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Mannheimer Abendzeitung — 1845

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No. 329 - No. 358 (1. Dezember - 31. Dezember)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44007#1509

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Abonnement mit vier-
ieltähr. Vorausbezahlung G
in Mannheim 1fl. 1 t. cnM
durch die Poft bezogenim Js
ganzen Greßherzogthum ys p
Poren ef s fr., im -
Ausland erhöht fich das
Ihonnement um den Pofi-
aufschlag.

Montag

%29. Dezember

Inserate diegespaltens
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ranco.











1845.









Mit dem erſten Januar 1846 beginnt ein neues
Mannheimer

Ww j

halbjähriges Abonnement auf die

| pa. : Abendzeitung,
wozu wir freundlichſt einladen , mit der Bitte, des richtigen Bezugs wegen die Brſtellungen möglichst bald zu machen.
vn Die Mannh eimer Abendzeitung erſckein 1ö glich vnd von

Neujahr an auf fiarktim Fopier und mit deutlichfiem Drucke in

Groß-Median-Formatz der Preis derſelben ſammt ihren Beilagen, dcn „Rheinischen Blättern- und dem „Badiſchen

Volksſchulblatte“ bleibt unverändert.



Neber Volksverarmung und Auswanderung.

Von G. Rau in Gaildorf.

(Württemb. Beobachter]

Wenn bcwiesen werden soll, daß unser Vaterland noch Raum
habe für Biele, daß tie Beförterung der Auswanderung eine
Thorbeit, und daß die Vermehrung der Bevölkerung eher eine Quelle
des Wohlstandes als eine Unsache der her.inbrechendin Verarmung
genannt werden müſſe, so iſt dieser Beweis so leicht, und wiederum
so schwer, als derjenige, taß zweimalzwei vier ſind. Leicht iſt er,
weil cine fleißige Hand reich macht und viele fleißige Hände sehr
reich machen; aber schwer iſt es, iym Geltung zu v.rſchaffen gegen-
über der ins Fleiſch und Blut vicler Deutscher übergegangenen krank-
haſten Meinung, daß unſcre- bishcr vorzugsweise Ackerbau treibende
Nation auch f.rnerhin unfähig sei, zu denken, zu spinnen, zu weben
und auf der See zu fahren, gleich andern kultivirten Völkern der
Erde. Noch ſchwerer ist jener Beweis gegenüber der hartnäckigen
unſeligen Theorie, nach welcher die zukünftige Wohlfahrt unseres
Landes sich aus fich ſeltſt geſtalten soll, durch langsames Absterben des
kleinen Ocwerbestandes und durch seine Auferſtchung in Form gro-
ßer gewerblicher Anslalten. Diese an eine weiſe Leitung der Volks-
ihätigkeit nicht denkende Theorie glaubt nicht karan, daß ter Baum
der Induſtrie n <t wild wächſt, ohne Veredlung, ohne Stütze, sie
gibt nicht zu, daß auf manchcs Wiltſtämmchcn der kleinen Gewerbs-
thätigkeit ein erles Reis gcpfropft werden ſoll, statt dieſe Stämm-
chen sammt und sonders mit ihren Wurzeln langsam verderben zu
laſ’s n. Das Syftem des „Alles jeimnen Gang geyen loſsſ.n-- beruft
ſich vierbsi auf einize wenige Indufirielle, wclche trotz ungeschickter
Arbeiter, trog des Mißrrauens und der unheiloollen Weiſſagung ei-
ner ſuperklugen Fraubaſerei, die E chlia und Cyarybdis unſcrer Zu-
ſtände glücktich durchschwommen haben, und es macht jenes Syftem
diese Uusnahm.n zur Rege!. Diese throreiiſche Scheir wrisheit iſi es,
welche die Unwen:ung kraftvoller Maaßregeln zur Rettung des Ge-
roerdſtandes so lange hinterhält, bis es zu spät wir , welche glaubt
mit dem Cijendahnbau genug getban zu haben. Als ob nicht die Ge-
werb: so. dern die Eiſcnbahnen die Quelle des Verkehrs wären.

Der Einganzs erwährte Beweis liegt sonnenklar in den zwei
großen Thatſachnn: + daß unser Ackerbau roch in den meiſten Gegen-
den des Landes auf einer niedern Stufe fleht, und ~ daß weir nicht
einmal unsere eigenen Bedürfnisse an Gewerbeprotukten ſeibſt liefern,
geſchweize denn eimen Tauſchhandel von Marufgktur - gegen Colonisl-
waaren einlciten, während längst alle v.xnünftigen Volker der Erde
di;ſen Handel so emſig treiben. Blicken wir auf die Menge schlecht
külüipirter Acck.r und Wiesen in unserm Lande, betrachten wir die
Moſſe intuftri.ller Rohmattriale, Eisen, Holz, Torf, . Salz 2c. und
hören wir von allen Seiten die Klage: „es iſt nicht mehr auszu-
kommen, k.ine Arbeit, kein Brod, wir müſſen auswandern in Maſſ,,“
ſo müssen wir faſt glauben, zu träumen. Während Frucht und fette
Othſen in Menge nach dem gewabreichen Ausland gehen, und dafür
niedliche Bänderchen aus Paris und Garn, Gewerbe u. s. w. aus
England eingeben, steht der arme Schwade ta mit den Tantalus-
Qualen cer Ecwrrheloſigkeit, und zahlt auch in seiner gedankenloſen
Lüpernheit den I tien baaren Heller für ein Tröpfchen Caffee.

Tief iſt freilich die gewerbliche Intilligenz eines Volks gesunken,

. . das mitten im Lande eine terra incognita beſitzt, oder vielmehr diese

vecmiethet hat um schnöden Loyn an das Auelind, das fruchibare,
reiche und große Gebiet des mit den mechaniſchen und chemischen
Hülfsmitteln verbundenen Gewerbefl:ißes. Wie wcit ift es gikommen,
wenn öffentlich aus der Auswanderung von 50,000 Menſchen Heil

für unsere Zuflände prophezeit wird! Hätte denn wohl der kleine
gedrückte Gewerbsſtand mehr Kundschaft und mehr Verdienst, wenn
50,000 Consument:n auswandern ? Hätte der Staat ohne sie die
gleichen indirekten Abgaben und Zolleinkünfte? Tragen Viele die Laften
nicht leichter als Wenige? Sind überhaupt , und bei der jetzigen
trqurigen Art der Auswanderung, darf n an dies wohl fragen ~
50,000 Menschen weniger werth als 50,000 Schafe ?

Ruhig könnte Württemberg tie Zahl ſeiner Einwohner wachsen
schen, tin freuviges Grtrihen würde êberall ſichibar werden: aber
zwei Dinge sind vor Tüem picgu uwihneudig, eine Nationalbank und
ein Handelsminiſterium.



Benutfstland.

+ Mannheim. Am zweiten Weihnachistoge, Vormittags 10
Uhr, feierte die hicſige déuiſch: katholiſche Gemeinde in dem ihr zu
diesem Zroccke von dem evongeliſchen Schul- und Küchengemeinderath
bereitwill gs üv.alc s:nen Ss.ulhausſaale den er flen feierlichen „Pri-
vatgcttesrienſt« bei vucrichloſſenen Thüren.

&i Vom Hberrhein, 25. Dez. Seit einiger Zeit haben ſich

hie reaktionären Blätter in Eifindungen über die im Auslande lcben-

den Schrisſiſicller erſchöpſt, um täiiſelben in einer mehr oder minder
delp kuirlichen Lage darzuftelen und auf dieſe Weiſe vielleicht iyre
Wirkſ.mfkcit einige maßen zu paralyfiren. Um den erfinderiſchen
Patrioten von der reaktionären Scite einigermaßen zu Hülfe zu kom-
men, ihrer liebevollen Theilnahme neuen Stoff zu liefern, haben wir
vorgestern eme Nachricht in Ihr Blatt geſandt, welche über Freilig-
rat, Ruge, Heinzen, Herwegh u. s. w. die inter: ssanteften
Unglücksbotſchesten brachie. Hoffentlich iſt uns kieſe M yſti fikation
in ſo fern gelungen, als die gute Preſſe- in allem Ernf Notiz da-
von genommen haven wirn. Bon den gemeldeten Na wrichten
1ſt nicht ein Wörtchen wayr Wir nepmen dieſe Täuſchung auf
unser Gcwiſſen, wenn wir davuich erreichen, daß die gute Priſſe
mit ihren Lüge n künfiig vorſichtiger ju Werke geht. Wer sich um
die deutſchen Ülüchtinge nicht in guter Abficht bekümmert, der ver-
ſchone ſie mit sciner Theitnahme gänzlich. Sie sind denn doch, gleich
iyrer Laze und ihrem Str ben. im Ganzen zu achtenswertih, als daß
man sie zum Gegenfiaud höhnender Fabeleien der ſervilen Prcſje sollte
machen laſſ:n; dich mag einſtweilen genügen.

+ Köln, 24. Dez. Wie ſehr die politiſche Indolenz in unſerer
liberalen Stadt ſcit einiger Zeit zugenommen, zeigt ſich durch nichts
ſo ſchr, als durch die Ungeſtraſtheit, womit man den rRyheiniſchen
Beobachter!" sein Wesen treiben läßt. Die Frechheit dieses Blattes
gegen die liberale Partei und ihre Vertreter übersteigt in der That
jedes Maß. Man sieht das an, ärgert ſich hier und da im Stillen,
und schweigt. – Dem „Rheiniſchen Beobachter- ſoll, ſo lang er er-
scheint, noch nicht eine Sylbe geſtrichen worden sein. Wollte unſre
Preſſe ihm dienen, wie er cs verdient, so würde sie balv erkennen,
mit wie ungleichen Waff.n sie kämpfen müßte. Welche Cenſur
würde der liberalen Preſſe dieſelbe Fceiheit gegen die Vertreter der
Reaktion gefiatten, roelche dem &Rhyeinischen Beobachter gegen die
Vertreter des Liberalismus einacräumt wicd ? Sie roürde dies um
ſo weniger thun, da es nich: ..e Literaiur und der Literatenſtand itt,
in welchem die liberale Preſſe ihre Auswabl zu treffen hätte. ~

~ Das. Blott geht bei ſeiner Hunkt on mit einer
Sicherheit und einem Uebermuth zu Werke, die deuilich zrigen, wie
volizeilich ſicher es sich fühlt, und für jolch Geſchäft brziebt der Hr.
Redakteur (außer sonftigen Unter ſtüt-1ngen) 1200 Tylr. Gchalt als
„Profeſſor‘“, welche von den Bürgern müſſen aufgebracht werden,


 
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