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Mannheimer Abendzeitung — 1845

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No. 176 - No. 206 (1. Juli - 31. Juli)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44007#0787

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1815



* Die Ausweisung der badiſchen Deputirten v. I h-
ſtein und He < er aus Perlin und den prenßiſchen
Staaten.

Mannheim, 9. Juli. In einem Schreiben v. 29. Juni an
die Unterzeichneten ſprach der großh. bad. Miniſter - Reſident von
Frankenberg in Berlin den beſtimmten Wunſch aus, daß wir
seinen Brief vom 7. Juni veröffentlichen möchten.

Wir laſsen daher densclben seinem ganzen Inhalte nach hier fol-
gen, müſſtn aber Entſtellungen der Thatsachen, welche die Dienſtbo-
ten des Hrn. Gesandten ſich in ihren Berichten an denselben erlaubt
haben, urter Bezug auf unsere durchaus wahrhettstreue Erklärung
vom 31. Mai, in den beigeſetzten Noten berichtigen und ebenso einige
in dem Schreiben aufgeſtellte Ansichten widerlegen.

Dr. Hecker. v. Itzſtein.

Der Brief lautet:
Euer Hochwohlgeboren

haben in Ihrer öffentlichen Darſtellung vom 31. Mai d. J. in Be-
ireſ der Ihnen hier widerfahrenen ſchmählichen Unbill, in so weit ſie
mich, den Gesandten unseres Landes, betrifft, auf eine Weiſe geäu-
ſjert, welche mannigfache Deutungen zuläßt, wovon aber keine ſchmei-
chelyaft oder ehrenvoll für mich wäre.

Ich setze mich im Geriſt an Ihre Stelle der Aufregung und tie-
ſen Bexletung nach. einer solchen Behandlung, wie Sie hier von der
Polizeibehörde erfahren mußten, und gebe zu, daß Sie nach den Vor-
gängen in meinem Hauſe saſt berechtigt sind, zu glauben, entweter ich
wollte mich mit der Angabe, daß man mich aus dem Schlafe nicht
wecken dürfe, aus einer Verlegenheit ziehen, oder, was noch schlim-
mer wäre, ich ſtecke mit der preußischen Polizei unter einer Decke.
Das Erste wäre doch ein schwacher und etwas einfältiger Behelf ge-
weſen, um so mehr ich und Jeder, der mich kennt, versichern kann,
daß ich durchans nicht zu den ängstlichen Naturen gehöre, sordern
girne gerade durdk gehe, urd gegen das Zweite muß ich feierlich und
förmlich protcſtiren, da Chre und ſtrenze Pflichterſüllung stets die
Führer meines Lcbens gewesen ſind und so es auch bleiben sollen, die
ih s. p< vierzigjährigen ehrenvollen Dienslleiſtungen preiszugeben
gedenke.

Hören Euer Hochwol!lgeboren indessen den einfachen Verlauf und
Zusammenhang der Vorgänge und Sie werden billig urtheilen. Ein
widriges Zusſammentreff.n von Umständen und Einfältigkeit der Dienſt-
boten konnten allein die beklagenswerthen Mißverständnisse herbeifüh-
ren. Der Maun, welcher als Portier in meinem Hauſ- bezeichnet iſt,



') Daß der badische Minifſter-Reſident in dieser Sache mit der
preußiſchen Polizei zu Berlin unter einer Decke geſtanden wäre, ha-
ben wir nie angenommen und konnten wir nie annehmen.

. Un oo greller tritt aber dann die der badischen Regierung zuge-
fügte Beleidigung hervor, daß von Seiten der preußiſchen Bihörden,
[welche sicher schon den Abend vor unserer wirklichen Ausweisung ih-
ren desfallſigen Beschluß gefaßt haben mußten, da er schon mit Ta-
gesanbruch in Vollzug gesetzt wurde, nicht einmal so oicle Rückſicht
für die badische Regierung und ihren Geſandien tragen zu müssen
glaubten, ihm ebenfalls von der gegen zwei badische Bürger beschlossenen
Ausweisung Kenntniß zu geben; denn Das mußte vorausgesehen wer-
ven, daß eine solche Reticenz ganz geeignet war, der Gesandtschaft
Verlegenheiten zu bereiten. '
_ Eben so wenig konnten wir annehmen, daß sich der Gesandte
utit der Angabe, daß man ihn nicht aus dem Schlafe wecken dürfe,
aus einer Verlegenheit habe ziehen wollen; denn das würde voraus-
ſeßen, der Hr. Gesandte habe Kenntniß von der schweren Mißach-

î kung oder Beleidigung: des Staates , deſſen Gesandter er iſt und von

ber beahſichtigten ſchmählichen Kränkung zweier badischer Bürger gehabt.
| 15-183. Lv: % 1§W;~

ſteht nicht in meinem Dienſt, sondern in dem des Hauseigenthümers
und iſt zwar des Morgens bis 9 Uhr und Nachmittags von 5Uhr an
als Portier in Funktion, die übrige Zeit aber als Altenhefter in ei-
nem der Ministerien, und für irgend etwas complicirte Fälle nicht ge-
ſchaffen. – Bie er sagen konnte, daß ich vor 8 Uhr nicht geweckt
werden dür fe, bleibt mir unbegreiflich, da er nicht weiß, wenn ich
aufſtehez auch will er, wie er behauptet, nur geäußert haben, daß
ich erſt gegen 8 Uhr zu sprechen sei, was in gewöhnlichen Fällen auch
ganz richtig iſi. ?) Ferner gibt er aber an, daß er Euer Hochwohl-
geboren, nach Anhörurg der besondern Umstände, mehr mals an-
geboten habe, meinen Bedienten (Jäger) zu holen, damit dieser Sie
bei mir anmelde, was Sie jedoch abgelehnt haben, und mit ſchriftli-
<er Zurücklaſſung Ihres Namens sich entfernten und sagten: Sie
würder ein Schreiben senden. ) hât

Wenn Euer Hochwohlgeboren, da Sie doch einmal in meinem
Hauſe waren, nur die Güte gehabt hätten, sich ein’ge Treppenstufen
hinauf zu bemühen und von meinem Diener zu fordern, daß er
mich wecke, weil Sie mich zu sprechen hätten, so wäre dies augen-
blicklich geschehen und alle Unannehmlichkeiten beseitigt geweſen. *)
Als ver Commiſſär aus Ihrem Gaſthauſe später gegen 7 Uhr, wie



. 2) v. Itsſtein muß hier wiederholen, was über diesen Punkt in

unserer Darſtelung vom 31. Mäii gesagt itte. t
Der Portier erklärte beſtimmt , daß der Hr. Gesandte n icht vor
8- Uhr geweckt werden dürfe.

. v. Itzstein glaubt sich selbſt einen Freund ftrenger Wahrheit nen-
nen zu dürfen, und er wird von ihr in Bezug auf Reden und Hand-
lungen des bei dem fkönizl. preußischen Miniſterium des Janern ne-
benbei beschäftigten Portiers abzuweichen sich nicht veranlaßt sehen.

Der Portier eines Gesandten muß aber in seinem Dienste dahin
inſtruirt sein, daß der Zugang zu dem Repräsentanten eincs Staals
für die Bürger desſsſelbev jederzeit frei scin müſſe, besonders aber dann,
wenn die Angelegenheit von der Wichtigkeit, wie die vorliegende, iſt.
Hier fcheint aber eine solche Jiſtruktion nicht ertheilt gewesen zu sein,
sonst hätte derselbe wohl nicht von der Zeit des Weckens und Stan-
den, in welchen der Gesandte zu sprechen sei, reden können.

Wenn er nun behauptct, nur erklärt zu haben, der Herr sei
erſt gegen 8 Uhr zu. sprechen, so iſt dies unwahr; objſchon möglich
wäre, deß er auch di.eſe Worte dem Satze: der Herr darf erſt um
8 Uhr geweckt werden ,, als nothwendize Folgerung angefügt hat.

s) Hier hat der Portier abermals die Unwahrheit gesprochen.
Nie hat er angeboten, den Jäger zu rufen, um den v. It ſte in
zu melden. – Das war auch bei seiner erſten beſtimmten Ertlärung
gar nicht zu erwarten. – Er äußerte blos bei der ihm gemachten
Auseinan:derſezung, daß ein so dringender Fall wie der unſsrige, eine
Ausnahme machen müſſe, und deßwegen, weil es sehr früh sei, noch
eine besondere Schrift von uns geschickt würde, die dem Gesandten
alsbald zu geben sei: da ß dieß alsd ann vielleicht der Jä-
ger am Beſten thun könne.

~) vy. Itzſtein konnte bei der Eigenthümlichkeit des Falles, in
welcher er sich mit Dr. H ecker befand, nicht anders handeln. Die
Crwägung, daß die Polizei- Ma nns <af t in dem Gathofe be-
reit wäre, uns auf die Leipziger-Bahn zu bringen, und die Kürze der
Zeit, welche für die Vollendung und Unterschreibung der Beschwerde-
Anzeige übrig blieb, damit dem Minisſter-Reſidenten ebenfalls noch
Zeit übrig blieb, bis 7'/, Uhr, als der uns gesetzten Reiſeſtunde, die
erforderlichen Schritte machen zu können, erlaubten ihm durchaus
nicht, in diesem Augenblicke noch den Verſuch zu machen, ob er ge-
gen die beftimmte und wiederholle Erklärung des Portiers den Ge-
sandten sprechen könne. — Das Mißlingen dieſes Unternehmens
würde die Ueberſendung der Schrift durch den Zeitvecluſt zwecklos
gemacht haben, wogegen die durch die Ueberſchrift „sehr preſſant"

gebotene alsbaldige Zuſtellung derselben an den Gesandten noch: voll-

kommen die Mittel bot, den uns gebührenden Schug durch das Er-
ſcheinen des Gesandten oder dessen sonſtiges Einschreiten in unserm
Gaſthofe zu verſchaſſen. ;


 
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