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Mannheimer Abendzeitung — 1845

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No. 176 - No. 206 (1. Juli - 31. Juli)
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A! 206.



Abonnement mitvier-
teljähr. Vorausbezahlung -
in Mannheim 1 fl. 15 kr.,

" Ausland erhöht sich das
Abonnement umden Poft-
aufschlag.

Donnerstag 31i.

. Mannheimer Abendzeitung. --
ganzen Großherzogthum ! Ñ ; . tion Auskunft zuertheilen
Baden 2ſl. s fr., im - 1 ' B hat, die Zeile oder deren

Inserate diegespaltenk
Zeile in Petitschrift oder
deren Raum 3 kr. Inse-

Raum 4 kr. ~ Briefe
und Gezr. erhztet man

Juli 1845.







Deutschland.

* Mannheim, 28. Juli. Vor mehrern Tagen (No .198) zeig-
ten wir die „Vereinigung- der s. g. Deutſsſch-Katholiken in Heidel-
berg anz am letzten Sonntag hielten sie, wie wir geſtern nach dem
Frankfurter Journal berichteten, ihre erſte öffen tli ch e Versamm-
lung, wobei auch der frühcr erwähnte Scheidebrief an das großh.
Dekanat verkündigt wurde. Wir theilen diese hochwichtige eErklä-
rung,, die zugleich das Glaubensbekenntniß tes Vereins enthält,
hier vollständig; ſie bietet uns heute noch um so größeres Inter-
eſſe, als Morgen 4 Uhr Nachmittags in der Rheinau dabhier eine
Bersammlung der Deutiſch-Katholiken von Heidelberg, Worms und
andern Orten ſtattfinden und hiesigen Cinwohnern gewiß in großer

wird. Die Erllärung lautet:

„Hochwürdiges katholiſches Dekanat Heidelberg! Wie
allgemein auch die Nothwendigkeit einer gründlichen Berbeſſerung un-
ſerer ganzen Kirchenverfaſſang zu Tage bricht, so können wir eine
ſolche Berbeſſerung roch nicht von den Avnoronungen höherer kirchli-
cher Behörden erwarten. So viele Stimmen ſich auch fle h end und
ford ern > nach Rom wantten, so viele verhallten auch unerhört,
uud wir können von dem so eben wieder erhobenen Rufe nach
Synodrn unb Concilien auc; nicht den geringfien Erfolg erwarten.
Die Gründe hiefür liegen naht. Wir halten uns daher mit villen
unierer katholiſchen Glaubensgenoſſen in unserm Gewissen verbunden,
dieſe Verbeſſerung, die von Oben verweigert wird, von Unten

zu beginnen und rie alten Rechte in Anſpruch zu nehmen, welche un-. ; die öſterreichiſche Regierung nach ihrem lange v erfolg
D E ü L. V E:U.65) ; Y c er u n g 2 i y a n g e L . 9-

sere heilige Rel‘gion, unmitt:lvar

auf die heilige Schrifi und die er-
flen Kirchertöelfafſuniean ſich grändent

end, auch den Laien einräumt.



Wir erklärcn demnach, übertinſimmend mit der in Leipzig an dem
heiligen Oftirteſte b. J. ohue Mitwirkung höhcrer Geiſllichen abge-

yaltenen Kirchenoasammiliung, daß wir als im Lauf. der Jahrhun-
derte reingeriſſene Mißovräuche betrachten und deshalb verwerfen: 1)
Dos Primat d' s Papſt's und tie von demſclben adgrleitete Hierarchie;
2) die Ohrenbeichte; 3) tas Cölibat; 4) vie Anrufung der Heiligen
und die Brrebrung von Rtliquien und Bildern; 5) Abläſſe, Faſten,
Wallfahrten u. dul.. kirchliche Einrichtungen, die nur zu Schein: und
Wearkyhelligkeſt führen; 6) den Gebrauch fremder Sprachen bei'm Got-
tesdienſte, insbesondere der lateinischen. Wir erklären ferner: 7)
daß wir als Grundlage unseres Glaubens rur vie heitige Schrift
und die von der chriſtlichen Idee durchdrungene und bewegte Vernunft
anerkenuenz 8) daß wir der Kirch e und dem Einzelnen die Auf-
gahe ſtellen, den Inhalt unſerer Glaubenslehre zur lebendigen, dem
Zeitbewußtsein eutſprechenden Erkenntniß zu brinzenz; 9) daß
wir völlige Gewiſſsensfreigeit ats Gruntprincip der chriftlichen Kirche
anicyen, und daß deßyhalb freie Forſcsung und Auslegung der heili-
gen Schrift durch keine äußere Autorität beſchränkt und in der Ver-
…ſchicdenheit der Auslegung des Inhalts unserer Glaubenelehren kein
Grund zur bhsonderung oder Verdammung gefunden werden darf:
10) daß wir nur die Taufe und tas Abendmahl, als von Chriſtus
unzweifclhaft cingeſctzie Sakramente, anerkennen; 11) daß das Abend-
mapl unter beiden Gestalten gereicht werden ſoll; 12) daß wir die
Ehe als eine heilig zu haltende Einrichtung ansehen, und di ßhalb die
kirchliche Einſegnung beibehalten. ~ Dieses ſind die Grundlagen, auf
welchen, unsrer innigſten und feſten Ueberzeugung nach, die Verbes-
ſerung unserer Kirche sußen muß. Dieſer Üeberzeugung und dem
Drange unseres Gewiſs.ns folgend, haben wir uns daher losgesagt
[von Allem, und unter uns abgeſchaft Alles, was mit diesen Grund-
sätzen nicht in Uebereinſtimmuna steht. Indem wir hochwüidigem
Dekanate hiervon die ſchuldige Anzeige machen, erklären wir ferner,
daß wir uns nicht hiermit als ausgetreten betrachten
aus der c<riſtlichen katholisch en Kirche, sondern daß wir
uns for!während als deren Mitglieder ansehen und uns nur von
den oben erwähnten Mißbräuchen und Einrichtungen losſagen. ' Wir
hehalten uns daher auch alle Rechte, welche uns als Mitgliedern der
kgtholiſchen Gemeinde zuſtehen, ausdrücklich bevor. Möùze unſer bis-
heriger Seelenhirte in diesem Schritte keinen Act feindfelizer Geſin-
nung erblicken, ſondern unscer dauernden Hochachtung versichert blei-

mit hellſtrahlenden Gaeflammen erleuchtct.
also nun licht genug.
Zahl die vorgeſchriebene Einführung und Theilnahme vergönnt sein

ben, und der Liebe, welche ja die Grundlage unsers ganzen Glaubens
iſt, und mit der wir Alle umfassen, die mit uns, wenn auch in ver-
ſchiedcn:r Auffassung, an Jesum Chriſtum glauben. Heidelberg, am
27. Juli 1845. (Folgen die Unterschriften.)

fs Mannheim, 27. Juli. Die Zuſtände der Preſſe sollten in
Osterreich, wo sie noch so schwer niedergehalten iſt, in Folge der
Schritte, welche mehrere Wiener Schriftsteller thaten, nach frühern
Naerrichten einer g'ücklichen Aenderung nahe sein. Neue Mittheilun-
gen sind geeignet, alle guten Erwartungen für jetzt zu beseitigen. So
schreibt der „Herold“ in kaum glaublicher Weise Folgendes:
Seit dem 1. Juli ſind die Hauptfraßen und Plätze Wiens
In den Gaſſen wäre es
In weit wir auf ein Gleiches in andern Ge-
bieten hoffen dürfen, darüber einige Andeutungen. .
Unser gelehrter, freiſinniger Prof sor Endlicher, einer der
Leiter der vielbeſprochenen Petition um freiere Gesaltang der. Cerſurx-
verhält: iſſe, nahm vor Kurzem ~– in Privatangelegenheiten ~– bei
Fürs Metternich eine Audienz, welche er zugleich benutzte, um
über das Sch chjal derselben fich zu erfundigen, denn eine Audienz in
Angelegenbeit der Petition wurde 3 Mal verweigert. - '
„Der Fürſt antwortete ihm: er (Endlicher) werde wohl über-
zeugt sein, d aß er (Mecttrnich) recht gut einsehe, welche
Concessionen man den: Zeitgeiſte machen müsse und wie
sehr er überhaupt dem Fortfchritt huldig e, und ebendes-
wegen habe er auch an einer zeitgemäßen Regelung der
Cenſurverhältnisse gearbeitet, aber nun ſei diese Peti-
tion gekommen, und Allies ift aus! Abtrog en könne ſich

ten Prinzipe Nichts laſsen, und die ganze Satihe sei nun
wieder auf Lange hinausgeschoben."
„Ein passendes Gegenstück dazu liefert folgender Zug Sedlnigt-
ky 's, des obersten Chefs der Cenſuiverwaltung. Ein bieſiges ſtrebſa-
mes Blait brachte in einer geiftreichen Besprechung der Wiener Kunſt-
ausſtellung nebſt manchen andern Gedanken, auch ven Satz: daß an
die Stelle des Glaubens nun die Ueberzeugung. getreten
ſ ei, aus welchim eine recht tüchtige Geiß.lung einer gewissen Sekte
unſerer Hiſtorienmaler, der fogenannten rRazarenern, deduzirt wird..
„Äber di:se ungewöhnliche Ccnſurmilde erklärte ſich bald durch
folgende Tyhaifache. ‘e j
„Die betrefl.nden Stellcn des Aufsatzes wurden vom Censor wiſ-
sentlich oder unwissentlich üb.1 sehen. Dem gi wandten Auge Sedlnit-
ky s aber entgingen sie nicht. Doch ~ er ließ fie ftehen. Nach dem
Erſcheinen des Blaites ging er aber zu Metternich, wies ihm die
angeführten Stellen vor und sproch: Auf diese Art also würde
man ein Nachgeben von unserer Seite mißbrauchen! –
eb n so denkwürdige Worte als jene, die er über unsern, oynedem
hn Lescverein ausſprach: „Dort leſen fich die Leute zu
G erbrechern!l-..

* Manußeiur, 27. Juli. Ueber den Tod des Leu von Cber-
sol schreibt uns ein württembergischer Gerichtsar;t : “

„„Vom Neckar. Urber die Todesweiſe des Großraihs Leu
von Cberſol h:rischt bis heute roch ein zeheimuißvolles Dunkel. Hat
Mörderhand die ertſetziche That vollrracht ? Entsſprang die fol-
genschwere Handlung dem Lebensüberdruſſe des erschöpften volitiſch re-
ligiöſen Fanatsmus ? Nicht nur in gerichil'cher, ſontern auch in
hiſtoriſcher und poltiſcher Hinſicht ſind diese Frazea von der töchsen
Witttigkeit ; ihre Löung hatten wir zunätſ Hon einer uniſichtigen
und gewiſſenhaften Obruktion zu erwa.ten. Unbegreifliczer Wiiſe
ſind über die wichtigen und nächstgelegenen Punkte dermalen noch V.x-
worrenyeit und Widerſpruch verbreitet, ſo daß wir es nicht unterlas-
ſen können, über rie fragitche Angelegenheit, wie ſte ſich nach den
Berichten der öff.ntüichen Bläiter bis jetzt geſaltet, vom gerichtsärzt-
lichen Standpunkte aus uns öfentlich auszusprechen. Das Nätdhſte
und Wihtigſt-, was bri der Erhcbunz und B.sprechung des Thatbe-
ftandes in Betracht zu ziehen war, muste offenbar die Unteisächung
des: Mordipſtrumentes sein. Wurd: erwiesenermaßen kein friſch abge-
braunties Schießzewehr bei der Leiche vorzcfunden, jo war darit
der Todiſchiag von fremder Hand alsbald confiatirt. Wurde dagegen


 
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