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Mannheimer Abendzeitung — 1845

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No. 87 - No. 116 (1. April - 30. April)
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Abonnement mit vier-
telſähr. Vorausbezahlung y
' in Mannheim 1 fl. 15 kr. LIP
durch die Poſt bezogen im qgſ|4ÿyrp

anzen Großherzogthum „y ] E
ge. 2 sl. s kt, in ‘>
Ausland erhöht ſich das
Abonnement um den Poft-

aufsſchlag.

Freitag



7. April

Inseratediegeſpaltens
Zeile in Petitſchrtft oder
deren Raum 3 kr. Inse-
4 rate, worüber die Redak-
v.. . tion Auskunft zu ertheilen
GY hat, die Zeile oder deren
Raum 4 kr. ~ Briefe
und Hety erbiitet mas
ranco.

1545





Deutschland.

§z§ Mannheim, 2. April. (Sängerf eſt.) Wenn wir
in dieſen Blättern unsern auswärtigen Freunden nicht früher ſchon
Mittheilungen über das bevorſtehende hiesige Sängerfeſst machten, so
geſchah dieses aus der Ursache, weil der Plan deſſelben den Stand-
punkt noch nicht erreicht hatte, von welchem man mit Sicherheit
Nachrichten geben konnte. Wir glauben dieses jetzt thun zu können.
Dieses Feſt, welches gegen 800 Sänger aus allen Gauen des badi-
ſ-Ñ Utrs hier zusammenführen wird, hat am Pfingstmontag
ier Statt.
genen Sonntage hier Statt gehabten größern Versammlung aus al-
len Klaſſen von Einwohnern soll dieſes Feſt so gefeiert werden,
daß es in seiner Ausführung nichts zu wünſchen übrig laſſen
dürste. Eine Wahl zur Verſtärkung des bisherigen Feſt - Comité's

der hieſigen Liedertafel wurde vorgenommen, und die Gewählten er-

klärten fich zur Annahme ſolcher Eprenſtellen sofort gerne bereit. Von
der vorhandenen Einigkeit läßt sich gewiß nur Schönes und Gutes er-
warten. Die Vorbereitungen finden bereits. in größerm Maßfeabe, als
es bisher geschehen konnte, ihren Fortzang. Mehrere Bau-Pläne, die
vorgelegt wurden, mußten aus verschiedenen Ursachen verworfen wer-
den, darunter auch der bedeutendſte derselben, der für den Theaterplatz,
der mit den Sängern gegen 6000 Personen aufgenommen haben
würde. Er mußte deßhalb verworfen werden, weil mit Recht zu be-
fürchten war, daß die nöthige Stille während der Production selbſt
nicht eingehalten werden könne wegen der vieles Geräusch zulaſſenden
Umgebung. Dagegen wurde die Errichtung einer Feſihalle in einem
der großen Hofräume des Schloſſes vorgezogen, und da derselbe ge-
gen 5000 Perſosen, die Süängjer mitgerechnet, faſſen wird, so glaubt
man ihn als völlig zureichenn. Mit Recht verdient dieser letze
Plan ausgesührt zu werdenz da aber die Koſten dazu durch die Ein-
nahme vielleicht nicht ganz gedeckt werven dürften, so iſt durch eine
bereits in Umlauf geſetzte Subscription für den etwaigen Ausfall ge
ſorgt. Die Feſthalle wird mit ganz solider Bedachung versehen und
an fich sehr hoch werden, um dem foloſſalen Geſsange Raum zu ge-
währen. Schlimmes Wetier kann daher dem Abhalten des Feſtes kei-
nen Eintrag thun, und da diese Räume beleuchtet werden müssen, so
wird das Junere der Feſthalle einen eben so herrlichen Anblick gewäh-
ren, wie das Aeußere seiner Beſtimmung gemäß dem Auge freund-
Tich sich darbieten wird.

~ Die r Sächsischen Vaterlants - Blätter., dieses entschieden
freigeſinnte Organ politischer und religiöser Beſtrebungen, berichten in
folgender Weise die gegen sie verhängte Unterdrückungsmaßregel v.on
Seiten Preußens und Hombdurg's: .
„Nicht blos der Poſtbetrieb iſt den Sächs. Vaterl. - Bl. in Preu-
ßen entzogen, auch der buchhändlerische iſt verboten worden, -- es
"iſt ein volles und vollsändiges Verbot, auch Privaten soilen ſie bei
Strafe nicht mehr sich halten dürfen."
: „Nicht blos im Königreich Preußen, auch im Staate H esſen-
Homburg sind die Sächsiſchen Vaterlands- Blätter verboten wor-
den. Was sie nur Heſſen-Homburg gethan haben mögen ?- f

_ Aus dem Voigtlande. Die Waghl im 18. städtischen Wahl-
(Auerbach, Falkenstein, Oelnitz, Schöneck, Adorf, Markneukirchen).
î war von weit größerer politiſcher Bedeutung als irgend eine andere.
Bürger Todt hatte von Anfang seiner parlamentariſchen Laufbahn an
ſich so entschieden für vollkommene Durchführung des conſtitutionellen
Syſtems erllärt, durch seine Unermüdlichkeit auf der betretenen Bahn
so wesentlich dazu mitgewirkt, unserer zweiten Kammer ihre jetzige
Haltung zu geben *), daß sein Sieg oder seine Niederlage am 19.
März, als dem Wahltage seines Bezirks , für einen Sieg oder eine
Riederlage des Syſtems ſelbſt gehalten werden mußte. Nicht als ob
man an seiner Wiedererwählung im Ernſt hätte zweifeln können.
Aber der moralische Cindruck wäre doch ein peinlicher gewesen, wenn
igerade Todt nur eine geringe Majorität für sich hätte erlangen kön-
fen. Mag man es uns also nicht verargen, wenn wir uns zu dem



[ Vo +) Man vergleiche seine Biographie in dem vortrefflichen Volkstaschenbuch
.. . ſ§as R. Frieſe, worüber wir demnächſt ausführlicher sprechen

Durch einstimmigen Beſchluß einer deßhalb am vergan-

Geistlichen.

von dem eigentlichen Gedeihen der Anftallt nicht oiel.

Ausgang der Wahl im 18. städtischen Wahlbezirk als zu einem Er-
eigniß Glück wünſchen, das für die conſstitutionelle Sache, den con-
ſtitutionellen Fortschritt von unleugbarer Bedeutung iſt. Todt iſt bei
der erſten Abſtimmung unter 70 Stimmenden mit 53 gegen 17 .
Stimmen wieder erwählt worden. Cs gab großen Jubel und
nur einige ärgerliche Gesichter. In gleichem Sinne iſt die Stellver-

treterwahl ausgefallen. Gleichfalls bei der er ſten Abſtimmung iſt

Advokat Becker **) in Adorf mit 38 Stimmen von 70 erwählt
worden. Bccker iſt ein ächtes Voigtländerblut, rücksichtslos, ſchroff
beinahe, markig in jeder Beziehung. Auch er würde in der Kammer
Keinem an Entſschicdenheit und Freimuth nachſtehen. Das Voigtland
hat durch dieſe Wahl ein neues Zeugniß seines politiſchen Bildungs-

fiandes abgelegt. Heil Dir , mein Heimathland! (Sächs. Vaterlbl.)

**) In einer früheren Nr. steht irrthümlich Broker.

-- Bon. der Queich, 1. April. Bekanntlich beſteht in
in Speyer seit dem Jahre 1839 ein sogenanntes Convict, in wel-
chem junge Leute zu künftigen Geiſtlichen erzogen werden ſollen.
Wenigstens iſt dies der Hauptzweck der Anstalt, obschon auch, wenn
auch nur Wenige, junge Leute gegen Brzahlung des ganzen Koſtgel-
des in dieser Anstalt Aufnahme finden, welche sich dem geistlichen
Stande voraussichtlich nicht widmen werden. Die übrigen Zöglinge
werden in die Anstalt entweder unentgeltlich, oder gegen Bezaylung
nur eines Theils des Koſtgeldes aufgenommen. Sie oder ihre Eltern

müssen aber bei der UHufnahme einen Revers ausſtellen, daß sie im
Fall ver Augenommene nicht Geiſilicher wird, dann später den gan-
zen jährlichen Betrag des Koſtgeldes natchbezahlen.
wird die Arnſtalt unterhalten von den jährlichen Geldſammlungen

Im Uebebrigen

der Katholiken der Pfalz, und von den freiwilligen Beiträgen der
Ob durch das Obenerwähntie nicht ein mworaliſcher
Zwang für die Zöglinge zum Ergreifen des geistlichen Standes
ausgeübt werde, und ob alle Beiträge der Geistlichen freiwillig over
Auch hört man

unfreiwillig sind, will ich hier nicht untersuchen. t (
's mag je-
doch für den Geriſt, der in der Anftalt herrſcht,. hinlänglich bezeich-
nend sein, wenn cs allgemkin verlautet, daß vor nicht langer Zeit
ſich nicht weniger als 43 Zöglinge zu dem Hrn. Biſchof begaben,
um demſelben kategoriſch zu erklären, daß wenn ihre Behandlung im
Convikte nicht verändert würde, fie alle ohne Ausnahme austreten
müßten, und daß, wenn der Hr. Biſchof ihnen nicht augenblicklich
Abhülfe versſpräche, sie nicht mehr in das Convikt zurückkeyrten, son-
dern in der Stadt ibre Wohnung nehmen würden. Ob der Regens
oder Subregens oder ob beide diesen Auftritt durch ihr Benehmen
vexanlaßt haben, wird vielfach besprochen. Wenigstens spricht man
von einer bevorſtehenden Aenderung in diesem Personale der Anstalt.
Eine Thatsache kann jedoch als ganz gewiß behauptet werden, daß
nämlich der Regens einen Zögling, deſſen Vater oder Bruder auf
den Tod krank lag und der denselben nochmals zu sehen wünſchte, es
nicht erlaubte nach Hauſe zu gehen, und daß er diesen Zögling, als
er dennoch nach Hauſe ging, aus dem Convikte aueſc:loh. Eemwiß
eine humane, ächt chriſtliche Behantlung! ~ Weiche Gefühle wer-
den diese Zöglinge nicht aus dem Convikte mit in die Welt nehmen!!
Und wenn fie solche herzloſe Beispiele vor ſich schen, wie sollen sie
später als Geistliche human und chriſtlich handeln?!

~ Der r Beobachter«- knüpſt an den Erlaß des württembergt-
schen katholischen Overkirchenraths, nach welchem die Lehrer insbe- '
sondere an die Spitze des in Schwung zu bringenden Turnweſsens
treten sollen, u. A. folgende Betrachtungen:

„Der Erlaß des hochpreislichen Conſiſtoriums hat ſin der That
einen rechtcn Schaden arn Leibe des Volkslebens entdickt; .und würde
dieſer durch das angerathene Mittel geheilt, ſo wäre viel erreicht für
das leibliche und geiſtige Wohlsein des Volks. Alein Lebensfriſche
und Frohsinn laſſen sich nicht in Kraft eines Eclaſſes oder Dekcetes
herstellen, zumal in einer Zeit, wo troß des barten Winters und des
großen Holzmangels die Atmosphäre doch für Alt und Jung gleich
ungesund, ſchwül und beängstigend iſt. Und sollen gar die Spiele
und Turnübungen von Unterlehrern und Lehrgehüifen geleitet werden,
wie wäre ces auch nux menschenmöglich, daß alsdann etwas Erſspricß-


 
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