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Mannheimer Abendzeitung — 1845

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No. 238 - No. 267 (1. September - 30. September)
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Abonnement mit or
teljähr. Vorausbezahlung- -
W Mannheim 1 fl. 15 kx.,
vurch die Poſt bezogenim
ganzen Großherzogthum
Baden 2 fl. 8 kr., im
Ausland erhöht fich das
Abonnementunrden Poft-
aufschlag.



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Dienstag







en die Beſtelungen möglichst bald zu machen.

Mit dem /: M ein neues Abonnement der Mannheimer Abendzeitung. Wir laden hierzu freundlichst ein, mit ver
YC sie, des richtigen Bezugs weg

Die M

annheimer Abendzeitung.

erſcheint täglich, so daß fie mit den „„Rheinischen Blättern'’ uns dem „Badischen Volksſchulblatte‘’ wöchentlich in fieben Zeitungs-Nummern
und fünf Beiblättern ausgegeben wird. Der Abonnementspreis ift für dieses Vierteljahr in Mannheim 1 fl. 15 kr., in ganz Baden 2 fl. 8 kr. ; aus-
wärts tritt ein Poftaufſschlag hinzu. Man abonnirt bei der nächftgelegenen Poft. Inserate, wozu fich die Zeitung, ihrer großen Verbreitung wegen, be-

onders eignet, berechnen fich zu 3 Kreuzern per Petitzeile.

Der Verleger.



Deutſchland. -

» Mannheim , 29. Septbr. Geſtern haben auch wir Ronge
gesehen. – Geſtern fuhr der muthige Strciter im Kampfe für Gei-
ſtesfreiheit unter dem Jauchzen und Lebehochrufen einer wogenden
Menſchenmaſſe in unsre gute Stadt Mannheim; mit ihm ~ wie
der alte Vater Winter sagte –~ sein Melanchthon Do wi at. Uns
war ganz wormsiſch zu Muthe, aber jungwormſisch. Wir hoffen
auch, das deutſche Volk werde ganz anders richten als weiland Kai-
ſer Karl.

Am Schauspielhaus angelangt, in dessen bertits fefilich geschmück-
tem Saale Ro ng e vor der Einwohnerſchaft zu reden gedachte, be-
deutete man den Vorſtänden der Deutſchkatholiken, daß der Schlüſſel
weggenommen sei und auf dem Amt liege; die Räumlichkeiten des
Schauſpielhauſces dürften zu solchen Zwecken nicht gebraucht werden.
~ Da ſsetieg unser wackerer Volksvertreter Baſſser mann auf die
Kutsche, lud die verſammelte Menge, vr seine Freunde, zu sich in
ſeine Wohnung, „\.deren Garten Plat genug haben.

Gegen Baſſermanns Haus nun fluthete der Strom, so daß der

ganze OGartenraum ſich füllte. Hoch oben auf den Mauern, auf den

Bäumen, auf den benachbarten Plattdächern saßen Ke, voll Begeiſte-
rung harrend der Worte des Sprechers neuer, froh erer Bo t-
sch aft. Wie Ronge vortrat, bewillkkommte ihn stürmischer Jubelruf.
Er grüßte uns von unsern Brüdern und Sechweſtern in Oft und West,
in Süd und Nordz dann legte er in schlichter Rede Grund und
Zweck der neuen Kirchenverbesſerung dar, der Kirchenver-
beſſerung des „neunzehnten Jahrhunderts.-

Es muß einm das Herz aufgehen, wenn man,
wie Ronge, durch die Gaue des großen Vaterlandes zieht, und all-
überall diese Begeiſterung glüht, allüberall für Licht und Wayhrpeit
ein suchender Sinn offen steht. Das deutsche Volk wird aber auch
~ wie in Heidelberg gesagt wurde - die junge Kirche wie ein
Kind auf seinen Armen pflegen: am Busen des Vaterlandes grsäugt,
soll sie ::t zu einer hehren Jungfrau Pallas Athene, speergerüſtet,
ölzweigbaltend.

Die Tage Luthers wollen aufleven, aber herrlicher, in unge-
trübter Reinheit ftrahlennd. Dort galt es um den Kampf inner-
halb der Grundsäte, jezt iſt en Strauß um die Grundsätze
jelb er zu beſtehen. Schärfer if das Ziel vor Augen, und wir hof-
fen, der ringende Arm auch geftählte. Was damals unbewußt, in

halbträumenden Keimen emporwuchs, sotl heute zu hellom Glanz sich
entfalten. ~ Ja, es muß Tag werden, und Ronge iſt ein Mor-
genſt ern.

Nach dem Stifter derneuen Brudergemeinschaft sprach Dowiat, ein
feuriger Redner, mit einer Pauluszunge. Sein kurzer, kerniger, ticf
ergreifender Vortrag galt insonderheit der Berechtigung diefer aus

. dem Stegreif gehaltenen Verſammlung. Mit kühnem Schwunge riß
. er seine Zuhörer fort und schloß kraftvol: Was Gott der Herr
hat frei gemacht, das soll der Men sch auch lassen frei!.
++ Mannheim , 28. September. Nachdem Ronge, Dowiat

und des Erſteren Bruder vorgeſtern in Heidelberg angelangt, gestern
" einem ihnen zu Ehren in dem geräumigen und festlich verzierten
Saale des Gaſthoſes zum Prinz Mar veranstalteten Gaſtmahl von

î 8300 Gedecken angewohnt hatten, fuhren sie heute morgen mit dem
. 2. Bahnzug ir Heidelberg ab, um auf ihrer Reise auch unsre Stadt
mit ihrem Besuche zu beehren. ~ Der hiesige Sängerkranz empfing
die Reformatoren auf dem Bahnhofe mit einem erhebenden Beſsange
und die zahlloſe Menschenmaſſe, die sich um die Bahnhofgebäude
yftbaart hatte,, um die Reformatoren des 19. Jahrhunderts zu se-
het und zu begrüßen, brach in ein tauſendſtimmiges Hochrufen

aus, als sie in einer unbedeckten Chaiſe langſam durch die wogende
Menge hindurch fuhren. ~ Der Theatersaal wax. zu dem Verſamm-
lungsplatze bestimmt, und die unabsehbare Menſchenmaſſe bewegte
sich daher, die Reformatoren in ihrer Mitte, dorthin, als sich plöglich
das Gerücht verbreitete, der Saal sei höherer Berfügung zufolge
geſchloſſen und dürfte zu dem beabsichtigten Zwecke nicht benutzt wer-
den. - - Offiziel wurde diese Nachricht unserem Abgeordneten Friedr.
Baſſermann der die Reformatoren zu sich in sein Haus eingeladen
hatte und in ihrer Begleitung war, eröffnet, und dieſe Nachricht
dury ihn der versammelten Menge mnitgetheile. – Nun
begab sich der ganze Zug langsam ,und feierlich an das im obern
Theile der Stadt gelegene Haus Baſſermanns, wo die Reforma-
toren abftiegen, während das Volk in den Garten eindrang und
allda das Auftreten Ronges erwartete. Bald erschien dieser auf dem
Balkone des Hauſes und sprach zu dem Volke ~ indem er zuerſt
über den Grund ſich ausließ, der ihn und die Verſammlung gerade
diesen Ort ihrer Zusammenkunft zu wählen bestimmt habe. Nach
dieſer Einleitung ging er auf das eigentliche Thema des Tages über
und warf einige reaſſumirende Blicke auf die Entstehung der Refor-
mation und auf die Gründe ihrer Entſtehung und sprach dann aus-
führlicher über den Geiſt und die Bedeutung der neuen Bewegung,
in dem er hauptsächlich hervorhob, daß es wiederum das deutſche
Volk sei, in welchem sie entſtanden, und daß sie es sein werde,
welche das wahre Chriſtenthum, die Reinhkit der Religion durch
die Liebe wiederherſtellen werde. | w
Nach Ronge sprach Dowigat in seiner begeifterten, bilder- und blumen-

reichen Weis: über die Rechte der deuisch katholiſchen Kirche, über ihr .

biftoriſchrs Bernunftrecht. Seine Rede ſchloß . er mit einem Worte
Luthers: Was Gott hat lassen frei sein, das soll auch der Menſch
laſſen frei sem. z
h Ein Ö: glcigtgcs Hoch auf Ronge, auf Friedrich Baſser-
many» beentigte von Seiten des Volkes die Versammlung.
Nachmittags mird im STuropäiſchen. Hef eine weitere Verſamm-
lung abgebaltrn werden , jedoch nur für Wenige zugänglich.
* Mannheim, 29. Sept. Soweit uns vergönnt wart, be-
richteten wir bereits geftern über den erſten freudigen Empfang, den

Ronge und seine Gefährt.n hier gefunden und über die bitter,
ichmerzliche Aufregung, welche durch die- Polizeimaßregeln vervongte.



rufen und sofort durch das treffende rubige Wort gedämpft wurde,
womit Baſſermann den Berſammelten Arlaß gab, jene Männer zu
ſciner Wobnang zu begleiten. Ucber Das, was ſich hier ereignete,
verweisen wir auf unsern besondern Bericht über den geftrigen Morgen.
Am Mittag fand ein Feſtmahl im Europäiſchen Hofe statt, das je-
doch nur etwa 100 Gedecke zählen konnt? , da der Wirth einen
Theil der Räume für die jetzt zahlreichen Reisenden bewahrte; doch
sammelten sich während des Mahles mehrere Hunderte hiesiger Ein-
wohner, um zu seven und zu hören. Toaſte brachten *): ein Vor-
ſteher der hiesigen deutschkatholischen Gemeinde, Hr. Hammer, auf
Ronge; Herr Hieronymi auf den rJortfchritt/-; Herr Mathy:
Ronge und seine Mitſtreiter-; Herr R ong e : „Die Zukunft der
deutschen Nation; Hr. D o wiat: -das Zuckerbrot des deutschen Vol-
kes, fein Lügenfeid,,; Hr. v. Leonhardi: „Einheit der Wiſſenſchaft
und der Religion‘; Hr. Küchler: „tie deutsche Eidgenoſsſenſchaft
zur Erringung der Größe und Freiheit des Baterlandes ;-
Hr. Ha mmer: Dir thatkräftige Untersützung, welche die hiesige
deutsch katholische Gemeinde, br:sonders zu dem heutigen Fefte, von
einzelnen Famlien (Baſſermann) und der Gesellſchaft Nr. 16 empfan-
gen. . Hr. v. Struve: . der Schmerz der. deutſchen Nation, der sie

*) Einiges Nähere von diesen Toaften soll folgen !


 
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