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Mannheimer Abendzeitung — 1845

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No. 1 – No. 30 (1. Januar – 31. Januar)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44007#0013

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“ in Mannheim 1 fl. 15 kr.,



Abou nement mit vier..
ellähr. Borausbezahlung

durch die Poſt bezogen im F
ganzen Grosherzogthum pp
Baden 2. fl. 8 kr., im
Yſusland erhöht sich das
Abonnement um den Poft-
aufſehlag. -





Mannheimer

4. Januar

Inser aie die gespaltene
. . Zeile in Petiiſchrift oder
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Raum 4 kr. ~ Briefe
und Gtr itit man

18450











C

Samstag

Deutschland.

30. Dezember. Wer mehr-

++ Karlsruhe, (Schluß.) m
fache Instruktion wünscht, findet sie in den bereits citirten
Schriften, wozu ich noch Blackstone, Handbuch des englischen
Rechts, Stepha n, Handbuch des englischen Strafrechts und Straf-
verfahreus, und besonders als neueſte umfassende Erscheinung hierüber
den Artikel von Welcker, die Jury als Rechtsanstalt, im allgemeinen
Staatslexieon, Band 9, Pag. 29 bis 161 benenne. Derselbe lautet
hierüber unter Anderm:

„Einstimmig preisen die englischen Rechtsgelehrten, Staats-
männer, Bürger, einſtimmig H ume wire Burke, Blackſtone wie

Lord R uss el, Broug h am wie Peel, das bei ihnen viemals un-

tergegangene germanische Schwurgericht, täglich einſtimmiger,

eben so alle sranzösiſchen, seit ihnen zuerſt ihr großer Mon-
tes qui eu deſſen Wiederherſtellung dringend empfahl, und seit
ſie es in nun halbhundertjährigem Beſsite täglich besſſer würdi-
gen und handhaben lernen. Auch bei uns Deutschen entwickelte

schon längſt vor den Bedürfnissen unserer heutigen schwer be-

drängten politischen Freiheit, der edelſte und weiseſte unserer

Rechtsgelehrten, unſer Juſtus Möser, seine zwölf Gründe,

aus welchen er die Wiederherstellnng des Schwurgerichts, als

die Grundbedingungen gerechter Handhabung des Strafrechts,

im Namen der Gerechtigkeit fordert. Nicht minder erklärte faſt

gleichzeitig Deutschlands größter Philosoph, unser Kan t (Na-

turrecht, §. 491, nur diese Strafgerichts - Einrichtung mit der

Gerechtigkeit vereinbar. Und nun vollends, nachdem dieses va-

terländiſche Institut selbſt in noch unvollkommener Geſtalt seit

mehr gls einem Menſchenalter bei unsern rheinischen Landsleu-
eit ho trefflicſ vie Probe beſtanden, nachdem die vielſeitigen

Prüfungen und Vergleichungen desselben möglich und wirklich

geworden ~ jetzt vereinigen sich mit jenen Stimmen die Stim-

men dieser überrheinischen Bewohner und der diesseitigen Land-

1 ſtände, die Stimmen ſolchex“ Staatsmänner und Ständemitglie-
. der, wie v. Ibftein, p. Liebenſtein, v. Rotte und zu-
gleich die solcher praktischen Rechtsmänner, wie die Verfasser

jenes Gutachtens, entlich die Stimmen Jolcher theoretiſch und
praktisch gleich gründlichen Staatsrechts - und Staatsrechtsleh-

rer, wie Klüber und Zachariä, wie Kleinschrod und

Grolmann, wie Mittermaier und Duttlinger.

Diese Stimmen sind ſicherlich nicht minder der geseulichen, der

monarchiſchen Ordnung, wie der Freiheit befreundet. Stimmen

aber, wie die von Grolmann und von Mittermaier, ſind,
eben so wie die jcner altpreußischen Mitglieder der Immediat-

Juſtiz-Commission, darum doppelt bedeutend, weil sie sich früher

gegen das Schwurgericht aussprachen, und erſt als ſie später

das Institut im Leben kennen gelernt hatten, aus frühern Geg-
nern deſſelben mit aehtungswerther Wahrbheitsliebe seine entschie-
denen Vertheidiger wurden. Wenigstens solche Feinde des Schwur-
gerichtes, welche niemals dasselbe im Leben selbſt vielseitig und
gründlich prüften, ja vielleicht die Gebrechen unserer geheimen

Aktenstücke nie gründlich kennen lernten, Diese wenigstens sollten

billig solchen Stimmen gegenüber verstummen.“

Man wird das Streben der Wiedererwerbung deutscher Größe
und Natisnalität am Beften erreichen, wenn man dem deutschen Volke
die Institute wieder giebt, worauf sein früheres Selbstvertrauen, und
darum auch seine Macht, sich gründeten, wozu auch das Schwurge-
richt gehört, welches diejenigen Nachkommen deutscher Stämme noch
beſitzen, welche man so oft beneidet, d. h. England und Frankreich.
Auch bei uns hat sich bei zwei privilegirten Ständen, nämlich bei dem
Militär und den Standesherren, das judieinm parium in den
Triegsgerichten, und bei Letztern in dem Privilegium , nur rturch

‘chler ihres Standes gerichtet zu werden, erhalten. (Vergl. die
desherrlichen Deklarationen, z. B. den Leiningiſchen Vertrag,

9.3 Was man tieſen beiden Ständen gestattet und desſen fie

's einer Wohlthat, als eines Privilegiums erfreuen, kann doch

"echt, nicht gemeingefährlich sein? Es iſt auch nicht bekannt,
- Rechte aufgeben wollen, warum solche also den übrigen
enthalten? Sagt doch die Verfaſſungs-Urkunte,

s. 7: vuDie flaatébürgerlichen Rechte aller Badener sind gleich! !-

Endlich hörte ich noch sagen, die Theilnahme des Volkes an der
Strafrechtspflege wäre Beſchränkung der Souveränität des Großher-
zogs , daher dürfe sie nicht ſtattfinden. Unglückliche Begriffsverwir-
rung! Sind etwa die Könige von England und Frankreich, weil sie
Geſchwornengerichte in ihren Ländern haben, weniger souverän, als

der Großherzog von Baden? Man verwechselt hier offenbar den

Begriff Souveränität (Unabhängigkeit nach Außen) mit Absolutis-
mus (Unbeschränktheit im Innern). Bei uns soil aber doch gewiß
nicht die Strafrechtspflege eine Dienerin des Absolutismus sein!!
Hält man aber an der bei uns jegtt bestehenden Gesetzgebung
feſt, wie ich im Eingang sie geschildert habe, so iſt auch formell an
eine solche Beſchränkung nicht zu denken. Wo ein Geſtändniß des
Angeklagten, oder zwei authentische Zeugen der That vorhanden sind,
iſt es ganz gleichgültig, ob Geschworne oder Staatsrichter urtheilen.
Das Schuldig wird nicht fehlen. Wo aber Indicien oder halber

direkter Beweis dureh Indicien unterſtitt vorliegen, da muß jent

Klagfrei-Erklärung erfolgen, und nur wenn Gefahr der Gesellſchaft
oder der allgemeinen Sittlichkeit vorhanden iſt, kann ſolche mit St-
cherheitsverhaſt verbunden werden (Strafedikt, §. 10;) ein Aus-
kunftsmittel, dem längſt alle vernünftigen Rechtsgelehrten den Stab
gebrochen haben. Iſt es daher nicht eine Ausdehnung der Strafge-
walt des Staats, wenn auch in diesem Falle Verurtheilung, sei es
auch durch Geſchworne, erfolgen kann? JI es nicht Gewinn für
die Stgatsgewalt, wenn in solchen Zweifelsfällen die Stimmen der
Mitbürger das „Schuldig aussprechen, wenn ſie die Laſt einer doch
immer möglichen unschuldigen Berurtheilung der Regierung ab- und
selbſt übernehmen? Wo ihr Ansspruch - in einzelnen Fällen noch
zweifelhaft erscheinen sollte, tritt dann der Glanz der Gnade des Re-
genten ein. Auch die Bestätigung eines Totesurtheils, das der Mit-
bürger fällt und die öffentliche Meinung billigt, wird für den Re-
genten leichter. ſein, als die Bestätigung jenes, das seine Diener ga-
ben, wofür ihm ſ:lbſt doch immer eine moralische Verantwortlichkeit
zu bleiben scheine. Nur übertriebene Aengstlichkeit kann hier eine
Gefahr für den Staat erblicken. Es würden hierdurch auch die An-
ſtändé beseitigt, die ſich gegen die Rekusation der Staatsrichter und
gegen das Rekursverfahren des neuen Entwuxfs mehrfach erhoben
haben. Auch tie Commisſion theilt die Ueberzeugung Liebenſtein's,
daß Preßfreiheit und Schwurgericht die ganz unentbehrlichen Pfeiler
der Verfaſſung sind. „Ohne dieselben erſtirbt“, wie Möſer klagte,
die Liebe zur Freiheit und der aufrichtige Ausdruck derselben.: Wa-
rum sollten aber Badens Bürger, die man durch Ertheilung der Ver-

faſſung für reif zur Theilnahme an der Gesetzgebung erkannt hat,

weniger reif sein, bei der Anwendung rieser Gesetze selbſt thätig mit-
zuwirken? Zwölf auf dem gegenwärtigen Landtage eingekommene
Petitionen stellen dieses Gesuch. Ihre Commiſſion stellt daher den
Antrag: Seine Königliche Hoheit den Großherzog in einer Adresse
zu bitten, noch auf diesem Landtage, zur Ergänzung
der jetzt vorliegenden Straf- Prozeßordnung, einen Gesetzeut-
wurf vorlegen zu laſſen, wonach Schwurgerichte in Strafsachen,
nach dem Muſter von Frankreich und England, auch in dem

Großherzogthum Baden eingeführt werden.

*** Köln, Ende Dezember. Wenn auch der Kölner seit eini-
ger Zeit wieder arg durch karnevaliſtiſche Ideen fafſt absorbirt wird,
so behält er doch. noch einiges Interesse für ernſte Gegenſtände. Ob-
gleich Heinzen's Büreaukratie bereits seit faſt zwei Monaten hier
bekannt iſt, bildet jener Mann und sein Werk noch stets einen Haupt-
theil des Tagesgesſprächs. Sein warmes Intereſſe dafür
bekundet der Kölner durch seine Gaben für die Familie
Heinzens, der so lange er im Auslande iſt, seinen Ange-
hörigen nicht als Ernährer gelten kann. Das Intereſſe für Hein-
zen iſt gewiß ein allgemeines zu nennen; in der Rheinprovinz we-
nigſtens, dies können wir der Wahrheit gemäß versichern, hat bis
jeßt noch kein Werk durch alle Klassen hindurch so vielen Anklang
gefunden, als die Büreaukratie.

-–- Bonn, 31. Dez. Auch hier hat das von Püttmann
herausgegebene „deutsche Bürger buch,, großen Anklang gefun-
den, namentlich wurden die darin enthaltenen socialiſtiſchen Aufsätze
mit großem Intereſſe gelesen. Es iſt in der That sehr erfreulich,


 
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