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Mannheimer Abendzeitung — 1845

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No. 238 - No. 267 (1. September - 30. September)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44007#1071

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1845.

dzeitung



Mittwoch

Deutschland.

*Mannheim, 16. Sept. Die - Seeblätter,. bringen heute eine
von einer großen Bürgerverſammlung einftimmig beantragte Adresse
des Gemeinderaths und Bürgerausschuſſes von Co nſstanz an die
vortige aufgeklärte katholische Pfarrgeiſtlichkeit, welche durch das
„höchſt bedauerliche Ereigniß« hervorgerufen wurde, daß der Herr
Erzbischof ungeachtet aller von den Pfarrvorſtänden und dem Kapi-
tels-Dekan gemachten Vorstellungen und im Widerspruch mit dem allge-
meinen Brauch und der neueſten erzbischöflichen General- Inſtruktion
für seinen Aufenthalt in Konſtanz eine Einkehr bei ihnen verschmähte
und ſie bei einem Ultramontanen, dem Lyceumsdirektor Lender, nahm.
„Solche Bevorzugung einerseits", ſagt die Adresse u. A. „und solche
Zurückſcßung anderseits, in ihrer Wesenheit unter andern Umftän-
den ſsiczerlich minder erheblich, iſt der Stadtgemeinde im jetzigen
Augenblicke deßhalb von Wichtigkeit geworden, weil sie dem Vor-
wurfe nicht entgehen kann, und auch bereits von der Partei des
kirchlichen Rückſchritts in dem Sinne ausgebeutet wird, daß ſie den
Ausdruck des Uebelwollens gegen die hiesige Pfarrgeiſtlichkeit von
Seiten ihres Oberhirten und zwar ihrer geiſtigen Richtung
und ihrer kirchlichen Amtsführung wegen, an den Tag le-
gen solle; indem bekannilich der Ort der gegenwärtigen Einkehr des hochwür-
digſten Hrn. Erzbiſchofs in hiesiger Stadt der einzige iſt, welcher von

ihrer öffentlichen Meinung als derjenige bezeichnet wird, wo jener

Geiſt walte und (wenn auch im Gegensatze mit früheren Strebungen)
in neuerer Zeit mit Thätigkeit vertreten werde, welcher Geiſt den
Samen zu den unheilvollften und gefährlichsten Bewegungen und Zer-
würfniſſen der Neuzeit zu legen vereigenschaftet iſt, der ultramontane
Geiſt des kirchlichen Rückſchſchrittes in fteter werkthätizer Ent-
gegenſesung mit der gesammten hieſigen Pfarrgeifilichkeit; -
während ihrerseits die letziere, zur großen Beruhigung und Zufrie-
denheit der hieſitgen Einwohnerschaft, bisher ſtetshin mit Ernſt rund
Würde, aber auch in wahrer chriſtlicher Liebe, und fern von Gehäſ-
ſigkeit und entzweiender Berketzerungssucht, in dem Geiſte, welcher
ben Finger Gottes in der fortschreitenden Entwickelung aller mensch-
lichen Dinge gläubig erkennt, in dem Geiſte des edeln von W.ssen-
berg + ihrem heiligen und hochwichtigen Amte vorſtand."

_ v Durch solches Ausnahmsverfahren zur Wahl pingetrieben: wohin

wir den Blick des Bertrauens wenden sollen, öffnen wir Herz und

Arme unserer hochgeachteten, eben ſo auffallend als unverdient (durch
das Benehmen des Erzbischofs) gekränkten Pfarrgeiſtlichkeit, und erklären
feierlich und einſtimmig, daß Sie die Träger unserer Liebe und un-
ſres Vertrauens sind, und daß unsere Herzen sich seit vielen Jahren
ſchon dankbar Ihnen zugewendet haben, welche Gefühle um so un-
rvandelbarer urs durchdringen, als ſie auf das Syſtem der heiligen
Pehre dieſer würdigen Priefter gebaut find, und nur mit dieſem Sy-
ſleme ſt e hen oder fallen können...

* Mannheim, 16. April. Abgeortneten- Wahl. Aus dem
Offenburger Aemter- Wahlbezirk erhalten wir eben die Nachricht,
daß der Candidat der Volkspartei, der entschieden freiſtnnige Bürger
Cr ämer von Marlen, an die Stelle des frühern Abzeordneten,
Hrn. Knapp, zum Abgeordneten gewählt iſt. Vor dem
Wahtltage ward bekanntlich auf allen Seiten die größte Thätigkeit,
heſonders auch von Geifllichen und Beamten, entwickelt; beim Wählen
ſelbſt galt es noch heißen Kampf; denn zwei Wahlen wurden vötbhig :
die erſte brachte Stimmengleichheit, die zweite mit 30 gegen 29 Stim-
î_ men den Sieg der guten Sache.

. * Mannheim, 16. September. Für das ehegeſtern erwähnte
Bevorſtehen eines Ausfuhrverbote für Getreide und Kartoffeln spricht

auch folgende Mittheilung des Hamb. Corresſp.:

. n Berlin, 11. Septembee. Man erwartet in diesen
Tagen von Seiten des Miniſteriums des Jnnern und der Finanzen

eine Berordnung, welche nähere Beſtim mungen über die Zuläſ-

sigkeir der Ausfuhr der Kartoffeln enthält. Dieselben wer-

© den durch den Umstand motivirt, daß in diesem Augenblicke, wo es

fich noch nicht beſtimmen läßt, ob bei der in den meiflen Provinzen
nur mittelmäßigen , in vielen Landestheiten aber kaum als mittelmä-
hig zu betrachtenden Ernte, der eigene Bedarf die großen Erporte
zuläſſig machen wird, die sich durch die ſich häusenden Beſtellungen,

welche man von Amſterdam, Antroerpen und Brüſfel, so wie von

vielen andern niederländischen und belgischen größern Handelsplägen
hier in Berlin, Stettin und Danzig machen, auch sollen jene Beftim-
mungen sich auf mehrere Producte der Landwirthſchaft beziehen.“

* Mannheim, 16. Sept. In unserm vorgeftrigen Berichte
aus der wackern ſächſiſchen Stadt Cr immitzſchau iſt erwähn1, daß
in Folge der Proteſtation ihrer Bürger gegen den bekannten Erlaß

dex königl. Miniſter in Evangelicis eine Ädrcſſe von Hamburg dort

eingelaufen ift. Die betreffenden Einwohner Hamburgs sprechen darin
thre „völlige Uebereinſtimmung mit den Geſsinnungen-. der Crimmitz-
schauer aus, und banken ihnen für den Freimuth, mit welchen die-
selben, zuerſ und ohne Zögern, gegen das Berbot von Bereinen und
Versammlungen, welche das Augsburger Bekenntniß in Frage ſtellen
ren. ihre Rechte als Proteſtanten und Staatsbürger gewahrt haben ;
e erlläcen:

Wir hegen die UÜeberzeugung, daß Ihre eben fo offene, als männliche

Syrache, nicht allein bei den aufgeklärten Proteſtanten, sonvern auch bei ven

freiſinnigen Bekennern anverer chriſtlichen Confeſſionen aller Länder, Arklang
finden muß, und glauben wir auch nicht zu irren, wenn wir der Meinung
ſino, ven von Jhnen erlasſenen Proteſt als ein Ereigniß vüon hoher,

von welthiſtori ſ<er Bedeutung und von nicht zu berechnenden Fol-

gen, ansehen zu müſſen. — Gewiß iſt es an der Zeit, vaß Gleichgeſinnte
unter den Proteſtanten ſich vereinigen, mit Ihnen offen zu erklären:

gilt q!tqietr Olautersbetrunteiſe Hietts uren. was
j "glauben, noch den Glauben davon gegen ihre Ueberzeugung zu riet
— Rur zu lange ſchon haben fich die Aufgeklärten unter unseren proteſtantl-
schen Glaubensgenoſſen, wenn auch ungern,- doch, um kein öffentliches Aerger-
niß zu geben , ftillſchweigend vazu verftanden, als Taufzeugen durch ihr, as
ECidesſtatt ausgesprochenes feierliches Ja, für ſich und ven Täufling Veryflich-
tungen einzugehen, welchen nachzukommen ſie weder Willens, noch itt Stande
waren. + f

Nur zu lange ſchon haben sie es ferner mit ſtillſchweigendem Bedauern

geduldet, daß in den Schulen Glaubens-Artikel gelehrt werden, und daß man

ihre Kinder bei der Confirmation auf das Feierlichſte auf ein Glaubensbe-
keuntniß verpflichtet, an welches weder sie ſelbſt, noch Lehrer und Prediger

glauben können, und von dem ſie w iss en, daf ihre Kinder schon bei ves

Confirmation nicht varan glauben, oder wünsſc< en müſſen, daß dieselben
doch bald nicht mehr daran glauben möchten. -

Nur zu lange schon endlich, um nur noch Eins anzuführen, hat Mancher
von ihnen seinen Sohn sich dem geiftlichen Stande widmen sehen, voll ver
gerechten Befürchtung, aus dem, vielleicht etwas ſchwärmeriſchen, aber
schuldloſen unverdorbenen Knaben, einen Heuchler und Scheinheiligen werden
zu sehen, oder auch, daß wenn er Energie genug besitzen möchte, nach Been-
digung seiner Studien offen zu erklären: daß er fich doch unmöglich verpflich-
ten könne, so lche Glaubensartikel lehren und verbreiten zu wollen, an die
längſt kein Vernünftiger mehr glauben könne, ~–f er fich dadurch den Weg
zur Anſtellung in seinem Berufe verſperren und sich + vielleicht wohl gar
mit sich selbſt und der Welt zerfallen, + einen andern Wirkungskreis suchesw
zu müssen genöthigt sehen dürfte, wie derartige Beispiele uns hier leider?
nur zu viele vorliegen. +

Darum also, wir wiederholen es, ift es wohl endlich an der Zeit, und
iſt es unserer Meinung nach die h öchſte Zeit, daß aufgeklärte, freiſinnige
Proteſtanten sich vereinigen zu dem Zwecke: eine Aenderung solcher beſtehen-
den Zuftände in unserer proteſtantisſchen Kirche herbeizuführen, die nur ge-
eignet ſind, wahre Religiöſität zu untergraben, indem ſte dadurch, daß sie
den aufgeklärten Theil der Bekenner unseres Glaubens der Kirche entſremden,
zunächſt und wesentlich die immer mehr um ſich greifende Gleichgültigkeit in
religiösen Dingen beftäärken. +

_ Wenn aber, wie es hier bei uns ver Fall iſt, weder von den Geistlichen
~ von benen man im 19. Jahrhundert doch wohl die Anbahnung kirchlicher
Reformen zu erwarten berechtigt sſcin möchte + noch von den weltlichen Be-
hörden irgend ein Schritt zur Abänderung des Beftehenven gethan wird , so
mag es Laien und einfachen Bürgern, wie den Unterzeichneten, nicht allein
zuſtehen, sondern es wird, bei ihrer Ueberzeugung von der Vichtigkeit ver
Sache , für sie zur Pflicht, dahin zu ſtreben, eine Vereinigung zu dem oben
angedeuteten Zwecke zu Stande zu bringen. + -

Daß sie durch ihren Proteft uns den Fmpuls gegeben haben, diese Ueber-
zeugung zu gewinnen, auch dafür schon unscren herzlichen Dank!

Wir ſchließen mit ver Verficherung, daß es uns freuen würde, zu ver-
nehmen, daß, woran wir nicht zweifeln, ihr Benehmen auch an andern Or-
ten verdiente Anerkennung gefunden habe, vereinigen uns mit ihnen zu dem
Wunſche, daß die faft geichzeitig in verschiedenen Gauen unseres gemeinsamen
deutschen Vaterlandes rege gewordenen Befſtrebungen, zur Einführung zeitge-
mäßer kirchlichen Reformen, bald mit Erfolg gekrönt werden mögen, uny
empfehlen uns Zhnen mit wahrer und aufrichtigen Hochachtung.

(Folgen die Unterſchriften.)

¿ Sachsen-Weimar. Im Beamtenſtande unseres Lan-
des gehen große Dinge vor, denn gleich auf einmal sind drei Ju-
ſtiz-Amtmänner in den Ruheſtand versetzt worden. Aber noch an-
dere Veränderungen stehen bevor; namentlich soll, weil es an Mit-
teln zur factiſchen Trennung der Juſtiz von der Verwaltung und


 
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