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Mannheimer Abendzeitung — 1845

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No. 299 - No. 328 (1. November - 30. November)
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Dienstag

25. November





Deutschland.

Mannheim, 21. Novbr. (Oberrh. 3.) Die nach Karlsruhe
abgegangene Deputation der Gemeindebehörd: ist geftern Abend zu-
rückgekehrt. Eine Audienz bei dem Großherzog hat ſie nicht erlan-
gen können; dagegen hatte sie Gelegenheit, den Mitgliedern des
Staatsminifterinms ihre Angelegenheit vorzutragen und nach den
Aeußerungen derselben darf eine unparteiiſche Untersuchung aller Be-
ſchwerden erwartet werden. Die Rekursvorſtellung gegen das Ver-
bot der Ausſchufßverſammlung wird hoffentlich bald erlerigt werden,
uub man ſieht dem Resaltat mit Spannung entgegen.

Maxrlsruhe, 20. Nov. (Schwäb. M.) Seit einigen Tagen
hielt fich der Biſchof Rä ß von Strasburg in unserer Stadt auf, um
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uren ler) s
zweifeln, ob teur rvcen Erfolg haben werden, als ähnliche Schritte
hatten, die von anderer Seite her gemacht wurden, seit man den ent-
ſchievenen Ernſt der badischen Regierung kennt, nicht zu dulden daß
vas wichtigſte Recht des Staates der kirchlichen Gesellſchaft gegenüber
und bie heiligften Interefsſen der Staatsangehörigen untereinander in
einer Weiſe verletzt werden, deren Bedeutsamkeit nur Jene verkennen
können. dener es an einem Herzen für ihr Land oder an Einficht

gebricht. Auch liegt es jetzt ofen am Tage, woher und von welchen
Leuten die Inducirungen zu Schritten ausgehen, die man in jeder

Beziehung nur beklagen kann. Wer übrigens Zeit und Menſchen zu
veurtheilen verſteht, wird, auch ohne tiefer geblickt zu haben, das
Treiben jener fin ſtern Macht, die ſich zur Aufgabe geſegt hat, die
Nluft zwiſchen Katholiken und Proteftanten, welche dem
Einfluß der chriftlichen Civilisation bereits gewichen war, u m jeden
Preis wieder recht ref zu eröffnen, um in der Zwietracht
ihre Herrſchaft über Fürſten und Volk von Neuem zu gründen, nicht
verkennen. Zwischen jener Macht und der c<hriftlichen Civilisation gibt
es keinen Frieden, sondern nur einen Kampf um Sein oder Nichtſein.
Dieſe Ueberzeugung hat der in unserm Lande, diesmal ohne richtige
Berechnung der Kräfte, hervorgerufene kirchliche Streit in den Gemü-
thern der urtheilsfähigen Mehrzahl der Katholiken und Proteftanten
befeſtigt, und sie iſt es, welche den neueſten, von der Bürgerschaft in
Könſtanz und mehreren Landeskapiteln ausgegangenen Schritten gegen
kirchliche Reaktion einen so allgemeinen Anklang im ganzen Lande ver-
ſchaſſi. Wollte die badische Regierung die Behauptung ihrer Rechte
unterlaſſen, sie würde gerade von den Katholiken die entſchiedenfte Op-
poſition zu ervarten haben.

Konſtanz, 21. Nov. (Oberrh. Z.) Privatbriefe aus Karls-
rube von glaubwürdigen und ihrer Stellung nach wohlunterrichteten
Perſonen geben uns die wichtige Nachricht über die künftige Eisen-
bahn- Verbinduug der untern Landestheile mit dem Bodensee. Die-
ſea zufolge haben die Brrathungen, Lokalunterſuchungen und Erwä-
gungen zu dem beſtimmten Entschluß geführt, der Kammer in ihrer
nächſten Sitzung die gleichzeitige Ausführung von zw e i Bauprojek-
ien vorzuschlagen: das eine, die Errichtung einer Bahn von Offen-
burg durch das Kinzigthal, das andere, die Fortsetzung der rheini-
ſchen Eiſenbahn von Freiburg aufwärts betreffend. Beide Bahnen
follten in Singen zusammentreffen und von dort über Radolphzell
nach Konftanz fortgeführt werden.

Freiburg, 20. November. Der Großherzog hat den zum
Hofgerichtsdirektor des Oberrheinkreiſces ernannten Herrn Hof-
rath Stabel, bis dahin Profeſſor an hieſiger Hochſchule, unter Aus-
werfung eines Gehaltes auf unbeſtimmte Zeit, die Ermächtigung er-
theilt, Vorlesungen über bürgerlichen Proceß und Proceßpraxis an
eben dieſer Hochschule zu halten.

. * Vom Rhein, 22. Nov. JIn rinem Jhrer letzten Blätter
ergießt fich ein Correſpondent aus der batrischen Rheinpfalz in
Raisſonnements über das Unpractische unserer Erziehungs- und Bil-
dungsart in ſeiner Weiſe. Wir geftehen demselben gerne zu, raß un-
sſere Erziehung an unserer politiſchen Unselbſtſtändiakcit Schuld trägt,
Tönnen aber nicht glauben, vaß, wie man heut zu Tage ſso leicht an-
zunehmcn geneigt iſt, die Uebel der Eeziehbung tn ciner besonderen
Vivorzugung der alten Sprachen vor ver: übrigen Gegenſtänden des
Uilterrichts ipre Quelle haben. Freilich in den paar Dutzend frem-
der Wörter, welche den Meiſten von allem Lattiniſchen und Gricchi-

chen aus ihrer Schulzeit noch übrig bleiben, beſteht der Vortheil der

klaſſiſchen Sprachen für die aklgemeine Bildung nicht. Allein es
wird durch das Mittel dieser Sprachen der jugendliche Geiſt mit
dem ganzen Denk- und Lebenskreiſe der großartigſten Völker der
Weltgeschichte in Berührung gebracht und die eigenthümliche Zer-
setzung der angeborenen geiftigen Fähigkeiten durch Beimischung frem-
der geiftiger Elemente bewirkt eine wohlthätige Gährung und Be-
wegung der Verfſtandeskräfte und erwertert die Ausſicht über den Ge-
fichtskreis des alltäglichen Lebens. Wir können uns hier nicht auf
eine ausführliche Beſprechung dieses Gegenftandes einlassen, glauben
aber zuverſichtlich, daß eine natürlich unter tüchtiger Anleitung gege-
bene claſsiſche Bildung nur von wohlthätigen Folgen begleitet ſein
könne. Dies konnte Ihr Correſpondent an England, auf dessen Un-
terrichtsmethode er fich verzeihlicher Weise beruft, leicht sehen. Denn
hätte er ſich um die höhere Bildung in England etwas genauer er-
kundigt, ſo müßte er wiſſen, daß dort die claſsiſchen Sprachen in
einem werit ausgedehnteren Maaße, als bei urs betrieben werden,
und daß die ausgezeichnetſten englischen Staatsmänner nach ihren
eigenen Zeugniſſen sich ganz unter dem Einfluſſe des Alterthums ge-
bildet haben. Bildung darf überhaupt nicht nach dem Werthe kauf-
männiſcher Speculationen bemessen werden. Lernt, was Ihr braucht,
ruft uns Ibr Correſpondent zu. Das heißt mit andern Worten:
Lernt, was Euch etwas einträgt. (?) Das ift allerdings recht materiell
und practiſch gedacht, heißt aber dem Egoismus, dem Krebsſchaden
unserer ganzen socialen Verhältnisse eine Lobrede halten. Eine Bil-
dung zur Bereicherung und Erweiterung des geiſtigen Blickes iſt es,
die uns hauptsächlich Noth thut. Der Mangel einer freien, unge-
hemmten geiſtigen Bewegung bewirkt jene nachtheiligen Einflüſſe auf
ur.ſere politiſchen Verhältniſſe und führt unter anderen Uebeln auch
das unserer politiſchen Unſeltfiftändigkeit in seinem Gefolge. Aeuße-
rungen von Selbſiſtändigkeit kann nur von sich geben, wer zuvor ſich
selbſiſtändig zu fühlen gelernt hat. Das Gefühl der Selbſiftändig-
keit iſt eine Folge, der sich selbſt bewußten Persönlichkeit, des inne-
ren durch fich selbst Werth und Beftand habenden Gehaltes, welcher
das Recht gibt, Anderen gegenüber einen gewissen Stolz anzuneh-
men und, so zz sagen, sich etwas einzubilden. Das deutſche Volk
hat durch seine politiſchen Inftitationen keinen solchen inneren Ge-
halt, auf den cs ſîch etwas zu gute thun könnte und darum
it es ihm auch nicht möglich, anderen Völkern gegenüber
eine hervorragende oder selbfiſtändige St e llung einzunehmen.
Wollen wir zu einer nationalen Selbfiſtändigkeit gelangen, ſo muß
uns zuerft die Möglichkeit gegeben werden, durch ein freies Walten
der in der Nation verſchloſſenen geifligen Kräfte uns unsere nationale
Persönlichkeit zu bilden. Geschieht dies, dann werden wir auch mehr
praktischen Sinn bekommen, und wissen, wie wir in etwaigen Colli-
ſionsfällen m!t anderen Völkern zur Ehre und dem gemeinſamen Wohle
der Nat'on zu handeln haben. Ohgne einen solchen aus dem gemein-
samen Schaffen der Nation hervorgegangenen geiſtigen Anhaltepunkt
werden wir eben wie hier unsere vaterländiſchen Interefsen einen rich-
tigen Gesichtspunkt gewinnen, stets Fremdlinge im eigenen Lande
bleiben, ſtets im Dunkeln herumtappen und nie wiſſen, wo und wie

wir anzupacken haben, wenn es gilt zur Verbesserung unserer politi-

ſchen Stellung einen energiſchen Schritt zu thun.

* Koblenz, 15. Nov. Während die Rheiniſchen Aerzte und
Apotheker mit gespannter Erwartung eirer durch das K. Minifterium
verheißenen totalen Umänderung der Medbizinal-Geſetze, b-sonders in
Betreff des Apothekerwesens entgegenſehen, in Folge deren das Will-
kürliche bei Ectheilung neuer Konzeſſionen, bei Visitationen der Apo-
theken 1c. wegfallen dürfte, erleben wir es gerade jetzt, daß ein Apo-
theker zweiter Klaſſe, aus cinem Rheinischen Landßädtchen, zum Vi-
ſitiren der Apotheken 1. Kkaſſe, d. h. der Apotheken großer Städte
beauftragt wird.

Wenn nun dieser Kommiſsarius etwa durch seine theoretiſche, aber
ſchwerlich vorauszuſch nde, Ausbildurg rc. Ankern als Muſt.xr vor-
gefellt werden könnte, so würde ſich geac cine ſolche, hm durch die
Behörden verliehene Auszeichnung wohl Nichts cinwenden laſſen; denn
diese Abſtufungen der Apotheker in zwei Claſſ.:n paſſen ohnehin un-
ſerer Zeit nicht mehr an. Aber abges:-hen davon war „,wie wir hö-
ren, der gedachte Reviſor iwegen ſeincc Pſuſcherei ſchoi: in Unterju-


 
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