man schon lauter talentlose
Schauspiefer engagiert, muß man sich wenigstens
einen RegisSeur fejsten. Dann geht es auch so.
Persönfichkeiten sind an dem Theater überhäupt
nicht vorhanden, daS, einzige Talent heißt Erich
Schönfefder; ein Fräulein Paula Silten sei als un-
erfaubt dilettantisCh gebrandmarkt. Adele Hartwig
gastierte. Das tut sie immer. Das StüCk spielt auf
dem Schlöß der Trelart bei Tours. Zeit: Gegen-
wart. Das Programm hat zwar keine hygienischen
Inserate, aber dafür herrfiChen Buchschmuck. „Ju-
gendstil“, Vastehste. Der neue Direktor soll über
zweihundert Jahre alt sein. Bis William Wauer in
Erscheinimg tritt, woflen wir das Theater sich selbst
überfaSBen. , Trust
Beachtenswerte Böcher und Tonwerke
Ausfülirliche Besprechung vorbehalten
RUcksendung findet in keinem Fall statt
PAUL SCHEERBART
lch liebe dich! / Ein Eisenbahnroman mit
sechsundsechzig Intermezzos
Verlag Schuster & Loeffier Berlin
RICHARD DEHMEL
Zwei Menschen / Roman in Rommanzen
Verlag S. Fischer Berlin
SAMUEL LUBLINSKI
Literatur und Oesellschaft im neunzehnten
Jahrhundert /Vier Bände
Verlag Siegfried Cronbach Berlin|
ALFRED MOMBERT
Der Glühende
Der Denker
Die Blüte des Chaos
Verlag J. C. C Bruns / Minden i. W.
OSKAR KOKOSCHKA
Die Traumtragenden
Mit zehn Kiinstlersteindrucken des Verfassers
Wiener Werkstätte 1908
STEFAN GEORGE
Der siebente Ring
Verlag Georg Bondy Berlin
Verantwortlich für die Schriftleitung:
HERWARTH WALDEN / BERLIN-HALENSEE
Spielplan der Berlmer Theater
September
Donnerstag
8
Freitag
9.
Sonnabend
10.
Sonntag
11.
Montag
12.
Berliner Tlieater
Allabendlich: Gastspiel Hansi Niese:
Das Musikantenmädel.
Neues Theater
Freitag bis nächsten Sonntag: Die
goldene Ritterzeit.
Modernes Theater
Sonnabend: Die Wespe. Donners-
tag, Freitag und Sonntag: Der
Wert des Lebens.
Deutsches Theater
Judith
Amphitryon
Faust
Amphitryon
Faust
Kammerspiele
Die Letzten
Simson und
Delila
Der gute König
Dagobert
Die Letzten
Der gute König
Dagobert
Neues Operettentheater
Allabendlich: Der Graf von Luxem-
burg.
Hesidenztheater
Freitag bis Sonntag: Noblesse oblige.
Volksoper.
(Gastspiel des Neuen Schauspielh.)
Donnerstag und nächsten Sonntag:
Alt-Heideiberg. Mitlwoch, Frei-
tag, Sonnabend: Der Flieger.
Lessingtheater
Das Konzert
Tantris
der Narr
Einsame
Menschen
Einsame
Menschen
Die versunkene
Glocke
Kleines Theater
Donnerstag: Nur ein Traum. Frei-
tag: Luxuszug. Sonnabend: Die
verflixten Franenzimmer. Erster
Klasse. Sonntag nachm.: Ein
idealer Gatte.
Theater des Westens
Allabendlich: Die geschiedene Frau.
Komische Oper
Hoffmanns
Erzählungen
Zigeunerliebe
Der Arzt
wider Willen
Arzt wid. Will.
N. Hoffm.Erzäh-
Zigeunerliebe
Neues königliches
Operntheater
Siegfried
Don Juan
Mignon
Die Meistersing.
von Nürnberg
Fidelio
Königliches
Schauspielhaus
Richard III.
Die Welt i. d.
m. s. langweilt
Molifcre u. die
Seinen.Tartüffe.
Moliere und die
Seinen. Tartüffe
Götz von
Berlichingen
Lustspielliaus
Allabendlich sowie Sonntag nach-
mittag: Das Leutnantsmündel.
Trianontheater
Allabendlich sowie Sonntag nachm.:
Pariser Witwen.
Schiller-Tlieat. 0.
Die Liebe
wacht
Goldene
Herzen
Die Welt in d.
m. s. langweilt
Die Welt i. d.
m. s. langweilt
Wallensteins L.
Piccolomini
Sc.hiller- Theater
Charlottenburg
Bresters
Millionen
Die Liebe
wacht
Robert und
Bertram
Robert u. Bertr.
Nm.: Egmont
Die Liebe
wacht
Metropoltheater.
Allabendl.: Hallo! Die grosse Revue.
Thaliatheater
Allabendlich :j[Polnische Wirtschait.
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Ich liebe nicht allzu sehr die Hergelaufenen
und Goldfinder. Ich liebe nicht allzu sehr die ge-
scheiten jünglinge, die achtundzwanzig Abenteuer
glücklich bestehen und nun alles besitzen, was ihnen
Zauberinnen geweissagt haben.
. . . Ich muß meinem Schwiegersohn einen
zweiten Palast bauen, irgendwo am Ende der Welt.
Denn erst dann werde ich das Leben in Ruhe ge-
nießen, wenn ihn meine Augen nicht sehen.
Seit er der Mann meiner einzigen Tochter ist,
vergeht kein Tag, an dem er mich nicht mit Klagen
und BesChwerden langweilt.
„Warum spricht die Prinzessin immer von ihm,
immer Von dem anderen?“
„Von wem?“ frage ich, al!s ob ich’s nicht
wüßte.
„Von dem Menschen, der zugfeich mit mir
hierher kam und die Rätsel niCht löste und sterben
mußte. Von früh bis Abend spricht sie von ihm.“
„Schön,“ Sage ich zerstreut.
Aber er schreit:
„Sie liebt den anderen, den sie ins Herz ge-
troffen hat . . . Aber sie muß mich l'ieben, sie
muß. . . . Ich habe das Recht, ich habe die Rätsel'
gelöst . . .“
„Ja, ja . . . du hast al'le Rätsel gelöst.“
Ich schüttelte mich vor Lachen.
„Alle Rätsel bis auf eines ... ha, ha ...
Bis auf . . . sie sdbst. . . .“
Es bfeibt mir wirklich nichts übrig, als dem
Menschen einen zweiten Pafast zu bäuen, irgendwo
am Ende der Welt. . . .
Mieze Maier
Von Alfred Lichtcnatein
Ich besuche noch das Gymnasium, doch inter-
essiere ich mich mehr für Theater und Literatur.
Ich iese Wedekind, Rilke, Scharf und andere. Auch
Goethe, SChiller und George mag ich nicht.
Meine Freundin heißt Mieze Maier. Sie be-
wohnt mit ihrer Gesellschafterin in der Johann Ge-
org-Straße eine efegante Vierzimmerwohnung, denn
ihr Vater, Markus Maier, hat ihr viel' Geld hinter-
fassen. Ihre Mutter ist vor zehn Jahren den Folgen
einer Unterfeibsoperation erlegen. Ihre Mutter soll
sChön gewesen sein.
Mieze Maier ist erst kürzlich sechzehn Jahre alt
gejworden. Ihr Geburtstag wurde sehr gefeiert. Viele
hübsche und lasterhafte Mädchen und eine Anzahl
junger Männer waren gefaden. Man war Sehr frivol.
Man ffüsterte einander ins Ohr, daß Mieze jetzt
sechzehn Jahre alt sei. Dabei lächelte man . . .
Mieze Maier ist sChön. AuCh klug. Auch talen-
tiert. Sehr kokett. Raffiniert anmutig. Zeitweise
unglücklich. Versteht es, viele Männer krank zu
machen, daß sie Trauer in den Augen tragen, wenn
sie waCh sind, und ein Lächefn um die Lippen
haben, wenn sie sChlafen. Und die Hände sind
dicht an dem Körper . . .
Stets hat sie ähre Favoriten gehäbt. Die sind
wie Puppen, mit denen sie spieft, bis sie ihrer eines
Tages überdrüssig wird und sie achtlösibeiseite wjrft.
Ich kenne Sieben. Sechs Wochen hat keiner in
ihrer Gunst überdauert. Ich bin der Achte.
Ich weiß — auch meine Tage sind gezählt. Auch
ich werde grausam abgetan werden von diesem
sechzehnjährige Ding — halb Kind noch. Wenn ich
daran denke, sChäme iCh mich' schon jetzt und gräme
mich. Und doCh —
Wir haben uns ! nicht gesagt, daß wir uns lieb
haben, sind aber sehr zärtlidh zueinander. Dies
kam sb:
Wir trafen uns einmaf. Das war Zufall. Der
Tag war grau vor Müdigkeit. Dämmerung fag über
den Dingen. Von wenigen Häusern fief gelbes und
rotes Licht.
Wir gingen zusämmen. Ihre Augen hielten
Glänz. Manchmal deCkte sie die halben Lider dar-
über. Und sie fing die BfiCke von Männern in ihre
Augen. Das muß eine feine Woflust sein.
Wir spraChen niCht, nur einmaf sagte sie, daß
ich rote Lippen habe. Und einmaf s'agte ich, daß
sie oberflächlich sei, denn ich wollte sie ärgern.
Am nächsten Tage trafen wir uns wieder. Das
war kein Zufall. Wir gingen über Wiesen. Sie legte
die Hand auf meine Schulter und war gut zu mir.
Da dachte iCh an den Fußtritt, den ich einmaf von
ihr erhaften werde.
. . . Ich hatte ihr geStern wehe getan, weif äch
sie oberffächliCh nännte. Denn in ihrer Stimme
kfang etwas wie Weinen, als sie sagte :
Ich bin wirkfich nicht so oberflächlich, wie Sie
gfauben, Olaf. Ich habe zweimal unglüCklich ge-
liebt und einmäl glüdklich entbunden.
Mir sdhien, aV 'Vic Ilaud aur meiner Schulter
sChwerf»r vzürde . . .
Wir Bdhritten fangsam. W,ir sahen keine Men-
sdhen. Wind kam über die Wiiesen. Am Himmef
waren überafl Wolken, die drohten Regen.
Sie Säh mich an. IhrBlick war nackt und sagte
von LeidensChaft.
Das war zu niedfich, wie ich sie da plötzlich
packte und mit mir ins Gras warf und schön deshälb
im Rausch ihr zuffüsterte Du, meine — Und wie sie
sdhfuchzte: Olaf — — —
Seither schreibe ich in der SchulC schlechte
Arbeiten. Ich werde wohf nicht versetzt werden.
Lokaies
Ich Verbinde mit dem Namen William Wauer
gewisse künstferisdhe Hoffnungen. Ich wartete auf
irgend ein EreignisL Natürfich nicht mehr, als ich
Säh, daß dieser peinfidhe Herr Rudolf Lothär sich
wieder einmaf mit einer Bearbeitung an sein deut-
sdhes Pubfikum wandte. Nidhts ist vor dem Herrn
Lothar sidher. Er besitzt einen ungfaublichen In-
stinkt für Kitsdh. Aus Frankreich. Aus Spanien.
Und den übrigen Ländern und Erdteifen. Und alles
wird Von ihm zu einer Sprache verarbeitet, in der
e r nur S’pricht, nicht denkt, und die man nicht
versteht. Also: Das Hebbeltheater heißt jetzt Mo-
dernes Theater, und iCh bin überzeugt, daß dort
näChStens Fulda, Philippi und Sudermann gespielt
werden, und die Koflegen vom Berliner Lokalan-
zeiger und Verwandten FaChbfättern wieder den „Nä-
turalismus“ und die Moöerne bekämpfen müssen.
Doch darüber können wir uns 1 später auseinander-
setzen. Wenn das UngfüCk wieder da ist. Zunächst
genügt „Die Wespe“ afs Ersatz. VerkitsChter Ibsen
mit einem Schuß Dumas ohne Esprit und einigen
Tropfen Sardou ohne Technik. Aber sönst sehr
sympathisch. Rührung, Grazie, Humor. Gespieft
wurde gräßfich. Wenn man schon lauter talentlose
Schauspiefer engagiert, muß man sich wenigstens
einen RegisSeur fejsten. Dann geht es auch so.
Persönfichkeiten sind an dem Theater überhäupt
nicht vorhanden, daS, einzige Talent heißt Erich
Schönfefder; ein Fräulein Paula Silten sei als un-
erfaubt dilettantisCh gebrandmarkt. Adele Hartwig
gastierte. Das tut sie immer. Das StüCk spielt auf
dem Schlöß der Trelart bei Tours. Zeit: Gegen-
wart. Das Programm hat zwar keine hygienischen
Inserate, aber dafür herrfiChen Buchschmuck. „Ju-
gendstil“, Vastehste. Der neue Direktor soll über
zweihundert Jahre alt sein. Bis William Wauer in
Erscheinimg tritt, woflen wir das Theater sich selbst
überfaSBen. , Trust
Beachtenswerte Böcher und Tonwerke
Ausfülirliche Besprechung vorbehalten
RUcksendung findet in keinem Fall statt
PAUL SCHEERBART
lch liebe dich! / Ein Eisenbahnroman mit
sechsundsechzig Intermezzos
Verlag Schuster & Loeffier Berlin
RICHARD DEHMEL
Zwei Menschen / Roman in Rommanzen
Verlag S. Fischer Berlin
SAMUEL LUBLINSKI
Literatur und Oesellschaft im neunzehnten
Jahrhundert /Vier Bände
Verlag Siegfried Cronbach Berlin|
ALFRED MOMBERT
Der Glühende
Der Denker
Die Blüte des Chaos
Verlag J. C. C Bruns / Minden i. W.
OSKAR KOKOSCHKA
Die Traumtragenden
Mit zehn Kiinstlersteindrucken des Verfassers
Wiener Werkstätte 1908
STEFAN GEORGE
Der siebente Ring
Verlag Georg Bondy Berlin
Verantwortlich für die Schriftleitung:
HERWARTH WALDEN / BERLIN-HALENSEE
Spielplan der Berlmer Theater
September
Donnerstag
8
Freitag
9.
Sonnabend
10.
Sonntag
11.
Montag
12.
Berliner Tlieater
Allabendlich: Gastspiel Hansi Niese:
Das Musikantenmädel.
Neues Theater
Freitag bis nächsten Sonntag: Die
goldene Ritterzeit.
Modernes Theater
Sonnabend: Die Wespe. Donners-
tag, Freitag und Sonntag: Der
Wert des Lebens.
Deutsches Theater
Judith
Amphitryon
Faust
Amphitryon
Faust
Kammerspiele
Die Letzten
Simson und
Delila
Der gute König
Dagobert
Die Letzten
Der gute König
Dagobert
Neues Operettentheater
Allabendlich: Der Graf von Luxem-
burg.
Hesidenztheater
Freitag bis Sonntag: Noblesse oblige.
Volksoper.
(Gastspiel des Neuen Schauspielh.)
Donnerstag und nächsten Sonntag:
Alt-Heideiberg. Mitlwoch, Frei-
tag, Sonnabend: Der Flieger.
Lessingtheater
Das Konzert
Tantris
der Narr
Einsame
Menschen
Einsame
Menschen
Die versunkene
Glocke
Kleines Theater
Donnerstag: Nur ein Traum. Frei-
tag: Luxuszug. Sonnabend: Die
verflixten Franenzimmer. Erster
Klasse. Sonntag nachm.: Ein
idealer Gatte.
Theater des Westens
Allabendlich: Die geschiedene Frau.
Komische Oper
Hoffmanns
Erzählungen
Zigeunerliebe
Der Arzt
wider Willen
Arzt wid. Will.
N. Hoffm.Erzäh-
Zigeunerliebe
Neues königliches
Operntheater
Siegfried
Don Juan
Mignon
Die Meistersing.
von Nürnberg
Fidelio
Königliches
Schauspielhaus
Richard III.
Die Welt i. d.
m. s. langweilt
Molifcre u. die
Seinen.Tartüffe.
Moliere und die
Seinen. Tartüffe
Götz von
Berlichingen
Lustspielliaus
Allabendlich sowie Sonntag nach-
mittag: Das Leutnantsmündel.
Trianontheater
Allabendlich sowie Sonntag nachm.:
Pariser Witwen.
Schiller-Tlieat. 0.
Die Liebe
wacht
Goldene
Herzen
Die Welt in d.
m. s. langweilt
Die Welt i. d.
m. s. langweilt
Wallensteins L.
Piccolomini
Sc.hiller- Theater
Charlottenburg
Bresters
Millionen
Die Liebe
wacht
Robert und
Bertram
Robert u. Bertr.
Nm.: Egmont
Die Liebe
wacht
Metropoltheater.
Allabendl.: Hallo! Die grosse Revue.
Thaliatheater
Allabendlich :j[Polnische Wirtschait.
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