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Mannheimer Abendzeitung — 1845

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No. 238 - No. 267 (1. September - 30. September)
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Af 263.



Y bonnement mitvoter-
N
in Mannheim 1 fl. 15 kr.,
burch die Poſt bezogen im

anzen Großherzogthum
Yad en 2 fl. 8 kr., im
Ausland erhöht fich das
'bonnement um den Poft-

aufſchlag.

Freitag

launheimer Abendzeitung

_ Juſeratediegeſpaltens
Jeile in Petitf oder
deren Raum 3 kr. Inse-
rate, worüber die Redak-

ß tion Auskunft zuertheilen
» hat, die Zeile oder deren

und Geld erbittet man
franco.

1845.



Deutſchland.

* Mannheim, 25. Sept. Die „Seeblätter-- berichten :

„Der Reformator Nong e hat Stuttgart unter eben so feste
lichem Abschied von Seiten seiner Anhänger verlassen, als ihm Theil-
nahme bei seiner Ankunft dortſelbſt und in Frankfurt geworden war.
Am 19. ging er nach Ulm, allwo der gleiche Empfang ihm zu Theil
wurde. Dieser Tage erwarten wir den wackern Kämpfer für Gei-
ſtesfreiteit im kirchlichen Leben hier in K o nftanz.

Neben bewußten und gedankenloſen unbedingten Anhängern des
Alten, leben in Konftanz noch eine namhafte Anzahl von Männern
welche es zu würdigen wissen, welche schöne Blüthen die Reform vor
300 Jahren in hieſiger Stadt trieb, und welche auch den Muth ha-
ben, iyre Ueberzeugung auszuſprechen und ihr gemäß zu handeln. —

Zugleich enthalten die „Seeblätter eine Einladung an Freunde kirch-
licher Reform zur Bildung eines Lesſevereins, der es ſich zur Aufgabe
see : rſelche Schriſten anzuſchaffen, welche nach vollkommener Ge-
wiſſensfre iheit und Entfernung jeden Gl au ben s zwang es aus
der kirchlichen Gemeinſchaſt, nach Anerkennung jeder religiösen
Neberzeugung, nach Aufrechthaltung der bürgerlichen Ordnung
und Befefligung des G es etz es.

* Mannheim, 20. September. Das Zollvereins-Blatt schreibt:
„Die Freihandelepartei macht unglaubliche Anftrengungen, um zu ver-
hindern, daß auf dem gegenwärtigen Zollcongreſſe der Vereins-Indu-
ſtrie Gerechtigkeit widerfahre. Ein unbefangener Fremder, der alle
die (Dinge in ihren Aufsätzen und Büchern) läsc, ohne von dem Stand
der Sache unterrichtet zu sein, müßte glauben, die nationale Partei
verlange die unerhörteſten Dinge, während es ſich doch nur um einen
höchſl mäßigen Schutz für Induftriezweige handelt, die in allen Län-

dern längſt ungleich böher beschützt ſind. In den Blättern von der.

nationalen Seite herrſcht dagrgen beinahe Stillschweigen – man hat
von dieser Seite längſt Alles gesagt, was zu sagen war ~ die
Ständeverſammlungen, die Handelskammern, die Sachverſtändigen
haben sich ausgesprochen. Die öffentliche Meinung fast aller Länder
des deutschen Zollvereins, mit einziger Ausnahme der Ofiseeprovinzen,
hat ihre Stimme abgegeben, und man erwartet jetzt mit Ruhe und Zuver-
ſicht das Urtheil des unparteiiſchen Richters. Näheres über die Verhand-
lungen des Zollvereinecongreſſes verlautet nicht: das Amtsgeheimniß
scheint diesmal strenge bewahrt zu werden. Im Allgemeinen lauten
jeroch die Nachrichten günſtig genug. Damit in Ubkbereinſtimmung
ſteht die Resignation, womit die Partei gegenüber, indem ſie zug!bt,
daß bei dem gegenwärtigen Stand der öffentlichen Meinung eine Zoll-
erhöhung allerdings unvermeidlich sei, ihr emsiges Streben nur darauf
beſchränkt, zu b.wirken, daß der Schutz wögligſst gering ausfalle. ~
Karlsruhe, 22. Sept. Die Theilnahme, welche das Puttli-
kum an der öffentlichen Prüfung der Turnſchülcr des hiesigen Lyzeums
zu erkennen gibt, iſt ein sebr erfreulicher Beweis, daß dieser Zweig
“s Unterrichtes ſeinem Werthe nach immer lebhaftere Anerkennung
findet.
_ Aus dem Anmntsbezirke Triberg, 21. Sept. (Oberrh. Z.)
In der Pfarrgemeinde G......... im badiſchen Oberrheinkreiſe iſt
vor einigen Wochen der Fall vorgekommen , daß das Pfarramt die
Taufe eines neugeborenen Kindes aus dem Grunde verweigerte, weil
der Taufpathe die öfterliche Beichte und Communion versäumt hatte.
Der Vater des Kindes wendete ſich hierwegen an die Oberbehörde
des Kreises mit einer Beſchwerde, welche dem zuſtändigen Bezirksamte
. M...... zur Erledigung mitgetheilt wurde. Die Bezirksstelle forderte
. das Pfarramt (als Beamtung des bürgerlichen Standes) auf , dem
Begehren des Beschwerdeführers zur Vornahme der Taufe seines Kin-
des zu eniſprechen oder die entgegenſtehenden Hindernisse anzugcben.
. Das Pfarramt erwiderte, daß der Vater des Kindes einen Mann
gls Pathen gewäglt, ter an Oſtern die Beichte und Communion un-
terlaſſen, ſich alſo dem dießfälligen Kirchengebote nicht unterworfen
. habe, und fügte bei, daß durch erzbiſchöfl. Erlaß vom 23. Februar
Y.. J. eröffnet worden sei, daß Leute, welche sich benannten Sacra-
menten entziehen, nicht als Taufpathe sondern bloß als Zeugen bei
der Taufhandlung beigezogen werden können, wonach also der Pfar-
rer das Kind nicht eher taufen werde, bis den Sagungen der Kirche Ge-
nüge geſchehen sein werde. Die Bezirksbehörde setzte hievon den Be-
ſchwerdeführer mit dem merkwürdigen Anfügen in Kenntniß: „daß,

26. September

wenn es ihm wirklich ernſt sei mit dem Wunſche, sein Kind durch die
heilige Taufe in den Schoß der Kirche einzuführen. er nichts zu
thun habe, als einen Taufpathen zu wählen, der sich den Satzungen
der Kirche füge, die auch allein im Stande ſei, die von ihr entnom-
menen Pflichten für ſein Taufkind in religiöser Beziehung zu erfüllen.r-
~ Dieser Vorgang liefert reichhaltigen Stoff zu Betrachtungen, in
verſchiedener Beziehung, und namentlich ift der erzbiſchöfl. Erlaß, das

Benehmen des Pfarramts und das Verhalten der Bezirksftelle hiebet

geeignet, eine ſirenge Kritik hervorzurufen. Da jedoch die bekannten
traurigen Beschränkungen fortwährende Hindernisse entsprechender Be-
leuchtungen sind, so können wir nur eine kurze Erörterung darüber
anftellcen. In den badischen Landesgesetzen beſteht, unseres Wiſſens,
keine Vorschrift, wonach die Befähigung zum Taufpathen von dex
Erfüllung des Kirchengebots , sich der öſterlichen oder überhaupt der
Beichte und Communion zu unterziehen, abhängig gemacht wäre.

Stuttgart, 21. Sept. Wie man hier zuverlässig hört, iſt
den Deutsch- Katholiken in Ulm di: Benützung einer öffentlichen Kirche
in Folge der von 1800 Evangeliſchen unterſchriebenen Adresse geſtat-
tet worden, und zwar – wie man sagt –~ aus dem Grunde, weil
die Uimer, nicht wie die Stuttgarter, bloß für die Deutsſch-Katho-
liken gebeten, sondern für ſich ſelbſt den Wunjch ausgeſprochen haben,
auch sie, die evang. Bürger, möchten Ronge predigen hören.

Beobachter.)

Die Ulmer Schnellpoſt schreibt vom 23. Sept § tet Zit
jetzt nun seit 3 Tagen unter uns und wurde überall, wo er öffent-
lich erschien, von Hoch und Niedrig freudig empfangen und mit Ju-
ruf begrüßt. ~ Zu der hier stattfindenden Rede im Münſter waren
geftern Nachmittag 10,000 Karten ausgetheilt.

WMoeryliun, 15. Sept. (Brem. Ztg.) Hier erregen jetzt zwei
Bücher Auſmerkſamkeit, welche freilich an Werth und Auffafsung,
wie in Betreff des behandelten Gegenftandes himmelweit von einan-
der verſchieden ſind, aber bcide politischen Stoff behandeln. Es sind
die meifierhaſten Wiener Eindrücke von Karl G utzkko w und die
politiſchen Janusköpfe für Preußen von einem Preußen.
Was dieses letztere anbelangt, so kann es keine beluſtigendere Lektüre
geben. Bekanntlich war es von jeher ein und zwar häufig wirkſam-
mer Kunftgriff, eine Sache, die man als verwerfllich, verderblich oder
unhaltbar hinſtellen wollte, scheinbar zu vertheidigen und zwar so un-
geschickt und geiſtlos,, daß ihr dadurch der offenbarſte Schaden zuge-
fügt wird. Dieſe Maxime hat der Berfaſser der „Janusköpfe-r ganz
vortreffiich ausgebeutet. j

Wie frisch, wie saftig, ansprechend und lebenswahr ſind dagegen
Gutkows „Wiener Eindrücke.. Da haben wir wieder einen Spie-
gel, in dem ſich ein treues Ubbild der Zuſtände zeigt. die das soge-
nannte conservative Element herbeifüßätr. Es is ein Miß-
brauch, der mit dieſem Worte getrieben wird, das als deckendes Schild
neben dem guten Alien, auch alles geiſtig Ueberwundene, Verrottete
und Abgeſtantene ſchüten soll. Laſſe man doch endlich dieſe
Taſchenſpielerei, mit der man nicht einmal mehr politiſche Kinder zu
täuschen vermag.

Verlin, 18. Sept. (D. A. Z.) Endlich hat nun auch der
Vorſtand der hiesigen deuisſch katholischen Gemeinde den Beschluß ge-
faßt, für die lezten Tage des kommenden Monats, wie verlautet zum
23. Ott., eine Synode hierorts zu veranstalten. Es sollen dazu
Depatirte aus den Gemeinden der Provinz Sachſen, der Mark Bran-
denburg und von Pommern eingeladen werden.

~ Die Poſener Deputation, welche sich beim Könige über das
Verfahren der Posener Polizei bei den dortigen Tumuiten beschweren
sollte, it vom Könige sehr ungnädig empfangen worden. Der König
soll unter Anderem gesagt baben. er wisse sehr wohl, daß in Königs-
berg, in Poſen und in Berlin ein revolutionäres Treiben im Schwange
sei, aber eben weil er es wiſſe, könne man auch gewäriigen, daß er es
dämpfen werde. '

u.. Westpreußen, 16. September. Die dießjährige Ernte
hat, wie man jetzt in Erfahrung gebracht hat, den Hoffnungen der
Landwirthe in hiesiger Provinz nicht entsprochen, denn der Roggen
hat in den meiſten Gegenden einen nur mittelmäßigen Ertrag gelix-
fert, und die Ernte des Weizens und Hafers iſt größtentheils schlecht
ausgefallen. In den Kreisen Schlochau, Konitz und Löbau klagt

Raum 4 kr. ~ PIrieſe


 
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