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Mannheimer Abendzeitung — 1845

DOI Kapitel:
No. 1 – No. 30 (1. Januar – 31. Januar)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44007#0105

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Nbonnem ent mit vier-
veljähr. Vorausbezatleng
in Mannheim 1 fl. 15 kr.,
durch die Poft bezogen im 4-
ganzen Großherzogthum „jz . y
Baden 2. fl. 8 kr., im :
Ausland erhöht fich das
Abonnement um den Poft-
aufſchlag.

"Monenee... 27. J



anuar



Ins er ate die gespaltene
Zeile in Peticſchrift oder
deren Raum 3 kr. Jaſe-
rate, worüber die Redak-
h. tion Auskurft zu ertheilen
L I $ hat, die Zeile oder deren
Raum 4 kr. – Briefe
und Geld erbittet mag
franco.

1815



Deutſchlanß.

+ Karlsruhe, 23. Januar. In der 137st en Sitzung der
2. Kammer berichtete der Abg. Rind esch wender über eine große
Menge von Petitionen um zweckmäßigere Wehrverfaſſung durch Ver-
minderung der ſtehenden Heere und Cinführung einer allgemeinen
Landwehr. Mit Hinweiſung auf die von der Kammer schon auf
mehreren Landtagen in dicſer Hinsicht geschehenen Schritte führt der
Commisſionsbericht aus, wie die badische Regierung durch die Bun-

deskriegsverfaſſung schon ermächtigt sei, die Hälfte des Contingents, oder

zwei Drittheile Infanterie, einstweilen in Landwehr umzugeſtalren,
welche Cinrichtung indessen solche Grundzüge erhalten müsse. daß dar-
aus gleichzeitig eine noch über das Bundescontingent und deſſen Er-
ſatzmanuſchaft hinausgehende, dem Verfaſſungsſtaate angemessene, .die
innere Ordnung mehr ſichernde, nach Außen Achtung gebietende, waf-
fengeübte und wohldisciplinirte Heeresmacht zum Behuf der Landes-
vertheidigung geschaffen werde, die gegen jeden feindlichen Angriff, so
schnell als es die Umſtände erfordern, schlagfertig sei. Die auf dem
Lanrtag 1831 geltend gemachten Bederklichkeiten, „daß ein so ausge-
dehntes Wehrsyſtem wohl für große aber nicht für kleine Staaten
tauge, da es für letztere im Kriege vernichtend werden könne, indem
das kleine Land von einer Grenze bis zur andern durch den Feind
überschwemmt, und sobald ein solches Wehrsyſtem bestehe, mit der
größten Grausamkeit verfahren werden würde, wie man diolches in
[den neunziger Jahren und später in Spanien gesehen habe,. ~ fin-
det er durchaus unge, ründet und fährt fort: Der Geiſt des badi-
schen Volkes und der deutschen Völker überhaupt iſt und war ſchon
seit 1813 nicht mehr der von den neunziger Jahren. Nicht mehr
wollen fie, weil Seibſtvertheidigung gefährlich werden könnte, waffen-

los und gleichſam zu feiger Bequemlichkeit verdammt, zusehen, wie

einige ihrer Söhne in stehenden Heeren ſich schlagen; nicht mehr
wollen sie zusehen, wie durch den etwa unglücklichen Ausgang einer
einzigen Schlacht ihre Nationalehre, ihre Unabhängigkeit sammt Habe
und Gut preisgegeben werde; nein! auch die Brüder jener Söhne,
alle Waſfenfäpigen verlangen ihren Antheil am Kampf für diese
theuerſten Jntcreſſen, und wollen daher die Erschaffung und Darſtel-
lung einer Macht, welche durch ihre moralische und phyysiſche Stärke
geeignet ist, jedem Feinde Achtung und schon im Voraus Bevenken
einzuslösen, ob er ungestraft cine Invasion werde wagen dürfen! Bei
diesem die Völker beseclenden Geiſt wird auch Baden in seiner, mit-
telſt Einrichtung solcher Landwehr der Heeresmacht an Tag zu legenden,
höheren Kraftentwickelung, nicht isolirt bleiben, vielmehr iſt als zu-
verläßig zu unterſtellen, daß die Nachbarstaaten. ja alle Staaten
des deutschen Bundes, hierin nachfolgen werden, und sonach wird der
große Staat vorhanden sein, bei dem ein so ausgedehntes Wehrsy-
ſtem taugt, wie solches bekanntlich in Preußen getaugt bat und bis-
her nech taugt, und deſſen Wahlspruch sein muß: keine Cinmiſchung
in fremde Intereſſen, keine Croberung ~- aber Selhſtvertheidigung
auf Leben und Tod. Selbſt wenn Baden isolirt bliebe, müßte ge-
rade die ofen liegende Gefahr, bei einem von weſtlicher Seite her
geschehenden Angriff, von einer Grenze zur andern überschwemmt zu
werden, indem an dieser westlichen Grenze von Raſtatt iuIa
Basel kein feſtcer Platy, kein Damm wider Cindrang feindlicher Hee-
resmacht entgegensteht, die beredteſte Aufforderung zu ausgedehnter
allgemeiner Wehrfaſſung sein, und wofern Baren deßwegen, weil es
größere Kraftanstrengung zur Vertheidigung dieser Grenze zum Opfer
bringt und dadurch dem Gebiete des ganzen Bundes nützt, besondere

Beschädigungen erleiden sollte, so iſt Jhre Commission gewiß, daß

ſolche von den vom Kriegsſschauplat entfernen Gebieten
der deutschen Bundesstaaten wird vergütet 4werden.
Bei der Sehnsucht des Landes, sich in dem bisherigen, von Jahr
gzu Jahr gestiegenen, Aufwand sür das stehende Heer erleichtert zu

ehen, iſt bei der Einführung des ausgedehnteren Wehrſyſtems auf

diesen Punkt des Aufwands allerdings Rückſicht zu nehmen, jedoch
im äußerſten Fall, wenn es anders nicht möglich iſt, nur in so weit,
. als der Aufwand nicht über die Kräſte des Landes geht. Denn tie
" ueue Einrichtung wird, wenn man die Größe des Guts. betrach-
î tet, immer noch ungleich wohlfeiler sein, als unſere bisherige, es

wird uur darauf ankommen, wie man tie Einrichtung treffen will;
je mehr sie dem Verfaſſungsſtaat angepaßt wird, deſto gelinder und
weniger empfindlich wird ſich der Aufwand darſtellen!

Die Commiſſion beantragt: „die Petitionen, deren gewiß noch
eine größere Zahl aus alten Theilen des Landes eingekommcn sein
würde, wenn nicht auf dem vorigen und jetzigen Landtag ein Ge-
setzentwurf darüber zugesagt worden wäre, – dem Staatsminiſterium
mit der Bitte zu überweisen, daß daſſelbe das gegebene Versprechen
über Einführung der Landwehr noch auf gegenwärtigem Landtag vor-
legen zu wollen, wirklich in Erfüllung bringen lassen möge.- Die
hierüber erfolgte Discuſsion bietet des Intereſſanten so Manches, daß
wir darauf zurückkommen werden. Bei der Abſtimmung ward der
Commissions - Autrag angenommen mit Ausnahme der Bestimmung
„noch auf gegenwärtigem Landtage-r.

Vonr Hberrhein, 18. Januar. (Oberrh. Ztg.) Nach ei-
nem neuen Ordinariats- Ertaſſe sind alle Leichenreden verboten, und
sogar über einen verſtorbenen Pfarrcr soll keine gehalten werden.
Es seien biebei hinlänglich belehrend die deutschen Gebete und Pſal-
men. – Diese Behauptung iſt aber nicht aus dem Leben gegriffen,
indem ja jene Gebcte und Psalmen von den wenigsten Zuhörern ver-
ſtanden werden. – Ja noch mehr, viele Pfarrer verrichten die Beer-
digung in lateinischer Sprache! Wie iſt da Belehrung möglich ?

Nun die vielbesprochene, bekanzelte

** Stuttgart,, 23. Jan.
und verdonnerte hh. des Prof. BViſcher (Scharienmaier)

kann man in der That über dieſe

endlich im Druck erſMenen iſt, Denn die Visſcher'sche

Geschichte ſagen: Viel Lärmen um Nichts.

Rede iſt Nichts, wie ihr Berfasſfer in seiner Vorrede übrigens setbſt

eingeſteht. Matt im Ganzen, an einigen Stellen geradezu langweir
lig, erhebt sie sich bloß gegen das Ende zu einigem polemischen
Schwung. Sie sagt rein Nichts, was nicht schon längst und viel

ſchärfer gesagt worden wäre.

*r Mus Baiern. Wie man bei uns es mit den Proteſtans
ten meint, das haben wir dieser Tage erlebt. Während ultramorn-
tane Blätter und Schriften, worin die gehäſsigſten Angriffe gegen
die proteſtantiſche Kirche enthalten sind, ungehindert cursren dürfen,
wird auf jedes Büchlein, welches nur im Entfernteſten an das
Recht der Proteſtanten erinnert, förmliche Jagd gemacht. Graf
Karl von Giech, der Mann, rer seit Jahren ſchon in Wort und
Schrift auf die ehrenhafteſte Weiſe cin Vertheidiger der verfassungss
mäßigen Rechte seiner Glaubensgenoſſen geworden, hat aus Veran-
laſſung der unterm 3. November v. J. erschienenen Modifikation der
alten Kniebeugungsordre ein zweites offenes Bedenken, die Kniebeu-
gungsfrage betreffend , Bayreuth Buchnerſcher Verlag, zur Publizität
gebracht. Kaum aber war dieses Schriftchen in einigen Exemplaren
abgesetzt, ſo war auch der königl. Stadtcommissär hinten her und
verfügte die Beschlagnahme. Wer den ehrenwerthen durch und durch
gediegenen Charakter des erleuchteten Verfaſſers kennt, der kann von
vorn herein, ohne die Schrift noch gelesen zu baben, einen Schwur
darauf thun, daß kein Wort aus seiner Feder gefloſſen, welches ge-
gegen den Staat oder gegen die katholische Kirche feindsclig gedeutet
werden könnte. Nimmt man aber das Schriſtchen selbſt zur Hand,
so findet man iu Wirklichkeit nichts Anderes als eine ganz ruhige
ſtaatsrechtliche Erörtecung der lezten Kniebeugungsordre, eine
gründliche Nachweisung, daß mit allen Modifikationen dieſer unseli-
gen Maßregel für die Proteſtanten Nichts geholfen ist, so lange das
Prinzip d:r Kniebeugung unversehrt aufrecht erhalten wird. Denn
wenn auch die durch Conscription im Heere dienenden Soldaten prot.
Confession von dem Knien vor der katholischen Monstranz in eini-
gen Fällen entbunden werden, so bleiben dennoch wieder andere Fälle,
in denen gekniet werden muß, und diejenigen, welche nicht im Con-
scriptionswege dienen, wie die Offiziere und Freiwilligen, sind immer-
fort gehalten, in allen Fällen der Kniebeugung sich zu unterwerfen.
Wie nun damit eine Gewissensbeſchwerung aller Proteſtanten nicht
geboben iſt, leuchtet ein, und will man fich etwa auf das Beiſpiet


 
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