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Mannheimer Abendzeitung — 1845

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No. 87 - No. 116 (1. April - 30. April)
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1845

. bendzeitung







Deutfchlarid.

§ Hannover, 27. März. Wenn Männer, welche die Aufmerk-
ſamkeit nicht nur ihres Particular-Vaterlandes, sondern auch die des
ganzen deutschen Landes auf ſich gezogen hatten, vom Tode dazhin-

eraff werden, so verdienen ſie es sicherlich, daß ihnen auch ein
Piachruf aus der Jerne geweiht wird. Wir reden hier von dem ba-
diſchen Volksvertreter Sander, deſſcen Tod wir mit dem tiesſſten
Schmerze gelesen haben. Mit uns trauern alle Die, welchen die Frei-
heit und der Fortschritt am Herzen liegt, um ihn, um den Mann,
der in dcr Blüthe der Jahre und der Kraft der parlamentariſchen
Arena, auf welcher er eine so ſchöne Rolle spielte, entriſſen wurde.
Seinen Tod haben bereits die Blätter des Landes, welchem er zu-
nächſt angehörte, angezeigt und beklagt, an seinem Grabe hat der
Deputirte Rindeſschwender ergreifende Worte geredet, und der edle,
ſilberhaarige v. Itſstein hat dieſem Hügel die schmerzlichſten Thränen
gezoll. Auf das Grab des Verblichenen sind von treuen Händen
Kränze und Blumen gelegt worden, aber auch wir wollen ihm aus
der Ferne einen Cypreſſenzweig spenden, um zu zeigen, daß auch hier
Herzen ſchlagen, welche mittrauern und mitklagen um den großen
Verluſt eines Mannes, der nicht allein für Baden, sondern für ganz
Deutſchland lebte und wirkte. :

Der Volks-Abgeordnete Sander iſt nicht mehr! Sein Plat; in
der badischen zweiten Kammer iſt verwaist und von ihm werden
jene lebendigen, geiſtreichen, gewandten und oft ſcharfen Reden nicht
. mehr ertönen, die so häufig und namentlich immer in allen wichti-
geren Angelegenheiten zu hören waren. Sander war immer rüſtig
und schlagfertig, wenn es galt für die Sache des Volkes zu ſtreben.
Er war ein glühender und entſchiedener Auhänger der Fortentwicke-
lung, der Humanität und der Freiheit in jeder Hinsicht. Sein Herz
war warm und edel, sein Geiſt war ſcharf und kühn. Er ſprach
offen und geradezu, und diplomatiſche Taſchenspielereien waren in
seinen Reden nie zu finden. Sander hat in der Zeit, während wel-
cher er der badischen Kammer, dieser Versammlung, in welcher so
viel Intelligenz, so viel Talent, so viel Rednergabe zu finden iſt,
angehörte, Großes und Bedeutendes geleiſtet, und wir sagen nicht
zu viel, wenn wir behaupten, daß er unter die ſchönſten Sterne dieser
qusgezeichneten Repräsentanten zu zählen ist. Seine Vergangenheit
und mit ihr zugleich die Gegenwart war groß und bedeutend, aber
aller Wahrſcheinlichkeit zufolge wäre seine Zukunft noch größer und
bedeutender gewesen. Er zählte erſt vier und vierzig Jahre! Wie
lange hätte er noch leben und wirken können, wie würde ſelbſt der
brausende Moſt der ab und an, aber doch nur selten in seinen Re-
den noch zischte, zum feurigen, hellfunkelnden Weine geworden sein,
und wie würde ein solcher Geiſt wie der seinige täglich noch größer
an Wisſen und umfangreicher an Gediegenhcit und Genialität ſich
gezeigt haben. Wer geiſtig ringt und lebt, der schreitet stündlich
vorwärts, und wo die Gaben so bedeutend ſind, wie sie bei Sander
waren, da müſsen sie auch außerordentliche Progreſſe in das Leben
reinsühren. Wer geiſtig ringt und lebt, der schreitet vorwärts, und
der iſt eben deshalb ein Freund des Fortschritts, durch den die ganze
Menſchheit der Liebe, der Freiheit, der Vervollkommnung und da-
durch dem möglichſt ſchönſten Erdenglücke in die Arme geführt wer-
den soll. Wir wollen nur einen Cypresſenzweig auf das frühe Grab
dieſes edlen Deputirten niederlegen, und wir konnten deshalb auch
nur einige Conturen über ihn aufzeichnen. In den Herzen der Zeit-
genoſſen, welche dem großen Ringen unserer Tage mit Bewußtiſein
gefolgt ſind, und die dem Pulsſchlage der Gegenwart ein aufmerk-
ſames Horchen geschenkt haben, wird ein Mann, der das badische
und das deutsche Land in heißer Liebe umfaßte, der Talente und
Tugenden in reichem Maaße besaß und sie auf die ſchönſte Weise
sür die Menschheit gebrauchte, nie vergeſſen werden können. Ein
feſter Charakter, ein bedeutendes Talent, ein rüſtiger Fechter in einem
deutschen Ständesaale iſt uns entrissen worden, und unsere Trauer
iſt tief und gerecht. Auf seinem Grabe schimmern wie heller Thau
des Himmels des weisen Vaters Iuſtein Thränen! ~
. Sanders Plat in der badischen Kammer iſt leer. Er repräsen-
kirte, wenn wir nicht irren, zuletzt die Stadt Pforzheim. In den
Händen des Wahlbürgers dieser Stadt liegt es jezt, das Mandat
eines Vertreters einem Manne zu übergeben, welcher in Sanders

Geiſt und Sinn fortwirkt. Dadurch ehrt man den Geſchiedenen, da-
durch ehrt man aber auch ſich selbſt. :

* * Bielefeld, 26. März. Unsere Stadt iſt (siehe Nr. 58)
allarmirt durch einen Anfall, welchen ein Offizier auf einen
Bürger gemacht hat. Ein hiesiger Buchhändler, Herr
Helmich, kommt in einem Gaſthofe spät Abends mit vier Herren, wo-
runter Hr. Lieutenant W., in's Gespräch. Sie waren die ein-
zigen Anwesenden in dem Lokale. Das Gespräch wird auf die Ge-
ſeßgebung geleitet und H. bemerkt, in unserer Gesetzgebung seien noch
viele Mängel. „Das können Sie nicht beurtheilen, verſett der Offi-
zier ; überhaupt mäkeln Sie und Ihre Freunde an Allem.- H. for-
dert Gründe und Thatsachen für dieſe Behauptung. rj-Das hieße
Perlen vor die Säue werfen", lautet die Antwort des Lieutenants.
H. wendet sich darauf zu den Anwesenden und sagt: „Sie sehen,
meine Herren, Lieutenant W. hat den Muth zu verdächtigen; den
Muth aber, den Beweis zu führen, besitzt er nicht.» Nach diesen
Worten steht der Offizier ganz rupig auf, geht zu .seinem in der
Ecke lehnenden Degen und ehe einer der Anwesenden etwas bemerkt,
versetzt er dem Hrn. H. von Hinten cinen Säbelhicb mit ſcharfer
Klinge über den Kopf. An einem zweiten Hiebe, zu dem er ſchon
ausholt und der wahrscheinlich H's. Tod zur Folge gehabt hätte,
wird er von den Anwesenden gehindert. H. hatte noch so viel Be.
wußtsein, zum Arzte zu schicken; jene vier Herren entfernen ſich. Der
Arzt findet eine lebensgefährliche Wunde, die ganze äußere Platte
der Hirnſchale iſt durchgehauen. Auf die Anzeige des Arztes hat
t; Gericht die Untersuchung eingcleitetz Hr. W. geht noch frei um-
er. –

Düſſeldorf, 23. März. (Elbf. Z.) Eine der letzten Num-
mern der „Köln. Ztg." berichtet, daß ein Zögling hiesiger Maler-
ſchule, B . . . . . . . r, alſo wohl Breslauer, der Gefährte Achen-
bachs, auf dessen nordiſchen Fahrten, ein geborner Warſchauver, in
Warsſchau jetzt wegen politiſchen Vergehen eingezogen und nach Si-
birien gesandt worden sei. Freunde Breslauers, die mit ihm im
Brieftauſch geblieben, wissen von dieſem Unglücke noch nichts, auch
war Breslauer ruhiger Natur und beſchäftigte sich mit nichts weni-
ger als mit politiſchen Gedanken. Sollte er aber trotz dem irgend
eines politiſchen Vergehens verdächtig geworden sein, würde die Re-
gierung ihn wohl in der Warſchauer Citadelle einige Wochen in
Haft gehalten, aber nicht nach Sibirien gesentet haben. Uetrigens
z! ſich dieſes Gerücht über das Schickſal des Malers bald auf-

ären.

Verlin, 25. März. (Frankf. J.) Schon vor einigen Ta-
gen iſt von hier ein Criminalgerichtsrath mit dem Auftrag, bie Un-
tersuchung gegen den Fabrikbesiger Schl öff el einzuleiten, nach Bres-
lau abgegangen. Im Publikum war man mannigfach über dicſen
ernſthafien Anſirich, welchen die Angelegenheit erhiclt, erſtaunt, und
man fragte ſich vergebens, was tieſe Maßnahme hervorgerufen: jetzt
freilich iſt es erklärlich geworden. Die Weſer-Zeitung läßt sich aus
Breslau von rKommuniſtenklubbs " schreiben, von beabsichtigter Ueber-
rumpelung der Jeſtung Schweidnitz und dergleichen Dingen mehr,
die uns sehr ſeltſam bedünken. In Schleſien, wie in Weſtphalen
wittert man eKommuniſtenn. – ?

Königsberg, 18. März. (Trier. 3.) Auf den Antrag des
Juſtizminiſters Uhden hat der Criminalsenat des hiesigen Ober-Lan-
desgerichts am 14. d. beschloſſen, gegen den D. Jacobi (Verfasser
der Vier Fragen)-,, in Felge seiner den preußiſchen Ständen über-
reichten Denksſchriſt; Das königliche Wort Friedrich Wilhelm’s UI]./
eine Untersuchung wegen „„Verlezung der Ehrfurcht gegen den Kö-
nig" einzuleiten. Geſtern iſt bereits ein neuer Befehl des Juſtiz-
miniſters Uhden an das hiesige Ober-Landesgericht eingegangen, den
D. Jacobi auch wegen der in diesen Tagen in dem Volkstaſchen-
buche für 1845 „Vorwärts" (Leipzig, bei Rob. Friese) erschienenen
vPreußen im Jahre 1825. Cine dem Volke gewidmete Denkschrift“,
zur Untersuchung zu zichen. N. Jacobi hatte tieſe Denkſchrift eben-
falls dem in Danzig verſammelten Provinzial-Lundtage überreicht.

. Preovinziai-Landtag von Sachsen. (Cinundzwanzigſte Sitz-
ung.) Mehre bei der wefiphäliſchen Zwangs-Anleihe aus den Jah-
ren 1808, 1810 und 1812 betheiligten Intercſſenten beantragen in
verſchiedenen Petitionen theils] eine vollſtändige Realiſirung dieser


 
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