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Mannheimer Abendzeitung — 1845

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No. 58 - No. 86 (1. März - 31. März)
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...: Mannheimer Abendzeitung

16. März

IZnseratediegeſspaliene
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rate, worüber die Redak-
tion Auskunft zu ertheilen

$ hat, die Zeile oder deren
Raum 4 kr. + Briefe
und Heir erbittet mas

ranco.

1845





Deutfſchland.

* Mannheim, 15. März. Die geſtern erwähnten Gesetze, die
Beſſerſtelung der Volksschullehrer und die Ec, öhung des Schaulgel-
des betreffend lauten wörtkich: 1J) Leop old ec. Mit Zuſtimmung
Unſerer getreuen Stände haben wir beſchloſſen und u:rordnen, wie
felgt: §. 1. Vom 1. Januar 1844 an wird der niederste Gehalt
eines Hauptlehrers der erſten Klafſe auß.r der freien Wohnung und
außer dem Schulgelde auf jährlich 175 fl., und ebenſo jener eines
Hauptlehrers ter zweiten Klaſſe auf 200 fl. echöht. §. 1 a. Wenn
in Folge dieser Erhöhungen neue Beſtimmungen der Beitröge der
Gemeinden und der Staatskaſſe zu Lehrergeholten nöthig werden, so
geſc. iebt dies nach Maßgabe des §. 27 des Geseßes vom 28. Au-
guſt 835. §. 2. Die Gemeinden haben diese Erhöhungen insolange
vorſchüßlich zu bezahlen, bis über ilre Ansprüche auf Beiträge aus
Fonrs oder aus der Staatekaſse entſchicten i. Wenn eine Ge-
meiude diese Ansprüche nicht innerhalb eines Jahres, von dier Ver-
kündigung dieses Gesetzes an gerechnet, erhekt und begründet, so ge-
bührt ihr für das vorſchüßlich Bezahlte kein Er'atz, urd sie erhält
tie ihr zuerkannten Beiträge nur erſt von dem Zeitpunkte an, wo
ſie ihre deefallſige Forterung nachträglich geltend mactt. §. 3. Die
weiteren Beſtimmungen des Volksſchulgesetes vom 28. Auguſt 1835
über die Gchalte der Lehrer finden auch auf diese Gehalteerhöhungen
Anwendung. Gegeben zu Karlsruhe in Unserem Staateminiſterium
den 6. März 1845. Leopold. v. Böckh. ic. 2) Leopold ec.,
Mit Zuſtimmung Unserer getreuen Stände haben wir bi:schleſſen und
verortnen, wie folgt: Cinziger Artikel. Der durch ten g. 39 des
Volkshch1 lgeſctes vom 28. Auguſt 1835 auf 30 kr. fiſtzesezten nie-
rerſle Betrag des. für iedes Kind jährlich zu zahlenden Schulgeldes
wird vom 1. Jan. 1845 an auf 48 kr. erhöht. Gegeben zu Karls-
the (z feen Staatsmin;.ſterium, den 6. März 1845. Leopold.
v. Böckh. tc.

J*( Baden, 14. März. Es iſt seiner Zeit ausführlich
in diesen Blättern die Rede gewesen von der in Gernsbach nach
vielen vergeblichen Umtrieben und deßhalb unter großer Aufregung
vorgenommenen Wahl eines neuen Bürgermeiſters, bei welcher der
bisherige allgemein geachtete Bürgermeister Driſsſler mit großer Stim-
menmchrheit wiedergewällt worden. Obgleich nun der Wiedercr-
wählte sein Amt pflichtgetreu und tadellos zur völligen Zufriedenheit
der Bürgerschaft verwaltet hatte, ſo wurde ihm doch die amtliche
Beſtäti.ung nicht ertheilt, und die deßhalb nöthig gewordene neue
Wahl auf geſtern anberaumt und sorgenommen. Bevor aber zu dem
Wahlakt geschriten wurde erklärte der Amteaſsseſſor Fecht der
verſammelten Gemeinte, daß der bisherige Bürgermeiſter, Driſsler,
auf feine Wei”e die amtliche Beſtätigung erhalten werde, wenn auch,
zum zweiten Mal die Wahl auf ihn fallen würde, und daß es teß-
halb besser sein dürfte, eine and:re Wahl zu treffen. Wie wohl-
meinend die Rede des Hrn. Amtsaſseſſors auch immerhin gewesen sein
mochte, ſo hat sie doch ihren Zweck ganz verfehlt, und gerade das Gegen-
theil bewirkt, was der Redner bezwecken wollte. Hr. Drißler er-
hielt tieses Mal noch mehr Stimmen als früher und wurte mit
230 Stimmen zum Bürgermeiſter erwählt, während der Gegenkan-
bidat, Herr Löhlein, nur 111 erhielt. Nach der Bekanntmachung
des Wahlergebniſſes erfolgte auch sogleich die Nichtbeſtätigung von
Sctt > s y hitzen Bezirksamtes mit der Bemerkung daß der Recurs
Z Tage offen ſtehe.

_ Wenn nun gleich die Amtsführung des bisherigen Bürgermei-
ſters während sechs ganzer Jahre auch nicht der leiſeſtte Vorwurf
treffen kann, obgleich dem rechtlichen, biederen Charakter des Neuge-
wählten die allgemeine Anerkennung nicht versagt werden kann, und
Her Grund der Nichtbeſtätigung seiner Wayl einzig und allein in
ſeiner politiſchen Geſinnung und Geistesrichtung zu suchen iſt, so kann
hie ganze Sache doch nicht befremdcen, wenn man sie mit anderen
Vorgängen in unserem Lande zusammenhält, und die Richtung be-
“uchtet, die man ſeit einiger Zeit ſtreng einzuhalten sucht, und die
überall hin führen kann, nur nicht vorwärts; ob zum Guten möchte
fett. pr:that sein, man möge es nehmen in welchem Sinne man

& Berlin, 10. März. Die kurz vor Eröffnung unserer
Provinziallanttage plötzlich auftauchenden Gerüchte von einer bevor-
ſtebenden B.rleihung von Reichsſtänden mußte Jeden Wunder neh-
men, der den Gang der öffenrlichen Verhältnisse in Preußen verfolgt
hat. Zwar die Verordnurg vom 22. Mai 1815 ſpricht ſich deutlich
genug über die dem preußiſchen Volke zu verleihenden Landes ?präsen-
tanten und ihre Wirlsamfeit aus, und auch die am 21. März 1818
bei Gelegenheit der koblenzer Adresse erlaſſene Kabinetsordre nennt es
Frivel, an der Unverktrüchlichkeit der königl. Zusage zu zweifeln.
Gleicha ohl wurde tie Ausführung der Verordnung vom 22. März
1815 wäbrend der Regierung Friedrich Wilhelms III. verhindert, und
nur die auch in jener Verordnung in Aussicht gestellten Provinzial-
ſtäude treten turch das Gesetz, vom 5. Junt 1823 in Wirksamkeit.
Als nun bei der Huldigung tes jetzt regierenden Königs diese Ange-
legenheit durch die preußischen Stände: von Neuem angeregt wurde,

ward durch den Landtagsabſchicd vom 9. Oktbr. 1840 eine authen-

tische Interpcetation des königl. Wortes in der Verordnung vom 22.
Mai dahin gegeben, daß dies Wort durch die verlievene provinzielle
und kreisſtändiſche Verfassung gelöſt sei, undsomitgar kein Zweifel uber die
„allerhöchſte Willensmeinung übrig bleibe, ward auch noch jin der
Kabinetsortre vom 4. Oct. 1840 die Ansicht, als ob der König
durch den Landtagsabschied eine Art von Zustimmung zu dem An-
trage auf Entwickelung der Landesverfaſſung im Sinne der Verord-
nurg vom 22. Mai 1815 ausgesprochen hätte, für irrig erllärt.

Rechnet man dazu nun noch die Erwiderungen, welche auf den An-

trag der Vertreter der Stadt Breslau und anderer ſchleſiſchen Städte
wegen Erfüllung der Verordnung vom 22. Mai 1815, ſo wie auf
den Antrag der Stände des Großherzogthums Posen ertheilt worden
ſind, so kann so vielen beſtimmten königlichen Werten gegenüber

au eine Erfüllung der erwähnten Verordrung wohl nicht füglich ge-

dacht werden, man müßte denn cine völlige Sinnesänderung des
Königs annehmen. Die einzize, bis dabin veröffentlichte Spur einer
Zurückfü.rung jenes oben erwähnten Gerüchts auf eine bestimmte
Aeußerung, welche der König an den Landtagsmarschall des ſchleſi-
ſchen Provinziallandtags gemacht haben soll, iſt von dem Letzitern auch
ſo eben in Abrede gestellt worden: es bleibt alſo Nichts übrig, als
an eine weitere Fortbildung der ſtändiſchen Verfassung, iedoch natür-
lich nicht in dem Sinne der Verordrung vom 22. Mai 1815, zu
denken. Worin dieſe Fortbiltung beſtehen sotl, darüber scheint man
auch noch nicht klar za sein, immer aber wird sie auf Grundlage
der bieherigen Vertretung nach Stönten geschehen. Wie weit jevoch
diese Vertretung entfernt iſt, ein Organ der in dem Kern des Vol-
kes lebenden politischen Gennnungen zu sein, davon geben die bisher
bekannt gewordenen Verhandlungen der Provinziallandttage Bewei'e ge-
nug an die Hand. Eine eigentlich politiſche Hal ung haben bis jetzt
nur die rheiniſchen Stänte gezeigt: ſir allein balten mit Bewußtsein
den Rechteboden feſt. – In welchem Verhältnisse die Landtage der üh-
rigen Provinzen sich der Haltung des rheiniſchen nähern werden,
kann man erſt vollständig nach Beendigung ihrer Verhandlungen er-
meſſen. Daß jeroch der Märkische sich rein auf dem patriarchaliſchen
Boden bewegen wird, kann man ſchon jeht prognoſticiren.

r . (A. . A. Z.) Das Elend der Sta’t Fried-
land in Preußen hat so große Tbeilnahme gefunden, daß die allei-
nige Collecte ter Voſſ. Zritung täglich gegen 1000 Thaltr einträgt.
Friedland iſt in: eſſen nicht die einzige ſo leidende Stadt in Oſtpreu-
hen; es ließen ſich deren noch vielleicht ein Duzend namhaft machen,
kie wie tie ganze Provinz durch die Conjuncturen und namentlich
durch die Sperrmaßregeln sehr herabaekommen sind. Es iſt taher
auch eine Collecte für dre Provinz eröffnet, was indessen irsofern ein
ganz verfehltes Beginnen iſt, als einer ganzen Provinz nicht mit
Privatbeiträgen aufgehelfen werten kaunaz Nur durch Staatemaßre-
geln iſt dieß zu bewerkftelligen. ~ Ein hiesiger Prediger, der stark
der pictiſtiſchen Richtung anbäygt, iſt jüngſt von einer alten Dame,
die er viel in ihren Krankhcitsſtunden besucht hat, zum Universſaler-
ben eingeſct worden. Die Sacke hat den unangenehmſten Eintruck
gemacht, und man ſpricht ganz laut davon, daß die Annahme der
Legate den Geiſilichen, die so großen Cinfluß auf tie letzten, selten
ganz geiſteshekllen, Stunden, beſondcrs ter Frauen ausüben, so gut


 
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