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Mannheimer Abendzeitung — 1845

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No. 299 - No. 328 (1. November - 30. November)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44007#1315

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Freitag 14. November 1845.







Eine Stimme über die sächſiſche Advokatenver-
ſammlung.

(Aus dem ,„Herold“.)

Dresden iſt ruhig; keine Lärmtrommel ertönt; weder Klubbs,
noch Volksvertreter, noch Aufregung! ~ Dreeden ift ruhig — und
es hat ſo eben erſt di: Advokatenverſammlung dort ftattgefunden.

Ob Kanonen aufgefahren und die Truppen in den Kasernen kon-
Fgnirt waren, – wir wiſsen es nicht; aber die Lage der Dinge war
nicht one Bedenken; denn die Befürchtung lag vor, daß an eine
Berſammlung aller deuts< en Sachwalter gedacht oder sogar vorbe-
reitende Schritte dazu gethan werden könnten ; daß ferner in dieser
allgemein deutschen Sachwalterversammlung an ein allgemein deutsches
Reitt gedacht, dadurch aber der Bundestag beanruhigt, durch Beun-
ruhigunz des Bundeetags die Ruhe Deutschlands gestört; hiedurch
aber hinwiederum das Gleichgewicht Europa's beeinträchtigt und die
Welt aus den Fugen gebracht werden könne. :

Nun, die geſpenſterhaften Schatten sind gewichen und jetzt ein
ruhiges nüchternes Wort über die Advokatenverſammlung und über
die hove Verordvung der Kreisdirection vom 29. September 1845!

Die deutschen Polizeimänner und Nichtpolizeimänner werden ges-
gen den ruhigen und gesetzmäßigen Verlauf dicser Verſammlurg Nichts
einzuwenden wiſſen. Was die Vorträge und Debatten betrifft, so
waren sie meiſ auf das Proftiſche gerichtet, und die Haupttendenz
ging dahin, die längſt gehegte Idee eines Vereins der sächsischen An-
wälte in Fleiſch und Blut zu verwandeln. Bei dieser Versammlung,
vie zunächſt 1hre eigene Levensfra,e zur Aufgabe haite, würde ein
Antrag auf Einberufung einer Verſammlung deutjcher Anwälte, ais
unzwec>mäßig gew!'ß zurückgewiesen worden sein, wenn er überhaupt
aufgebracht wäre; denn wer sein eizences Haus noch nicht fertiz ge-
baut hat, wie wollte Dieser schon Gäſte in sein Haus einladen ?
So ſtard die Sache, wenn tie Berordnung der hohen Kreisdirection,
welche rie Berathung eines üintrags auf die Versammlung aller deut-
schon Anwälie verbietet, nicht exiſtirt vätte. Natürlich aber war es,
daß dieſes außerordentliche polizeiliche Verbot nicht ohne Widerspruch
blieb oder bleiben konnte. Denn ſeibſt der Stumme wird ſich nicht
ohne Widerspruch ein Schloß vor den Mund legen laſſen. Es war
weder Ort, noch Zeutr, um über den Gegerftand selbſt, die Einberu-
fung riner allgemeinen deutschen Advokatenverſammlung, eine Discu)-
ſion 1u eröffnen; deßbalb beschränkte sch der Berein darauf, einen
Proteſt gegen die Rechtmäßigkeit der KRreisdirectionsverordrung zu
Protokoll zu geben. eu!

Polizeimänner Deutschland's! Was in aller Welt habt Jhr ge-
gen eine Versammlung deutscher Sachwalters” Wenn tie äelnträge
ftelen auf allgemein deutſche Beſctzdücher, was seht Jhr da in Revo-
lurionäres ? Wißt Joör denn nicht, daß wir nach den! Becker'ſchen
Rheintied für Deuiſschland's Ein. eit schwärmen dürfen? daß ſselbſt
Fürften dieser Idee balber sich um den Hals fallen und Freudenthrä-
ren wein? – Deurutſche Schulmänner vrrsammeln sich, deutsche
Forſimänner, deutsche Apotdeker, deutſche Naturforscher, ja sogar
deutſche Sihriftſteller dürfen sich jährlich versammeln! Schleswig-
Hölſtein darf in Würzburg deutsche Sehnsuchtslieder singen. AUge-
meinen deutichen Takt, allgemein deutsches Maß und Gewicht haben
wir zwar noch nicht, doch solche allgemein deutsche Erneuerungsideen
in den Köpfen der Regierungsbe a mten; so eben wird auf
dem ſsächſischen Landtag ein Antrag auf allgemein deutsches Wechſel-
recht verhandelt; der Herr Juftizminiſter erklärt, daß er sclbft bereits
tinleitent. Maßregeln dierzu durch Verhandlung mit andern deuiſchen
„E trzrget srtteſte habe. Dies erklärt ausdrücklich der Herr Ju-
Êsizminitter!

! Und die deutschen Sachwalter sollten von der Id ee
cines allgemeinen deutschen Gesetz duches nicht einmal



_ Deutfchtann.
u, .. “ Mannbdeim, 13. Nov. Die in Conſanz erschcinenden | See-
| Hhläter., deren wackerer Rödacteur zucleich Stifter uud Vorßsalid ver

| docttgen deutſch - katholiſchen Gemeind. is, oringen in Nr. 134 als



eingesandt bezeichnet eine umfangreiche Bittschrift an den Hrn. Erzbi-
ſchof in Freiburg um Einberufung einer Bisthumskirchenverſammlung
mit der Einladung, fie auf der Gemeindekanzlei zu unterzeichnen ; der
Bürgermeiſter und sämmtliche katboliſsche Mitglieder des Gemeinde-
raths und Bürgerausſchuſſes von Conftanz haben dieses ſchon gethan.
Die nämliche Biltſchrift geht in einigen Tauſenden von Exemplaren
an alle fkatholiſchen Gemeinden des Großherzogthums, um das ſchon

an vielen Orten ausgeſprochene Verlangen: ts wolle dem Hrn. Erz-

biſchof unter Berücksichtigung der dringenden Verhältnisse gefallen,
möglichst bald eine Bisthumekirchenverſammlung einzuberufen allge-
mein anzurezen und zu verwirklichen.

++ Aus Württemberg, 10. Nov. Mit großer Spannung
erwartet man bei uns den Zusammentritt der badischen Kammer; denn
seit Eröffaung des letzten Landtags bat von Seiten des Volks eine
Reaction gegen das defteyende Berwaltungssyftem begonnen, die be-
reits eine große Kluft herdeigeführt hat. ~ Die Wunden die der
Rücktrint der Oppoſtiion aus den dreißiger Jahren dier guten Sache
geſchlagen, fangen allmälig an zu verharſchen, das Voli erwacht und
wird für politiſche Dinge immer empfänglichee. – Römers gegen-
wärtige Stellung, die Ancrkennung und die Huldigung, die ihm in
allen Landestheilen za Theil wird, iſt der jicherſste Beleg hievon, taß
ein Volk, bei dem vor kurzem ein Liberaler noch wie ein Aussätziger
angesſeben wurde, zum Bewußtsein zu kommen anfängt. ~ Die Her-
ren Pfizer, Ubland u. s. w., die so unzeiriz zurückiraten, mögen
auch aus unſern gegenwärtigen Verdältniſsen einerseits und anderjetts
dem jetzigen Erwachen des Volkes erkennen, wire unpolitiſch ihr dama-
liges Adtreten vom Schaup'ate war.

Die deutſch-kaiholische Angelegenheit hat hier zu Lande äußerlich
einen guten Fortzanz. ~ Brreits ſind mehrere körigliche Diener über-
gttreren, verschiedene Pfarrer angestellt, worunter auch Hr. Würmte,
und man kann die gegenwärtige kaatsrechtliche Stellung der Deutst -
Katholiſchen als reine fill’twrigend anerkannte betrachten. – Eo
scheint denn das Mirifterium einen andern Gang eingeſchlagen zu
baben, als nach seinen frühern Maßregeln zu erwarten war, einen
Gang der aucb in Hieſſen auzrnommen zu werden ſcheint. –~ In wie
writ dieß der Integrität, Sinerrität und dem deutſch katholischen Prin-
zipe förderlich sein werde, will :5h vier nicht weiter ause.nander ſe:tzen,
da es doch nu. „zzutrer für Pulver-. sein würde. –

Natürlich sind uniere Pietiſten und proteſtantische Jesuiten sehr
ergrimmt über dieles, wenn auch zur äußere, Wachsthum einer Par-
tei, reren Grundsätze 1ibrem Syfteme zuwiderlaufen. – Allein sie
müſſen ſich vor der Hand zedutloen, denn wenn ite auch dbister ſich
eines beſondern Schußges von oben zu erfreuen gehabt, so scheinen
roch noch vöhrre Rückſichten eine Begzünſtigung die Deutsch- Katho-
liker zu verlangen. -

Darmſftadt, 10 Novvr. (Heſſ. Z.) Bei einem Spaziergange
geſtern Nactmittag ertlang dec Eiſenbabn in der Gemarkung Be) fun-
gen fand Einsender mehrere Kornähren, welche in voller Blüthe
ſianden. Es liefert dies d-n Beweis, daß dir Landmann noch zahl-
reich Grünfutter auf seinen Feldern holen kann, wodurch also die
Kartoffelvorräthe geſchont bleiven. Hält dieſcs Wetter nur noch einige
Wochea an, so werden bedeutende Ercsparniſſ. an Kartoffeln, Rüben
2c, eintreten, und damit der in Aussicht geſtelte Manzel verschiede-
ner Lrbensbedürfniſſe –~ welchen die meiften Bauern in diesec Zeit
(Martini) gerne sſehzn ~ aufs Stlagendfte widerlegt.

XK Sachſen-Meiningen. Der Holzhandel, welcher von hier
aus betrieben wird, iſt sehr beteutend und im Orte Wernshauſen
(Berwaltungsamt Salzungen) und Umgegend nährt derselbe Hunderte
von Flöfs-n, welche vom erſten Frübjayr bis in den Winter Bau-
hölzer, Bretter u. s. w. auf der Werra hinab gen Minden an der
Weser bringen. Er iſt sehr einträglich dieser Handel, troß dem, daß
derselbe mit ciner Unmasse von berrschaftlichen und andern Abgaben
beschwert und Hemmnissen aller Art auszes-tzt iſt. Das größte der-
ſelben aber iſt der ungl eiche Zoll, der in dem erinen betroffenen
Staate niedrig, in dem anderen hoch iſt. Die Flössſer suchen sich
hiergegen durch Breiterbinden der Flosse zu ſchüßen und geben da-
für im Wege freiwilliger Uebereinkunft an die Müller und andere
Floßzollerheber einen höhern Zotl ab. Gerathen ſie aber mit den-
selben einmal in Zerwürfniſſe, so halten sich die Müller u. a. an


 
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