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Mannheimer Abendzeitung — 1845

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No. 238 - No. 267 (1. September - 30. September)
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aufschlag. aneo.
Samstag 6. September 1846.









Deutſchland.

*;:§$:’ Vom Neckar, im Sept. Die Redaktion des Mannh.
Journals hält es für ihre Pflicht, jenen Hrn. Boden, dessen Auftre-
ten ich gegen die Welcker-Schulz'sche Schrift g:bührend bezeichnete, aufs
Ent chiedenfte in Schutz zu nehmen, gegen die Bezeichnung, daß er eine
bezahlte Feder sei. + Das Mannbh. Journal g bt als Grund für die
Urrichtigkeit meiner Bezeichnung den Umftand an, daß es Hrn. Bo-
den perſörlich kenne, daß es nicht nur den äußern Lcbensſchickſalen,
ſondern auch dem geiſtigen Entwicklungsgang des Hrn. Boden gefolgt
ſei, und dcßhalb die Versicherung geben könne, daß besagter Boden
nicht nur ein Subject sei, das im Kampfe mit groß.n Schwierigkei-
ten seiner Ueberzeugung treu geblieben – sondern auch ein redlicher

Mann ſei. –~ Ich habe nun leider das Glück nicht gehabt, die äu- -

hern Lebensſchicksſale und den geistigen Entwicklungegang des Hrn. Bo-
den aus Franffurt zu verfolgen, hätte übrigens, auch wenn ich in der
Page geweſen wäre, es thun zu können, wahrscheinlich weder Lutt

noch Gedulv dazu beseſſen. Auch war es mir nicht verzönnt, die gro-

ßen Schwicrigkeiten mit anzuſehen, durch welche Hr. Boden seine
Ucberzeugung hindurchzerettet, was mir um so mehr Leid thut, als
ich gerne die liberalen Anf.chtungen gesehen hätte, in welchen Herr
Boden Gelegenheit batte, seinen servilen Ansictten treu zu blrciben.
Trotz dem aver erlaube mir das Mannh. Journal in die Infallibili-
tät ſciner Beobachtungen u d seines Urtheils über das fragliche Individu-
um einige beſchcidene Zweifel zu seßen. Ich halte bei Beurtheilung eines
Menſchen überbaupt richt viel auf fremde Autoritäten, um so weni-
ger, wenn diese Autoritäten etwas gutmüthiger Natur sind und auch
den miſerabel!ſten Gegner, noch Wahrheit zugeſtehen, um so weniger,
wenn tiese Autoritäten nur die Aeußerung einer ſubjectiven Auffassung
und Ansicht ſind, nnd um so weniger, wenn Thaiſachen vorli?gen,

welche die unſehlbarften Notizen zur Beurtheilung eines Menſchen

mir seibſt an die Hand geben.

Jener Mann, den das Mannheimer Journal für einen red-
lichen erklärt, weil es ihn für einen solchen hält, hat
nun is seiner Broſchüre und im Herold über Welker und die libe-
ralen Bestrebungen, ſich auf eine Weise geäußert, welche noch nie
die eines redlichen Mantr es gewesen, er hat, wenn das Mannhei-
mer Journal es gütigſt erlaubt, indirect zu einer Criminalunterſu-
<ung gegen die Verfaſſer der Schrift „geheime Inquiſttion- t9.
aufgefordert, dadurch, daß er sie förmlich als Verleiter von Mein-
eidsthcorien d enuncirte, ja denunceirte. –ê– –ê z1

Außerdem erklärt decſelbe Mann, die sämwi!lichen Grundlagen
unseres öff.ntlichen Rechtzuſtandes, die Bundesacte und die Verfassun-
gen für null und nichtig, und spöttelt über die Deutſchen, wenn sie
auf ſolche Grundlagen sich berufen.

Ich bege die Ueberzeugung, daß auch der einfachſte Verftand,
wenn er nicht durch eine gewisse ſchonliche, Nicemand b.leidigen wol-
lende, auch auf der andern Seite Wahrheit anerkennende Gutmü-
thigfcit verhindert iſt, mir beiſtimmen wird. Das Mannh. J. meint
zwar, man müsse vor Allem gegen den F-ind gerecht sein und be-
sonders niemals den Charakter eines politischen Gegners verdächtigen
„wollen. Gerechtigkeit gegen den Feind verlarge auch ich, wenn er
kin edler Feind ift. - Für die Beurtheilung meiner politischen Geg-
„ner aber gibt es für mich, wenn ich von meinem Rechte und von
[meiner Wahrheit überzeugt bin, nur zwei Möglichkeiten, entweder
kö n n e n sie die Wahrheit nicht einsehen, oder wollen
fie. die Wahrheit nicht einsehen. – HJIm ersteren Falle
" werde ich ihrem Verftande, im letzteren, ihrem Charakter
zu nahe treten. So iſt meine Manier, andere Leute zie-
[hen es vor, von wahrem und falſchem Royalismus zu sprechen,
' mund kommen dann zu der Consequenz, daß Liberalismus und Royalismus

1kigentlich Verbündete seien u. s. w. ~ Mögen sie das halt:n, wie
sie wollen, das ab.r möchte ich mir hoch und höchlich ausgebeten ha-
. ben, sich nicht als Mittler herbeizurrängen, um einen Mann mit dem
Mantel der christlichen Liebe xd Erbarwung zu bed-ck-n, weil es ihm
vielleicht gelungen Cl, (yr bekancten urprakiiſc;en Gutmüthigkeit, dem
Politiſchen Wohl Vollen eine Nase zu drehen, um vor ihm seinen wah-

. ren Charakt.r zu verbergen.

. Erier, Ende Auguſt, (Trier. Z.) W'nige Jahre sind gewiß
ſo reich an gewaltsamen Naturerſchcinungen, wie das j tige ; auf

einen übermäßig strengen Winter, in dem die Noth des Armen auf's
Höchſte geſtiegen war, folgten Ueberſchwemmungen, welche die kaum
wieder belebten Hoffnungen vieler Tausende vernichteten. Ihnen reih-
ten sich in faft ununterbrochener Kette bis auf den heutigen Tag
Woltkenbrüche, Hagelschläge, Orkare an, so daß es faſt aussieht, als
hätten die Elemente den Menschen Krieg erklärt, als wollten sie ſich
rächen für die vielen Anstrengungen zu ihrer Unterjochung und Dienst-
barmachurg. Gelingt ihnen das aber auch nicht, bleibt es auch nur
ein Guerillaskrieg, den sie führen, find es auch nur immer Einzelne,
die von ihren Schlögen getroffen werden, ſo tragen sie aber doch
redlich dazu bei, die Unsicherheit der Criſtenz, welche ohnehin in un-
ſerer heutigen Geſellſchaft ſchon groß genug iſt, noch größer zu ma-
cen. Wir ftehen Alle als Einzelne und vereinzelt da, nur der Er-
werb, die gegenseitige Brauchbarkeit hält uns noch lock.r zuſammen.
Der Schlag aber, der an cinem Theile der Geſellſchaſt faſt ſpurlos
vorübergehen würde, reicht hin, den Einzelnen vollſtändig zu vernich-
ten, und das gilt all’in von dem Armen, der von der Hand in den
Mund lebt, obſchon dieſer am Häufigsten davon betroffen wird, das
gilt in eben ſo hohem Maße von dem Reichen, dem Wohlhabenden,
ver an keine Entbehrungen gewöhnt, sich stets ſicher gefühlt hat in
seinem Beſitze, der sich ſtets hoch erhaben glaubte über der ganzen
Claſſe Derjenigen, welche mit der angeſtrengteſten Arbeit kaum ihr
Leben zu friſtcn im Stande sind. Ein Brand, ein Orkan vernichtet
vielleicht plöglich seinen ganzen Besitz, und schleudert ihn mitten in
das wogende Getriebe hinein, auf das er bisher von seiner Warte
ſtolz hinab gesehen, oder ihm zugleich die Fähigkeit zum Schwimmen
zu geben. ~ So verdertlich dieſer Krieg der Elemente auf der einen
Seite aber auch für uns iſt, so hat er doch auch seine wohlihätigen
Folgen.. Es bedarf solcher gewaltigen Erſchätterungen, um den Mey-
ſchen den Unsinn ihrer egoiſtiſchen Vereinzelung so recht klar vor Au-
gen zu führen, um das Gefühl der Gegenseitigkeit in ihnen zu we-
cken, welches in der peutigen Krämerwelt, wo das höchfie Streben
jedes Einzelnen nur auf Erwerben und Zusammenſcharcen hinaus-
läuft, faft gänzlich zu Grunde geht. Daran, daß im gewöhnlichen
Leben täglich Tausende zu Grunde gehen, Tauſende hülflos und ver-
laſſen umhericren, hat man sich zu sehr gewöhnt, das ist einmal ſo
der Welt Lauf, dagegen weiß man keine Hülfe, keine Mittel; aber
gegen das plögliche Unglück vereinigt man sich, man verläßt plötlich
das Prinzip der gegenseitigen Ausbeutung, man bilſt und unterßützt
ſich, ja man biidet sogar Brreine und Lſſſociationen, wie uns der
vorize Winter noch gezeigt. Verlieren die Unterftütungen auch meiſt
den Charakter des Almosens noch nicht ganz, bilden solche Bereine
auch nur einen ſchwachen Anfang, da sie mit dem Unglück wieder
ſchwinden, ſo iſt doch immer ein Anfang gemacht; die Menſchen tre-
ten aus ihrer feindseligen Stellung gegen einander heraus, ſie nähern
ſich, und vas Gefühl, daß ihre Stärke nur in gemeinsamen Wirken
liegt, daß sie nur im Vercin im Stande sind, den Kampf mit den
Natarkräften zu beſtehen, sich dieselben zu unterwerfen und sich das
Leben besser zu geſtalten, wird immer lebhafter in ihnen geweckt.
Das ißt ein Gewinn, gegen den die Nachtheile, welche der Einzelne
bei solchen Ereigniſſen ersährt, weit in den Hintergrund treten. :
+§ Bielefeld, Ende Auguſt. Höheren Befehlen zu Folge iſt
das hier ftationirte Füſilier-Bataillon des 15. Infanterie-Regiments
nicht mit zum Manöver marſchirt, sondern hier geblieben , weil die,
seit dem neulichen Tumulte noch immer aufgeregte Stimmung der
Eisenbahnarbeiten neue Unordnungen befürchten läßt.

Berlin , 30. Auguſt. (Brem. Z.) Es bestätigt sich, daß
unser trefflicher Minister des Auswärtigen v. Bülo w wegen Gei-
ſteskrankheit ausgeschieden. Doch hofft man ihn wieder herzuftellen,
da die Krankheit mehr eine Folge übergroßer, verwickelter, anhal-
tender Arbeiten sein soll, welche sich im Miniſterio des Auswärti-
gen in legter Zeit besonders drängten und zum Theil um so ſchwie-
riger waren, als hier stets die vielseitigen Interesſen einmal im In-
lande ſclbſt und dann die ausländischen berückſichtizt werden sollten.
Zudem hielt Preußen bisher dafür, nach allen Seiten hin schonend
zu verfahren, um Niemand, keine auswärtige Macht, auch wenn
fie noch so sehr gegen das preußische Intereſſe verfuhr, zu beleidi-
gen. Bri alledem sah es durch die bekannte Ausweisung und son-
ſtige Wirren gar die Exiſtenz des Zollvereins bedroht, und alle Un-


 
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