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Mannheimer Abendzeitung — 1845

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No. 146 - No. 175 (1. Juni - 30. Juni)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44007#0693

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aufsehlag. j



L 165.

er Abendzeitung.

Juseratediegeſpaltens
Zeile in Petitsſchrift oder
deren Raum 3 kr. Jnſs-
rate, worüber die Redak-

Raum 4 kr. + Hriefs
und Geky erhſitet man



Freitag

20. Juni

1845.







: Deutſchland.
_ *** Merlin, 12. Juni. Was bisher, kaum glaublich, in ver-
einzelten Zeitungsnotizen nur geheimnißvoll angedeutei ward, iſt plötz-
lich mit überraſchender Gewißyeit an das Tageslicht getreten. Man
hat in Preußen eine massenhafte Austreibung aller vom
Auslande eingewanderten Schriftſteller beſ<hlossen! –
Weßhalb ? — Die Polizei hat es so für gut erkannt; Gründe gibt
es weiter nicht. Höheren Orts hat man eingesehen, daß die Jour-
naliſten an allcm Unheil der Zeit Schuld ſind. Es hilft aber nicht
mehr, wie es die andern Bundesſtaaten machen, diese oder jene ver-
kinzelte Persönlichkeit zu entfernen, der Schlag muß im Großen ge-
ſührt werden, um den ganzen Stand der Journaliſten zu demüthigen.

_ So sind denn vorläufig in Berlin circa dreißig Schriftſteller notirt,

über welche eine eifrige Correſpondenz zwischen dem Minister des In-
nern und dem Polizeipräſidenten obſchwebt. Der letztere soll mehr-
fache Bedenken gegen das Gefährliche der ganzen Maßregel aufgestellt
haben, der Minister jedoch auf seinem Willen beharren. Vorläufig hat
man sich begnügt einen D. Dronke, der vom Rhein her zu uns ge-
kommen war , fortzuweiſen. ~ So eben lese ich, daß das preußiſche
Generalberichtigungebureau, die deutsche Allg. Ztg. , die ganze Sache
in Abrede nimmt; lassen Sie ſich dadurch nicht irren. Von Seite
des Miniſteriums des Innern wird die Sache dem Könige nach der

Rückkehr vorgelegt werden, bis dahin wünſcht man ſte geheim zu

halten. '

_ Ublber die Itzſtein sche urd Hecker’ sche Ausweisung iſt die
Stimmung hier vollkommen die alte; ja sie hat durch die neuerliche
Erklärung des Polizeipräſtdii über den Paßmangel noch an Bitterkeit
gewonnen. Jedermann weiß nämlich, daß die Fremden, welche hier
in den Gaſthöfen auf kurze Zeit abſteigen, auf eigenen Antrieb der
Wirthe, sich in den Fremdenbüchern als ohne Paß angekommen ein-
iragen, um der höchſt läſtigen Poſtſcherereien überhoben zu sein. Sie
füllen dann die betreffenden Rubriken im Fremdenbuch mit einem Strich
aus und verräth ihren Namen oder Stand nur irgend eine Notorität,
kommen sie namentlich aus den Zollvereine staaten, so achtet die Po-
lizei nicht weiter darauf. Wozu nun diesen Hergang abermals ver-
dächtigen, während man andcrntheils deutlich zwischen den Zeilen zu
verſtehen gibt, man habe auf die Päſſe an sich gar keinen Werth ge-
legt und die Ausweisung ſtehe damit nicht in Verbindung! Man hat
nichts gewollt, als dem deu!sſchen Volk die Vermuthung insinuiren,
die Herrn könnten in ihrer Erklärung unwahr gewesen sein. Der
Grund der Ausweiſung iſtaber einfach der gewesen, das Polizeiminiſterium
hat geglautt, die Deputirten wollten nach Königeberg, könnten dort
î mit dem Könige zusammentreffen und hierdurch unangenehme Demon-

ſtrationen herbeiführen. Auf diesem vagen Verdacht hin, hat man sie
fortgewiesen. Unglaublich, aber wahr! Ö

Berlin, 14. Juni. (Aach. Ztg.) Die Ausweisung von
Ituſtein's und’ Hecker's und die daraus hervorgegangenen Stim-
mungen und Vorfälle (Karlsruhe) s ollen weitere Jolgen gehabt haben.
Was auch daran sein möge, ich halte mich ſür verpflichtet, Ihnen
wenigstens mitzutheilen, was hier seit geſtern allgemeines Stadtge-
spräch iſte Man veriſchert nämlich, daß Herr Flottwell das
Miniſterium d es Innern übernehmen werde.

Berlin, 12. Juni. (Rh. Beob.) Die Nagchricht Ihres
Blattes , . daß der glaubensmuthige Pfarrer Redenbacher es ausge-
ſchlagen habe, unter den jetzigen Verhältnissen wieder eine Anstel-
lung in Baiern anzunehmen, kann ich aus guter Quelle dahin er-
ganzen, daß derselbe wahrscheinlich eine Pfarramtsanſtellung in
Preußen erhalten wird.

Königsberg, 11. Juni. (D. A. Z.) Gestern Nachmittag
um 5 Uhr traf unser König, von Tlilſit kommend, hier ein und
fuhr sofort zur Gewerbeausſtelung auf Königsgarten. Der König
verweilte an anderthalb Stunden darin. Abends war großer Zapfen-
ſtreich und alle sonstigen Feierlichkeiten, die ſich der König verbeten

hatte, unterblieben. Heute Morgen war innerhalb des Schloß-

Hofs vor dem König große Parade, zu der das Volk, des beſchränk-
ten Raumes wegen, keinen Zugang hatte und unmittelbar darauf setzte

ap [s V § {|

der König seine Weiterreiſe nach Elbing fort. Der König sprach
geſtern Abend, als die Civil- und Militärbehörden auf dem Schlosse
verſammclt waren, mit der aus Magiſtratsmitgliedern und Stadtver-
ordneten beſtehenden Deputation der Stadt sehr ernst über das hiesige
Mißverhältniß zwischen Bürgern und Militärpersonenz es sollen auch

heute auf der Parade ähnliche Vermahnungen an die Militärs in

Bezug auf ihr Verhältniß zu den Bürgern von dem Könige gespro-
cen worden sein. Die Stadtverordneten haben ſich daher heute
außerordentlich versammelt und ausführlich das Sachverhältniß, wie
ſie es ansehen, in einer Immediateingabe auseinandergeſsetz.

Aus Düſſeldorf, im Juni, schreibt der Rheiniſch-Weſtphäliſche

Sprecher : Wie wird es uns Andern ergehen, wenn das den Edelſten.

und Beſten der Nation widerfährt: so ertönte der Ruf des Eiſtaunens
durch ganz Deutsſchland bei der Nachricht von dem den badiſchen Ab-
geordneten in Berlin zugeſtoßenen Begegniß. Zwei Männer, durch
Beruf und Charakter hochgeachtet, der Eine die Zierde einer der wür-
digſten deutſchen Kammern, bewundert und geliebt wegen seiner Ta-
lente und seiner Herzensgüte, werden, auf einer Vergnügungsreise be-
griffen, an den Thoren Berlins abgewieſen. Und wie weckt dies die

in Millionen schlummernden Sympathien auf! Zweifelt ihr nun noch

an Esshéett der Gesinnung in Deutſchland, ~ an deutscher Einig-
keit? — ,

Wie aus dem Schoße Frankreichs die freien Gesetze, deren wir
uns erfreuen, hervorgegangen, so hat auch dort, besonders seit der
Julirevolution, die Ausbildung des Polizei:-Inſtituts die Aufmerksam-
keit der Regierenden in hohem Grade in Anspruch genommen und ge-
hört zu den Hauptlieblingsneigungen des jetzigen Gouvernements. In
ahnlicher Weise findet ſich auch in unserer Gesetzſammlung die Abſicht,
die Prärogative der Polizei zu vermehren, sehr deutlich ausgesprochen,

und führen wir zum Beweise davon nur das im Jahre 1842 erlaſe

ſene Geſez an, worin es ausdrücklich heißt, daß fernerhin den Ge-
richten die Competenz entzogen sei, über die Zulässigkeit, Zweckmäßig-
keit und Nothwendigkeit einer polizeilichen Berfügung zu entscheiden.
Damit aber ist jedem Ortsvorſtande der weiteste Spielraum zu An-
griffen und Anmaßungen jeder Art gegeben, gegen die der Gekränkte
allerdings den adminiſtrativen Weg ergreifen kann, der aber, wie be-
kannt, weder den Ruf der Unparteilichkeit, noch den der Beschleuni-
gung in dem Grade wie der Rechtsweg besitzt, und es ihm also in
vielen Fällen an Luſt und Muth, zur Erlangung seines Rechts wei-
tere Schritte zu thun, gebricht. Daher können auch alle praktischen
Juristen mit diesem Gesetze sich nicht befreunden und wird dasselbe
von ihnen als die Rechte dcs Staatsbürgers in hohem Grade gefahr-
droheud bezeichnet.

Aachen, 16. Juni. Durch Crlaubniß des Ober-Censurgerichts
vom 3. Juni ist gegen das im Verlage des Herrn Meyer hier er-
ſchienene Wirk: „„Das Gesſchworenengericht, von F. G. Leue, Ober-
Procurator am königl. Landgericht zu Coblenz,\ tas vorläufige
Debitsverbot b eſtäti g t und verordnet worten, daß dasselbe, mit
Ausnahme der freigegebenen dritten Abtheilung, Gejchichtliche Ver-
gleichungen“, vernichtet werden ſolle!

§§ Aus der baieriſchen Pfalz, im Juni. Dem Verneh-
men nach sollen im November l. J. die Kammern des Königreichs
in München zusammenberufen werden. Sehr wichtige Gegenstände
sollen dabei zur Verhandlung kommen. Namentlich ſpricht man
von einem neuen Gesetze, welches die Urt der Diskussion zur Be-
ſchlußfaſſung über Annahme neuer Gesetbücher reguliren ſoll, ferner
von einem Hypotheken- und Vormundſchaftsgeseß, sowie von einer
Zwangsveräußerungsordnung für die Pfalz. Es iſt daher nament-
lich für die Bewohner unseres Kreiſes vom höchsten Interesse kurch
tüchtige, sachkundige Männer in der Kammer vertreten zu werden.
Leider war dies bei den letzten Sesſionen nicht der Fall, weil in
Folge königlicher Prärogative gegen öffentliche Beamten, die zu De-
putirten gewählt waren, das Ausschließungsrecht in so ausgedehn-
tem Maaße geübt wurde, daß faſt kein einziger der wirklich vom
Volke gewählten Deputirten, sondern mit wenigen Ausnahmen nur
ſolche in der Kammer erschienen, welche durch wenige verlorene


 
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