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Mannheimer Abendzeitung — 1845

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No. 268 - No. 298 (1.October - 31. October)
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Mittwoch 22. October. 1845.
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* Zum achtzehnten Oktober.
(Weſer-Ztg.)

„Wenn heut ein Geiſt herniederſtiege!" rief der Dichter aus und
meinte, schon drei Jahre nach dem großen völkererrettenden Siege
bei Leipzig, der Geiſt würde ſchmerzvoll und mit bitterem Ernft einer
kleinen Zeit den Spiegel der bald vergessenen großen Tage entgegen-
zuhalten haben. Wir haben heute zum zweiunddreißigſten Male die

Feier des Tages begangen, an welchem einft alle deutſchen Stämme

ihr gemeinsames Vaterland mit ihrem Blute wieder erworben haben;
eine neue Generation hat die Errungenschaft jener Kämpfe angetreten,
und Reiner der drei sieggekrönten Monarchen , welche auf dem Hügel
von Probſtheyda vor diesem Siege in den Staub niederſanken, ift
mehr unter den Lebenden. Wenn heut ein Geiſt herniederftiege, dür-
fen wir wieder fragen, würde er nicht wiederum ſo zornerfällt an
die Fürſten und Völker die Frage zu richten haben: vergaßt ihr je-
nea Tag der Schlacht? Vergeſſen ift er nicht und wo er in deut-
ſchen Landen nicht, wie nach der ſchönen Sitte unserer freien Stadt
als ein öffentlicher Fefttag mit militäriſchen Ehren und dem auf offe-
nem Markte angeſtimmten Dankchoral gefeiert ift, da wird in dieſer
Zeit wenigstens an gebeiligter Stätte demselben Dankgefühle Raum
urd Ausdruck gegeben.?) Aber ift nicht auch unsere Zeit klein zu
rennen neben der Größe der Tage, die wir feiern ? Wo ſîind die
Thaten des Friedens, welche wir den unsterblichen Thaten jenes Krie-
ges gegenüber stellen können, wo die großen Resultate, welche dem
Streben eines Volkes während eines Menschenalters würrig wären,

wo die Manner, welche ihre Bürgerkronen, ohne zu erröthen, zu .

den Siegeskcänzen der dahingezangenen Helden legen möchten? Es
ſind Viele, die auf solche Fragen eine bittere Antwort bereit haben,
und Viele sind, die noch herbere Fragen auwerfen würden. Aber
auch andere als die „Bittern- uno rHoffnungslosen-,/ müssen zugeben, daß
auf die Oktoberfeier dieses Jayres. ein ſo düsterer politisſcher Himmel
berniederhängt, wie in wenig früheren Jahrenz ungelöſ’t sind die
mriſten der gleich nach Deutſchlands Wiederherftelung nahe heran-
getretenen Fragen, von deren Löſung die Würde und Geltung der
Nation abhängt; zu den alten aber sind neue Fragen, zu
den alten Konflicten neue Konflicee gekommen und wenn weir
die Größe der Leipziger Waffenthat eben darin finden, daß
ſie das Werk einer gewaltigen und einmüthigen Anstrengung
aller nationalen Kräfte war , so müſſsen wir unsere Zeit, in welcher
dieſe Kräfte wiederum so vielfach entzweit, so selten mit einander
und so oft g eg en einander wirken, allerdings eine kleine, und in
diesem Moment, wo eben wieder ein neuer ſchneidender Spalt durch
das Herz unseres Volkes gedrungen ist, welcher den ganzen Körper
zu erſchüttern droht, allerdings eine düstere nennen. Als die Zeit
des Friedens, und eines Friedens, wie ihn in gleicher Dauer lange
zuvor die Erde nicht erlebt, preiſen wir unsere Gegenwart, und doch,
t; û irt sst die dauerndere Kämpfe, die feindseligere Parteien
geſchen. hat?... „s ; q. a s q. t ofs

Durch die Sicherung des Friedens nach Außen und in dem
Bewußtsein des nationalen Prinzips iſt den einzelnen Staaten
Deutſchlands (so wie denen Europa's) die Möglichkeit einer Abson-
derung, die Freiheit zu einer selbfiſtändigen Ausbildung der jedem
eigenthümlichen Verhältnisse und zugleich die Theilnahme an den all-
gemeinen Aufgaben, deren Löſung die Menschheit zu allen Zeiten be-
ſchäftigt hat, gegeben. Für diese großen Zwecke werden die Kämpfe

" geführt, welche den Frieden unserer Tage zu bedrohen scheinen, welche

zugleich aber auch dem Frieden erst seinen Werth verleihen. In
der That sprechen sich die drei eben bezeichneten Richtungen der
j nationalen Thätigkeit unverkennbar in den Fragen aus, welche
ben jeyt unsere deutschen Staaten so lebhaft beschäftigen. Am
Entfernteſten fteht noch immer die erſte, die Darnellung einer

. besoaderen, in ſich geſchlosenen deutschen Einbeit den Natbarvötkern

gegenüber. In dem Bunde, welther diese Einheit von Rechtswe-
gen repräsentiren sollte, hat sie, wie ein Jeder weiß, den allerſctwäch-
fien Auedruck gefunden, einen ſtärkern in der gemeinsamen Militäror-



_ biefe teier längst zu Grabe gegangen.

) In Süddeutschland ift , so viel wir wiſſen, überall, außer Frankfurt,

ganisation; vor Allem aber erwarten wir von der Vereinigung und

dem Zusammenwirken unserer Handels- und gewerblichen Interessen

dieſe größere Selbfiftändigkeit und ein entscheidenderes Gewicht in der
Wagſchale der Staaten. Daher die Sympathien , welche die Stif-
tung und Erweiterung des Zollv er eins, seiner unbewußt und so
ſehr er selbft bei sciner Entftehung die Intereſſen, welche ér jetzt ver-
treten möchte, zu beeinträchtigen drohte, überall gefunden und ſelbft da
findet, wo man nicht dur ihn allein, sondern gemeinſchaftlich mit
ihm das Allen gleich wünschenswerthe Ziel zu erreichen ſucht. Schon
durch solche Verschiedenheit der Ansichten, noch mehr aber durch den
ihnen zu Grunde liegenden Gegenſatz der Interessen selbst iſt es ge-
kommen, daß eben die Frage , welche durch tie Einigung Aller gelöft
werden kann, gerade in dem gegenwärtigen Augenblicke zu der größe-
ſten Uneinigkeit und zu einer wohl in der Tiefe noch mehr als auf
der Oberfläche nachwirkenden Mißſstimmung Anlaß gibt. Dennoch
gebört riese Frage kaum zu denjenigen,, welche jet im Verhältniß zu ihrer
Bedeutsamkeit die Gemütber beschäftict, unsere deutsche politiſche Laze it
aber mehr wie in jedem andern Staate von den „Gemüthern-, abhängige.

In die briden andern oben angedeuteten Richtungen unserer nationa-

len Thätigkeit sehen wir faſt alle Kräfte, getreu ihrer seit Jahrhun-
derten befolgten Bahn, auch heute wieder getrieben. Die Ausbildung
der Verfaſſlungen, woran die meisten der kleineren deutschen Staaten
während der Periode der Selbfiſtändigkeit faft unausgesctzt gearbeitet
haben, erfüllt jezt wicder, wo der pr eußi sch e Staat, wenn nicht
alle Zeichen trügen , zuerst in Wahrheit den Namen einer ftändisſchen
Monarchie aus dem Munde seines Königs empfangen soll, auch die,
welche dieſes Ereigniß zunächſt nur in Bezug auf Deutſchland im
Allgemeinen, für ein höchst folgenrciches halten müssen, mit immer
erwartungsvollerer Spannung. Auch das Einlenken in diese Bahn
wird eine Reihe von Kämpfen, Gott gebe, auch von Erfolgen, für
Preußen und für Deutſchlard eröffnen! Kampf aber und Spannung

und allzemeinſte Theilnabme hat bercits die wiedererwachte religiöse
“Bewegung unſcrm Baterlante genugsam gebracht, sind doch auf den

Boden, auf welchem Deurſchlands heute von uns gefeierte Freiheit blu-

tig erkämpit ward, schon dir erften Blutstropfen dieses neuen Kampfes

gefloſ:n. . . . . ÿû pyKeiner aber wird gekrönt, er käwpfe denn!“
Deutfſchland.

Waden. Diergnachrichten. Der General-Lieutenänt und Ad-
jutant v. Freyſtedt ift in Betracht seines vorgerückten Alters in den
Ruheſtand versetzt mit Beibehaltung der Uniform der Generaladjutan-
ten und der v bleibenden Eigenschaft des seinen Namen führenden
Drazoner-Regiments "; der Generalmajor und Commandeur der Artil-
lerie-Brizade v. Laſollaye iſt zum General-Lieutenant und Adjutanten
befördert, mit Austritt aus sezmem bisherigen Dienftverhältniß; Graf
Fr. v. Leiningen-Billizyeim zum Lieutenant, und der Thierarzt Laute-
mann vom 2. Dragonerregimcnt zum Oberthierarzt bei der Artillerie-
brigade ernannt. ;

0* Heidelberg, 19. Oktober. Vor einigen Tagen eröffnete
vor vielleicht 250 Zuhörern v. V an z cer o w feine Pandekten-Vorlesungen.
In der Aurede an jene ließ er sich weitläufig über die Bedeutung und
Wichtigkeit des römiſchen Rechtes aus , so wie über die Berechtigung
seiner Geltung in unserer Zeit. Das römische Rechi, ſagte er, sei in
Fleiſch und Blut unseres Volkes übergegangen (? !), (ursere Bürger
und Bauern bebaupten übrigens tas Gegentyeil) und wir müßten wie-
der in die germanischen Urwälder zurückzehen und Eicheln freſſen,
wenn wir dieses bei uns eingebürgerte Recht verdrängen wollten, eir
Recht, das schon deshalb, weil es bei uss Eingang gefunden habe
und bei uns bestehe, ein dem reutiſchen Leben entsprechendes und für
uns unentbehrliches Inflitut sein müſſc. BVangeroro ſcheint, wie er
denn äberhaupt, nur im römischen Reche lebend und weébend, den an-
dern Erscheinungen im ältern und neueren Staats - und Volksleben
wenig Theilnahme schenkt, zu vergeſſen, daß wir hauptſächlich mit
dem. warhsenden fürfilichen Absolutismus das römijche Recht erhielten,
und es. mit Fug und Recht ein uzvolksthümliches genannt werder



kann, das mit seiner künfilichen, feinen, all:rdings ſcharfsinnigen Aus-

bildung niemals in's Fleisch und Blut-, eines Volkes übergehen kann,
und eben deshalb auch in Deutschland nur als ein künftlich gepfropf-
ter Zweig betrachtet werden muß. Vangerow ſcheint dirß indrß ſelbſt


 
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